TE OGH 1990/7/3 13Os24/90

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Veröffentlicht am 03.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dr. Ungerank als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf D*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2, 130, 2. Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.Dezember 1989, GZ 8 c Vr 9421/89-17, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Rudolf D*** und des Verteidigers Dr. Meyenburg zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, - teils auch gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO - im Ausspruch, die dem Angeklagten angelasteten Diebstähle seien gewerbsmäßig und durch Einbruch begangen worden, ferner in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2 und 130 StGB sowie

im Strafausspruch, jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft, aufgehoben und es wird insoweit gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Rudolf D*** hat durch das ihm nach dem unberührt

gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallende Verhalten das Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Monaten verurteilt.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf D*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2 und 130 zweiter (gemeint: vierter = zweiter Strafsatz; SSt 54/40) Deliktsfall StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, jeweils zum Ende der Monate Juni, Juli, August und September 1989 in Wien gewerbsmäßig in sieben Angriffen insgesamt 600 bis 700 S mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (Urteilsseite 7), der Post- und Telegrafendirektion Wien durch Einbruch in verschiedene Münzfernsprechautomaten - worunter das Erstgericht das Herausangeln der Münzen aus der Geldlade des jeweiligen Automaten mit einer durch den Münzeinwurfschlitz eingeführten Drahtschlinge

verstand - weggenommen zu haben.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich gegen die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung richtet.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Die Annahme gewerbsmäßigen Handelns (§§ 70, 130, 148 StGB) setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß das solcherart zu verschaffen beabsichtigte (Neben-)Einkommen nicht geringfügig ist und die Bagatellgrenze übersteigt (zuletzt JBl 1989, 261). Im vorliegenden Fall betrug die Geldbeute der einzelnen strafbaren Handlungen im Schnitt nicht einmal 100 S; beim letzten Angriff nur 28 S. Diese Beträge sind an sich geringfügig. Ebenso geringfügig war aber auch die Beute unter dem Gesichtspunkt eines "kriminellen Nebeneinkommens" (vgl SSt 46/38, EvBl 1983/135 ua), weil sie - bezogen auf den Zeitraum eines Monates - eine Summe von 200 S kaum erreichte. Wohl wurde nicht festgestellt, in welcher Höhe sich der Angeklagte sein kriminelles Nebeneinkommen zu verschaffen beabsichtigte, was auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten einräumt. Es bedarf aber diesbezüglich keiner Ergänzung, weil Gewerbsmäßigkeit im vorliegenden Fall schon mangels festgestellter Absicht, sich eine fortlaufende Einnahme durch wiederkehrende Begehung der Straftaten zu verschaffen (§ 70 StGB), ausscheidet. Denn der diesbezüglich rechtlichen Fehlbeurteilung des Erstgerichts steht dessen ausdrückliche Konstatierung entgegen, daß der Angeklagte bei den wiederholten Straftaten nur dachte, sich fallweise (Urteilsseite 6) Bargeld zu verschaffen, womit allein schon ein gewerbsmäßiges Handeln nicht vorliegt.

Aus Anlaß des Rechtsmittels war ferner von Amts wegen (§ 290 Abs. 1 StPO) wahrzunehmen, daß der Schuldspruch mit einem weiteren, vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Rechtsirrtum insoweit behaftet ist, als die Taten der Qualifikationsnorm des § 129 Z 2 StGB unterstellt wurden (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO). Durch Herausangeln der Münzen aus der Geldlade der Telefonautomaten mittels durch den Einwurfschlitz eingeführter Drahtschlingen wurde nämlich ein Behältnis weder "aufgebrochen", also Gewalt gegen dieses oder dessen Verschluß angewendet, noch mit einem im § 129 Z 1 StGB genannten Mittel (einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug) "geöffnet", blieb es doch bei dem verschlossenen Zustand der Automaten. Die vom Angeklagten auf andere Weise bewirkte Umgehung der Schutzfunktion des Behältnisses kann aber nicht der Qualifikation des § 129 Z 2 StGB unterstellt werden (ÖJZ-LSK 1977/294; SSt 54/40 und 14 Os 37/90 den gleichen Angeklagten mit gleicher Sachlage betreffend.

Es war daher auch die - dem Angeklagten

nachteilige - erstrichterliche Annahme des Vorliegens einer Einbruchsqualifikation des Diebstahls zu kassieren und der Angeklagte nur des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig zu sprechen, zumal auf Grund des Geschehensablaufes und der Aktenlage keiner der im § 141 StGB genannten privilegierenden Umstände - zu deren Vorliegen der Erstrichter schon zufolge seiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Tat nicht Stellung genommen hatte - in einem neuen Rechtsgang nachträglich festgestellt werden könnte (vgl Mayerhofer/Rieder2 ENr 27 ff zu § 288 StPO), und auch eine zusätzliche Unterstellung der Tat unter den § 125 StGB vorliegend nicht in Frage kommt, weil nach den polizeilichen Erhebungen (AS 22) durch die Taten keine weiteren Beschädigungen entstanden.

Bei der nach dem § 127 StGB vorzunehmenden Strafneubemessung waren erschwerend zwei einschlägige Vorverurteilungen und der rasche Rückfall sowie die Tatwiederholung; mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und der verhältnismäßig geringe Wert der Diebsbeute.

Unter Abwägung dieser Erschwerungs- und Milderungsgründe erschien die verhängte Strafe tat- und tätergerecht. Mit ihren durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der vom Erstgericht zugleich mit der Urteilsfällung gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO gefaßte Beschluß auf Absehen vom Widerruf vorangehend bedingter Strafnachsichten bleibt als ausdrücklich unangefochten unberührt, zumal auch die vorliegende Entscheidung die Beschlußgrundlage des Erstgerichtes keineswegs zum Nachteil des Angeklagten verändert hat.

Anmerkung

E21091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00024.9.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19900703_OGH0002_0130OS00024_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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