TE OGH 1990/7/11 1Ob648/90 (1Ob649/90)

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei A*** P*** Handelsgesellschaft mbH, München 21, Willibaldstraße 43, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei S*** & Co B*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Renngasse 1-4, vertreten durch Dr. Peter Kisler und Dr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei Dr. Gerhard H***, Rechtsanwalt, Wels, Rablstraße 43, als Masseverwalter im Konkurs der A*** + T*** Gesellschaft mbH & Co KG, wegen Zustimmung zur Ausfolgung des Betrages von 138.160,44 S, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. Juli 1989, GZ 4 R 107/89-63, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. Dezember 1988, GZ 25 Cg 97, 105/85-54, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"I.) Im Verfahren 25 Cg 97/85 des Erstgerichtes ist die beklagte und widerklagende Partei schuldig, der Ausfolgung des von Josef E***, Müllermeister, Neydharting Nr 12, Bad Wimsbach, beim Bezirksgericht Lambach zu AZ 1 Ns 203/84 erlegten Betrages von 138.160,44 S an die klagende und widerbeklagte Partei zuzustimmen. II.) Im Verfahren 25 Cg 105/85 des Erstgerichtes wird das Klagebegehren des Inhalts, die klagende und widerbeklagte Partei sei schuldig, der Ausfolgung des von Josef E***, Müllermeister, Neydharting Nr 12, Bad Wimsbach, beim Bezirksgericht Lambach hinterlegten Betrages von 138.169,44 S samt angewachsener Zinsen an die beklagte und widerklagende Partei zuzustimmen, abgewiesen. III.) Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 119.805,96 S (darin 9.930,36 S Umsatzsteuer und 10.572 S Barauslagen) und 17.634,68 S (darin 1.605,78 S Umsatzsteuer und 8.000 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte und widerklagende Partei ist weiters schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 20.506,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.751,10 S Umsatzsteuer und 10.000 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die A***- UND T*** mbH & Co KG (im folgenden AHT), deren Masseverwalter dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten und Widerklägerin (im folgenden Beklagte) als Nebenintervenient beitrat, sowie die Beklagte schlossen am 3. September 1981 einen Kreditvertrag. Die Beklagte hatte der AHT einen Kreditrahmen bis 4,000.000 S zu gewähren, die AHT an die Beklagte Forderungen im Ausmaß von 133 % des in Anspruch genommenen Betrages offen zu zedieren. Die AHT bot jeweils mit einem Schreiben die Zession von bestimmten Forderungen an und legte diesem die Rechnungen im Original bei; die Beklagte nahm das Anbot jeweils schriftlich an, versah die Rechnungen im Original mit einer Zessionsstampiglie und sandte sie ab. In die Geschäftsunterlagen der AHT wurde nicht Einsicht genommen und deshalb auch nicht überprüft, ob die zedierte Forderung zu Recht besteht oder nicht. Allerdings nahm die Beklagte im Abstand von ein bis zwei Monaten stets zufriedenstellend verlaufende Zessionsprüfungen vor. Dritte erhoben niemals Ansprüche auf die zedierten Forderungen. Aus den von der AHT durchgeführten Überweisungen war der Beklagten deren Geschäftsverbindung zur Klägerin und Widerbeklagten in München (im folgenden Klägerin) bekannt, nicht jedoch die zwischen der Klägerin und der AHT geschlossenen Vereinbarungen, die Lieferverträge oder das Obligo der AHT, weil sich die Beklagte die Geschäftsunterlagen nicht vorlegen ließ.

Am 8. Februar 1984 verpflichtete sich die AHT, dem Müllermeister Josef E*** 500 t Sojaextraktionsschrot zu liefern, wobei Teillieferungen von etwa 100 t im Zeitraum Juni bis Oktober 1984 und die Geltung der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen für ölhaltige Futtermittel (im folgenden deutsche Ölmühlenbedingungen) vereinbart wurde. Mit Vertrag vom 14. Februar 1984 verpflichtete sich die Klägerin, an die AHT im Zeitraum Mai bis Oktober 1984 in Teillieferungen 1.200 t Sojaextraktionsschrot zu liefern, wobei ein Preis von 64,85 DM/100 kg, Teillieferungsmengen von etwa 200 t und die Geltung der deutschen Ölmühlenbedingungen vereinbart war. Diese enthalten u.a. folgende Bestimmungen: ... X. Eigentumsvorbehalt. Die Ware bleibt bis zur vollen Bezahlung sämtlicher, auch der künftig entstehenden Forderungen des Verkäufers gegen den Käufer aus der gegenseitigen Geschäftsbedingung Eigentum des Verkäufers (Vorbehaltsware). Bei laufender Rechnung dient die Vorbehaltsware als Sicherung für die jeweilige Saldoforderung des Verkäufers. ...

