Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann Ernst T***-H***, Forstwirt, Alpl, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 300.000 S sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 27.Oktober 1989, GZ 6 R 110/89-63, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 17.Februar 1989, GZ 16 Cg 316/85-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit einer am 10.Oktober 1985 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei den Ersatz von Forstschäden, die durch winterliche Salzstreuung auf einer durch ihren Wald führenden Bundesstraße der beklagten Partei verursacht worden seien in Höhe von 300.000 S und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für künftige Schäden. Die klagende Partei beruft sich auf ein Zeugnis gemäß § 52 Abs 5 ForstG vom 22.Oktober 1982, auf eine Waldverwüstung im Sinne des § 16 ForstG und auf das Vorliegen unzulässiger Immissionen. Die beklagte Partei hafte sowohl für Salz das in den Boden eingeschwemmt werde, als auch für Salz, das durch den Verkehr aufgewirbelt über die Luft auf die Bäume gelange. Verjährung liege nicht vor, weil die klagende Partei die letzte Sicherheit über den Schadenszusammenhang erst durch das Zeugnis der Forstbehörde erlangt habe. Der geltend gemachte Schaden beziehe sich auf die Jahre 1973 bis 1984. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß die beklagte Partei gemäß § 7 BStG zur Salzstreuung verpflichtet sei, weil nur so die Sicherheit des Verkehrs gewährleistet werden könne. Salzeinschwemmungen müsse die klagende Partei gemäß § 24 BStG hinnehmen. Für Salzaufwirbelungen habe die beklagte Partei nicht einzustehen, weil dies eine zwingende Folge des Straßenverkehrs sei. Neben dem Salz kämen als Schadensursache andere Luftverunreinigungen in Betracht. Die von der Bundesstraße ausgehenden Wirkungen überstiegen nicht das Ortsübliche und beeinträchtigten auch die Nutzung nicht entscheidend, zumal der Wald des Klägers gerade durch die Bundesstraße viel kostengünstiger bewirtschaftet werden könne. Seit dem Winter 1983/1984 habe man die Salzstreuung im übrigen weitgehend reduziert. Die beklagte Partei habe nicht für diejenigen Schäden einzustehen, die schon durch den Bau der Straße und durch die bis zur Übernahme der Straße vom Land vorgenommene Salzstreuung verursacht worden seien. Da der klagenden Partei die Waldschäden schon seit dem Jahr 1979 bekannt seien liege Verjährung vor.
Nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches erkannte das Erstgericht in einem als Zwischenurteil bezeichneten Urteil zu Recht, daß "die Forderung" der klagenden Partei dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Das Erstgericht traf kurz zusammengefaßt folgende Tatsachenfeststellungen:
Im Wald des Klägers bestehen entlang der Bundesstraße Schäden im Forstbestand, es gibt vermehrt abgestorbene Bäume, Kronenverlichtungen, Nadelnekrosen und auffällige Verfärbungen. Diese Schäden wurden durch das von der Salzstreuung auf der Bundesstraße stammende Salz verursacht, das teils über den Boden eingeschwemmt wurde, teils nach Aufwirbelung durch den Straßenverkehr über die Luft auf die Bäume geriet. Andere Luftverunreinigungen oder sonstige Schadensursachen spielen bei den strittigen Waldschäden keine Rolle. Die Schäden sind bergwärts geringer, talwärts größer. Besonders stark sind die Schäden überall dort, wo schon durch die Anlage der Straße durch Hanganschnitte (bergwärts) und Eingraben von Stämmen in Schüttmaterial (talwärts) gewisse Vorbelastungen bestanden. Aber auch das Absterben dieser vorgeschädigten Bäume ist erst auf den schädigenden Einfluß des Streusalzes zurückzuführen. Ohne diese Zusatzbelastung hätten auch diese Bäume überlebt. Wäre das Salz nur in mäßigen Mengen aufgebracht worden, wäre es nicht zu der jetzt gegebenen übermäßigen Schädigung gekommen.
