Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** H*** Aktiengesellschaft, Linz, St.Peterstraße 25, vertreten durch Dr. Götz Schattenberg und Dr. Ernst Moser, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei L***
I***, Nickelsdorf an der Leitha, Auhof,
vertreten durch Dr. Thomas Schreiner, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen Unterlassung (Streitwert: 300.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15.1.1990, GZ 4 R 221/89-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landes- als Handelsgerichtes Eisenstadt vom 25.Juli 1989, GZ 3 Cg 324/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es insgesamt zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist bei sonstiger Exekution schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Düngemittel unter den Bezeichnungen "G***", "Weide-N***" oder "N***" anzubieten, wenn es sich bei den so bezeichneten Düngemitteln nicht um Erzeugnisse der klagenden Partei oder deren Tochtergesellschaften handelt.
Das Mehrbegehren auf Unterlassung des Anbietens von Düngemitteln auch unter der Bezeichnung "N***" wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 27.435,30 S bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten 3.957 S Barauslagen und 3.913,05 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.".
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 16.384,20 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 2.730,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Inhaberin der für Düngemittel registrierten österreichischen Wortmarken "G***" und "N***". Die Kurzbezeichnungen "N***" und "Weide-N***" für das unter der letztgenannten Marke vertriebene Düngemittel sind markenrechtlich nicht geschützt. Es handelt sich dabei um eine - sonst als Bezeichnung nicht gebräuchliche - Abkürzung der Marke "N***". "N***" wurde zunächst als betriebsinterne Bezeichnung von den Stickstoffwerken, dann von der Klägerin und schließlich von der A*** Agrarchemikalien Gesellschaft mbH (im folgenden kurz "A***" genannt) verwendet. "N" steht dabei für "Nitra", "A" für "Amon" und "C" für "Calzium".
Die Beklagte ist ein nicht untersagter registrierter Verein mit dem Ziel, die Interessen der Bauernschaft zu vertreten. Eine ihrer Aktivitäten besteht darin, daß sie von Firmen Angebote über günstige Ein- und Verkaufsmöglichkeiten einholt und diese in Rundschreiben oder in ihrer Informationsschrift "LIG-INFO" veröffentlicht. Nachdem die Beklagte etwa zum Jahreswechsel 1987/88 in einem Rundschreiben Düngemittel unter den Bezeichnungen "N***" ("N***" bzw "Weide-N***") und "G***" zu günstigen Konditionen zum Verkauf angeboten hatte, forderte der leitende Angestellte der A*** Dipl.Ing. Hans P*** den Obmann der Beklagten Franz
K***, telefonisch auf, die mißbräuchliche Verwendung der für die Klägerin geschützten Marken zu unterlassen. Unter Bezugnahme auf dieses Telefonat richtete die A*** an den Obmann der Beklagten ein Schreiben vom 29.4.1988, in welchem darauf hingewiesen wurde, daß die Beklagte in ihrem Rundschreiben "durch ihr Anlehnen an den guten Ruf" der mit der Marke "N***" und "V***"
bezeichneten Produkte der Klägerin gegen die Bestimmungen des UWG verstoßen habe, wobei in diesem Fall von einer Klageführung noch Abstand genommen werde.
In der zwischen Juni und Ende August 1988 erschienenen Ausgabe der "LIG-INFO" (Jahrgang 3 Nr IV) erschien nachstehende, vom Obmann der Beklagten verfaßte Einschaltung unter der Überschrift "Handelsdüngeraktion":
"Alle gängigen Sorten von Handelsdünger sind über die LIG-Mitgliedschaft günstigst von unseren inl. Händlern zu beziehen. Z.B. Stickstoff 28%ig je kg
3.60 z.B. Grundkorn 3.50/kg z.B. Weide-N*** 3.75/kg.....". Mit der Behauptung, daß die Beklagte unter den Bezeichnungen "G***" und "Weide-N***" ihren Mitgliedern Düngemittel angeboten habe, die weder von der Klägerin noch von einem ihrer Tochterunternehmen erzeugt worden seien, und daher in die Markenrechte der Klägerin eingegriffen habe, beantragt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, Düngemittel unter der Bezeichnung "G***" und "N***" oder unter
Abkürzungen wie "N***" und der Zusätze wie "Weide-N***" anzubieten, soweit es sich dabei nicht um Produkte der Klägerin oder deren Tochtergesellschaften handelt. "N***" sei eine charakteristische Abkürzung für das Produkt "N***" der Klägerin und werde in Österreich allgemein für deren Erzeugnis verwendet; auch die Bezeichnung "Weide-N***" werde ausschließlich für das Produkt der Klägerin verwendet.