Der Käufer darf die Vorbehaltsware nur im ordnungsgemäßen

Geschäftsgang und unter Eigentumsvorbehalt weiterveräußern, sie

jedoch nicht verpfänden oder zur Sicherheit übereignen. Alle ihm aus

der Weiterveräußerung zustehenden Kundenforderungen einschließlich

aller Nebenrechte tritt der Käufer hiemit an den Verkäufer zur

Sicherheit ab. ... XIII. Erfüllungsort und Gerichtsstand. .... Es

gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich,

insbesondere gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches

und des Handelsgesetzbuches. ... Die gesetzlichen Bestimmungen des

einheitlichen Gesetzes über den Internationalen Kauf beweglicher

Sachen vom 17. Juni 1973 .... sind ausgeschlossen."

Im Frühjahr 1984 betrug der Saldo aus der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der AHT etwa 600.000 DM zugunsten der Klägerin, die bereits im Mai auf Herabminderung des Saldos und Überweisung von größeren Beträgen drängte. Anfang Juni 1984 betrug der Saldo noch immer etwa 400.000 DM. Aus diesem Grund vereinbarten Anfang Juli 1984 Vertreter der Klägerin und der AHT, daß letztere nur dann beliefert werde, wenn jeweils vor der Lieferung ein höherer Betrag als der Preis der Neulieferung bezahlt werde, und Zahlungen der AHT jeweils auf die älteste offene Forderung der Klägerin angerechnet werden.

