TE OGH 1990/6/26 10ObS259/89

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Köck und Dr.Wolfgang Dorner (beide AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Raimund H***, Pensionist, 2700 Wiener Neustadt, Günser Straße 84, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W***, 1051 Wien,

Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage und Pflicht zum Rückersatz, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.April 1989, GZ 33 Rs 7/89-10, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 11.November 1988, GZ 4 Cgs 708/88-6, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Spruch

1. Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.

2. Das erstgerichtliche Urteil wird dahin abgeändert, daß es insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger für die Zeit vom 1.7.1988 an zur Alterspension eine Ausgleichszulage von 2.341,10 S monatlich zu zahlen, und zwar binnen 14 Tagen.

2. Der Kläger ist nicht verpflichtet, der beklagten Partei von den für die Zeit vom 1.3.bis 30.6.1988 empfangenen Ausgleichszulagen 465,60 S (netto) rückzuersetzen.

3. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger für die Zeit vom 1.7.1988 an zur Alterspension eine 2.341,10 S monatlich übersteigende Ausgleichszulage zu zahlen, wird abgewiesen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 24.7.1917 geborene Kläger, ein ehemaliger Ferkelhändler, bezieht von der beklagten Partei seit dem 1.2.1975 eine Erwerbsunfähigkeitspension, die seit der Vollendung des 65. Lebensjahres als Alterspension gebührt. Dazu gewährt ihm die beklagte Partei seit dem Pensionsbeginn eine Ausgleichszulage. Schon bei deren erstmaliger Feststellung auf Grund des Pensionsantrages berücksichtigte sie pauschalierte Einkommen des Klägers und seiner im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin aus einem ihnen je zur Hälfte gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb mit einer landwirtschaftlich genutzten Grundstücksfläche von 0,29 ha (PNr 186/1 der EZ 438 KG Urschendorf), dessen Einheitswert nach dem Einheitswertbescheid (auf den 1.1.1970 mit Wirksamkeit ab 1.1.1971) des Finanzamtes Neunkirchen vom 27.7.1972 2.000 S betrug. Nach den vom Kläger unterschriebenen, von der Gemeinde St. Egyden/Steinfeld und von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen bestätigten Angaben im Ersterhebungsformular wurde dieses Grundstück im März 1975 selbst bewirtschaftet und lag nicht brach. Im Jänner 1979 legte der Kläger der beklagten Partei eine Bescheinigung der erwähnten Gemeinde vom 3.1.1978 (1979?) vor, daß das genannte Grundstück nicht bewirtschaftet wird. Auf Anfrage der beklagten Partei gab die Gemeinde am 30.1.1979 nach Rückfrage beim Kläger bekannt, daß dieser das Grundstück schon seit 15 Jahren nicht mehr bewirtschafte. Es habe keine eigene Zufahrt und sei nur über Nachbargrundstücke zu erreichen. Nach Besitzerwechsel habe sich diese Zufahrt zerschlagen. Darauf stellte die beklagte Partei mit Bescheid vom 12.2.1979 nach § 69 GSVG den gesetzlichen Zustand rückwirkend dadurch her, daß sie die Ausgleichszulage vom 1.2.1975 an ohne Berücksichtigung eines Einkommens aus dem landwirtschaftlichen Grundstück neu feststellte (insbesondere Stücke 25,26,64,93,95,105 des den Kläger betreffenden Pensionsaktes der beklagten Partei). Am 3.6.1982 teilte