Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pilnacek als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Gernot P*** wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 10. März 1989, GZ 33 Vr 2850/87-310, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.
II. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
III. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung wegen Strafe auf die Entscheidung zu II. verwiesen.
Text
Gründe:
A/ Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Gernot P*** des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil er von 1980 bis Mai 1985 in Linz und anderen Orten als kaufmännischer Geschäftsführer der V***-A*** Intertrading Gesellschaft mbH (V***) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen dieses Unternehmens zu verfügen, wissentlich dadurch mißbrauchte, daß er von Kemal O***, einem Provisionär der V***, eigenmächtig pflichtwidrig Provisionen im Zusammenhang mit Iran-Geschäften forderte und die Überweisung von jedenfalls 954.314,10 US-Dollar auf sein Konto der Firma L*** bei der A***-Bank veranlaßte, wodurch der V*** ein Schaden zumindest in dieser Höhe erwuchs. Der Angeklagte meldete gegen das Urteil "Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen Schuld und Strafe" an (Hv 1.038 f). Die (nicht ausgeführte) Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, weil im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten ein derartiges Rechtsmittel gesetzlich nicht vorgesehen ist.
In der angeführten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch aus Gründen der Z 1 a, 2, 3, 4, 5, 5 a, 8, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO.
In den folgenden Ausführungen wird das erstgerichtliche Urteil nach seinen Seiten mit "US" zitiert, weiters werden die im erstgerichtlichen Urteil gewählten Abkürzungen beibehalten (US 264 ff) und bei Bezugnahme auf die Nichtigkeitsbeschwerde die darin enthaltenen Abschnittsbezeichnungen zitiert (zB "4.6.1.").Ü
Rechtliche Beurteilung
B/I. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist im Recht, soweit sie einen Verfahrensmangel (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) in bezug auf den vom Vorsitzenden des Schöffensenates in der Hauptverhandlung - gegen den Widerspruch des Verteidigers - erstatteten Bericht über einen selbst vorgenommenen Augenschein in Frankreich, und zwar in der Villa Mas de Roofort in la Colle sur Loup moniert (4.4.).
II. Nachdem am Nachmittag des 13. Jänner 1989 die Hauptverhandlung unter Bekanntgabe ihrer Fortsetzung am 24. Jänner 1989 gemäß dem § 273 StPO unterbrochen worden war, zog sich das Schöffengericht zur nichtöffentlichen Beratung zurück. In dieser Beratung wurde beschlossen, den Senatsvorsitzenden gemäß dem § 254 Abs. 2 StPO als vom Senat abgeordneten Richter zur Vornahme eines Augenscheins in la Colle sur Loup zu entsenden. Der Inhalt dieses Beschlusses wurde dem Hauptverhandlungsprotokoll beigefügt (HV 432). Dem Angeklagten oder seinem Verteidiger wurde er nicht bekannt gemacht. Dies ergibt sich aus dem Urteil des Erstgerichtes, wonach der Beschluß "im Anschluß an den HV-Termin vom 13.1.1989" gefaßt wurde und der Verteidiger sich "außerstande" gesetzt habe, "vor der Begründung (gemeint: Verkündung) in der anschließenden Hauptverhandlung (vom 24. Jänner 1989) von diesem neuen Beschluß zu erfahren" (US 256), sowie aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung vom 24. Jänner 1989, in welcher der Vorsitzende des Schöffensenates zur Kenntnis brachte, "daß im Anschluß an die letzte Hauptverhandlung der Senat ihn gemäß § 254 StPO beauftragt hatte, einen Lokalaugenschein in la Colle sur Loup durchzuführen", und ankündigte, das Ergebnis dieses (am 19. Jänner 1989) veranstalteten Augenscheines werde voraussichtlich bei der nächsten Verhandlung bekannt gegeben (HV 433).
Der Vorsitzende nahm diesen Augenschein am 19. Jänner 1989 im Beisein eines Angehörigen der Police judiciaire von Marseille und eines Stadtpolizisten von la Colle sur Loup an Ort und Stelle tatsächlich vor.
Nach der Aktenlage ging der Amtshandlung kein Rechtshilfeersuchen (in der im § 71 ARHG und in den §§ 50 und 51 ARHV vorgeschriebenen Form) voraus.
