TE OGH 1990/6/20 1Ob582/90

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Veröffentlicht am 20.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** D*** & Co AG, Salzburg, Griesgasse 11, vertreten durch Dr. Georg Reiter, Dr. Gabriele Brandweiner-Reiter und Dr. Christoph Brandweiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Firma S*** G***, A*** Aktiengesellschaft, Vaduz, Rheinbergerstraße, Fürstentum Liechtenstein, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, 2.) Dr. Erich Nikolaus V***, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Otto Johann S***, 3.) Natalie S***, Haushalt, Bergheim, Gaglhammerweg 14, vertreten durch Dr. Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 19,493.956,37 samt Anhang, infolge Rekurses der drittbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16.Oktober 1989, GZ 1 R 116/89-66, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19.Dezember 1988, GZ 7 Cg 365/87-39, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei ist Rechtsnachfolgerin des Bankhauses D*** & Co. Die erstbeklagte Partei ist Eigentümerin des Schlosses Greifenburg. Zum Ausbau von Appartements benötigte sie Kreditmittel. Mit Schreiben vom 10.Februar 1984 ersuchte sie das Bankhaus D*** & Co um die Gewährung eines Kredites bis 20 Mill. S bei einer Laufzeit bis zwei Jahren; eine Bürgschaft des Zweit- und der Drittbeklagten wurde in Aussicht gestellt. Das Bankhaus D*** & Co übersandte an die erstbeklagte Partei am 10. Mai 1984 eine Kreditzusage über 20 Mill. S, befristet mit 30. April 1985. Die Punkte 3 und 4 der Kreditzusage haben folgenden Wortlaut.

"3. Zur Sicherstellung aller unserer Forderungen und Ansprüche, die uns aus diesem gewährten Kredit entstehen oder in Hinkunft entstehen werden, übergeben Sie uns 2 bei uns domizilierte Blanko-(Rekta)Wechsel unterfertigt vom Schloß Greifenburg Apparthotel Aktiengesellschaft, sowie Otto Johann S*** und Natalie S***. Sicherheiten: Bürgschaft der Ehegatten S*** Salzburg. Erstrangige Rangordnung über S 28 Millionen samt einverleibungsfähiger Urkunde ob der Liegenschaft EZ 616 KG Greifenburg als Haupteinlage und ob den Liegenschaften EZ 609, 1323 und 487 je KG Greifenburg als Nebeneinlagen. Weiters eine Rangordnung über S 5 Millionen samt einverleibungsfähiger Urkunde im dritten Rang ob EZ 233 KG Obertressen und ob den Liegenschaften EZ 232, 24, 231 und 62 je KG Obertressen jeweils im ersten Rang als Nebeneinlagen ....... 4. Wir werden Ihnen den Kredit nach Übergabe und Richtigbefund der nachstehend genannten Unterlagen eröffnen, wovon Sie von uns gesondert verständigt werden. Innerhalb von 3 Monaten sind vorzulegen: 2 Stück Wechsel, die vollständig ausgefüllte Unterschriftskarte, ua.dbestellungsurkunde und Rangordnungsbeschlüsse."