die erwähnte Gemeinde der beklagten Partei tel mit, daß das Grundstück noch immer brach liege (Stück 119 des PA). In dem von ihm am 10.5.1988 unterschriebenen, bei der beklagten Partei am 16.5.1988 eingelangten Ausgleichszulagenüberprüfungsformular ließ der Kläger die Fragen nach den land- und forstwirtschaftlichen Eigentums- bzw. Besitzverhältnissen unbeantwortet (Stück 134 des PA). Darauf bat ihn die beklagte Partei um Bekanntgabe, ob der landwirtschaftliche Grundbesitz von 0,29 ha noch immer brach liege, und um eine diesbezügliche gemeindeamtliche Bestätigung, für den Fall einer Übergabe oder Schenkung um Einsendung diesbezüglicher Unterlagen (St. 135 des PA). Mit am 3.6.1988 bei der beklagten Partei eingelangtem Schreiben vom 1.6.1988 beantwortete der Kläger diese Anfrage damit, daß der Grundbesitz von 0,29 ha, der zur Hälfte seiner Frau gehöre, im heurigen Jahr von seinem Sohn Wolfgang mit Weizen bebaut worden sei. Er habe ihm dazu die Erlaubnis erteilt, weil durch das Brachliegen der Unkrautsamen die Felder der Nachbarn verunreinigt habe. Die Bebauung werfe für den Kläger keinen Gewinn ab (St. 137 des PA). Nach dem nunmehr von der beklagten Partei eingeholten Einheitswertbescheid (zum 1.1.1979), Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab 1.1.1980) des Finanzamtes Neunkirchen vom 30.7.1980 wurde für den Grundbesitz Grundstück Nr. 186/1 KG Urschendorf EZ 438 (Art des Steuergegenstandes: Landwirtschaftlicher Betrieb) ein Einheitswert von 3.000 S festgestellt, wovon je 1.500 S dem Kläger und seiner Ehegattin zugerechnet wurden (St. 140 des PA). Mit bei der beklagten Partei am 24.6.1988 eingelangtem Schreiben vom 23.6.1988 teilte der Kläger mit, daß die ihm zur Hälfte gehörenden 0,29 ha Ackerland im heurigen Frühjahr (genaues Datum sei nicht eruierbar) ausnahmsweise von seinem Sohn bebaut worden seien. Der Kläger erhalte dafür weder Geld noch Naturalien (St. 143 des PA). Mit am 14.7.1988 eingelangtem Schreiben vom 12.7.1988 teilte der Kläger der beklagten Partei, die ihn in einem Schreiben vom 21.6.1988 davon verständigt hatte, daß sie die Ausgleichszulage ab 1.7.1988 (noch) nicht feststellen könne und ihm daher von diesem Zeitpunkt an nur einen wegen der Aufgabe der Brachlage auf 2.341 S mtl herabgesetzten Ausgleichszulagenvorschuß auszahlen werde (St. 150 des PA), mit, daß er seinen Grundstücksanteil mit heutigem Tage seinem Sohn Wolfgang übergeben habe. In dem dieser Mitteilung angeschlossenen Schreiben vom 12.7.1988 bestätigt Dr.Alois S***, öffentlicher Notar in Wr. Neustadt, den Ehegatten Raimund und Hildegard H***, daß sie am heutigen Tag das ihnen je zur Hälfte gehörende Grundstück 186/1, landwirtschaftlich genutzt mit 6824 m2, eingetragen in EZ 438 GB Urschendorf, ihrem Sohn Wolfgang H*** übergeben haben (Stücke 151,152 des PA). Aus dem in der Folge vorgelegten, in einem Notariatsakt des erwähnten Notars vom 12.7.1988 geschlossenen Übergabsvertrag ergibt sich, daß das (richtig) 2.864 m2 große landwirtschaftlich genutzte Grundstück 186/1 gegen anständige und liebevolle Behandlung, Pflege und Betreuung, ortsübliche Wartung im Krankheitsfalle und Übernahme der Kosten eines ortsüblichen und würdigen Begräbnisses übergeben wurde und die Besitzübergabe mit Gefahr und Zufall, Nutzen und Lasten mit der Unterfertigung des Vertrages erfolgte (St. 154 des PA).