In der (fortgesetzten) Hauptverhandlung vom 6. Februar 1989 sprach sich der Verteidiger "gegen die Verlesung eines etwaigen Protokolls Über die Besichtigung" der in Rede stehenden Liegenschaft in Frankreich aus, "weil es sich hiebei um einen nichtigen Voruntersuchungsakt im Zwischenverfahren" handle und in sinngemäßer Anwendung des § 162 Abs. 3 StPO dem Angeklagten oder seinem Verteidiger die Möglichkeit gegeben werden müsse, an "Verrichtungen" außerhalb der Hauptverhandlung teilzunehmen (HV 551 f). Der Schöffensenat beschloß daraufhin, daß der Bericht auch gegen den Widerspruch des Angeklagten gemäß dem § 254 Abs. 2 StPO vorzutragen sei; Gründe für diese Entscheidung wurden unter Mißachtung der Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO - und somit rechtswidrigerweise - weder angegeben noch im Protokoll ersichtlich gemacht (HV 556).
Der Vorsitzende erstattete sodann als abgeordneter Richter im Sinn des § 254 Abs. 2 StPO den Bericht über den Augenschein (HV 557 ff).
III. Entgegen den Meinungen des Beschwerdeführers und des Schöffengerichtes (US 256) sind für einen Augenschein durch den beauftragten Richter nicht die Bestimmungen des § 162 Abs. 3 StPO sinngemäß heranzuziehen, die vom Protokoll über die Vernehmung eines Zeugen handeln, das voraussichtlich in der Hauptverhandlung gemäß dem § 252 Abs. 1 Z 1 StPO zu verlesen sein wird, sondern jene der §§ 116, 97 Abs. 2 dritter und vierter Satz StPO über die Durchführung eines Augenscheins.
Nach diesen Bestimmungen ist dem Verteidiger des Beschuldigten (Angeklagten) die Beteiligung bei der Vornahme des Augenscheins jedenfalls zu gestatten; ein bereits bestellter Verteidiger muß, wenn kein besonderes Bedenken dagegen obwaltet, von der Vornahme des Augenscheins in Kenntnis gesetzt werden Ädie den Zwecken des - grundsätzlich nicht parteiöffentlichen - Vorverfahrens gemäße (einschränkende) Vorschrift, daß diese Verständigungspflicht nur dann besteht, "wenn kein besonderes Bedenken (gegen die Verständigung) obwaltet", kann im Hauptverfahren naturgemäß nicht mehr Anwendung findenÜ.
Vorliegend wurde, wie bereits dargestellt, der Verteidiger von der Vornahme des Augenscheins nicht verständigt. Daß er - wie es in den Urteilsgründen heißt - eine "faktische Möglichkeit der Teilnahme" gehabt hätte, wenn er sich an einer "Rechtshilfehandlung" eines Untersuchungsrichters in Frankreich in einem anderen (nicht näher bezeichneten) Strafverfahren beteiligt hätte, woran er aber wieder - inhaltlich der Ausführungen des bekämpften Urteils - durch Verfügung der "französischen Wirtschaftspolizeiorgane" gehindert war (US 256), ist der Sache nach unzutreffend und prozeßrechtlich belanglos; diese Argumentation liefe darauf hinaus, daß der Verteidiger zu einer in einem anderen Verfahren vorgesehenen Amtshandlung nach Frankreich hätte zureisen sollen, an der ihm die Teilnahme (von vornherein) verwehrt gewesen wäre, um dort - gleichsam zufällig - vom Augenschein des österreichischen beauftragten Richters im vorliegenden Strafverfahren Kenntnis nehmen zu können.
Das Erstgericht verstieß daher durch die eingehaltene Vorgangsweise zunächst gegen die insoweit zwingenden Bestimmungen sowohl über die Verständigung vom beabsichtigten Augenschein als auch über die Zulassung des Verteidigers zu dieser Amtshandlung:
Die vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes eingehaltene Prozedur verletzt bei all dem das für die Hauptverhandlung geltende prozessuale Grundprinzip der Parteienöffentlichkeit (vgl auch: Platzgummer, Grundzüge des Österr. Strafverfahrens2, S 27), mißachtet also das in diesem Verfahrensstadium bestehende grundsätzliche Recht der Parteien, bei den Prozeßhandlungen des Gerichtes anwesend zu sein. Schon S. Mayer ÄCommentar zur Oesterreichischen Strafproceß-Ordnung, Handbuch III, 2. Teil, §§ 207 bis 296 (aus dem Jahr 1884), S 322 Nr. 3Ü legte dar, daß die vom Erstgericht herangezogene Norm des § 254 StPO als Ausnahmegesetz anzusehen ist, das einschränkender Auslegung unterliegt. Zur - im konkreten Fall relevanten - Abordnung eines Mitgliedes des Gerichtes zur Augenscheinvornahme sagte S. Mayer (aaO S 333 Nr 69) wörtlich "Selbstverständlich wird auch hier die Anwesenheit des Anklägers wie des Angeklagten und seines Verteidigers erfordert. Die Anwesenheit der übrigen Mitglieder des Gerichtshofes wird durch den erstatteten Bericht des hierzu Delegirten ersetzt". Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung, die auch der neueren österreichischen Strafprozeßtradition entspricht, vollinhaltlich an:
Die Handlungsweise des Vorsitzenden des Schöffengerichtes, nämlich den Augenschein (in Übergehung des ARHG) im Ausland unangekündigt hinter dem Rücken der Prozeßparteien, jedenfalls aber der Verteidigung abzuhalten und damit gleichsam eine Art partielles Geheimverfahren in die Hauptverhandlung einfließen zu lassen, findet nicht nur keinerlei Grundlage in der Strafprozeßordnung, sondern verletzt den Angeklagten den Umständen nach auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht (auf ein faires Verfahren) nach Art 6 EMRK.