Die Beklagte hält dem entgegen, daß sie die Düngemittel unter den beanstandeten Bezeichnungen ihren Mitgliedern nicht "angeboten" habe. Als Informationsgemeinschaft habe sie ihre Mitglieder sowie auch andere interessierte Bauern lediglich über günstige Einkaufsmöglichkeiten informiert, dabei aber keineswegs beabsichtigt, in fremde Rechte einzugreifen. "N***" sei eine aus den Bestandteilen des so bezeichneten Düngemittels zusammengesetzte Phantasiebezeichnung, der schon deshalb die Unterscheidungskraft fehle. Sie habe zwar wegen der Monopolstellung der Tochterfirmen der Klägerin in Österreich offensichtlich Verkehrsgeltung erlangt, sich aber gleichzeitig zur Gattungsbezeichnung für bestimmte Düngemittelsorten entwickelt. Letzteres gelte auch für die Marke "G***". "N***" sei keineswegs eine Abkürzung der Marke "N***", sondern eine europaweit gängige Gattungsbezeichnung für Dünger einer bestimmten Zusammensetzung ("K***-Dünger"). Auch "Weide-N***" sei eine auf allen Düngersäcken aufgedruckte Gattungsbezeichnung für ein Düngemittel, das spezielle Komponenten für den Weideboden enthalte. Da die Klägerin ihre Marke "G***" seit dem Jahr 1985 nicht mehr verwende, fehle ihr ein rechtliches Interesse an der Rechtsverfolgung. Die Beklagte sei der Ansicht, daß das von ihr unter dieser Bezeichnung erwähnte Produkt ein solches der Klägerin war.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es traf über den eingangs geschilderten Sachverhalt hinaus noch folgende wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Andere Anbieter vertreiben ihren Kalkammonsalpeter in Österreich ausschließlich unter dieser Bezeichnung. Die gängige Abkürzung für ausländischen Kalkammonsalpeter ist "KAS" ("K" für Kalk, "A" für Ammoniumstickstoff und "S" für Salpeterstickstoff). In der Bundesrepublik Deutschland wird von der B*** Aktiengesellschaft für ihren Kalkammonsalpeter die Bezeichnung "R***" und von der Firma R*** die Bezeichnung "R***" verwendet. Bei keinem der ausländischen Produkte scheint die Kurzbezeichnung "N***" auf; sie ist auch weder auf allen Düngersäcken aufgedruckt, noch ist sie die gängige Gattungsbezeichnung für K***-Dünger in der Bundesrepublik Deutschland. "N***" ist die charakteristische Abkürzung für das Produkt "N***" der Klägerin und wird in Österreich allgemein für das Produkt der Klägerin verwendet. Auch die Bezeichnung "Weide-N***" wird ausschließlich für das Produkt der Klägerin verwendet. Konkurrenzprodukte aus der Bundesrepublik Deutschland werden in Österreich ausschließlich unter der Bezeichnung "S***" verkauft. Das Produkt
"N***" der Klägerin weist einen wesentlich höheren Stickstoffgehalt auf als vergleichbare ausländische Produkte. Das Düngemittel unter der Markenbezeichnung "G***" wurde bis zum Jahr 1985 ausschließlich von der Klägerin erzeugt; der Markenschutz ist nach wie vor aufrecht. Auf Grund des Düngemittelgesetzes darf allerdings "G***" (offensichtlich gemeint: das unter dieser Bezeichnung hergestellte Düngemittel in seiner konkreten chemischen Zusammensetzung) in Österreich nicht mehr verkauft werden; es wird aber weiter produziert und unter anderem in die Schweiz geliefert. In Österreich erzeugt nur die Firma "D***" ein gleichwertiges Produkt, welches unter der Bezeichnung "DC 42" auf den Markt kommt.
Düngemittel werden üblicherweise nur für eine Saison eingelagert, weil sonst die Gefahr der Verhärtung besteht; es ist daher unwahrscheinlich, daß von der Klägerin im Jahr 1985 erzeugtes "G***" noch verwendbar wäre. Auf Grund des festgestellten Vertriebs- und Preissystems der Klägerin nahm das Erstgericht in tatsächlicher Hinsicht als erwiesen an, daß die von der Beklagten unter den Bezeichnungen "G***" und "Weide-N***" angebotenen Düngemittel keine Erzeugnisse der Klägerin waren.
Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß die Streitteile einander im geschäftlichen Verkehr gegenüberstünden. Die Beklagte habe die für die Klägerin geschützten Marken "N***" und "G***" bzw die bei den Bauern als angesprochenem Personenkreis Verkehrsgeltung genießenden Abkürzungen "N***" und "Weide-N***" im Sinne des § 9 UWG mißbräuchlich verwendet. Den durch die Markenregistrierung geschaffenen prima-facie-Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen zum Erwerb des Markenschutzes habe sie nicht entkräften können.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und erachtete es insbesondere gleichfalls als von der Klägerin erwiesen, daß die von der Beklagten unter der Bezeichnung "G***" und "Weide-N***" angebotenen Düngemittel nicht aus der Produktion der Klägerin stammten. Mit dem beanstandeten Düngemittelanbot an Mitglieder habe die Beklagte zu wirtschaftlichen Zwecken und damit im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Sie habe daher in die Markenrechte der Klägerin eingegriffen, weil die von ihr unter dieser Bezeichnung angebotenen Düngemittel nicht aus der Produktion der Klägerin gestammt hätten; somit liege ein Verstoß gegen § 9 Abs 3 UWG vor. Das treffe auch auf die Verwendung der nicht registrierten Marken "N***" und "Weide-N***" zu, weil für sie die erforderliche Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin bestehe. Wiederholungsgefahr sei schon deshalb gegeben, weil die Beklagte deren Wegfall weder behauptet noch bewiesen habe; sie habe vielmehr ihr Verhalten noch im vorliegenden Rechtsstreit als rechtmäßig verteidigt und damit zu erkennen gegeben, daß es ihr nicht ernstlich um die Vermeidung weiterer Eingriffe zu tun sei. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung der Klage, hilfsweise auf Aufhebung des Ersturteils. Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Mit ihrer Mängelrüge bekämpft die Beklagte lediglich in unzulässier Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Soweit sie aber erstmalig auch die Unterlassung der Einholung des von ihr in erster Instanz beantragten Sachverständigengutachtens rügt, übersieht sie, daß ein solcher Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens von ihr in der Berufung nicht beanstandet wurde; seine Geltungmachung im Revisionsverfahren ist daher ausgeschlossen (MietSlg 37.771, 38.792; EFSlg.55.100, 57.817 ua).
Die von der Beklagten in der Rechtsrüge aufgeworfenen Fragen der Beweislastverteilung könnten für die rechtliche Beurteilung Bedeutung nur dann erlangen, wenn der in Rede stehende Beweis (hier:
daß es sich bei den von der Beklagten angebotenen Düngemitteln nicht um Produkte der Klägerin gehandelt hat) nicht erbracht worden wäre (EFSlg.34.503, 36.792 ua). Im vorliegenden Fall hat dies aber das Berufungsgericht als letzte Tatsacheninstanz - für den Obersten Gerichtshof bindend - ausdrücklich bejaht. Ob eine Prozeßpartei ihrer Beweispflicht - und sei es auch im Wege eines Indizienbeweises (JBl 1984, 262) - nachgekommen ist, ist keine Frage der rechtlichen Beurteilung, sondern eine solche der Beweiswürdigung (EFSlg 25.373);
auf Schlußfolgerungen beruhende Tatsachenfeststellungen können daher mit der Rechtsrüge nur dann angefochten werden, wenn sie mit den Gesetzen der Logik und der Erfahrung unvereinbar sind (RZ 1967, 105;
EFSlg 44.122, 52.240, 57.826 ua). Letzteres trifft aber entgegen der Meinung der Beklagten hier nicht zu.