Mit Bescheid vom 3.8.1988 stellte die beklagte Partei fest, daß die Ausgleichszulage vom 1.3. bis 30.6.1988 mit mtl 2.446,90 S, ab 1.7.1988 mit mtl 2.341,10 S gebühre (Punkt 1.), forderte den Überbezug von 465,60 S nach § 76 GSVG zurück und rechnete ihn nach § 71 leg cit auf (Punkt 2.). Ersteres begründete sie damit, daß durch die zuerkannte Ausgleichszulage unter Anrechnung der Pension und der weiteren Einkünfte der Familienrichtsatz erreicht werde. Als Begründung zu Punkt 2. gab sie an, zu Unrecht erbrachte Geldleistungen seien zurückzufordern, wenn der Überbezug durch Verletzung der Meldevorschriften entstanden sei.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Protokollarklage behauptete der Kläger, die Berechnungen der beklagten Partei seien zu seinen Lasten unrichtig. Es stehe ihm eine höhere Pension und höhere Ausgleichszulage zu. Die Rückforderung sei nicht gerechtfertigt. Er begehrte, die beklagte Partei sei schuldig, ihm die Pension und die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren und von der Rückforderung abzusehen. In der Tagsatzung vom 11.11.1988 ergänzte er, daß das Grundstück schon mehr als zehn Jahre vor dem Pensionsstichtag nicht mehr bewirtschaftet worden und nach dem Pensionsstichtag unentgeltlich dem Sohn übertragen worden sei, der es bereits im Frühjahr 1988 umgeackert habe, ohne daß es der Kläger gewußt habe, und dann bebaut habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete im wesentlichen ein, im Hinblick auf § 149 Abs 7 GSVG sei es hinsichtlich der Ausgleichszulagenberechnung bedeutungslos, ob der Kläger die Flächen zur Bewirtschaftung überlassen oder übergeben habe. Nach Beendigung der Brachlage im Frühjahr 1988 seien die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Einkommen aus der Landwirtschaft gegeben gewesen. Im Hinblick auf den Einheitswert von 3.000 S seien monatliche Einkommen des Klägers und seiner Ehegattin von je 60 S anzurechnen. Hinsichtlich der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Sohn ab Frühjahr 1988 habe der Kläger die Meldepflicht verletzt.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, 1. dem Kläger Pension und Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, 2. von Rückforderungen Abstand zu nehmen und dem Kläger binnen 14 Tagen 465,60 S zurückzuzahlen, 3. von allen künftigen Rückforderungen Abstand zu nehmen.

Nach den Feststellungen gab der Kläger schon im Pensionsfeststellungsverfahren an, landwirtschaftliche Flächen von 0,29 ha gemeinsam mit seiner Ehefrau zu bewirtschaften. Dabei handelt es sich um einen Acker im Steinfeld, der sich "immer als so zu bewirtschaften erwies", daß er vom Kläger seit 1946 und damit auch schon mehr als zehn Jahre vor dem Pensionsstichtag nicht mehr bewirtschaftet wurde. Im Juli 1988 übertrug er die "Liegenschaft" mit schriftlichem "Schenkungsvertrag" seinem Sohn. Es handelte sich also um eine unentgeltliche Übertragung. Der Sohn hatte das Grundstück bereits im Frühjahr 1988 umgeackert, ohne den Kläger davon zu informieren. Dieser erfuhr erst später davon, daß sein Sohn auf dem Grundstück Gerste gepflanzt hatte, erhielt aber von seinem Sohn "für die Übertragung (und folgende Bewirtschaftung)" keinerlei Entgelt.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht lediglich aus, das Klagebegehren sei berechtigt, weil das Grundstück vom Kläger nie bewirtschaftet worden sei, dieser also niemals einen Ertrag daraus gezogen habe, und weil er die Liegenschaft seinem Sohn auch unentgeltlich übertragen habe.

