Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Franz K***, Beamter, Wien 5, Ramperstorffergasse 19, und 2.) Elisabeth K***, Pensionistin, Klosterneuburg, Waisenhausgasse 7, beide vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit in der Liegenschaft EZ 3011 des Grundbuches der KG Klosterneuburg infolge Revisionsrekurses der Zweitantragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 28. März 1990, GZ. 46 R 2116/89, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 17. November 1989, GZ. TZ 3627/89, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 17. November 1989 (TZ 3627/89) wurde auf Grund der Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Juni 1988, Beil./A, auf der dem Johann K***, geboren am 24. Jänner 1921, zur Gänze zugeschriebenen Liegenschaft EZ 3011 KG Klosterneuburg, bestehend aus den Grundstücken 931/4 Baufläche und 932/4 Garten, Grundstücksadresse Waisenhausgasse 7, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Franz K***, geboren 9. Dezember 1952, bewilligt und das Mehrbegehren, auf Grund der Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. Oktober 1989, Beil./B, die Einverleibung des lebenslänglichen alleinigen Nutzungs- und Wohnrechtes "an diesem Haus samt Garten" für Elisabeth K***, geboren 1. Jänner 1926, zu bewilligen, abgewiesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem allein von der Zweitantragstellerin gegen den sie betreffenden abweislichen Teil dieses Beschlusses erhobenen Rekurs teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es auf Grund der Amtsbestätigung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. Oktober 1989, Beil./B, auf der genannten Liegenschaft auch die Einverleibung des lebenslänglichen alleinigen Wohnrechtes an diesem Haus samt Garten für die Zweitantragstellerin bewilligte; hingegen gab es dem Rekurs, soweit er sich gegen die Abweisung des Mehrbegehrens der Einverleibung des lebenslänglichen alleinigen Nutzungsrechtes an diesem Haus samt Garten für die Zweitantragstellerin wendete, nicht Folge. Schließlich sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der Rekurs gegen diese Entscheidung zulässig sei. Das Erstgericht habe richtig ausgeführt, daß gemäß § 12 GBG bei Dienstbarkeiten und Reallasten Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechtes möglichst bestimmt angegeben werden müßten und als persönliche Dienstbarkeit das Gebrauchsrecht (§ 504 ABGB) und das Fruchtgenußrecht (§ 509 ABGB) im Grundbuch eintragbar sei. Da aus dem Antragsbegehren "Nutzungsrecht" und auch aus der Urkunde nicht eindeutig hervorgehe, welches der beiden Rechte gemeint sei, habe das Mehrbegehren abgewiesen werden müssen.
Der von der Zweitantragstellerin gegen den abweisenden Teil dieses rekursgerichtlichen Beschlusses erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurswerberin räumt in ihrem Rechtsmittel selbst ein, die Einverleibung des Fruchtgenußrechtes neben dem Wohnrecht sei zu Recht abgelehnt worden, weil das Fruchtgenußrecht das Wohnrecht mitumfasse. Sie meint jedoch daraus zwingend ableiten zu können, daß die neben dem Wohnrecht beantragte Einverleibung des Nutzungsrechtes nur als Einverleibung des Gebrauchsrechtes iS des § 504 ABGB verstanden werden könne, weshalb die Einverleibung des lebenslänglichen alleinigen Wohnrechtes und Gebrauchsrechtes an diesem Haus samt Garten hätte bewilligt werden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung ua. nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und auch der Urkundeninhalt in der materiellrechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen läßt (NZ 1988, 289; NZ 1989, 163 und 226 ua). Dies ist - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - aber nur dann der Fall, wenn das einzutragende Recht aus den Urkunden selbst hervorgeht, nicht aber, wenn es bloß aus Folgerungen erschlossen werden kann (vgl. MGA GBG3 § 94 GBG E. 86). Nach der der begehrten Eintragung zugrunde gelegten Amtsbestätigung (Beil./B) kann das lebenslängliche alleinige Nutzungs- und Wohnrecht an diesem Haus samt Garten für die Zweitantragstellerin einverleibt werden. Das ABGB regelt das Wohnrecht nicht als eigene Dienstbarkeit, sondern als Gebrauch oder Fruchtgenuß an Wohnräumen - allenfalls einschließlich eines Hausgartens -, und zwar je nach dem Umfang der Gestattung; bei Überlassung eines ganzen Gebäudes oder mehrerer Wohnungen, also ohne Einschränkung auf den persönlichen Gebrauch wird Wohnungsfruchtgenuß anzurechnen sein, andernfalls Wohnungsgebrauchsrecht (Koziol-Welser II8 156; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 1, 4 und 5 zu § 521; Pimmer in Schwimann, ABGB II, Rz 26 zu § 521). Welche der beiden Formen vorliegt, ist daher Auslegungsfrage. Da nach der dem Grundbuchsgesuch zugrunde gelegten Amtsbestätigung der Zweitantragstellerin das "alleinige Nutzungs- und Wohnrecht" an einem im Grundbuch noch nicht ersichtlichen Haus, dessen Größe nicht bekannt ist, samt Garten eingeräumt wurde, reicht die Grundbuchsurkunde zu der nach § 12 GBG erforderlichen Präzisierung der Art bzw. des Umfanges der Dienstbarkeit der Wohnung nicht aus. Denn es kann weder mit Sicherheit gesagt werden, ob der Zweitantragstellerin ein Wohnungsgebrauchsrecht oder ein Wohnungsfruchtgenuß, noch ob das "Nutzungsrecht", soweit es nicht vom Wohnungsrecht erfaßt ist und allein auf den Garten bezogen werden könnte, uneingeschränkt oder bloß unter Beschränkung auf den (alleinigen) persönlichen Bedarf eingeräumt wurde.
Dem Revisionsrekurs konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
Anmerkung
E21696European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00045.9.0626.000Dokumentnummer
JJT_19900626_OGH0002_0050OB00045_9000000_000