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist von den Vorinstanzen mit Recht nach § 9 UWG geprüft worden. Danach ist es aber nur erforderlich, daß die Kennzeichenverletzung "im geschäftlichen Verkehr" geschehen ist; ein Wettbewerbsverhältnis oder ein Handeln "zu Zwecken des Wettbewerbs" wird hingegen nicht vorausgesetzt (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 134; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1656 f Rz 2 und 3 zu § 16 dUWG; SZ 58/54 ua). Mit Recht wurde aber auf der Seite der Beklagten ein Handeln "im geschäftlichen Verkehr" angenommen: Lehre (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 17 f; Koppensteiner aaO 23 f; Baumbach-Hefermehl aaO 266 ff Rz 206 f EinlUWG) und Rechtsprechung (ÖBl 1979, 22 und 36; ÖBl 1980, 65; ÖBl 1983, 9 uva) stimmen darin überein, daß der "geschäftliche Verkehr" im Sinne des Wettbewerbsrechtes jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit - im Gegensatz zur rein privaten oder amtlichen Tätigkeit - umfaßt, mit anderen Worten: jede geschäftliche Betätigung im weitesten Sinn. Gewinnabsicht ist nicht erforderlich; vielmehr genügt eine selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt. Auch ein Idealverein kann daher mit seinen Mitgliedern oder mit Dritten im geschäftlichen Verkehr stehen (Baumbach-Hefermehl aaO 268, Rz 208 EinlUWG; ÖBl 1967, 13; ÖBl 1969, 36), wenn er - wie hier die Beklagte - zwecks Förderung der wirtschaftlichen Belange seiner Mitglieder mit diesen oder mit Dritten fortgesetzt in wirtschaftlicher Verbindung steht.
Da somit die Beklagte mit der beanstandeten Handelsdüngeraktion im geschäftlichen Verkehr gehandelt und durch das Angebot eines nicht von der Klägerin stammenden Düngemittels unter der Bezeichnung "G***" deren Wortmarke kennzeichenmäßig als Warenbezeichnung mißbraucht hat, kommt der wettbewerbsrechtliche Schutz des § 9 Abs 3 UWG für registrierte Marken zum Tragen; der Unterlassungsanspruch der Klägerin ist daher in diesem Umfang bereits gerechtfertigt. Auch die Revision vermag dagegen nichts Stichhältiges vorzubringen. Abgesehen davon, daß die von der Beklagten auch in bezug auf diese Wortmarke der Klägerin eingewendete spätere Entwicklung zu einer allgemein gebräuchlichen Gattungsbezeichnung nach den Feststellungen nicht erwiesen ist, stünde nach herrschender Auffassung ein solcher nachträglicher Verlust der Kennzeichnungskraft einer registrierten Marke der Fortdauer ihres Schutzes nach § 9 Abs 3 UWG nicht entgegen; dieser Schutz kommt vielmehr auch solchen Marken zu, die im Geschäftsverkehr nicht mehr als Zeichen für die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Unternehmen gelten (Hohenecker-Friedl aaO 171; ÖBl 1980, 104; ÖBl 1982, 160; ÖBl 1986, 7 ua). Soweit sich aber die Beklagte auch in diesem Zusammenhang noch gegen die vom Berufungsgericht bejahte Wiederholungsgefahr wendet, genügt ein Hinweis auf die in diesem Punkt zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz.
Mit Recht macht die Beklagte jedoch geltend, daß der festgestellte Sachverhalt ihre Verurteilung zur Unterlassung des Anbietens von Düngemitteln auch unter der Bezeichnung "N***" nicht zu tragen vermag. Diese für die Klägerin geschützte Marke hat nämlich die Beklagte gar nicht verwendet; sie hat vielmehr ihr Düngemittel als "WeideN***" bezeichnet. Für diese Bezeichnung besteht aber - ebenso wie für den Wortteil "N***" - kein Markenschutz der Klägerin. Obgleich "N***" die charakteristische Abkürzung für das Produkt "N***" der Klägerin und sonst nicht gebräuchlich ist, wurde doch mit dem Gebrauch dieser Kurzbezeichnung noch keineswegs die registrierte Wortmarke der Klägerin verwendet. Der Gebrauch dieser Kurzbezeichnung durch die Beklagte rechtfertigt aber auch nicht die Annahme einer konkreten Gefahr der unmittelbar bevorstehenden mißbräuchlichen Verwendung der Marke "N***" durch sie. Soweit der Beklagten das Anbieten von Düngemitteln unter der Bezeichnung "N***" untersagt wurde, mangelt es daher an jeglicher Grundlage für eine vorbeugende Unterlassungsklage (vgl Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 505 f; Koziol-Welser8 I 203). Das gilt hier umso mehr, als - wie noch auszuführen sein wird - die nicht registrierte Kurzbezeichnung "N***" für bestimmte Düngemittel der Klägerin auf dem österreichischen Markt bereits Verkehrsgeltung erlangt hat.