Am 14.Mai 1984 unterfertigten die erstbeklagte Partei (durch den Zweitbeklagten als ihren Verwaltungsrat), der Zweit- und die Drittbeklagte (ohne weiteren Zusatz) die an das Bankhaus D*** & Co gerichtete Annahmeerklärung, die wie folgt lautet: "Wir erklären uns mit dem Inhalt des vorstehenden Schreibens einverstanden und nehmen zur Kenntnis, daß für dieses Kreditverhältnis im übrigen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen sowie Ihre besonderen Bedingungen für den Giroverkehr gelten." Unterhalb der Annahmeerklärung befindet sich der Hinweis: "Zur Beachtung! Diese Annahmeerklärung ist von sämtlichen Verpflichteten oder deren mit legalisierter Vollmacht ausgewiesenen Vertretern eigenhändig zu unterfertigen." Die Österreichische Nationalbank bewilligte mit Schreiben vom 29.Mai 1984, Kred.Nr. 00/214.830/84 die Gewährung des Kredites in der Höhe von S 20 Mill. an die erstbeklagte Partei. Die klagende Partei begehrt zuletzt den Zuspruch des Betrages von S 19,493.956,37 samt Anhang von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand. Der Zweit- und die Drittbeklagte hätten die solidarische Mithaftung für die Rückzahlung des Kredites einschließlich aller Nebengebühren als Bürge und Zahler übernommen. Die Bürgschaft sei nicht betragsmäßig beschränkt gewesen. Der Zweit- und die Drittbeklagte wendeten ein, es sei richtig, daß sie für den der frctbeklagten Partei eingeräumten Rahmenkredit eine Haftung, allerdings nur in der Höhe von 5 Mill. S übernommen hätten. Dieser Betrag sei bereits zurückgezahlt worden. Die Haftung des Zweit- und der Drittbeklagten sei daher erloschen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Formulierung der Bürgschaftsverpflichtung sei nicht unklar. Aus der Urkunde gehe eindeutig hervor, daß zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche der klagenden Partei der Zweit- und die Drittbeklagte eine Bürgschaft bestellt hätten. Eine betragliche Beschränkung scheine im Vertragstext nicht auf.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beklagten Parteien Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Feststellungen des Erstgerichtes, soweit sie die grundsätzliche Haftung des Zweit- und der Drittbeklagten als Bürgen betreffen, seien unbedenklich. Der Kreditvertrag sei devisenrechtlich genehmigt worden. Nach § 14 Abs 1 DevG bedürfe die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger der Bewilligung der Österreichischen Nationalbank. Durch die Bürgschaft sei aber keine Geldverpflichtung gegenüber einem Ausländer eingegangen worden. Ein Bürgschaftsvertrag werde durch Übereinkommen zwischen Bürgen und Gläubiger begründet. Zur Gültigkeit der vom Zweit- und der Drittbeklagten eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung, bei der es sich um kein Handelsgeschäft der Bürgen gehandelt habe, nicht auch für die Annahme des Gläubigers, sei gemäß § 1346 Abs 2 ABGB erforderlich gewesen, daß die Verpflichtungserklärung schriftlich abgegeben werde. Deshalb müßten alle wesentlichen Merkmale der Bürgschaftsverpflichtung aus der Urkunde hervorgehen. Die vom Zweit- und von der Drittbeklagten abgegebene Bürgschaftsverpflichtung entspräche den Erfordernissen der Schriftform nach § 1346 Abs 2 ABGB. Schon die Urkunde selbst lasse keine Zweifel offen, daß der Zweit- und die Drittbeklagte die Bürgschaft für die gesamte Kreditverbindlichkeit der erstbeklagten Partei übernommen hätten. Dadurch, daß die klagende Partei für den Kredit eine Bürgschaft vom Zweit- und von der Drittbeklagten verlangt habe und diese damit einverstanden gewesen seien, sie eine Willensübereinstimmung zustande gekommen. Es liege keineswegs lediglich ein Vorvertrag vor. Das Verfahren sei aber mangelhaft geblieben, weil das Erstgericht den von den beklagten Parteien beantragten Sachverständigenbeweis zur Überprüfung des Kontokorrentsaldos nicht zugelassen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Drittbeklagten ist nicht berechtigt. Entgegen den Rekursausführungen liegt eine eindeutige schriftliche Bürgschaftserklärung auch der Drittbeklagten vor. Nach § 1346 Abs 2 ABGB ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird. Der Schutzzweck des § 1346 Abs 2 ABGB ist schon dann ausreichend gewahrt, wenn der Erklärende ein Schriftstück unterfertigt, aus dem sich eindeutig ergibt, daß es sich um den Abschluß eines Bürgschaftsvertrages handle (Iro in ÖBA 1989, 183; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 116). Aus der schriftlichen Erklärung müssen daher nicht nur die wesentlichen Merkmale der Bürgschaftsverpflichtung hervorgehen (Gläubiger, Schuldner, Bezeichnung und Umfang der Schuld, die gesichert werden soll - JBl. 1985, 681; EvBl 1980/99 ua; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1346), es muß aus der Urkunde selbst der rechtsgeschäftliche Wille des Erklärenden, für eine fremde Schuld einzustehen, unmittelbar hervorgehen (Mormann, in BGB-RGRK12 Rz 3 zu § 766; Norbert Horn in Staudinger12 Rz 13 zu § 766 BGB). Die bloße Unterfertigung einer über die Hauptschuld ausgestellten Urkunde, die keine Bürgschaftsverpflichtung enthält, durch andere Personen als den Hauptschuldner ohne ausdrücklichen Beisatz der Haftung als Bürge genügt daher dem Erfordernis der Schriftform nicht (RZ 1935, 31;

