TE OGH 1990/6/28 8Ob10/89

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Veröffentlicht am 28.06.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Paul H***, Frächter, Goethestraße 12, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei R*** I*** reg.Genossenschaft mbH, Innstraße 7, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander und Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitinteresse S 242.428,22), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 2. November 1988, GZ. 1 R 239/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Mai 1988, GZ. 11 Cg 298/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.887,40 (einschließlich S 1.647,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 3949 KG Hötting, die zugunsten der beklagten Partei mit Höchstbetragshypotheken von S 550.000 im ersten Rang und von S 1,110.000 im zweiten Rang grundbücherlich belastet ist. Über das Vermögen des Klägers wurde am 17. 8. 1984 zur AZ. S 84/84 des Landesgerichtes Innsbruck der Konkurs eröffnet. In diesem Zeitpunkt hatte die beklagte Partei gegen den Kläger eine Darlehensforderung über S 1,674.162,21 und eine Forderung für einen Ausfall aus einem Bürgeskredit in Höhe von S 37.978,89, insgesamt also eine Forderung von S 1,712.141,10, bei deren Anmeldung sie gegenüber dem Konkursgericht auf die zu ihren Gunsten einverleibten Höchstbetragshypotheken in EZ 3949 KG Hötting und auf den in einem Versteigerungsverfahren ermittelten Schätzwert dieser Liegenschaft von S 111.000 hinwies. Im Hinblick darauf veranschlagte sie die Deckung ihrer Forderungen mit S 100.000, sohin den Ausfall mit S 1,612.141 und beantragte, ihre Forderung mit S 1,712.141,10 als Konkursforderung festzustellen. Die angemeldete Forderung wurde jedoch in das Anmeldungsverzeichnis nur mit dem Betrag von S 1,612.141 aufgenommen und zunächst zur Gänze bestritten. Am 26. 9. 1984 erklärte der Masseverwalter im Konkurs des Klägers, das Absonderungsrecht der Beklagten nunmehr anzuerkennen, die Höhe der Forderung müsse aber erst geprüft werden, voraussichtlich sei sie jedoch durch die hypothekarische Sicherstellung auf der Liegenschaft gedeckt. Am 27. 11. 1984 beantragte der Kläger (dortige Gemeinschuldner) den Abschluß eines Zwangsausgleiches und bot auf die "festgestellten" Konkursforderungen die Zahlung einer 20 %-igen Quote an; in der Tagsatzung vom 21. 1. 1985 wurde das Wort "festgestellte" aus dem Zwangsausgleichsvorschlag gestrichen. In Ansehung des Absonderungsrechtes der beklagten Partei wurde in der Zwangsausgleichstagsatzung unterstellt, daß die hypothekarische Sicherstellung mit S 500.000 anzunehmen sei, weshalb der beklagten Partei das Stimmrecht nur für die Forderung von S 1,212.141,10 gewährt wurde. Der Zwangsausgleichsantrag erhielt die erforderliche Mehrheit und wurde mit Beschluß vom 28. 1. 1985 konkursgerichtlich bestätigt. Mit Beschluß vom 26. 2. 1985 wurde der Konkurs aufgehoben. Nach Abschluß des Zwangsausgleiches bezahlte der Kläger an die beklagte Partei 20 % von S 1,212,141,10, daher den Betrag von S 242.428,22.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger mit der Behauptung, durch die Zahlung der Zwangsausgleichsquote sei die Teilforderung von S 1,212.141,10 untergegangen, die Feststellung, daß die Liegenschaft EZ 3949 KG Hötting der beklagten Partei nur noch bis zum Höchstbetrag von S 500.000 zuzüglich laufender Zinsen seit Konkurseröffnung (17. 8. 1984) hafte. Die Sachhaftung, so führte er aus, bestehe nur noch für den von der beklagten Partei im Zwangsausgleichsverfahren mit S 500.000 bezifferten voraussichtlichen Ausfall (bei der Verwertung des Pfandes); er habe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil er die Liegenschaft veräußern und den für die Pfandfreistellung erforderlichen Betrag abklären wolle.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ihre Forderung sei mit der vom Kläger entrichteten Teilzahlung nicht bis auf S 500.000 getilgt, vielmehr stehe erst im Falle der Pfandverwertung fest, ob sie überhaupt einen Ausfall erleiden werde, und ob und in welchem Umfang sie sich allenfalls die empfangene Teilzahlung bei der Abrechnung der Pfandverwertung teilweise oder gänzlich anrechnen lassen müsse.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren aus folgenden Gründen ab:

