TE OGH 1990/6/26 4Ob538/90

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Veröffentlicht am 26.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** Gesellschaft mbH, Schärding, Brunnwies Nr. 45, vertreten durch Dr.Reinhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei P*** Baumaschinen Gesellschaft mbH & Co, Eugendorf, Gewerbestraße 7, vertreten durch Dr.Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,164.000 sA (Revisionsinteresse S 284.300), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 18.Jänner 1990, GZ 1 R 159/89-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2.März 1989, GZ 13 Cg 163/87-32, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Beide Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO liegen entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht vor:

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils war es zu einer ausdrücklichen Einigung der Parteien über einen Eigentumsvorbehalt der Beklagten niemals gekommen; die Beklagte hatte den Eigentumsvorbehalt vielmehr - durch Hinweis auf ihre AGB - erstmals in der "Auftragsbestätigung" vom 29.7.1985 - also nach der bereits vorher zustande gekommenen Einigung über Ware und Preis - gefordert. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß das bloße Stillschweigen der Klägerin nach dem Erhalt dieser Auftragsbestätigung nicht als schlüssige Zustimmung zu dem darin vorgesehenen Eigentumsvorbehalt angesehen werden kann, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 47/83; SZ 52/120 mwN); die Klägerin war daher entgegen den Revisionsausführungen keineswegs verpflichtet, ausdrücklich mitzuteilen, daß sie den Eigentumsvorbehalt der Beklagten nicht akzeptieren wolle. Auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der auf den Lieferscheinen der Beklagten enthaltene Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt im Hinblick auf die von der Beklagten in ihrem Bestellschein vom 10.7.1985 zugrunde gelegten Einkaufsbedingungen nicht wirksam werden konnte, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 55/134 mwN). Die Feststellung des von der Beklagten in erster Instanz behaupteten (S 47) Handelsbrauches war aus rechtlichen Gründen entbehrlich. Nach einhelliger Auffassung bedarf der - von der Dispositivnorm des § 1063 ABGB abweichende - Eigentumsvorbehalt zu seiner Gültigkeit einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (Bydlinski in Klang2 IV/2, 470; Koziol-Welser8 I 309; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 28 zu § 1063); die Frage, ob ein vom Verkäufer bei Übergabe der Sache einseitig erklärter Eigentumsvorbehalt nicht nur obligationswidrig, sondern auch sachenrechtlich wirkungslos ist (vgl dazu Aicher aaO Rz 30; RdW 1987, 157 ua), stellt sich hier nicht. Selbst wenn der von der Beklagten geltend gemachte Handelsbrauch bestünde, wäre er, weil im Widerspruch zur Dispositivvorschrift des § 1063 ABGB stehend, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 28/38; HS 1492/102 und 127) und der Lehre (Bydlinski aaO 474, Kramer in Straube, HGB, Rz 16 bis 18 zu § 346 HGB) für die Parteien nur dann verbindlich, wenn sie sich ihm ausdrücklich unterworfen, also den Eigentumsvorbehalt durch Verweisung auf den Handelsbrauch, vereinbart hätten; das wurde aber nicht einmal behauptet. Soweit in Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes undifferenziert ausgesprochen wurde, daß es für die Geltung eines Handelsbrauches ohne Belang sei, ob die Parteien von seinem Bestehen Kenntnis hatten (EvBl 1964/63; HS 6232; EvBl 1980/11; JBl 1984, 383), war es nicht um die Frage gegangen, ob ein Handelsbrauch ohne ausdrückliche Unterwerfung der Parteien eine Dispositivnorm verdrängen kann.

In erster Instanz hat sich die Beklagte nicht darauf berufen, daß sie an den beiden Baggern ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369, 370 HGB ausgeübt und sich aus den zurückbehaltenen Gegenständen gemäß § 371 HGB befriedigt habe; auf diese Frage war daher gar nicht einzugehen. Der Hinweis der Revision auf die Entscheidung JBl 1988, 590 geht fehl, weil dort ein Selbsthilfeverkauf wegen Annahmeverzugs gemäß § 373 HGB behandelt wurde.

Entgegen den Revisionsausführungen hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des der Klägerin entstandenen Schadens (§ 273 ZPO) auch den Umstand berücksichtigt, daß in dem "Sondernettopreis" von je S 797.650 auch "Zubehör" (= "Zusatzausrüstung") enthalten war, das von der Beklagten "nicht zur Gänze verwertet" wurde. Ob aber die Wertannahmen des Berufungsgerichtes im einzelnen realistisch waren, ist keine Frage, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung wäre. Da sohin die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt (§ 502 Abs 1 ZPO), war die ordentliche Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs 3, letzter Satz, ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, war ihre Revisionsbeantwortung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich.

Anmerkung

E21168

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00538.9.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19900626_OGH0002_0040OB00538_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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