In rechtlicher Hinsicht rechnete das Erstgericht die Salzstreuung der Privatwirtschaftsverwaltung zu. § 7 Abs 1 BStG verlange keineswegs zwingend eine Salzstreuung; denn die Verkehrssicherheit könne auch durch Streusplit gewährleistet werden. Das Eindringen von Wasser, das mit Streusalz gesättigt sei, falle nicht unter die Legalservitut des § 24 Abs 2 BStG. Die vom Streusalz ausgehenden Schädigungen seien eine unzulässige Immission, welche zum Schadenersatz berechtige. Ob die mehr als drei Jahre zurückliegenden Schäden verjährt seien, sei erst im Verfahren über die Höhe des Anspruches zu klären. Da die klagende Partei Schäden erst ab 1973 geltend mache, die Straße zu dieser Zeit aber schon von der beklagten Partei übernommen worden sei, gehe der Einwand der teilweise fehlenden passiven Klagslegitimation ins Leere. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil mit der Maßgabe, daß es als "Teil- und Zwischenurteil" zu bezeichnen sei. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und traf nach Ergänzung des Beweisverfahrens zusätzlich die Feststellung, daß der Kläger möglicherweise schon im Jahr 1979 Kenntnis von einem Erhebungsbericht der Landesforstinspektion erlangt habe, in welchem die Salzstreuung als mögliche Ursache des Baumsterbens entlang der Bundesstraße vermutet wurde; ob ihm aber dieser Bericht wirklich zugegangen sei, sei nicht erwiesen. Die volle Einsicht in alle Zusammenhänge, vor allem auch in Richtung möglicher anderer Immittenten, habe der Kläger aber jedenfalls erst durch die Zustellung des Zeugnisses im Sinne des § 52 Abs 5 ForstG vom 22. Oktober 1982 erlangt, das erstmals bestimmt ausgesprochen habe, daß das Streusalz die Ursache der strittigen Waldschäden sei. In rechtlicher Hinsicht verneinte das Berufungsgericht auf Grund dieser ergänzenden Feststellungen die Berechtigung der Verjährungseinwendung. Gleich dem Erstgericht vertrat auch das Berufungsgericht die Ansicht, daß § 7 BStG die beklagte Partei nicht entlasten könne, zumal nach derselben Bestimmung auch auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen sei. Es liege daher eine nach § 364 Abs 2 ABGB unzulässige Einwirkung vor, die der klagenden Partei einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch gemäß § 364 a ABGB verschaffe. Diese Bestimmung sei auch auf Bundesstraßen anzuwenden. Auch soweit die Schäden durch Salz verursacht wurden, das erst durch Verkehrsteilnehmer aufgewirbelt wurde habe die beklagte Partei die von ihr gesetzte primäre Verursachung zu vertreten. Soweit nicht feststellbar sei, welche Schäden durch eingeschwemmtes Salz und welche durch hereingesprühtes Salz entstanden, liege überdies kumulative Kausalität vor. Die fehlende Ortsüblichkeit dieser Einwirkung könne zwar nicht aus den durch konkrete Tatsachenfeststellungen nicht gedeckten Ausführungen des Erstgerichtes über das Übermaß der Salzstreuung abgeleitet werden; es stehe aber fest, daß die Salzstreuung erst im Jahr 1969 begonnen worden sei, weshalb noch nicht gesagt werden könne, daß schon seit einer etwa der Verjährungszeit entsprechenden Zeit immer gestreut würde und die Salzstreuung an sich ortsüblich sei. Soweit die Schäden nach Inkrafttreten des Forstgesetzes 1975 durch Luftverunreinigungen verursacht wurden, sei die Ortsüblichkeit überdies nicht mehr Tatbestandsmerkmal der Haftung. Für Luftverunreinigungen im Sinne des Forstgesetzes werde nicht nach § 53 ForstG sondern nach § 56 ForstG gehaftet, weil Bundesstraßen nicht eine genehmigungspflichtige Anlage im Sinne der §§ 49 und 50 ForstG seien. Es liege daher auch keine Verfristung des Anspruches nach § 53 Abs 5 ForstG vor. Die Beweislast für das Vorliegen einer nach den örtlichen Verhältnissen das gewöhnliche Maß überschreitenden Einwirkung liege nicht beim Kläger, sondern die beklagte Partei müsse beweisen, daß ihre Eingriffe die vom Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten. § 24 Abs 2 BStG begründe nicht die Verpflichtung des Anrainers einer Bundesstraße, den Abfluß von salzhaltigen Abwässern und die Lagerung von mit Salz durchtränktem Schnee zu dulden. Auch hier müsse auf die Umweltverträglichkeit Bedacht genommen werden.
Gemäß § 393 Abs 1 ZPO idF der WGN 1989 seien die Voraussetzungen für die Fällung eines Zwischenurteiles auch gegeben, wenn nicht bei jedem einzelnen Teilanspruch feststehe, ob er mit wenigstens einem Schilling zu Recht bestehe. Auch wenn die neue Rechtslage erst nach der Entscheidung des Erstgerichtes eingetreten sei, müsse keine Aufhebung des Zwischenurteiles erfolgen. Allerdings sei das Urteil des Erstgerichtes richtig ein Teil- und Zwischenurteil.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist berechtigt.