Diese Rechtsverletzung wurde vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung - obschon mit Berufung auf eine hier nicht anzuwendende Gesetzesbestimmung - der Sache nach zutreffend gerügt, und zwar mit dem Vorbringen, es müsse dem Verteidiger die Möglichkeit zur Teilnahme gegeben werden (HV 552).
Die unterlaufene, den Umständen nach Nichtigkeit begründende Formverletzung (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) ist hier relevant iSd § 281 Abs. 3 StPO, denn es ist nicht unzweifelhaft erkennbar, daß sie auf die Entscheidung des Schöffengerichtes keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte.
Der Schöffensenat maß nämlich bei seiner Beweiswürdigung dem Beweismittel des Augenscheins - inhaltlich der Ausführungen des angefochtenen Urteils - sehr hohe Bedeutung bei:
a) Das Erstgericht stützte sich bei Feststellung des Sachverhaltes generell auf die "Verlesungen" (in der Hauptverhandlung - US 84), worunter auch die Erstattung des (augenscheinlich schriftlich konzipierten) Berichtes des Vorsitzenden fällt.
b) Das Schöffengericht hob beweiswürdigend hervor, daß der Augenschein eine Übereinstimmung mit bereits zur Verfügung stehenden Lichtbildern eines Gitters des Objektes Mas de Roofort ergeben habe (US 242), schrieb ihm also einen diese Bilder bekräftigenden Beweiswert zu, wobei es überdies den Ortsaugenschein ausdrücklich als "im Interesse der materiellen Wahrheitsfindung" stehend bezeichnete (und wertete).
c) Der im Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung konstatierte und als wesentlich befundene Umstand, daß ein Medaillon (des Gitters) außerhalb des Grundstückes nicht zu sehen sei (US 244), was nach Überzeugung des Erstgerichtes dem Charakter des Angeklagten entspreche, sein Eigentum zwar nicht nach außen zu dokumentieren, aber für Eingeweihte kenntlich zu machen, ist den Akten nur aus dem Bericht des Vorsitzenden über den Augenschein zu entnehmen, wonach "von außen nur feststellbar ist, daß die sehr mannigfache Vegetation das in drei Terassen angelegte Grundstück säumt" (HV 558 f).
d) Das Schöffengericht erachtete des weiteren den Bericht über den Augenschein ausdrücklich auch als Ursache für die weitere Art der im Urteil abgelehnten Verantwortung des Angeklagten (US 164).
e) Zusätzlich zu all den bisher behandelten Umständen, die aufzeigen, daß das Schöffengericht Ergebnisse des Augenscheines bei der Beweiswürdigung als wesentlich beachtete und verwertete (US 245) - welches Gewicht diesem Beweismaterial letztlich zukam, ist der Prüfung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof entzogen -, wird im Ersturteil (wiederholt) erklärt, daß die Frage der Zuordnung des Grundstückes zum wirtschaftlichen Eigentum des Angeklagten zum nicht weiter außer Betracht zu lassenden "Prüfstein der Glaubwürdigkeit (des Angeklagten)" (US 242) und das besagte Gitter "zu einem Angelpunkt der Glaubwürdigkeit (des Angeklagten)" geworden sei (US 257).
Der Oberste Gerichtshof hatte daher wegen des aufgezeigten, dem Erstgericht unterlaufenen groben Verfahrensverstoßes das bekämpfte Urteil - den Auffassungen der Verteidigung und der Generalprokuratur beitretend - als nichtig (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) zu kassieren und die Verfahrenserneuerung anzuordnen.
