Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Köck und Dr.Wolfgang Dorner (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria B***, 4924 Waldzell 24, vertreten durch Dr.Wolfgang Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W***
(Landesstelle Oberösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.März 1990, GZ 12 Rs 24/90-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21. Dezember 1989, GZ 5 Cgs 196/89-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die am 13.4.1932 geborene Klägerin war von 1946 bis 1953 Landarbeiterin in der elterlichen Landwirtschaft. Seit ihrer Verehelichung im Jahr 1953 half sie im Bäckereibetrieb ihres Ehegatten mit. Nach dessen Pensionierung führte sie diesen Betrieb ab Dezember 1983 fort. Ihre Tätigkeit umfaßte vorwiegend den Handeln mit Süßwaren, Landesprodukten und Lebensmitteln. Im Geschäftslokal war auch Platz für 8 Personen zur Einnahme von Getränken und Mehlspeisen. Die Klägerin verkaufte die Landesprodukte und Lebensmittel bzw Süßwaren, bereitete Kaffee zu, servierte, kassierte und wusch ab. Die schwerste Arbeit bestand in der sackweisen Zustellung von Landesprodukten, insbesondere Getreide, Mehl und Futtermitteln. Die Klägerin trug auch die etwa 20 kg schweren Brotkörbe von der Bäckerei in den Laden. Abends erledigte sie noch Büro- und Buchhaltungsarbeiten. Nach der Übernahme des Betriebes und den Erwerb der Gewerbeberechtigungen, die gleichlautend waren wie die ihres Ehegatten, verrichtete die Klägerin seit Dezember 1983 die gleichen Tätigkeiten wie vor diesem Zeitpunkt als mittätige, aber nicht nach dem GSVG versicherte Ehegattin. Zum Stichtag 1.1.1988 hatte die Klägerin folgende Versicherungszeiten erworben: 58 Ersatzmonate gemäß § 107 Abs 1 Z 1 BSVG in der Zeit von Mai 1947 bis Dezember 1956, 156 Beitragsmonate gemäß § 106 Abs 1 Z 1 BSVG in der Zeit von Jänner 1957 bis Dezember 1969, 35 Beitragsmonate gemäß § 106 Abs 1 Z 1 BSVG in der Zeit von Jänner 1981 bis November 1983 und 49 Beitragsmonate gemäß § 115 Abs 1 Z 1 GSVG in der Zeit von Dezember 1983 bis Dezember 1987. Dies ergibt zum Stichtag insgesamt 298 Versicherungsmonate, davon 49 Beitragsmonate nach dem GSVG. Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom 28.9.1989 den Antrag der Klägerin vom 31.12.1987 auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension ab.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Gewährung der Erwerbsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.1.1988. Sie sei erwerbsunfähig iS des § 133 Abs 2 GSVG. Wenngleich sie eine Erwerbstätigkeit auf Grund eigener Gewerbeberechtigung nur vom Dezember 1983 bis Dezember 1987 ausgeübt habe, so sei sie doch als mitarbeitende Ehegattin schon vorher im Betrieb in derselben Art und Weise tätig gewesen und habe in dieser Stellung die gleiche Tätigkeit verrichtet wie nach der Übernahme des Betriebes. In der Zeit vor Dezember 1983 sei die Klägerin der Pflichtversicherung nach dem BSVG unterlegen. Die Mitarbeit sei der nachfolgenden Tätigkeit auf Grund einer Gewerbeberechtigung gleichzuhalten, so daß die Klägerin vor Antragstellung mehr als 60 Kalendermonate selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Eine solche Tätigkeit sei ihr nicht mehr zumutbar.
Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen und wendete ein, daß § 133 Abs 2 GSVG deshalb nicht anwendbar sei, weil die Klägerin nicht durch mindestens 60 Kalendermonate eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Erwerbsunfähigkeit iS des § 133 Abs 1 GSVG liege ebenfalls nicht vor. Außer Streit gestellt wurde das Vorliegen der für die Erfüllung der Wartezeit erforderlichen Versicherungsmonate und der Voraussetzungen nach § 130 Abs 2 GSVG. Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:
Die Klägerin ist von interner Seite her für leichte und mittelschwere Arbeiten geeignet. Arbeiten, bei der sie dauernd stehen muß, sind ihr auf Grund der Krampfadern nicht zuzumuten. Arbeiten, die nur zeitweiliges Stehen im Wechsel mit Sitzen oder Gehen erfordern, sind möglich. Ungünstig sind ferner Arbeiten in Nässe und in großer Kälte, auch Arbeiten unter besonderen Streßsituationen sind ihr nicht zuzumuten. Aus unfallchirurgisch-orthopädischer Sicht sind der Klägerin leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen zumutbar. Mittelschwere Arbeiten sollen eher im Sitzen durchgeführt werden; schwere Arbeiten sind ihr nicht mehr zumutbar. Bei den leichten Arbeiten ist eine Abwechslung zwischen Gehen und Stehen zu empfehlen. Die Arbeiten sollen eher in geschlossenen Räumen durchgeführt werden. Das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und häufiges Bücken sollen ebenso vermieden werden wie Arbeiten an Maschinen oder am Fließband. Die Klägerin ist anlernbar und unterweisbar, aber nicht umschulbar. Sie kann die früher ausgeübte selbständige Tätigkeit nicht mehr verrichten, wäre auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allerdings zu folgenden beispielsweisen aufgezählten Tätigkeiten einsetzbar:
Kontrollarbeiterin in verschiedenen Branchen, Finisharbeiterin in verschiedenen Branchen, Handentgraterin in der Kunststofferzeugung und Tischarbeiterin in der Kartonagenerzeugung.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nach § 133 Abs 1 GSVG liege deshalb nicht vor, weil ihr trotz der medizinischen Einschränkungen noch eine Reihe von Verweisungsberufen zumutbar sei. Die Klägerin erfülle aber auch nicht die Voraussetzungen des § 133 Abs 2 GSVG, nämlich das Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch mindestens 60 Kalendermonate. Dies habe zur Voraussetzung, daß für den Versicherten mindestens für diesen Zeitraum eine entsprechende Gewerbeberechtigung und damit verbunden die Mitgliedschaft bei einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft vorhanden sein müsse. Die tatsächliche Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ohne gewerbebehördliche Berechtigung hiezu begründe nicht die Kammermitgliedschaft und in der Folge auch nicht die Einbeziehung in die Pensionsversicherung nach dem GSVG. Laute eine Gewerbeberechtigung auf den Namen der Ehegattin, so unterliege nur sie, nicht aber auch der im Gewerbebetrieb mittätige Ehegatte der Pflichtversicherung nach dem GSVG. Die Klägerin habe zum Stichtag nur 49 Versicherungsmonate nach dem GSVG erworben, weshalb ihr Klagebegehren unberechtigt sei.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Die Klägerin stehe zu Unrecht auf dem Standpunkt, daß der im § 133 Abs 2 GSVG verwendete Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht mit dem Begriff der Versicherungspflicht gleichzusetzen sei. Vor dem 1.1.1980 habe bei Zusammentreffen von Versicherungspflichten nach dem ASVG und dem GSPVG bzw GSVG ein absoluter Vorrang für die Versicherungspflicht nach dem ASVG bestanden; seit dem 1.1.1980 gelte in pensionsversicherungsrechtlichen Belangen der Grundsatz der Mehrfachversicherung. Die ältere Judikatur, auf die sich die Klägerin berufe, sei daher nicht mehr anwendbar. Zur Auslegung der Begriffe jener selbständigen Erwerbstätigkeit, die der Antragsteller zuletzt durch mindestens 60 Monate ausgeübt haben muß, sei nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, daß der Versicherte eine Arbeitsleistung erbrachte, für die die Beitragspflicht nach dem Handelskammer-Altersunterstützungsgesetz, nach dem GSPVG oder GSVG bzw FSVG bestanden habe. Die Mithilfe im Betrieb des Ehegatten sei nicht als selbständige Erwerbstätigkeit anzusehen, weil damit kein Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geführt werde. Da die Klägerin also nicht 60 Kalendermonate selbständig erwerbstätig iS des § 133 Abs 2 GSVG gewesen sei, erfülle sie die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist im Sinne ihres hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Gemäß § 133 Abs 1 GSVG gilt als erwerbsunfähig der (die) Versicherte, der (die) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Da das Verweisungsfeld des § 133 Abs 1 GSVG mit dem gesamten Arbeitsmarkt ident ist und eine Einschränkung, daß die Verweisungstätigkeit dem Versicherten im Hinblick auf die bisher ausgeübte Tätigkeit auch zumutbar sein muß, in dieser Gesetzesstelle nicht enthalten ist (SSV-NF 3/91 mwN), besteht kein Zweifel, daß Erwerbsunfähigkeit der Klägerin nach dieser Gesetzesstelle nicht vorliegt.