Mit Zessionsanbot vom 24. Juli 1984 Nr 204 bot die AHT der Beklagten die Zession von vier Forderungen, darunter von zwei gegen Josef E*** über 145.050,40 S und 138.050 S an. Das Anbot wurde am selben Tag von der Beklagten angenommen und die zedierten Rechnungen mit dem Zessionsvermerk versehen. Aufgrund des Vertrages vom 14. Februar 1984 wollte die AHT am 27. Juli 1984 eine Lieferung Sojaschrot bei der Mühle der Klägerin in Mainz abholen. Die Klägerin verbot die Beladung des LKWs, solange nicht eine weitere Zahlung zur Abdeckung des bestehenden Saldos erfolgt sei. Nachdem die AHT an diesem Tag vom Beladeverbot erfahren hatte, nahm deren Geschäftsführer telefonisch Kontakt zur Klägerin auf und beauftragte eine seiner Angestellten, eine Überweisung von 20.000 DM zugunsten der Klägerin durchzuführen und als Zweck "Vorauskasse für Sojaschrot für die Lieferung vom 27. Juli 1984 ab Lager Mainz" anzugeben. Die Angestellte brachte diesen Überweisungsauftrag, die Rechnung Nr. 1450 und das Zessionsanbot, mit welchem die AHT die Abtretung der Rechnung Nr. 1450 der Beklagten anbot, noch am selben Tag zur Beklagten. Die Beklagte avisierte fernschriftlich die Überweisung an die Klägerin. Sie versah die Rechnung mit einem Zessionsvermerk des Wortlauts: "Obiger Rechnungsbetrag ist an B***-P*** S*** Bank KG, Zweigniederlassung Wels, unwiderruflich abgetreten und zahlbar auf deren Konto Nr. ..... Beträge über 50.000 S wollen Sie bitte telegraphisch überweisen. Spesen zu unseren Lasten." und versandte sie an Josef E***, dem sie am 30. Juli 1984 zukam. Erst nachdem die Klägerin wußte, daß die AHT bei der Beklagten eine Überweisung von 20.000 DM in Auftrag gegeben hatte, wurde die Erlaubnis zur Beladung gegeben und diese Lieferung direkt an Josef E*** erfolgte. Am 30. Juli 1984 nahm die Beklagte das Zessionsanbot der AHT vom 27. Juli 1984, Nr 207, betreffend die Rechnung Nr. 1450 an Josef E*** über 138.160,44 S schriftlich an. Die Klägerin fakturierte am 30. Juli 1984 an die AHT die Lieferung vom 27. Juli 1984 mit 16.153,80 DM, wobei die Rechnung einen Vermerk über den bis zur vollen Bezahlung der Rechnung vereinbarten Eigentumsvorbehalt enthielt. Die Rechnung der AHT Nr. 1450 enthielt gleichfalls einen Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt der AHT bis zur vollständigen Bezahlung der Rechnung. In den Geschäftsbüchern der AHT wurde jedoch weder der Eigentumsvorbehalt noch die Zession der Kaufpreisforderung zugunsten der Klägerin vermerkt. Am 31. Juli 1984 machte ein Angestellter der Klägerin Josef E*** auf den in den deutschen Ölmühlenbedingungen enthaltenen Eigentumsvorbehalt und auf die Abtretung der Forderung der AHT zugunsten der Klägerin aufmerksam. Am 9. August 1984 wurde über das Vermögen der AHT beim Kreisgericht Wels der Konkurs eröffnet. Die Klägerin machte im Konkurs der AHT Aussonderungsansprüche an Forderungen von mehr als 1,654.308,10 S geltend, u.a. auch an der Forderung aus der Rechnung der AHT Nr. 1450, und meldete in eventu eine Konkursforderung von 1,436.961,35 S an, wobei diese Summe auch ihre Rechnung über 16.153,68 DM beinhaltete. Die Beklagte machte im Konkurs der AHT gleichfalls Aussonderungsrechte, u.a. an der streitgegenständlichen Forderung geltend und bezifferte den zu ihren Gunsten auszusondernden Gesamtbetrag mit 1,774.350,22 S. Aus dem Kreditvertrag vom 3. September 1981 resultiert eine Kontokorrentforderung von 1,098.948,57 S, zu deren Besicherung die auszusondernden Forderungen abgetreten worden seien, und ein Wechseleinreichobligo von 3,861.537,36 S.

Da sich die Streitparteien nicht einigen konnten, erlegte Franz E*** am 27. September 1984 den Betrag von 138.207 S (Forderung der AHT aus der Rechnung Nr. 1450 samt Zinsen) beim Bezirksgericht Lambach zugunsten beider Streitteile und bezahlte den Betrag von 145.050,40 S an die Beklagte.

Beide Teile begehrten zuletzt in unterschiedlicher Parteirollenverteilung mit zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klage und Widerklage, die jeweils andere Partei schuldig zu erkennen, der Ausfolgung des von Josef E*** beim Bezirksgericht Lambach erlegten Betrages von 138.160,44 S an sie zuzustimmen.

Die Klägerin stützte ihr Begehren auf "jeden erdenklichen Rechtsgrund" und brachte dazu im wesentlichen vor, daß beim Verkauf vom 14. Dezember 1984 über 1.200 t Sojaextraktionsschrot an die AHT nach den deutschen Ölmühlenbedingungen und infolge Branchenüblichkeit die AHT alle ihre Forderungen aus der Weiterveräußerung dieser Ware an die Klägerin abgetreten habe. Die AHT habe am 8. Februar 1984 500 t dieser Ware an Josef E*** weiterveräußert, auch diesem Vertrag seien die deutschen Ölmühlenbedingungen zugrunde gelegt worden. Am 27. Juli 1984 seien 25 t von AHT bei der Klägerin abgeholt und an Josef E*** ausgeliefert worden. Die Klägerin habe an die AHT 16.153,68 DM in Rechnung gestellt, die AHT an Josef E*** 138.160,44 S. Die Abtretung an die Klägerin sei vor jener an die Beklagte erfolgt, habe also Priorität. Nach den Ölmühlenbedingungen sei sowohl zwischen der Klägerin und der AHT als auch zwischen der AHT und Josef E*** deutsches Recht anzuwenden.