Wiewohl es mit den bisherigen Ausführungen das Bewenden haben könnte, wird - im Hinblick auf die Vielzahl der im ersten Verfahrensgang gestellten Anträge des Angeklagten und die Beschwerdeausführungen - zu einzelnen Punkten, die auch im zweiten Verfahrensgang in gleicher oder ähnlicher Weise Bedeutung erlangen könnten, folgendermaßen Stellung genommen:
Zu 2. und 4.3.2.:
I. Nichtigkeiten erblickt der Beschwerdeführer in der Verlesung der vor dem fürstlich liechtensteinischen Landgericht in Vaduz aufgenommenen Aussagen des Zeugen S*** in der Hauptverhandlung entgegen einem Widerspruch des Verteidigers (HV 442 - § 281 Abs. 1 Z 4 StPO); es handle sich um nichtige Voruntersuchungssakte, weil der Zeuge trotz Inanspruchnahme eines Entschlagungsrechtes "als Wirtschaftstreuhänder" zur Aussage verhalten worden sei (§ 281 Abs. 1 Z 2 StPO).
II. Der in Schaan wohnende Arno S*** wurde aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des Landesgerichtes Linz (S 9 ff/II) vom Landgericht in Vaduz am 17. Dezember 1986 erstmals vernommen (S 53 f/IV); er wies vorerst auf das einem Wirtschaftstreuhänder nach österreichischem Strafverfahrensrecht zustehende Entschlagungsrecht hin (§ 152 Abs. 1 Z 2 StPO) und wurde daraufhin vom Rechtshilferichter belehrt, daß nach der (liechtensteinischen) oberstgerichtlichen Judikatur ein liechtensteinischer Treuhänder nicht dem Wirtschaftstreuhänder österreichischen Rechts entspreche und daher nicht entschlagungsberechtigt sei. Der Zeuge sagte sodann zur Sache aus. Aufgrund eines weiteren Rechtshilfeersuchens des Landesgerichtes Linz (S 61 ff/VII) wurde er am 24. September 1987 erneut vom Landgericht in Vaduz vernommen und eingangs dieser Vernehmung wieder darauf hingewiesen, daß ihm kein Entschlagungsrecht zukomme, weil die gesetzliche Stellung eines liechtensteinischen Treuhänders nicht die eines österreichischen Wirtschaftstreuhänders sei (S 445/VIII), worauf er abermals zur Sache aussagte. Aufgrund eines weiteren Rechtshilfeersuchens des Landesgerichtes Linz (S 301 ff/XIV) wurde er schließlich vom Landgericht in Vaduz am 24. März 1988 abermals als Zeuge gehört (S 619/XIV), ohne sich diesmal auf ein Entschlagungsrecht zu berufen. Im Zug der Vorbereitung der Hauptverhandlung und der erforderlichen Ladungen nahm der Vorsitzende des Schöffensenates zur Terminabstimmung telefonisch Kontakt mit Zeugen auf, darunter auch mit S***, womit sich der Angeklagte ausdrücklich einverstanden erklärte (HV 39). In einem Telefonat vom 13. Dezember 1988, in dem der Vorsitzende darlegte, ein Zwang zum Erscheinen vor dem erkennenden Gericht könne nicht ausgeübt werden, äußerte sich der Zeuge, daß er "eher nicht bereit" sei, zur Hauptverhandlung zu kommen, und stellte seinen endgültigen Entschluß nach Einholung einer Auskunft in Aussicht (S 3ew verso des Antrags- und Verfügungsbogens). Mit einem Schreiben vom 22. Dezember 1988 teilte S*** unter Bezugnahme auf das erwähnte Telefonat mit, er sei nur gewillt, "vor dem ordentlichen Richter in Vaduz" zur Zeugenaussage zu erscheinen (S 489/XVI). Eine neuerliche telefonische Anfrage am 31. Jänner 1989, ob er nicht doch bereit sei, zu einer Zeugenaussage zur Hauptverhandlung nach Linz zu reisen, wurde von S*** mit dem Hinweis auf sein Schreiben vom 22. Dezember 1988 und der zusätzlichen Bekräftigung, hiezu nicht gewillt zu sein, beantwortet (S 3fb des Antrags- und Verfügungsbogens) und unter Bezugnahme auf dieses Telefonat am 1.Februar 1989 erneut schriftlich bestätigt (S 75/XVIII). Einem an den Verteidiger gerichteten und von ihm vorgelegten Brief des S*** vom 24. Februar 1989 (weißer Ordner, Beilage 3 zum Hauptverhandlungsprotokoll) ist nicht zu entnehmen, daß der Zeuge seine dem Gericht gegenüber zum Ausdruck gebrachte Haltung geändert hätte. Nach einer letztlich am 2. März 1989 dennoch verfügten Ladung zur Hauptverhandlung für den 7. März 1989 (S 3fd verso des Antrags- und Verfügungsbogens, S 92/XIX) und einer erneuten telefonischen Kontaktaufnahme erklärte S*** sowohl dem als Rechtshilfegericht einschreitenden Landgericht Vaduz als auch dem Landesgericht Linz gegenüber abermals, nicht bereit zu sein, vor einem österreichischen Gericht zu erscheinen (S 3fe des Antrags- und Verfügungsbogens, S 183/XIX).