Die beklagte Partei bekämpfte dieses Urteil insoweit mit Berufung, als es dem Kläger "für die die Zeit vom 1.3. bis 30.6.1988 eine 2.446,90 S, für die Zeit ab 1.7.1988 eine 2.341,10 S übersteigende Ausgleichszulage zusprach und die beklagte Partei dazu verurteilte, von der Rückforderung von 465,60 S Abstand zu nehmen". Die Berufungswerberin stützte ihre Rechtsrüge im wesentlichen darauf, daß ab der etwa zum 1.3.1988 getätigten faktischen Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes an den Sohn die Pauschalanrechnung nach § 149 Abs 7 GSVG vorzunehmen und daher unter Bedachtnahme auf Abs 2 monatlich 120 S anzurechnen seien. Der Spruch des erstgerichtlichen Urteils sei unvollständig, weil er die Höhe der gebührenden Ausgleichszulage nicht anführe. Wegen der Verletzung der Meldevorschriften sei der Überbezug von 465,60 S nach § 76 GSVG rückforderbar. Diesbezüglich lägen sekundäre Feststellungsmängel vor. Die Berufungswerberin beantragte, das angefochtene Urteil durch Zuspruch der gebührenden Ausgleichszulage und Abweisung des Mehrbegehrens und Auferlegung des Rückersatzes des Überbezuges von 465,60 S im Wege der Aufrechnung gemäß § 71 GSVG abzuändern oder die Rechtssache allenfalls zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge, hob den angefochtenen Teil des erstgerichtlichen Urteils auf und verwies die Rechtssache insoweit unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung zurück. Es stellte aus dem im Pensionsakt erliegenden Übergabsvertrag ergänzend fest, daß sich der Kläger und seine Gattin vom gemeinsamen Sohn für die Übergabe des Grundstückes eine liebevolle Behandlung, Pflege und Betreuung im Krankheitsfall, die ortsübliche Wartung und die Übernahme der Begräbniskosten versprechen ließen. Nach der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes trete die Anrechnungsbefreiung nach § 292 Abs 8 ASVG (hier richtig § 149 Abs 7 GSVG) bei mehr als zehn Jahre vor dem Stichtag zurückliegender Aufgabe, Verpachtung, Verkauf oder sonstiger Übergabe ein, wobei das Gesetz auf eine gänzliche Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebes abstelle. Es komme daher nicht auf die Art der Aufgabe (Übergabe, Verpachtung oder eine andere Art der Überlassung) und auch nicht darauf an, daß nach einer Betriebsaufgabe ohne Aufgabe des Eigentums dieses später durch Übergabe, Verkauf oder ein anderes Rechtsgeschäft aufgegeben werde. Eine gänzliche Aufgabe der Eigenbewirtschaftung liege dann vor, wenn für die dem Pensionisten noch verbliebenen Grundstücke kein Einheitswert nach § 25 BewG festgestellt werden könne. Keine gänzliche Aufgabe des Betriebs läge vor, wenn der Pensionist nur einen Teil seiner Landwirtschaft verpachtet habe und auf den restlichen Grundstücken eine über den Eigenbedarf hinausgehende wirtschaftliche Tätigkeit entfalte. Eine gänzliche Aufgabe liege sicher auch vor, wenn der Pensionist aus seinem Betrieb keine für eine Lebensführung relevanten Erträgnisse erzielen könne. Der vom Kläger behauptete Sachverhalt lasse keine abschließende Klärung zu. Das für die Anrechnung notwendige Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes sei "nach den Ergebnissen des Pensionsverfahrens" zweifelhaft. Die Übereignung des Liegenschaftsanteiles an den Sohn mit Übergabsvertrag löse die Anrechnungsfiktion nach § 149 Abs 1 (entsprechend der Urschrift richtig Abs 7) GSVG nicht aus, weil unter diesem Vertragstitel praktisch jedes Rechtsgut, so zB ein Einfamilienhaus, übertragen werden könne. Der Kläger bewohne ein Einfamilienhaus und sei früher Ferkelhändler gewesen. Bei der Beurteilung, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb von der Klägerin (richtig vom Kläger) fortgeführt worden sei, werde zu überprüfen sein, ob eine Wirtschaftsführung noch eine Pflichtversicherung nach § 2 BSVG begründet hätte und inwieweit wesentliche Betriebselemente nach dem LAG vorhanden gewesen seien. Die Bewirtschaftung nur kleiner Gartenflächen für den Eigenbe- darf einer Person oder einer Familie falle sicher nicht unter den Begriff eines landwirtschaftlichen Betriebes. Komme das Erstgericht auf Grund der zu treffenden Feststellungen zum Ergebnis, daß kein landwirtschaftlicher Betrieb vorgelegen sei, so wäre die Veräußerung des Hälfteanteils an einem für die Landwirtschaft gewidmeten Grundstück für die Beurteilung der Höhe der Ausgleichszu- lage unbeachtlich, weil der bloße Besitz eines keinen Ertrag abwerfenden Vermögens und dessen Verkauf die Ausgleichszulage nicht schmälerten. Das ergebe sich deutlich aus der Sonderregelung für landwirtschaftliche Betriebe im Zusammenhang damit, daß eine korrespondierende Bestimmung für ertragloses Vermögen im Gesetz fehle. Auf die Frage einer Bewirtschaftungspflicht brauche bei dem hier vorliegenden äußerst kleinen Grundbesitz nicht eingegangen werden. Sollte das Erstgericht zum Ergebnis kommen, daß einmal ein landwirtschaftlicher Betrieb vorgelegen sei, wären zur Frage der Übergabe desselben Feststellungen für die zeitliche Einordnung zu treffen. Dagegen richtet sich der nicht beantwortete Rekurs der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne des Berufungshauptantrages abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der nach § 519 Abs 1 ZPO statthafte Rekurs ist begründet, weil die Streitsache zur Entscheidung reif ist.