Mader in Schwimann, ABGB, Rz 5 zu § 1346; Ohmeyer-Klang2 VI 206;

Ehrenzweig-Mayrhofer aaO). Im vorliegenden Fall wurde aber in die vom Hauptschuldner angenommene Kreditzusage als Sicherheit "Bürgschaft der Ehegatten S***, Salzburg" ausdrücklich aufgenommen. Unterfertigten dann der Zweit- und die Drittbeklagte nach dem Hauptschuldner (der erstbeklagten Partei) selbst ohne weiteren Beisatz die Annahmeerklärung, so dokumentierten sie damit nach dem maßgeblichen objektiven Erklärungswert, daß sie damit die von der Kreditgeberin als Sicherstellung geforderte Bürgschaftsverpflichtung eingehen wollten.

Nach § 14 Abs 1 DevG bedarf unter anderem die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger der Bewilligung durch die Nationalbank. Es wurde daher schon ausgesprochen, daß eine Bürgschaftsverpflichtung zugunsten ausländischer Gläubiger dieser Bewilligung bedarf (EvBl 1978/130). Der Zweit- und die Drittbeklagte gaben aber ihre Bürgschaftsverpflichtung zugunsten eines inländischen Gläubigers, der einem ausländischen Schuldner einen durch die Österreichische Nationalbank bewilligten Kredit gewährt hatte, ab. Sollten die Bürgen den Kredit einlösen, ginge auf sie gemäß § 1358 ABGB die von der Österreichischen Nationalbank bewilligte Darlehensforderung gegen die erstbeklagte Partei über. Ein den Gesetzesintentionen nach zu verhindernder zusätzlicher Geldfluß in das Ausland durch eine unkontrollierte, die österreichische Devisenbilanz belastende Kreditgewährung bzw. ein Eingehen von Geldverpflichtungen gegenüber Ausländern ohne Kontrolle und Lenkung durch die Österreichische Nationalbank liegt dann aber nicht vor (vgl. Schwarzer-Csoklich-List, Das österreichische Währungs- und Devisenrecht4 437). Das Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung zugunsten eines Deviseninländers bedurfte nicht der Genehmigung durch die Österreichische Nationalbank. Soweit die Rekurswerberin ausführt, daß ihre persönliche Haftung überhaupt nicht und die übernommene Sachhaftung lediglich als subsidiäre Sicherheit in Betracht gezogen worden sei, entfernt sie sich vom vorliegenden Sachverhalt. Ob sie sich wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse "vernünftigerweise überhaupt nicht auch nur für einen noch so kleinen Betrag ernsthaft hätte verbürgen können" ist auf Grund des objektiven Erklärungswertes der von ihr abgegebenen Bürgschaftsverpflichtung irrelevant. Richtig ist nur, daß jeder Bürge mangels ausdrücklicher schriftlicher Erklärung nicht für nur den Hauptschuldner treffende Verzugsfolgen haftet (SZ 60/185 mwN); dies gilt aber nur dann, wenn solche Folgen nicht ohnedies bereits auf einem eigenen Verzug des Bürgen beruhen (SZ 15/209; Gamerith aaO Rz 5 zu § 1353).

Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E21339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00582.9.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19900620_OGH0002_0010OB00582_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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