III. Die behaupteten Nichtigkeiten liegen nicht vor. Sowohl nach dem Art 4 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über Rechtshilfe, Beglaubigung, Urkunden und Vormundschaft, BGBl 1956/213, als auch nach dem Art 3 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl 1969/41, dem das Fürstentum Liechtenstein - unter hier nicht relevanten Vorbehalten - beitrat (BGBl 1970/25), sind bei Erledigung eines Rechtshilfeersuchens die Rechtsvorschriften des ersuchten Staates - hier somit jene des Fürstentums Liechtenstein - anzuwenden. Daß dem Zeugen S*** nach den Bestimmungen der im Zeitpunkt seiner Vernehmung in Geltung gestandenen (früheren) liechtensteinischen Strafprozeßordnung ein Entschlagungsrecht zugestanden wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht zu behaupten. Ein solches war auch nicht gegeben, denn die hier in Frage kommende Bestimmung des § 96 Abs. 1 Z 2 der (früheren) liechtensteinischen Strafprozeßordnung, die wörtlich dem § 152 Abs. 1 Z 2 der österreichischen StPO in der Fassung vor der StP-Novelle 1972, BGBl 1972/143, entsprach, sah nur ein Entschlagungsrecht des Verteidigers in Ansehung dessen vor, was ihm in dieser Eigenschaft von dem Beschuldigten anvertraut wurde. Im übrigen normiert auch die nunmehr geltende neue liechtensteinische Strafprozeßordnung vom 18.Oktober 1988 in ihrem § 107 Abs. 1 Z 2 und 3 nur Entschlagungsrechte von Verteidigern, Rechtsanwälten, Rechtsagenten, Buchprüfern sowie Patentanwälten, nicht aber von Treuhändern.
Wohl stünde es nach dem Art 4 des erwähnten Rechtshilfevertrages zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein dem um Rechtshilfe ersuchenden Staat frei, vom ersuchten Staat zu begehren, von seinen Rechtsvorschriften in Form oder Inhalt der Erledigung abzuweichen, soweit ein Vorgang dieser Art durch die Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht verboten ist:
Abgesehen davon, daß ein derartiges Begehren, dem Zeugen als "Treuhänder" ein Entschlagungsrecht einzuräumen, gar nicht gestellt wurde, wäre ein solches dem um Rechtshilfe ersuchenden österreichischen Gericht aber verwehrt gewesen, denn das österreichische Strafverfahrensrecht kennt kein allgemeines Entschlagungsrecht eines Treuhänders, einer Rechtsfigur des bürgerlichen Rechtes (vgl zum Treuhänder für das österreichische Recht Strasser in Rummel, Kommentar zum ABGB2, RN 42 zu § 1002; für das liechtensteinische Recht Art 897 ff des liechtensteinischen Zivilgesetzbuches, dritter Teil, Personen- und Gesellschaftsrecht; sowie Fasan, Gesellschaftsrecht und Treuunternehmen in Liechtenstein, GesRZ 1980, S 76 ff).
Das im § 152 Abs. 1 Z 2 StPO statuierte Entschlagungsrecht der Wirtschaftstreuhänder ist vielmehr ausschließlich auf die im § 3 Abs. 1 Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz, BGBl 1948/20 idF BGBl 1955/126 und 1965/27, und im § 2 Abs. 1 Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, BGBl 1955/125 idF BGBl 1965/26, genannten Berufsgruppen abgestellt, nämlich auf
(1.) Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, (2.) Buchprüfer und Steuerberater sowie (3.) Steuerberater, die kraft dieses ihres Berufes Mitglieder einer - eine Körperschaft öffentlichen Rechtes bildenden - Kammer der Wirtschaftstreuhänder (§ 1 Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz) sind und ua deren Disziplinargerichtsbarkeit unterliegen. Das Entschlagungsrecht eines Wirtschaftstreuhänders hat seine Wurzeln nicht in der bürgerlich-rechtlichen Rechtsfigur der Treuhand, sondern, wie die Gesetzesmaterialien zu der dieses Entschlagungsrecht einführenden Strafprozeßnovelle 1972, BGBl 1972/143, zeigen, in der möglichen Stellung eines Wirtschaftstreuhänders als (offener) Rechtsbeistand vor allem auch in gerichtlichen (und verwaltungsbehördlichen) Finanzstrafverfahren, sodaß eine Angleichung an die Stellung eines Verteidigers in Strafsachen geboten erschien (Bericht des Justizausschusses 308 d Blg zu den StenProt des NR XIII. GP;
Ausführungen der Abgeordneten S*** und Dr.H*** in der Sitzung des Nationalrates vom 10. Mai 1972, S 2408 und 2412 der StenProt;
vgl auch §§ 77 Abs. 1, 199 FinStrG).