Vorausgeschickt sei, daß der Anspruch des Klägers auf Ausgleichszulage (im Jahre 1988) wegen des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz am 11.11.1988 nur nach der Rechtslage vor der am 1.1.1990 in Kraft getretenen 16. GSVGNov BGBl 1989/643 zu prüfen ist. Bei den folgenden Paragraphen ohne Gesetzesangabe handelt es sich um solche des GSVG in der im Jahre 1988 geltenden Fassung. Nach § 149 Abs 1 hatte der Kläger, der im Jahre 1988 eine Alterspension von 4.601,10 S bezog, Anspruch auf eine Ausgleichszulage zu dieser Pension, wenn sie zuzüglich eines aus seinen übrigen Einkünften erwachsenden Nettoein- kommens und der gemäß § 151 zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn damals geltenden Richtsatzes nach § 150 Abs 1 lit a sublit aa 7.168 S erreichte. Bei Feststellung des Anspruchs gemäß Abs 1 ist nach Abs 2 leg cit auch das gesamte Nettoeinkommen der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin zu berücksichtigen. Nettoein- kommen im Sinne der Abs 1 und 2 ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Ein- künfte an Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlu- sten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Wurde die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaftli- chen Betriebes aufgegeben, der Betrieb übergeben, verpach- tet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen, so sind der Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (des Verpächters) ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen 21,6 vH des durchschnittlichen Einheitswertes der übergebenen, verpachteten oder zur Bewirtschaftung überlassenen land(forst)wirtschaftlichen Flächen zugrunde zu legen, sofern die Übergabe (Verpachtung, Überlassung) nicht mehr als 10 Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliegt. Hiebei ist bei einer Übergabe (Verpachtung, Überlassung) vor dem Stichtag vom durchschnittlichen Einheitswert, in allen übrigen Fällen von dem auf die übergebenen Flächen entfal- lenden Einheitswert im Zeitpunkt der Übergabe (Verpachtung, Überlassung) auszugehen. Ein Zwölftel des auf diese Weise errechneten Betrages, gerundet auf volle Schilling, gilt als monatliches Einkommen. Abs 6, wonach das ermittelte Nettoeinkommen, wenn das Recht auf Bewirtschaftung des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr nicht einer einzigen Person zusteht, nur im Verhältnis der Anteile am land(forst)wirtschaftli- chen Betrieb als Nettoeinkommen gilt, ist entsprechend anzuwenden (Abs 7 leg cit). Als Einheitswert im Sinne unter anderem des Abs 7 gilt nach Abs 10 der für Zwecke der Sozialversicherung maßgebliche Einheitswert.

