TE OGH 1990/6/27 3Ob571/90

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Veröffentlicht am 27.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.pharm.Dr.Gilbert K***, Apotheker, Wien 19., Döblinger Hauptstraße 64, vertreten durch Dr.Christian Beurle und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Christina S***, Fachärztin, Gamlitz Nr. 20, wegen restlicher 70.359,74 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12.März 1990, GZ 19 R 12/90-27, womit ihr Rekurs gegen Punkt 1 des Beschlusses des Bezirksgerichtes Linz vom 1.Dezember 1989, GZ 10 C 865/89s-17, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Beklagte wurde vom Erstgericht schuldig erkannt, dem Kläger 70.359,74 S sA zu bezahlen. Sie stellte im telegraphischen Weg den Antrag, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Urteil des Erstgerichtes zu bewilligen, und erhob zugleich "Rekurs/Berufung zur Gänze mit der Begründung unrichtiger Gerichtsort und unrichtige Rechtsverhältnisse".

Das Erstgericht ersuchte das nach dem Wohnort der Beklagten zuständige Bezirksgericht, sie vorzuladen und zum Wiedereinsetzungsantrag zu befragen, zur Vorlage von Bescheinigungsmitteln aufzufordern und darüber zu belehren, daß im Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung die Berufung von einem Rechtsanwalt unterschrieben werden müsse. Die Beklagte leistete der Ladung trotz Zustellung zu eigenen Handen nicht Folge. Das ersuchte Gericht berichtete hiezu, daß sie schon wiederholt auf Grund einer Ladung zur Belehrung nicht erschienen sei, einige Tage später seien offensichtlich der Prozeßverzögerung dienende Entschuldigungsschreiben eingelangt, bei neuerlicher Ladung sei die Beklagte wieder nicht erschienen.

Das Erstgericht trug hierauf der Beklagten mit Beschluß die Verbesserung des Wiedereinsetzungsantrags durch Vorlage geeigneter Bescheinigungsmittel auf und belehrte sie, daß im Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung die Berufung von einem Rechtsanwalt zu unterschreiben wäre. Die Beklagte beantragte innerhalb der ihr zur Verbesserung gesetzten Frist die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Das Erstgericht wies den Antrag auf Wiedereinsetzung "als zur geschäftsmäßigen Behandlung ungeeignet bzw als unzulässig" zurück, weil die Beklagte dem ihr erteilten Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen sei. Den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wies das Erstgericht ab. Der Beschluß wurde der Beklagten unter Anschluß einer Rechtsmittelbelehrung (wahrscheinlich in Form des ZPForm Nr 94) zugestellt.

Die Beklagte brachte gegen den Beschluß des Erstgerichtes neuerlich im telegraphischen Weg einen Rekurs "wegen unrichtigem Verfahren" ein, den sie in der Folge in einem nicht von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Schriftsatz wiederholte, ohne ihn in der Sache näher auszuführen.

Das Rekursgericht wies mit einem gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO nF rechtskräftigen Beschluß den Rekurs zurück, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe richtete, und trug der Beklagten die Verbesserung innerhalb von 14 Tagen durch Beisetzung der Unterschrift eines Rechtsanwalts auf, soweit damit die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags bekämpft wurde. Die Beklagte legte innerhalb der ihr gesetzten Frist neuerlich einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vor. Das Rekursgericht wies hierauf den Rekurs der Beklagten auch zurück, soweit damit die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags bekämpft wurde, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Verbesserungsverfahren sei erfolglos geblieben, weil die Übersendung eines nur mit fotokopierter Unterschrift versehenen Verfahrenshilfeantrags nach Einbringung substanzloser Rechtsbehelfe und Rechtsmittel die Pflicht der Partei zur Beachtung von Treu und Glauben und zur redlichen Prozeßführung verletze und offenkundig der Prozeßverschleppung dienen solle. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes brachte die beklagte Partei innerhalb der Rekursfrist im telegraphischen Weg einen Revisionsrekurs ein, "weil das belangte Gericht zuerst über Punkt 2 zu entscheiden gehabt hätte und nicht über Punkt 1". Sie stellte den Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Gemäß § 520 Abs 1 letzter Satz ZPO müssen schriftliche Rekurse mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Diese Rechtsvorschrift mußte der Beklagten bekannt sein, weil ihr im Lauf des Verfahrens, wenn auch nicht mit dem angefochtenen Beschluß, eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde und sie überdies im Verbesserungsauftrag des Rekursgerichtes auf die angeführte Bestimmung hingewiesen wurde. Die Beklagte ist Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Ausbildung ist anzunehmen, daß sie den Inhalt und die Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung verstanden hat. Dennoch brachte sie sowohl den Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes als auch den Rekurs gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ein, ohne daß diese von einem Rechtsanwalt unterschrieben waren. Überdies reagierte sie auf die Verbesserungsversuche des Erstgerichtes nicht, was nach dem Akteninhalt auch in anderen Verfahren geschah.

Unter den dargestellten Umständen gelangt auch der Oberste Gerichtshof zur Überzeugung, daß die Beklagte absichtlich die ihr bekannten Formvorschriften nicht einhält und die im Gesetz (§§ 84, 85 ZPO) vorgesehene Verbesserungsmöglichkeit mißbraucht. In einem solchen Fall ist aber nach ständiger Rechtsprechung ein Verbesserungsauftrag nicht zu erteilen (JBl 1965, 475; EvBl 1971/139; SZ 58/17 ua), weshalb der Rekurs der Beklagten schon wegen des Fehlens der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zurückzuweisen war, ohne daß darauf eingegangen werden muß, ob er noch mit weiteren Mängeln behaftet ist.

Anmerkung

E21147

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00571.9.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19900627_OGH0002_0030OB00571_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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