Hätte die Beklagte in die Vertragsurkunden und in die Ölmühlenbedingungen Einsicht genommen, so hätte sie die Sicherungsabtretung leicht feststellen können. In den Ölmühlenbedingungen sei auch ein erweiterter Eigentumsvorbehalt vereinbart worden. Da der Masseverwalter die Forderung mit 619.256,47 S anerkannt habe, sei die Abtretung an die Klägerin jedenfalls zur Besicherung einer noch existenten Forderung erfolgt. Zwischen der Klägerin und AHT sei vereinbart worden, daß die Zahlungen jeweils auf die ältesten Forderungen angerechnet werden; die Widmung der Zahlung von 20.000 DM sei sofort zurückgewiesen worden.

Die Beklagte brachte ihrerseits im wesentlichen vor, daß die Klägerin die Publizitätserfordernisse für eine Sicherungszession nicht erfüllt habe und deshalb die an sie abgetretene Forderung gegenüber Josef E*** nicht geltend machen könne. Die Ölmühlenbedingungen seien zwischen der AHT und Josef E*** nicht vereinbart worden. Die Forderung der Klägerin über 16.153,80 DM sei durch die gewidmete Zahlung von 20.000 DM befriedigt worden, hingegen sei eine Befriedigung der Beklagten nicht erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und gab dem Widerklagebegehren statt. In rechtlicher Hinsicht ging es im wesentlichen von der Anwendung österr. Rechts aus, weil bei einer Sicherungszession die stärkste Beziehung im Zweifel die zum Statut der als Sicherungsmittel verwendeten Forderung sei und in sachenrechtlicher Hinsicht für die Belastung von Rechten der allgemein anerkannte Grundsatz gelte, daß sie nach der Rechtsordnung zu beurteilen sei, der das belastete Recht unterworfen sei. Das belastete Recht sei hier die Forderung der AHT gegen Josef E***. Nach österr. Recht erfordere die Sicherungsabtretung einen entsprechenden modus; bei mehrfacher Sicherungszession einer Forderung sei diejenige wirksam, deren

Voraussetzungen - einschließlich des modus - zuerst vorliegen. Da Josef E*** zuerst von der Abtretung an die Beklagte verständigt worden sei, sei die Forderungsabtretung der AHT an die Beklagte wirksam geworden. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte hätte sich davon überzeugen können, daß ein Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen sei, sei unbeachtlich, weil die Vorausabtretung an die Klägerin erst zum Zeitpunkt der Verständigung des Josef E*** wirksam geworden sei. Die Forderung der Beklagten sei nicht getilgt.

Das Berufungsgericht bestätigte, faßte

einen - entbehrlichen - Bewertungsausspruch und ließ die Revision nicht zu. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und ließ sich rechtlich von folgenden Erwägungen leiten:

Bei Erlöschen einer gesicherten Forderung erlösche das Sicherungseigentum aufgrund seiner Akzessorietät nicht automatisch. Entstehe nämlich die zu sichernde Forderung nicht oder sei sie anderweitig befriedigt worden oder habe der Schuldner rechtzeitig erfüllt, so sei der Zessionar obligatorisch zur Rückübertretung der Forderung verpflichtet. Vor der Rückübertragung stehe die Forderung dem Zessionar zu, er bleibe nach außen hin ihr uneingeschränkter Inhaber. Da hier eine Rückabtretung an die AHT gar nicht behauptet worden sei, sei die Frage einer Befriedigung irrelevant. Es gehe nicht darum, ob der Beklagten Absonderungsrechte im Konkurs der AHT zustehen, sondern, ob an die Beklagte oder an die Klägerin rechtswirksam abgetreten worden sei. Die Zulässigkeit, Voraussetzungen und Wirkungen der Sicherungsabtretung seien nach der Rechtsordnung zu beurteilen, die für die abzutretende Forderung maßgebend sei, und zwar auch dann, wenn die zu sichernde Forderung der Beurteilung nach einer anderen Rechtsordnung unterliege. Dies gelte für die schuldrechtliche Seite der Sicherungsabtretung. Betreffend der zusätzlich erforderlichen dinglichen Verfügung (Publizitätsakt) sei nach dem Sachenrechtsstatut des § 31 IPRG anzuknüpfen; ob bzw. wann der Klägerin rechtswirksam abgetreten worden sei, richte sich nach dem für die Beziehungen zwischen AHT und Josef E*** maßgeblichen Recht. Die Rechtswahlvereinbarung von AHT und Josef E*** über deutsches Recht sei unwirksam, weil das österr. IPRG die Zulässigkeit der Rechtswahl allgemein auf den durch § 1 Abs. 1 IPRG begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes beschränke, somit auf Sachverhalte mit Auslandsberührung; reine Inlandsfälle schieden daher aus. Bei der Beziehung zwischen AHT und Josef E*** handle es sich aber um einen reinen Inlandsfall. Die Sicherungsabtretung einer Buchforderung sei im übrigen nicht schon im Zeitpunkt der erklärten Willensübereinstimmung zwischen Zedenten und Zessionaren wirksam, sondern erst des hiefür nötigen Publizitätsaktes. Wenn auch die Drittschuldnerverständigung nicht die einzige Möglichkeit eines entsprechenden Publizitätsaktes sei, vielmehr deren leichte und sichere Feststellbarkeit genüge, bedeute leichte Feststellbarkeit nicht, daß durch Einsicht in Vertragsurkunden die Vorausabtretung erkannt werden könne. Vielmehr bedürfe es bei Buchforderungen eines entsprechenden Vermerks in den Büchern des Zedenten oder einer Drittschuldnerverständigung. Die sicherungsweise Abtretung von Forderungen setze beim Fehlen einer Drittschuldnerverständigung voraus, daß die Abtretung schriftlich erfolgt sei und in den Büchern des Kreditnehmers ersichtlich gemacht würde. Mangels eines Vermerkes in den Büchern der AHT sei daher hier der Zeitpunkt der Verständigung des Drittschuldners Josef E*** maßgebend. Da dieser zuerst von der Zession an die Beklagte und erst dann von der an die Klägerin verständigt worden sei, sei allein die Abtretung an die Beklagte rechtswirksam.

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Die Ausfolgung des im Sinne des § 1425 ABGB vorgenommenen Erlages kann nach ständiger Rechtsprechung nur dann geschehen, wenn diejenigen, zu deren Gunsten erlegt wurde, zustimmen oder wenn die Bedingungen, die zum Erlag für die Ausfolgung gesetzt wurden, erfüllt sind; sonst muß der Begünstigte, an den er ausgefolgt werden soll, gegen die bzw. im vorliegenden Fall gegen den anderen Begünstigten ein Urteil erwirken (SZ 52/1, SZ 39/123 ua). Zwischen den Erlagsgegnern entscheidet das bessere Recht an oder auf die erlegte Sache. Dabei können alle schuldrechtlichen Verpflichtungsgründe zur Sachüberlassung erheblich sein (RdW 1988, 14).

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen prüften zutreffend, ob ein Sachverhalt mit Auslandsberührung (§ 1 Abs. 1 IPRG) vorliegt, der eine kollisionsrechtliche Beurteilung erfordert. Maßgeblich ist, ob die durch Unterwerfung der AHT und des Josef E*** unter die (deutschen) Ölmühlenbedingungen vereinbarte Vorausabtretung der Forderung der AHT aus dem Verkauf von Sojaschrot an Josef E*** wirksam zustande gekommen ist. Gemäß den Ölmühlenbedingungen gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich, insbesondere gelten die Vorschriften des BGB und des HGB. Die zweite Instanz verneinte die Wirksamkeit der Vorausabtretung, weil die Frage der Voraussetzungen und Wirkungen der Sicherungsabtretung gemäß § 45 IPRG und die Frage der Einhaltung der Publizitätsform gemäß § 31 IPRG nach österr. Recht zu beurteilen seien. Der Rechtswahlvereinbarung zwischen den AHT und Josef E*** erkannte das Berufungsgericht keine Wirksamkeit zu, weil insofern keine Auslandsberührung vorliege.