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 27.3.1990, 10 Ob S 279/89, mit eingehender Begründung ausgeführt, daß er die in SSV-NF 3/11 vertretene Rechtsan- sicht nicht aufrecht erhält und der Meinung ist, daß ein im § 292 Abs 8 ASVG (§ 149 Abs 7 GSVG und § 140 Abs 7 BSVG) genannter Vorgang, wenn er - wie auch im vorliegen- den Fall - innerhalb von 10 Jahren vor dem Stichtag, am Stichtag oder nach dem Stichtag liegt, bei der Ermittlung des für den Anspruch auf Ausgleichszulage maßgebenden Einkommens unabhängig davon zu berücksichtigen ist, ob schon ein gleichartiger Vorgang vor dem angeführten Zeitraum stattgefunden hat. Diese Rechtsansicht hält der Senat auch im vorliegenden Fall aufrecht.

Bei dem dem Kläger und seiner Ehegattin seinerzeit gehörenden landwirtschaftlich genutzten Grundstück 186/1 KG Urschendorf EZ 438 handelt es sich entgegen der Rechts- ansicht des Berufungsgerichtes um einen "landwirtschaftli- chen Betrieb" im Sinne des § 149 Abs 7, aber auch des Bewertungsgesetzes (BewG). Nach der Begriffsbestimmung des letztgenannten Gesetzes fällt auch ein einzelnes Grund- stück unter den Begriff des landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne dieser Gesetzesstelle (vgl dessen § 30 Abs 1 und Langer, BewG 33). Nach § 19 BewG gelten die Werte, die nach den Vorschriften des (die Einheitsbewertung) regeln- den ersten Abschnittes (des die besonderen Bewertungsvor- schriften enthaltenden zweiten Teiles dieses Gesetzes) für wirtschaftliche Einheiten (land- und fortwirtschaftliche Betriebe, gewerbliche Betriebe sowie Grundstücke und Gewerbeberechtigungen, die nicht zu einem gewerblichen Betrieb gehören) oder Untereinheiten (Grundstücke und Gewerbeberechtigungen, die zu einem gewerblichen Betrieb gehören) gesondert festgestellt werden, als Einheitswerte.

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 27.9.1988 SSV-NF 2/99 unter anderem ausgeführt, daß der im § 149 Abs 7 verwendete Begriff des Einheitswertes im Sinne des BewG zu verstehen ist, wie das insbesondere § 149 Abs 10 iVm § 23 Abs 2 und 4 BSVG deutlich macht. Nach dem bezogenen § 23 Abs 2 BSVG ist der Versicherungswert ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaft- lichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt festgestell- ten Einheitswert des Betriebes auszugehen. Abs 4 der letztgenannten Gesetzesstelle erwähnt in diesem Zusammen- hang ausdrücklich, daß es sich dabei um die von den Finanzbehörden für den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb vorzunehmende Feststellung eines Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG handelt (so auch 27.2.1990 10 Ob S 63/90). Da in den Sozialversicherungsgesetzen auf den Ein- heitswert abgestellt ist, dessen Feststellung sich nach dem BewG richtet, ist davon auszugehen, daß der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebes dort nicht anders als im BewG verstanden wird. Dies ergibt sich unter anderem auch aus dem Wortlaut der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, weil darin in ein und demselben Zusammenhang einmal der Begriff "land(forst)wirtschaftlicher Betrieb" und ein anderes Mal der Begriff "land(forst)wirtschaftli- che Fläche" verwendet wird (zB § 292 Abs 8 und 10, ASVG, § 140 Abs 7 und 9 BSVG, § 149 Abs 7 und 9

GSVG).

Da für das den Steuergegenstand "landwirtschaftlicher Betrieb" bildende Grundstück 186/1 KG Urschendorf EZ 438 im Einheitswertbescheid (zum 1.1.1979, Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab 1.1.1980) des Finanzamtes Neunkirchen vom 30.7.1980 ein Einheitswert von 3.000 S festgestellt worden ist, wovon je 1.500 S dem Kläger und seiner Ehegat- tin zugerechnet worden sind, liegt ein landwirtschaftli- cher Betrieb im Sinne des § 149 Abs 7 vor.

