TE OGH 1990/6/20 2Ob572/90

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Veröffentlicht am 20.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Sabine S***, geboren am 15.November 1980, Schülerin, vertreten durch die B*** I*** als

Sachwalter, diese vertreten durch Dr.Peter Riedmann und Dr.Heinz G.Waldmüller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1) Z*** K*** Versicherungen AG, Schwarzenbergplatz 15, 1015 Wien, und 2) Hans-Jürgen E***, Rehwald 109, 6410 Zaunhof, beide vertreten durch Dr.Arne Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 14.März 1990, GZ 3 R 13/90-22, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. November 1989, GZ 17 Cg 393/88-17, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die uneheliche Tochter des am 16.7.1986 bei einem Verkehrsunfall als Beifahrer des vom Zweitbeklagten gelenkten und gehaltenen, bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW tödlich verunglückten Helmut S***.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten nach Ausdehnung des Klagebegehrens die Bezahlung eines monatlichen Betrages von 2.500 S ab 1.10.1988 und die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für alle Nachteile und Folgen der Klägerin aus diesem Unfall, die Haftung der Erstbeklagten beschränkt mit der Höhe der Deckungssumme des Haftpflichtversicherungsvertrages für den PKW des Zweitbeklagten. Ihr Vater habe ihr Unterhaltszahlungen in der Höhe von 2.500 S monatlich geleistet. Diese Verpflichtung sei auf die Beklagten übergegangen, weshalb sie der Klägerin aus dem Titel des Schadenersatzes hiefür hafteten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Helmut S*** sei gar nicht in der Lage gewesen, einen monatlichen Unterhalt in dieser Höhe zu leisten. Außerdem sei er der Klägerin gegenüber nur zu einer Unterhaltsleistung von 1.300 S monatlich verpflichtet gewesen, den er - wenn überhaupt - auch nur sporadisch bezahlt habe.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt und sprach der Klägerin ab 1.10.1988 einen jeweils am 1. eines jeden Monates im vorhinein fälligen Betrag von 2.000 S unter Abweisung des Mehrbegehrens von 500 S monatlich zu. Ausgehend von der auf Grund der Verfahrensergebnisse getroffenen Feststellung, daß Helmut S*** eine monatliche Unterhaltsleistung von 2.000 S erbracht habe, erkannte das Erstgericht der Klägerin einen Ersatzanspruch gemäß § 1327 ABGB von monatlich 2.000 S zu.

Das Gericht zweiter Instanz gab der allein von den Beklagten erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil in seinem stattgebenden Teil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes an das Erstgericht zurück. Das Erstgericht habe es trotz entsprechenden Prozeßvorbringens der Parteien unterlassen, sich mit der künftigen Einkommensentwicklung des getöteten Unterhaltspflichtigen auseinanderzusetzen und Feststellungen dazu zu treffen. Die Rechtssache sei daher noch nicht spruchreif. Da eine ergänzende Erörterung des Sachverhaltes unumgänglich und die ergänzende Beweisaufnahme durch das Erstgericht zweckmäßig sei, unterließ es das Berufungsgericht, auf die in der Berufung erhobene, insbesondere die Feststellungen über die Berufs- und Einkommensverhältnisse sowie die Unterhaltsleistungen des Helmut S*** betreffende Beweisrüge einzugehen. Im Rahmen der dem Erstgericht für das fortgesetzte Verfahren überbundenen Rechtsansichten, sprach das Berufungsgericht aus, daß bei der Bemessung der Höhe der der Klägerin zuzuerkennenden Rente - entgegen der Ansicht der Berufungswerber - nicht von vornherein auf den Betrag von 1.300 S monatlich abzustellen sein werde, zu welcher Unterhaltsleistung sich Helmut S*** seinerzeit gegenüber der Klägerin freiwillig verpflichtet habe. Denn für die Ansprüche wegen entgangenen Unterhalts iS des § 1327 ABGB sei die gesetzliche Unterhaltspflicht des Getöteten und grundsätzlich die tatsächlich von ihm erbrachte Unterhaltsleistung maßgebend, wenn sie nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt und gerechtfertigt werden könne. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß Helmut S*** auf Grund seiner Einkommensverhältnisse in der Lage gewesen wäre, der Klägerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 2.000 S zu bezahlen, so werde die Rente der Klägerin in dieser Höhe auszumessen sein. Sollte sich jedoch ergeben, daß die künftige Entwicklung der Einkommensverhältnisse desselben unter Berücksichtigung seiner Schulden Unterhaltszahlungen von monatlich 2.000 S an die Klägerin nicht erwarten ließe, so werde der fiktive Unterhaltsanspruch der Klägerin zu ermitteln sein. Schließlich brachte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang noch zum Ausdruck, es schließe sich der Judikatur an, die die Meinung vertrete, daß der Schädiger dem Unterhaltsberechtigten gemäß § 1327 ABGB eine Unterhaltsrente in der Höhe von zumindest des gesetzlichen Unterhaltsanspruches zu leisten habe.

Zur Begründung des beigesetzten Rechtskraftvorbehaltes führte das Berufungsgericht aus, daß zu der entscheidungswesentlichen Frage, ob die nach § 1327 ABGB zu leistende Unterhaltsrente nach der Höhe der tatsächlichen Unterhaltsleistungen des Unterhaltspflichtigen zu bemessen sei, keine einheitliche Judikatur bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der von den beklagten Parteien gegen diesen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs ist unzulässig.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - die Beklagten gehen im Rekurs auf die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit nicht weiter ein - kann nicht mehr gesagt werden, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der vom Berufungsgericht relevierten Frage der Berechnung des Entganges iS des § 1327 ABGB uneinheitlich wäre. Seit mehr als 10 Jahren hält der Oberste Gerichtshof an der vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung fest, wonach es bei der Berechnung des Entganges auf die tatsächliche Unterhaltsleistung ankommt, sofern nicht behauptet wird und hervorkommt, daß der Getötete weniger geleistet hat, als seiner Verpflichtung entsprochen hätte (ZVR 1978/23; ZVR 1979/181; ZVR 1980/323 ua) bzw daß es auf die tatsächlichen Unterhaltsleistungen ankommt, wenn sie nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt und gerechtfertigt werden können (EFSlg. 58.677 mwN; ZVR 1989/109 = EFSlg. 57.032; 2 Ob 63/88; 2 Ob 14, 15/89), wobei es auch unerheblich ist, woher der Unterhaltspflichtige sein für Unterhaltszwecke verwendetes Einkommen bezog (ZVR 1989/109 = EFSlg. 57.032).

Da das Berufungsgericht in der gegenständlichen Frage selbst von der nunmehr als ständig zu bezeichnenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgegangen ist, liegt keine erhebliche, die Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes rechtfertigende Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO vor, weshalb der Rekurs unzulässig ist und daher zurückgewiesen werden mußte (§§ 519 Abs 2, 526 Abs 2 Satz 2 ZPO).

Die klagende Partei hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Anmerkung

E20898

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00572.9.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19900620_OGH0002_0020OB00572_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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