Voraussetzung der vom § 45 IPRG vorgesehenen konnexen

Anknüpfung ist nach § 35 Abs. 2 IPRG, daß die Parteien keine

Rechtswahl getroffen haben (ZfRV 1988, 305; 2 Ob 517/89). Eine nach

§ 35 Abs. 1 IPRG für ein akzessorisches Rechtsgeschäft getroffene

Rechtswahl schließt die subsidiäre Regelung des § 45 IPRG aus

(RV 784 BlgNR 14. GP, 59; 1 Ob 707/88; Duchek-Schwind,

Internationales Privatrecht 97; Schwimann, Grundriß des

Internationalen Privatrechts 144; derselbe in Rummel, ABGB, § 45

IPRG Rz 3). Sowohl auf das Rechtsverhältnis der Klägerin mit der AHT

als auch auf das der AHT mit Josef E*** ist zufolge Rechtswahl

deutsches Recht anzuwenden. Dem steht § 1 Abs. 1 IPRG nicht

entgegen. Es trifft zu, daß für sogenannte reine interne Verträge

nach dem IPRG eine Rechtswahl nicht zulässig ist, vielmehr

beschränkt das IPRG die Zulässigkeit der Rechtswahl allgemein auf

den durch § 1 Abs. 1 begrenzten Anwendungsbereich des Gesetzes,

somit auf "Sachverhalte mit Auslandsberührung". Die konkrete

Grenzziehung ist freilich überaus schwierig; welche

Auslandsbeziehung hinreichen soll, läßt sich nicht allgemein

feststellen (Schwimann, Grundriß des Internationalen Privatrechts

68; derselbe, Rechtswahl durch die Parteien im neuen IPR in

JBl. 1981, 617, 618; Sandrock, Handbuch der Internationalen

Vertragsgestaltung I Rz 347). Maßgeblich ist, daß der Vertrag, für

den die Parteien eine Rechtswahl treffen, ein im weitesten Sinn des

Wortes internationaler Vertrag ist. Beim Streckengeschäft, bei dem

Kaufverträge in der "Kette" abgeschlossen werden, indem der erste

Käufer die Sache weiter verkauft und an einer realen Erfüllung an

sich selbst nicht interessiert ist (Koziol-Welser, Grundriß8 II 72),

ist ein hinreichender Auslandsbezug schon dann anzunehmen, wenn der

Verkäufer ein Unternehmen mit Sitz im Ausland ist, zumal in einem

solchen Fall ein Interesse an der "Gleichschaltung" der

Rechtsbeziehungen besteht; dies hat jedenfalls in einem Fall zu

gelten, in dem - wie hier - dem zweiten Käufer die Tatsache, daß

Verkäufer ein ausländisches Unternehmen ist und der erste Käufer nur

als Zwischenhändler auftritt, bekannt ist.

Das gewählte Recht gilt grundsätzlich auch im Bereich zwingenden

Rechtes, geht somit dem zwingenden Recht vor (Schwimann in Rummel,

ABGB, § 11 IPRG Rz 1). Nur sogenannte Eingriffsnormen, dh.

staatliche Lenkungsmaßnahmen im öffentlichen Interesse in Form von Zwangsvorschriften (Devisenbestimmungen, Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, Preis- und Kartellregelungen, Grundverkehrsgesetze etc), die das öffentliche Interesse des rechtsetzenden Staates an ihrer Beachtung dokumentieren, gebührt grundsätzlich der Vorrang vor überwiegend an privaten Interessenkollisionen orientierten allgemeinen Anknüpfung des Schuldstatuts und nur sie bleiben davon unberührt (EvBl. 1987/145, SZ 60/11; Schwimann, Grundriß des Internationalen Privatrechts 69; derselbe in Rummel, ABGB, § 11 IPRG Rz 6, vor § 35 IPRG Rz 8 ff). Damit ist aber auch die Anknüpfung des Publizitätsaktes für die Abtretung unter diesem Gesichtspunkt an das österr. Recht ausgeschlossen. Gemäß § 398 BGB kann eine Forderung von einem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluß des Vertrages tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Die vorliegende Kaufpreisforderung fällt nicht in den Kreis der Forderungen, die nach §§ 399 f BGB nicht abtretbar sind. Wirksam, weil hinreichend bestimmbar, ist nach deutschem Recht auch die Abtretung aller Forderungen und Lieferungen bestimmter Art oder bestimmter Weise (Roth in Münchner Kommentar2 § 398 BGB Rz 51 mwN in FN 127) und nach ständiger deutscher Rechtsprechung auch die Vorausabtretung künftiger Forderungen, soferne die einzelne Forderung so bestimmt ist, daß es nur noch ihrer Entstehung bedarf, um die Übertragung mit der Entstehung ohne weiteres wirksam werden zu lassen (Roth aaO, Rz 60 f; Staudinger, Kommentar zum BGB10/11, § 398 Rz 42; Zeiss in Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch11, § 398 Rz 8; Westermann in Erman, Handkommentar zum BGB4, § 398 Rz 17; Wassermann, Kommentar zum BGB, § 398 Rz 5). Dies ist hier angesichts des Inhaltes des Vertrages zwischen der Klägerin und der AHT vom 14. Februar 1984 der Fall. Unter dem Gesichtspunkt einer Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen wird die Globalzession als solche nicht beanstandet (Roth aaO, Rz 111; Zeiss aaO, Rz 8).