Eine derartige Stellung hatte der Zeuge S*** nicht. Als liechtensteinischem Treuhänder stand ihm ebensowenig das Entschlagungsrecht des § 152 Abs. 1 Z 2 StPO zu wie einem österreichischen (bloßem) Treuhänder (im Sinn der zivilrechtlichen Rechtsfigur).
Wie dargelegt stand fest, daß der im Ausland wohnende Zeuge S*** nicht gewillt war, zur Hauptverhandlung vor dem erkennenden Schöffensenat zu erscheinen. Eine zwangsweise Vorführung eines Zeugen aus dem Ausland ist einerseits durch Art 8 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl 1969/41, andererseits auch durch sonstige Normen (§ 72 Abs. 1 ARHG) untersagt; selbst die Vorladung an einen im Ausland wohnenden Zeugen darf Zwangsandrohungen für den Fall der Nichtbefolgung nicht enthalten (§ 48 Abs. 1 ARHV).
Angesichts der rechtlichen Unmöglichkeit einer zwangsweisen Vorführung des Zeugen S*** - über die der Vorsitzende des Schöffensenates demnach den Zeugen zutreffend und gesetzeskonform belehrte - war das Gericht zur Verlesung der Aussagen dieses Zeugen berechtigt (12 Os 152/87, 13 Os 144/79).
Soweit der Beschwerdeführer moniert, er habe keine Möglichkeit gehabt, an den Zeugen S*** Fragen zu stellen (Art 6 Abs. 3 lit d EMRK), ist er darauf zu verweisen, daß er in keinem Stadium des Verfahrens den Antrag auf Zuziehung des Verteidigers zur (Zeugen-)Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht in Liechtenstein stellte.
Zu 3.:
I. Eine Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 3 StPO (in bezug auf § 228 StPO) sieht der Beschwerdeführer darin, daß seine geschiedene Ehefrau Grita P*** und seine nunmehrige Ehefrau Mag. Sabine P*** aus dem Verhandlungssaal gewiesen worden seien.
II. Im Zug des ersten Verhandlungstages der Hauptverhandlung (14. November 1988) wurde festgestellt, daß sich Mag.Sabine P***, die für den 16. Dezember 1988 als Zeugin geladen war (S 3es des Antrags- und Verfügungsbogens), im Verhandlungssaal befand. Sie erklärte zwar, von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen zu wollen, wurde aber vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes darauf hingewiesen, daß darüber erst zum Zeitpunkt ihrer vorgesehenen Vernehmung zu sprechen sein werde, und gemäß dem § 241 Abs. 1 StPO angewiesen, sich aus dem Sitzungssaal zu entfernen (HV 20 f).
Auch die geschiedene Ehefrau des Angeklagten, Grita P***, war zu diesem Zeitpunkt im Verhandlungssaal anwesend (HV 21). Der Vorsitzende gab ihr zu bedenken, daß sie im Zusammenhang mit Vorgängen der Verhaftung des Angeklagten als Zeugin in Frage käme und möglicherweise als solche geladen werde. Sie verließ daraufhin, wenngleich nicht aus eigenem Antrieb, so doch "freiwillig - gemeint ist ohne äußeren Zwang -" den Verhandlungssaal (HV 21 iVm HV 60). Am 1. Dezember 1988 wurde ein von Mag. Sabine P*** beim Vorsitzenden des Schöffensenates telefonisch gestelltes Begehren, ihre Anwesenheit im Verhandlungssaal zu gestatten, durch einen Beschluß des Schöffengerichtes mit der Begründung abgewiesen, daß in ihr Recht, sich der Zeugenaussage zu entschlagen, nicht vorzeitig eingegriffen werden könne und überdies konkrete Umstände im Zusammenhang mit einer bei ihr durchgeführten Hausdurchsuchung dafür sprächen, daß sie den Fortgang der Verhandlung zumindest zu hindern trachtete (HV 60 f iVm S 121 ff/XVI). Der Sache nach wurde damit überdies auf eine mögliche Störung des Ganges der Hauptverhandlung (§ 233 Abs. 3 StPO) abgestellt.