Gemäß § 133 Abs 2 GSVG gilt als erwerbsunfähig ferner der (die) Versicherte, a) der (die) das 55.Lebensjahr vollendet hat und b) dessen (deren) persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, wenn er (sie) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwächen seiner (ihrer) körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstand ist, jener selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die er (sie) zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Die Vorinstanzen haben zutreffend ausgeführt, daß die Mitarbeit der Klägerin auf Grund ehelicher Beistandspflicht im Bäckereibetrieb ihres Ehegatten nicht die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle darstellen kann; insoweit genügt es auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 48 ASVGG). Die Revisionswerberin weist aber zutreffend darauf hin, daß die Vorinstanzen dem Umstand keine Beachtung beigemessen haben, daß die Klägerin von Jänner 1957 bis Dezember 1969 und von Jänner 1981 bis November 1983 zusammen 191 Beitragsmonate gemäß § 106 Abs 1 Z 1 BSVG erworben hat. Darunter fallen Zeiten einer die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG oder nach dem Bauernpensionsversicherungsgesetz begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung, wenn die Beiträge innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Kalendermonates für den sie gelten sollen, wirksam entrichtet worden sind. Nach § 2 Abs 1 Z 1 BSVG sind Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land-(forst-)wirtschaftlichen Betrieb im Sinn der Bestimmungen des Landarbeitergesetzes 1984 führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, in der Pensionsversicherung pflichtversichert. Hat ein Versicherter Versicherungsmonate sowohl in der Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherung als auch in der Pensionsversicherung nach dem ASVG und (oder) in der Bauern-Pensionsversicherung erworben, so kommen nach § 129 Abs 1 GSVG für ihn die Leistungen aus der Pensionsversicherung in Betracht, der er zugehörig ist. Die Zugehörigkeit des Versicherten richtet sich für Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters, der dauernden Erwerbsunfähigkeit und des Todes nach § 129 Abs 2 bis 5 GSVG. Im vorliegenden Fall bestehen gegen die Leistungszugehörigkeit der Klägerin und die Leistungszuständigkeit der beklagten Partei nach dem GSVG keine Bedenken. Ist aber ein Versicherer gemäß § 129 Abs 2 bis 5 GSVG der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zugehörig, so hat der Versicherungsträger die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nach § 129 Abs 7 GSVG unter anderem mit der Maßgabe anzuwenden, daß Beitragsmonate nach dem ASVG und nach dem BSVG als Beitragsmonate nach dem GSVG gelten (Z 1 leg cit). Bei der Feststellung des Leistungsanspruches hat daher die beklagte Partei die in anderen Pensionsversicherungen zurückgelegten Versicherungszeiten so zu berücksichtigen, als ob sie in der von ihr durchgeführten Pensionsversicherung zurückgelegt worden wären (Teschner, GSVG 39.ErgLfg 342 Anm 2 zu § 129). Daraus folgt, daß die beklagte Partei im Rahmen der Prüfung der Erwerbsunfähigkeit nach § 133 Abs 2 GSVG auch eine selbständige Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen hat, die der Versicherungspflicht nach dem BSVG unterlag (vgl auch die in Teschner GSVG 39.ErgLfg 344 unter Anm 8 zu § 129 unter Punkt 1 zitierte Empfehlung des Hauptverbandes vom 14.5.1979). Durch dieses System der Wanderversicherung wird verhindert, daß der Klägerin die nach dem BSVG erworbenen Anwartschaften beim Eintritt des Versicherungsfalles im neuen System (GSVG) verloren gehen (vgl dazu Teschner in Tomandl, SV-System 3. ErgLfg 414).