Hat der Zedent dieselbe Forderung mehrfach abgetreten, so wird nur die erste Abtretung wirksam (§ 185 Abs 2 Satz 2 BGB). Bei Konkurrenz zweier Zessionen entscheidet somit die Priorität (Staudinger aaO, Rz 156). Wurde eine zukünftige Forderung zuerst abgetreten und dann noch einmal, so wird nach dem Prioritätsgrundsatz diejenige Übertragung wirksam, bei welcher der Verfügungsakt früher erfolgte. Durch die zeitlich erste Abtretung scheidet die Forderung aus dem Vermögen des Überträgers aus und geht in das Vermögen des Übernehmers über. Der Zedent ist nach der ersten Abtretung nicht mehr Forderungsinhaber und kann sie daher nicht mehr wirksam übertragen (Staudinger aaO, Rz 132). Damit hat aber hier die globale Vorausabtretung aller künftigen Kaufpreisforderungen der Verkäuferin AHT - darunter auch gegenüber dem Käufer Josef E*** aus der Rechnung Nr. 1450 - entsprechend dem Vertrag vom 14. Februar 1984 an die Klägerin, die nach deutschem Recht, anders als nach österr. Recht keiner Publizitätsform bedurfte (Zeiss aaO, Rz 2, 5, 7 f; Staudinger aaO, Rz 64, 95, 132 bis 134, 156; Westermann aaO, Rz 8), Priorität gegenüber der Einzelabtretung durch die Verkäuferin AHT an die Beklagte vom 24. Juli 1984. Die Forderung der AHT gegen Josef E*** aus der Rechnung Nr. 1450 steht damit der Klägerin und nicht der Beklagten zu.

Durch diese Rechtsfolgen wird auch nicht gegen die Vorbehaltsklausel des § 6 IPRG verstoßen. Die Vorbehaltsklausel dient primär nicht dem Schutz der einzelnen Inländer, sondern dem Schutz der inländischen Rechtsordnung, welche vor dem Eindringen mit ihr vollkommen unvereinbarer Rechtsgedanken, vor der unerträglichen Verletzung tragender Grundwertungen der österr. Rechtsordnung geschützt werden soll (EvBl. 1977/257, EvBl. 1976/19; SZ 43/70 u. a.). Es kommt also nicht darauf an, daß eine bestimmte Entscheidung nach inländischem Recht anders ausfallen würde, sondern vielmehr darauf, ob durch sie das inländische Rechtsempfinden in unerträglichem Maße verletzt wird (EvBl. 1977/257, EvBl. 1975/161 ua). Davon kann hier, wo nur der Publizitätsakt für die Frage der Priorität eines Rechts von Bedeutung ist, keine Rede sein. Tragende Grundsätze des Gläubigerschutzes werden dadurch nicht betroffen. Im übrigen ist von der Vorschrift des § 6 IPRG sparsamster Gebrauch zu machen (Schwimann in Rummel, ABGB, § 6 IPRG Rz 1).

Der Revision ist somit Folge zu geben, dem Klagebegehren stattzugeben und das Widerklagebegehren abzuweisen. Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 41 iVm § 50 ZPO. Für den erfolglosen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und dessen Rückziehung waren der Klägerin keine Kosten zuzusprechen.

Anmerkung

E22788

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00648.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_0010OB00648_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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