Die für den 16. Dezember 1988 vorgesehene Vernehmung der Mag. Sabine P*** wurde wegen einer Änderung des Verhandlungsplanes, der zu einer Verschiebung der Behandlung des Komplexes S*** auf einen späteren Zeitpunkt führte, verlegt (S 3ey des Antrags- und Verfügungsbogens). In der Hauptverhandlung vom 16. Dezember 1988 wurde daraufhin vom Angeklagten der Antrag gestellt, seiner Ehefrau gemäß dem § 230 StPO den Zutritt als Person seines Vertrauens zu gestatten. Dieser Antrag wurde vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes mit der Begründung abgewiesen, daß die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen sei und der Ausschluß der Mag. Sabine P*** aus dem Sitzungssaal nicht nur wegen ihrer Ladung als Zeugin, sondern auch wegen eines verfahrensbehindernden Verhaltens anläßlich der Durchführung der erwähnten Hausdurchsuchung verfügt wurde (HV 242 ff).
In der Hauptverhandlung vom 30. Jänner 1989, zu der sie als Zeugin geladen worden war (S 3ez verso des Antrags- und Verfügungsbogens), erklärte sie, sich der Aussage zu entschlagen. Ihrem darauf folgenden Begehren, im Verhandlungssaal bleiben zu dürfen, wurde unter Hinweis auf die schon erwähnten Beschlüsse nicht entsprochen (HV 449).
III. Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor. Ein Ausschluß der Öffentlichkeit - womit die allgemeine Volksöffentlichkeit gemeint ist (EvBl 1978/49
= ÖJZ-LSK 1977/386 = RZ 1977/138) - liegt nur dann vor, wenn die angeordnete generelle Maßnahme des Gerichtes so weit geht, daß die Kontrollfunktion der Allgemeinheit gegenüber der Gerichtsbarkeit wesentlich eingeschränkt wird. Einschränkungen, die etwa durch Raumverhältnisse bedingt sind, beseitigen die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung grundsätzlich ebensowenig wie Einzelmaßnahmen der Prozeßleitung, durch die individuell bestimmte Personen von der Anwesenheit bei der Hauptverhandlung ausgeschlossen werden (siehe erneut EvBl 1978/49; 11 Os 184/85; Mayerhofer-Rieder, StPO2 E 1 und 4 zu § 228).
Ein Ausschluß der Öffentlichkeit wurde somit nicht verfügt. Demgemäß ist auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Einwand, daß im Verfahren AZ 33 Vr 3.119/85 des Landesgerichtes Linz das Verhalten der Mag. Sabine P*** nicht zum Anlaß ihrer Entfernung aus dem Verhandlungssaal genommen wurde, ebenso bedeutungslos wie der Umstand, daß für Grita P*** überhaupt kein Beschluß eines Gerichtsorgans vorlag.
Zu 4.5.:
I. Als Verfahrensmangel (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung von Anträgen auf Rückleitung des Aktes an den Untersuchungsrichter; durch wiederholte "Einbringung von Aktenteilen aus verschiedenen Ur-Akten" sei der Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt worden, der Angeklagte habe sich gegen die Verwertung solcher Beweismittel nicht in einer ihm im Stadium der Voruntersuchung eröffneten Weise zur Wehr setzen können, eine Vorbereitung auf solche Aktenteile sei nicht möglich gewesen, ein "Überraschungseffekt" habe allenfalls die Ausnützung von Verteidigungsmöglichkeiten verhindert.
II. Nachdem bereits die Hauptverhandlung an den Verhandlungstagen 14. November, 16. November, 1. Dezember, 2. Dezember, 5. Dezember, 9. Dezember, 16. Dezember, 20. Dezember und 22. Dezember 1988 sowie 13. Jänner 1989 abgeführt worden war, beantragte der Verteidiger in der Verhandlung vom 24. Jänner 1989 die Rückleitung des Aktes an den Untersuchungsrichter gemäß dem § 276 StPO (HV 436). Dieser Antrag wurde mit einem Beschluß des Schöffensenates abgewiesen (HV 438 ff).
Nach weiteren sieben Verhandlungstagen wurde in einem außerhalb der Hauptverhandlung am 3. März 1989 eingebrachten Schriftsatz (S 67 ff/XIX) erneut die Rückleitung des Aktes an den Untersuchungsrichter begehrt. Dieser Schriftsatz wurde in der fortgesetzten Hauptverhandlung vom 7.März 1989 vom Vorsitzenden verlesen (HV 739, 742). Inhaltlich des Verhandlungsprotokolles stellte in der Hauptverhandlung selbst weder der Angeklagte noch der Verteidiger einen Rückleitungs-Antrag. Mit einem Beschluß des Schöffensenates wurde (ua) der "Antrag auf Rückleitung des Aktes bzw des Verfahrens an den Untersuchungsrichter" abgewiesen. III. Die behauptete Nichtigkeit ist nicht gegeben.