In den EB zu RV der 18.GSPVG-Novelle zu der früheren dem § 133 Abs 2 GSVG gleichartigen Bestimmung des § 74 Abs 1 zweiter Satz GSPVG, 1403 BlgNR XI.GP 13 wurde ausgeführt: "Nach § 74 GSPVG idgF ist als erwerbsunfähig nur der Versicherte anzusehen, der infolge Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Diese außerordentliche strenge Regelung, welche dauernde und totale Erwerbsunfähigkeit verlangt, hat in zahlreichen Fällen zu großen sozialen Härten geführt....Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 74 soll eine Beseitigung der ärgsten Härten erreicht werden, womit aber noch keine Gleichstellung mit der bezüglichen Regelung des ASVG herbeigeführt wird. Vielmehr soll eine Lösung versucht werden, von der anzunehmen ist, daß sie....den Bedürfnissen der Versicherten nach dem GSPVG, hiebei vor allem der Inhaber von kleinen Betrieben, Rechnung tragen wird. So soll zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit nach dem GSPVG bei Versicherten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und deren persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war, eine Verweisung auf unselbständige Erwerbstätigkeiten ausgeschlossen sein. Aber auch eine Verweisung auf selbständige Erwerbstätigkeiten soll Beschränkungen unterliegen. In diesem Zusammenhang soll ausdrücklich festgestellt werden, daß für die Prüfung der Zumutbarkeit einer anderweiten Erwerbstätigkeit jene Erwerbstätigkeit des Versicherten zum Vergleich heranzuziehen ist, die er in seinem Berufsleben als letzte durch mehr als 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Es muß sich daher keineswegs um die letzte Erwerbstätigkeit vor dem Stichtag handeln, es ist aber auch nicht vorausgesetzt, daß die in Betracht kommende Erwerbstätigkeit in 60 aufeinanderfolgenden Kalendermonaten ausgeübt wurde; Unterbrechungen sind durchaus möglich, wenn nur die Gesamtzahl der Kalendermonate, in denen die gleiche Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, 60 Übersteigt" (zitiert bei Teschner, GSVG 41.ErgLfg 370/2 Anm 2 zu § 133). Der Oberste Gerichtshof teilt die in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Auslegung des § 133 Abs 2 GSVG, wonach die als Vergleichsmaßstab dienende Erwerbstätigkeit, die der Versicherte als letzte durch mehr als 60 Kalendermonate ausgeübt hat, nicht die letzte Erwerbstätigkeit vor dem Stichtag sein muß und wonach auch nicht vorausgesetzt wird, daß die Erwerbstätigkeit in 60 aufeinanderfolgenden Kalendermonaten ausgeübt wurde. Diese Auslegung wurde auch in der Literatur (Teschner in Tomandl, SV-System 4.ErgLfg 373) und in der Rechtsprechung von dem bis zum Inkrafttreten des ASGG als letzte Instanz in Leistungsstreitsachen tätigen Oberlandesgericht Wien geteilt (zB SSV 22/106; SVSlg 25.131; SSV 26/111); sie entspricht auch dem Zweck der gesetzlichen Regelung, wonach die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitspension nach Vollendung des 55.Lebensjahres gemildert sein sollen. Käme es nur auf die letzte Erwerbstätigkeit vor dem Stichtag an, so würde eine solche Auslegung in allen Fällen, in denen diese letzte Erwerbstätigkeit nur verhältnismäßig kurz ausgeübt wurde, zu unbilligen Härten führen. Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Klägerin im Sinne des hier inhaltlich anzuwendenden § 124 Abs 2 BSVG dauernd außerstande ist, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Erwerbstätigkeit erfordert, die sie zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Diesbezüglich fehlen sowohl Beweisergebnisse wie Feststellungen der Vorinstanzen, so daß das angefochtene Urteil in Stattgebung der Revision aufzuheben war. Insbesondere wird vorerst zu klären ein, auf Grund welcher Tätigkeit die Klägerin ab 1953 nach dem BSVG pflichtversichert war; der Eintritt des Versicherungsfalles ist auch hier ausschließlich nach der tatsächlichen Tätigkeit des Versicherten zu beurteilen und nicht nach der Leistungszugehörigkeit und Leistungszuständigkeit. Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war auch das Urteil des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an dieses zurückzuverweisen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E21048European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:010OBS00217.9.0626.000Dokumentnummer
JJT_19900626_OGH0002_010OBS00217_9000000_000