Die von der Beklagten gebrauchte Düngemittelbezeichnung "WeideN***" ist ebensowenig wie der Wortteil (die Kurzbezeichnung) "N***" eine registrierte Marke. Nicht registrierte Warenzeichen dieser Art können jedoch unter den Begriff der "sonstigen Einrichtungen" im Sinne des § 9 Abs 3 UWG fallen; sie werden, sofern sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten, den besonderen Unternehmensbezeichnungen im Sinne des § 9 Abs 1 UWG gleichgestellt (vgl Hohenecker-Friedl aaO 47; Koppensteiner aaO 143; SZ 55/43; ÖBl 1989, 162 ua). Verkehrsgeltung liegt dann vor, wenn ein Zeichen "in beteiligten Verkehrskreisen" als Hinweis auf ein Unternehmen oder dessen Waren oder Dienstleistungen bekannt ist. Sie braucht durchaus nicht in allen beteiligten Kreisen - Großhändler, Einzelhändler, Verbraucher - zu bestehen; vielmehr genügt es, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil auch nur einer der im konkreten Fall angesprochenen Gruppen in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (SZ 58/54 mwN; ÖBl 1989, 162). Die Klägerin hat hiezu behauptet, daß "N***" die charakteristische Abkürzung für ihr Produkt "N***" sei und in Österreich allgemein für ihr Produkt verwendet werde; auch die Bezeichnung "Weide-N***" werde ausschließlich für das Produkt der Klägerin verwendet. Genau das haben auch die Vorinstanzen festgestellt. Die Beklagte meint nun, daß damit noch keine ausreichende Verkehrsgeltung vorliege, weil den Feststellungen der Vorinstanzen die hiefür erforderliche Zuordnung dieser Warenzeichen an die Klägerin nicht entnommen werden könne. Mit diesem Vorwurf ist die Revisionswerberin nur insoweit im Recht, als für die Verkehrsgeltung eines Zeichens in erster Linie der Kennzeichnungsgrad und nicht der bloße Bekanntheitsgrad - also die Angabe, wie weit die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen überhaupt kennen - entscheidend ist. Der Kennzeichnungsgrad gibt an, wie weit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, eine bestimmte Ware oder Leistung, angesehen wird. Die Beklagte übersieht aber, daß das Unternehmen selbst dabei gar nicht bekannt sein muß; es genügt, wenn an die Waren oder Leistungen des Zeichenträgers, nicht aber an diesen selbst, gedacht wird (Schönherr-Kucsko, Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht3, 63; Koppensteiner aaO 150; ÖBl 1989, 162). Letzteres wird aber von den Feststellungen der Vorinstanzen denknotwendig umfaßt, wonach die beiden Zeichen in Österreich "allgemein bzw ausschließlich", dh von sämtlichen beteiligten Verkehrskreisen, "für das Produkt der Klägerin", also für ein bestimmtes Düngemittel, verwendet werden. Eine solche allgemeine Verwendung der genannten Warenzeichen setzt logisch voraus, daß mit ihnen für den Anwender, Leser oder Hörer ein Hinweis auf eine bestimmte Ware - hier: auf ein bestimmtes
Düngemittel - verbunden ist. Die Verkehrsgeltung beruht daher auf der Bekanntheit der beiden Warenzeichen als Kennzeichen bestimmter Düngemittel der Klägerin. Ob diese selbst innerhalb beteiligter Verkehrskreise dabei namentlich bekannt ist und mit den Zeichen in Zusammenhang gebracht wird (Zuordnungsgrad; vgl ÖBl 1989, 162), muß bei dieser Sachlage nicht mehr geprüft werden. Die von der Beklagten gerügten Feststellungsmängel liegen daher nicht vor. Da die von der Beklagten für andere Düngemittel gebrauchten nicht registrierten Warenzeichen für bestimmte Düngemittel der Klägerin auf dem österreichischen Markt Verkehrsgeltung genießen, kommt ihnen der wettbewerbsrechtliche Schutz nach § 9 Abs 3 UWG zu. Der Revision war somit nur insoweit stattzugeben, als sie sich gegen die Untersagung der von der Beklagten gar nicht gebrauchten Wortmarke "N***" wendet; im übrigen mußte ihr ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Kosten aller Instanzen beruht auf § 43 Abs 1 (§ 50) ZPO. Da die Klägerin zu drei Vierteln obsiegt hat und zu einem Viertel unterlegen ist, waren ihr in allen Instanzen die Hälfte ihrer (für das Revisionsverfahren mit 11.125,80 S, darin enthalten 1.825,30 S Umsatzsteuer, errechneten) Kosten sowie drei Viertel der erstinstanzlichen Barauslagen zuzusprechen.
Anmerkung
E21397European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00056.9.0626.000Dokumentnummer
JJT_19900626_OGH0002_0040OB00056_9000000_000