Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4., Schwarzenberplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "F***" F.M. Z*** Gesellschaft
m. b.H. & Co., Dornbirn, Wallenmahd 46, vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 220.000) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18.April 1990, GZ 1 R 14/90-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.Oktober 1989, GZ 8 Cg 421/88-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.649 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.441,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 1 ZPO liegen entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 a Abs. 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs. 2 Z 3 ZPO nicht vor:
Mit den Revisionsausführungen, die sich gegen die Feststellungen der Vorinstanzen über die Preise wenden, zu denen die einzelnen Produkte (Pril, 1 Liter; Ölz-Zopf, 500 g; Feldbacher-Zwieback; Kressi-Kräuteressig, ein Liter; Hohes C) größenmäßig vergleichbaren Mitbewerbern der Beklagten, so ua A*** und S*** etc, also "dem Großhandel allgemein", angeboten wurden, unternimmt die Beklagte in Wahrheit einen im Revisionsverfahren unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Ob dem Kläger der ihm obliegende Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen § 3 a NVG - daß nämlich der Verkaufspreis des Beklagten abzüglich der Umsatzsteuer und sonstiger Abgaben unter dem üblichen Einkaufspreis vergleichbarer Handelsketten liege (ÖBl. 1989, 174; RdW 1990, 254; KOG in ÖBl. 1989, 183) - im konkreten Fall erbracht worden ist, ist eine reine Beweiswürdigungsfrage, die beim Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden kann (Fasching, LB Rz 897). Das gilt insbesondere auch für die in der Revision aufgeworfene Frage, ob der übliche Preis auch ohne genaue Darlegung der den Mitbewerbern A*** und S*** eingeräumten Rabatte als erwiesen angesehen werden konnte (Punkt 4 der Revision).
Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, daß sie nicht gehalten war, bei sonstigem Prozeßverlust ihre konkreten Einkaufskonditionen offenzulegen. Hat nämlich der Kläger den üblichen Einstandspreis von Unternehmen nach Art der Beklagten bewiesen, dann braucht die Beklagte nur die ernste Möglichkeit eines atypischen Verlaufes darzutun, also ihrerseits eine Art Anscheinsbeweis dafür zu erbringen, daß der Schluß vom allgemeinen Einstandspreisniveau auf ihren Einstandspreis nicht zwingend ist (RdW 1990, 254; KOG in ÖBl. 1989, 183). Daß das Berufungsgericht in diesem Belang von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, hat jedoch keinen Einfluß auf die Entscheidung, sind doch die Feststellungen der Vorinstanzen dahin zu verstehen, daß die von ihnen festgestellten, über den beanstandeten Preisen der Beklagten liegenden üblichen Großhandelspreise schon unter Berücksichtigung der "zum damaligen Zeitpunkt günstigst zentral, dh österreichweit, vereinbarten Sonderkonditionen, die auf dieses Produkt eingeräumt wurden" ermittelt worden sein konnten, also auch die Beklagte keine günstigeren Konditionen habe bekommen können. Die Beklagte hat im übrigen nicht einmal behauptet, daß sie im Gegensatz zu den anderen Handelsketten im fraglichen Zeitraum besonders günstige Konditionen erlangt hätte; sie hat vielmehr ganz allgemein behauptet, es kämen Preisabschläge bis zu 50 % vor (S 10). Der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten, Dr. Peter H***, daß die Beklagte im Hinblick auf die der Z***-Gruppe gewährten Preisnachlässe (S 112 f) über den Einstandspreisen verkauft habe (S 110), haben die Vorinstanzen ausdrücklich den Glauben versagt (S 222 f). Auch die Frage der Beweislast für den Tatbestand des § 3 a Abs. 2 Z 4 NVG (ÖBl. 1983, 167) ist nicht entscheidungswesentlich, weil es hier nicht darauf ankommt, ob die Beklagte glauben konnte, die von ihr erwähnten Preisangebote einiger Mitbewerber seien "offenbar zulässig". Wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat, kann der Mitbewerber seine Preiserstellung an die von einem oder mehreren anderen Unternehmern geforderten Preise nur "anpassen", solange sie von diesem (diesen) noch gefordert werden oder solange wenigstens noch eine Werbewirkung solcher Angebote auf das Publikum anzunehmen ist; wie lange das zutrifft, kann nur nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere auch nach der Intensität der Werbung für den betreffenden günstigen Preis, beurteilt werden (ÖBl. 1989, 167). Die festgestellten Konkurrenzangebote wurden aber durchwegs zu einer Zeit oder in einer Weise gemacht, daß die beanstandeten Preise nicht mehr als "Anpassen" gewertet werden können: Der am 19.8.1988 angekündigte Preis für eine Liter-Flasche Pril von S 19,90 kann nicht durch ein entsprechendes Preisangebot der Firma M*** vom 17.3.1988 und des K*** in der Zeit vom 5.4. bis 7.5.1988 gerechtfertigt werden. Wenn die Beklagte vom 15.5. bis 10.9.1988 einen Ölz-Zopf zu 500 g um S 14,90 angeboten hat, dann war dies keine notwendige Anpassung an den von der Firma M*** an einem einzigen Tag - nämlich am 12.4.1988 - verlangten Preis. Sie konnte sich auch nicht deshalb veranlaßt sehen, am 28.9.1988 Hohes C um S 9,90 anzubieten, weil die Firma E***-S*** das am 24.6.1988 getan hatte. Von einer Anpassung an die Firma M-Preis kann - abgesehen von dem Zeitraum vom 2.5. bis 14.5.1988 - schon deshalb nicht gesprochen werden, weil diese einen höheren Preis, nämlich S 9,95, verlangt hatte (WBl. 1989, 155; ÖBl. 1989, 167).
Da die Entscheidung somit nicht von der Lösung einer im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhängt, war die Revision zurückzuweisen (§ 510 Abs. 3, letzter Satz, ZPO). Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung des Klägers diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil darin auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde.
Anmerkung
E21184European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00106.9.0710.000Dokumentnummer
JJT_19900710_OGH0002_0040OB00106_9000000_000