Daß der Kläger diesen Betrieb vor Juni 1988 seinem Sohn Wolfgang übergeben, verpachtet oder auf andere Weise zur Bewirtschaftung überlassen hat, konnte nicht festge- stellt werden. Dies wirkt sich gegen die beklagte Partei aus, weil sie für ein die Ausgleichszulage verminderndes Einkommen des Klägers die Beweislast trifft. Deshalb ist die beklagte Partei verpflichtet, dem Kläger vom 1.3. bis 30.6.1988 die Ausgleichszulage in der gebührenden Höhe des Unterschiedes zwischen der damaligen Alterspension von 4.601,10 S und dem damaligen Richtsatz von 7.168 S, demnach in der Höhe von 2.566,90 S zu leisten.

Erwiesen ist jedoch, daß der Kläger den Betrieb am 12.7.1988 seinem Sohn Wolfgang übergeben hat, nachdem er ihm diesen spätestens im Juni d.J. auf andere Weise zur Bewirtschaftung durch Anbau mit Getreide überlassen hatte. Letzteres ergibt sich aus der erstgerichtlichen Feststel- lung, der Sohn des Klägers habe das Grundstück bereits im Frühjahr 1988 umgeackert, ohne den Kläger davon zu informieren. Dieser habe erst später davon erfahren, daß sein Sohn auf dem Grundstück Gerste gepflanzt hatte, aber von seinem Sohn "für die Übertragung (und folgende Bewirt- schaftung) keinerlei Entgelt erhalten", im Zusammenhang mit den Schreiben des Klägers an die beklagte Partei vom 1. und 23.6.1988, zumal nie behauptet wurde, daß der Kläger mit der ihm bekanntgewordenen Bewirtschaftung durch seinen Sohn nicht einverstanden gewesen sei.

Im Hinblick auf § 153 Abs 2 ist die beklagte Partei verpflichtet, dem Kläger die Ausgleichszulage vom 1.7.1988 an in der gebührenden Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus der damaligen Alterspension von 4.706,90 S und dem von der beklagten Partei richtig berechneten "fiktiven Ausgedinge" von 120 S, insgesamt also 4.826,90 S einer- seits, und dem damaligen Richtsatz von 7.168 S anderer- seits, demnach in der monatlichen Höhe von 2.341,10 S, zu leisten.

Weil der Kläger in der Zeit vom 1.3. bis 30.6.1988 keine Ausgleichszulagenbeträge zu Unrecht empfangen hat, ist er nicht verpflichtet, davon etwas rückzuersetzen, ohne daß die weiteren (besonderen) Rückforderungsvoraus- setzungen nach § 76 geprüft werden müßten (SSV-NF 2/101). Selbst wenn aber der Kläger in der Zeit vom 1.3. bis 31.5.1988 Ausgleichszulagenbeträge deshalb zu Unrecht empfangen hätte, weil er die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Grundstückes aufgegeben gehabt hätte, könnte die beklagte Partei diese Beträge vom Kläger nicht zurückfordern, weil er diesen Bezug weder durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsa- chen oder Verletzung der Meldepflicht herbeigeführt hätte, noch erkennen hätte müssen, daß ihm die Leistung nicht in dieser Höhe gebührte (§ 76 Abs 1). Der Kläger hatte der beklagten Partei ja schon im Jänner 1979 eine Bescheini- gung der Liegenschaftsgemeinde vorgelegt, daß das Grundstück nicht bewirtschaftet werde, worauf die beklagte Partei den gesetzlichen Zustand rückwirkend dadurch herstellte, daß sie die Ausgleichszulage vom 1.2.1975 an ohne Berücksichtigung eines Einkommens aus dem landwirt- schaftlichen Grundstück neu feststellte. Selbst wenn ein Recht auf Rückforderung nach dem zit Abs entstanden wäre, bestünde es daher aus den im Abs 2 leg cit genannten Gründen nicht mehr.

Da die Streitsache zur Entscheidung reif ist, war dem Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Aufhebungsbeschluß aufzuheben und nach § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO durch Urteil in der Sache selbst wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Anmerkung

E21267

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00259.89.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19900626_OGH0002_010OBS00259_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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