Gemäß § 149 Abs. 1 KO werden die Ansprüche der Absonderungsgläubiger durch den Zwangsausgleich nicht berührt. Die Sachhaftung bleibe bis zur vollen Befriedigung des Absonderungsgläubigers bestehen. Durch die Pfandverwertung könne dieser allerdings bis 100 % seiner Forderung erhalten. Nur mit einem allfälligen Ausfall nehme er am Zwangsausgleichsverfahren als Ausgleichsgläubiger teil. Die Höhe dieses Ausfalls sei aber durch das Ergebnis der Pfandverwertung bestimmt. Finde jedoch im Zwangsausgleich die Verteilung der allgemeinen Masse vor der Verteilung der Sondermasse statt, erhalte der Absonderungsgläubiger zunächst seinen Anteil (Ausgleichsquote) aus der allgemeinen Masse so, als bestünde das Absonderungsrecht nicht. Komme nachträglich bei der Verteilung der Sondermasse hervor, daß er mehr erhalten habe, als seinem Anteil am Ausfall entspreche, werde der Mehrbetrag unmittelbar aus der Sondermasse in die allgemeine Masse überwiesen. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes über S 300.000 liege. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es an:

Im Zwangsausgleichsverfahren habe eine vorläufige Feststellung der Höhe des Ausfalls der beklagten Partei als Absonderungsgläubigerin nicht stattgefunden, auch die Stimmrechtsentscheidung sei für die Feststellung dieses Ausfalls nicht präjudiziell gewesen; anders als im Ausgleichsverfahren (§§ 46, 66 AO) habe im Konkursverfahren (Zwangsausgleichsverfahren) jeder Absonderungsgläubiger vor der Verwertung der Pfandsache die im Zwangsausgleich zugesicherte Teilzahlung nicht vom voraussichtlichen Ausfall, sondern von seiner ganzen Forderung zu erhalten, doch habe er im Falle der nachträglich hervorkommenden Überdeckung aus dem Erlös des Pfandes und bereits geleisteter Quotenzahlung den Überbezug zurückzuzahlen. Bis dahin könne aber eine Beschränkung der Haftung des Pfandes nicht eintreten. Der Pfandschuldner habe auch keine Möglichkeit, auf die Realisierung des Pfandobjektes zu dringen, das sogenannte "beneficium excussionis realis", wonach der Pfandgläubiger vor der Inanspruchnahme des Personalschuldners zunächst auf das Pfand verwiesen werde, sei dem österreichischen Privatrecht fremd. Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung der auf einen bestimmten Betrag beschränkten Haftung des noch unverwerteten Pfandes sei nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Zutreffend sind schon die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß gemäß § 149 Abs. 1 KO die Ansprüche der Absonderungsgläubiger durch den Zwangsausgleich nicht berührt werden. Gemäß § 48 Abs. 3 KO kann ein Absonderungsgläubiger (§ 48 Abs. 1 KO), dem zugleich ein persönlicher Anspruch gegen den Gemeinschuldner zusteht, seine Forderung gleichzeitig als Konkursforderung geltend machen. Er muß nur bei der Anmeldung der Forderung angeben, bis zu welchem Betrag diese voraussichtlich durch das Absonderungsrecht gedeckt erscheint (§ 103 Abs. 3 KO), weil dieser Umstand für das Maß seines Konkursteilnahmeanspruches in verschiedener Hinsicht (etwa für das Stimmrecht) von Bedeutung ist. Die Feststellung der Forderung hat auch mit der vollen Höhe der Forderung und nicht bloß mit dem voraussichtlich ungedeckten Betrag zu erfolgen (Bartsch-Pollak KO3 I 297 Anm. 26, 27; 5 Ob 301/82). Gemäß § 132 Abs. 1 KO sind Konkursgläubiger, die zugleich Absonderungsgläubiger sind, bei Verteilungen, die der Verteilung des Erlöses aus der Sondermasse vorhergehen, mit dem ganzen Betrag ihrer Forderungen zu berücksichtigen. Stellt sich bei der nachfolgenden Verteilung des Erlöses aus der Sondermasse heraus, daß der Gläubiger bei der Verteilung mehr erhalten hat, als der nach der Höhe des tatsächlichen Ausfalles zu bemessende Anteil beträgt, so ist der Mehrbetrag unmittelbar aus der Sondermasse in die allgemeine Masse zurückzuzahlen (§ 132 Abs. 2 KO).

Wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, ist dem österreichischen Privatrecht das sogenannte "beneficium excussionis realis" fremd (Bartsch, Die Ausgleichsquote absonderungsberechtigter Forderungen, ZBl. 1926, 81 ff): Im Konkursverfahren kann daher der Gläubiger nicht in seiner Personalforderung beschränkt und vorerst auf die Sachhaftung verwiesen werden. Solange nicht durch die Verwertung des Pfandes wenigstens ein Teil der Forderung zum Erlöschen gebracht worden ist, steht ihm die persönliche Forderung im vollen Umfang zu. Die Realisierung des Pfandes kann ihm aber nicht abgenötigt werden (Bartsch aaO 85; vgl. auch GlUNF 7778 und EvBl. 1986/53). Der Abschluß des (Zwangs-)Ausgleichs wirkt als Herabsetzung der persönlichen Schuld ohne gleichzeitige Herabsetzung der Sachhaftung. Ein und dieselbe Forderung, die durch zwei Haftungen gedeckt ist, existiert nun in verschiedenen Größen (Bartsch aaO 85 f); für sie bestehen somit unterschiedlich hoch deckende Haftungen, die auch gleichzeitig herangezogen werden können. Erfolgt die Realisierung der Sachhaftung vorgängig, erweist sich die Lösung und Berechnung als einfach, weil die - nicht voll befriedigte - Forderung mit dem Restbetrag der auf die Quote beschränkten Haftung unterliegt. Wird aber die persönliche Haftung (Quotenzahlung) vor der Pfandhaftung realisiert, steht dem Gläubiger schon kraft der Bestimmung des § 132 Abs. 1 KO zunächst der volle Zugriff auf die Personalhaftung (die Quote) - allerdings nur provisorisch gegen seinerzeitige Verrechnung nach der Verwertung des Pfandes - zu (3 Ob 64/88; 3 Ob 35/85; Bartsch aaO 97 ff; Bartsch-Pollak KO3 I 592 und 631 f.).

Nach diesen Grundsätzen erweist sich das in der Revision weiterhin verfochtene Feststellungsbegehren des Klägers als betraglich und zeitlich unberechtigt. Ob nun die durch das vorliegende Absonderungsrecht besicherte Forderung der beklagten Partei nur mit (dem angenommenen voraussichtlichen Ausfall von) S 1,212.141,10 oder - richtigerweise - mit S 1,712.141,10 festgestellt wurde und der voraussichtliche Erlös der bisher unverwerteten Pfandsache S 100.000 oder S 500.000 beträgt, in keinem Fall kann die dem Absonderungsrecht der beklagten Partei entsprechende Pfanddeckung mit dem Betrag von S 500.000 begrenzt werden, weil die Ergebnisse der tatsächlichen Pfandverwertung noch nicht vorliegen. Jedenfalls ist dem Revisionswerber zu erwidern, daß mit der Quotenzahlung keineswegs der der Quote zugrundeliegende Betrag von S 1,212.141,10 aus der Sachhaftung ausgeschieden ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, daß die Sachhaftung noch immer für die volle aufrechte Forderung der beklagten Partei besteht und bei einer nur teilweisen Deckung im Falle der Pfandrealisierung die auf die Personalhaftung entrichtete Quotenzahlung entsprechend in Abrechnung zu bringen sein wird. Bis zu der der beklagten Partei nicht aufdrängbaren Pfandverwertung steht dem Kläger daher nur die (nach Abrechnung seiner Quotenzahlung) volle Befriedigung der Forderungen der beklagten Partei zur Pfandfreistellung zur Verfügung. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21225

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00010.89.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19900628_OGH0002_0080OB00010_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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