Den Prinzipien der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit zufolge soll eine einmal begonnene Hauptverhandlung nach Möglichkeit ohne Unterbrechung zu Ende geführt (Foregger-Serini, StPO4 Erl I zu § 273) und demnach nur zur nötigen Erholung der dabei beteiligten Personen oder zur unverzüglichen Herbeischaffung von Beweismitteln unterbrochen werden (§ 273 StPO); das Gericht kann sie zu neuen Erhebungen oder Untersuchungshandlungen oder zur Herbeischaffung neuer Beweismittel oder wegen einer durch äußere Hindernisse notwendig oder zweckmäßig werdenden zeitweiligen Aufschiebung vertagen (§ 276 StPO); die Verhandlung soll aber auch in diesen Fällen nach Tunlichkeit innerhalb der Monatsfrist fortgesetzt werden (§ 276 a StPO).
Eine in der Praxis "Rückleitung an den Untersuchungsrichter" genannte Vervollständigung der Voruntersuchung (vgl SSt 56/65 = EvBl 1986/65 = RZ 1986/8) nach begonnener Hauptverhandlung soll also der Intention des Gesetzgebers zufolge einen Ausnahmefall bilden, die nur dann zu verfügen ist, wenn die als notwendig erachteten Erhebungen oder Untersuchungshandlungen voraussichtlich so zeitraubend sein werden, daß eine Neudurchführung der Hauptverhandlung (§ 276 a StPO) unumgänglich wäre (vgl Platzgummer, Grundzüge des österreichischen Strafverfahrens2 S 128). Insbesondere bietet aber die Beischaffung von Protokollen aus anderen Strafverfahren, deren Verlesung in der Hauptverhandlung ohnedies möglich und erforderlich (§ 252 StPO) ist, keinen Anlaß für eine "Rückleitung des Verfahrens an den Untersuchungsrichter".
Der am 24. Jänner 1989 gestellte Antrag wurde folglich unter dem Blickwinkel der dargestellten Grundgedanken durchaus zutreffend abgewiesen; eine solche Rückleitung hätte vielmehr den Beschwerdeführer unter Umständen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, daß seine Sache innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird (Art 6 Abs. 1 EMRK), beeinträchtigen können. Abgesehen davon, daß diese Erwägungen in gleichem Maß auch für den am 3. März 1989 außerhalb der Hauptverhandlung wiederholten Antrag auf "Rückleitung" zuträfen, fehlt es insoweit überdies an einer Antragstellung in der Hauptverhandlung, die durch die bloße Verlesung eines außerhalb der Verhandlung gestellten Antrages nicht ersetzt wird (Mayerhofer-Rieder StPO2 E 1 zu § 281 Z 4).
Zu 7.:
I. Eine Anklageüberschreitung (§ 281 Abs. 1 Z 8 StPO) sieht der Beschwerdeführer darin, daß er mit dem bekämpften Urteil der von 1980 bis Mai 1985 verübten Untreue schuldig erkannt wurde, wogegen ihm in der Anklage eine Tatbegehung in der Zeit von Anfang 1983 bis Mai 1985 angelastet wurde.
II. Auch dieser Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor.
Anklageschrift (S 1 ff/XV) gleichwie Urteil umfassen den Vorwurf eines Rückflusses von 954.314,10 US-Dollar an den Angeklagten aus Provisionen, welche die V*** (durch den Angeklagten als Geschäftsführer) dem Provisionär O*** gewährt hatte. Während die Anklagebehörde ersichtlich allein auf die Daten des Geldrückflusses abstellte, berücksichtigte das Schöffengericht, daß sich der Angeklagte, der O*** Anfang 1980 kennengelernt hatte (US 7), schon vom Beginn der danach einsetzenden Geschäftsgespräche an Provisionsrückflüsse zusichern ließ (US 8); es sah demnach bereits diese Absprachen als Teil des komplexen Tatgeschehens an (US 185, 252), in dessen Rahmen die Provisionsrückflüsse ab 1983 effektuiert wurden (US 31 ff).
Es zeigt sich somit, daß durch Anklage und Urteil unverwechselbar ein und derselbe Sachverhalt erfaßt werden; demnach ist eine (teilweise) von der Anklageschrift abweichende der Tatzeit im Urteil unerheblich (Mayerhofer-Rieder, StPO2 E 30, 31, 33, 34, 35, 76 zu § 262 uam).
Anmerkung
E21079European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00028.9.0625.000Dokumentnummer
JJT_19900625_OGH0002_0110OS00028_9000000_000