Zu der als Verfahrensmangel geltend gemachten Unterlassung der Erörterung eines Verwaltungsaktes muß hier nicht abschließend Stellung genommen werden, weil die Verjährungsfrage auch dann noch nicht spruchreif ist, wenn man davon ausgeht, daß der klagenden Partei der fragliche Erhebungsbericht schon im Jahr 1979 zur Kenntnis gekommen ist.
Ob zu einem vorliegenden Sachverständigengutachten ein Kontrollgutachten eingeholt werden muß, ist einerseits ein Problem der in dritter Instanz nicht überprüfbaren Beweiswürdigung; zum anderen kann ein schon in zweiter Instanz vergeblich gerügter Verfahrensmangel nicht neuerlich in dritter Instanz geltend gemacht werden. Auch die in der Revision zitierte Entscheidung SZ 41/26 vertritt keinen anderen Standpunkt. Die dort relevierten Fragen der Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens oder eines Verstoßes gegen die Denkgesetze tauchen im vorliegenden Fall nicht auf; denn das Gutachten des Sachverständigen ist klar, logisch und nachvollziehbar. Seine Richtigkeit ist jedoch nicht mehr zu untersuchen, ebensowenig ob es zur Prüfung der Richtigkeit eines Kontrollbeweises bedurft hätte.
Dasselbe gilt für die unterbliebene Anfrage an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft über die Bedeutung der jeweils verlautbarten Immissionsgrenzwerte. Der Sachverständige hat für den konkreten Fall den Ursachenzusammenhang bestätigt, und die Vorinstanzen haben ihm Glauben geschenkt. Dies ist in dritter Instanz nicht mehr überprüfbar.
Die Änderung der Bezeichnung des Urteiles des Erstgerichtes konnte am Charakter dieses Urteiles nichts ändern. Bei einem Feststellungsbegehren gibt es nicht die Möglichkeit einer Aufspaltung in ein Verfahren über den Grund und in ein Verfahren über die Höhe. Die vom Erstgericht verfügte Einschränkung des Verfahrens auf den Grund "des Anspruchs" konnte sich daher nur auf das Leistungsbegehren beziehen. Das Erstgericht hätte zwar auch über das Feststellungsbegehren erkennen können. Eine Verpflichtung dazu bestand aber nicht. Mangels eines erkennbaren Entscheidungswillens in dieser Richtung wurde bisher vom Erstgericht nur ein Zwischenurteil über einen Teil des Klagsanspruches, nämlich über das Leistungsbegehren, gefällt.
Eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Novellierung des § 393 Abs 1 ZPO durch die WGN 1989 und zum Übergangsproblem des vorliegenden Falles (Urteil erster Instanz vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung, Urteil zweiter Instanz danach) ist entbehrlich. Schon an dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, daß selbstverständlich ein Zwischenurteil über den Grund des gesamten Klagsanspruches nur dann zulässig ist, wenn die beklagte Partei auf jeden Fall für den gesamten geltend gemachten Zeitraum und für alle Salzimmissionen, sei das Salz eingeschwemmt oder über die Luft eingesprüht worden, einzustehen hätte. Wäre etwa für bestimmte Zeiträume Verjährung eingetreten, würde für bestimmte Schäden noch der frühere Straßenerhalter haften, würde eine Haftung etwa erst seit dem Inkrafttreten des Forstgesetzes bestehen, oder würde sich die Haftung nur auf das eingeschwemmte oder umgekehrt nur auf das über die Luft eingesprühte Salz erstrecken, dann müßte im zweiten Rechtsgang, falls dann die Fällung eines Zwischenurteiles über den Grund des Anspruches noch prozeßökonomisch sein sollte, klar gesagt werden, in welcher Richtung und für welche Zeiträume der Klagsanspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Die Verjährungseinwendung kann nach den bisher getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, selbst wenn man zugunsten der beklagten Partei davon ausgeht, daß der klagenden Partei der Erhebungsbericht vom 29.8.1979 zugekommen ist, oder umgekehrt zugunsten der klagenden Partei zugrundelegt, daß sie hievon keine Kenntnis hatte. An dieser Stelle sei vermerkt, daß dieser Erhebungsbericht einen schwerwiegenden Schreibfehler aufweist, wenn von einem Chloridgehalt von 41 bzw 67 % die Rede ist, obschon nach der durchgeführten Nadelprobe nur ein Gehalt von 0,41 bzw 0,67 % ausgewiesen ist.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens, die Person des Schädigers und die Kenntnis des Ursachenzusammenhanges so weit bekannt sind, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden konnte (JBl 1987, 450 mwN). Ab wann bei der klagenden Partei eine solche Kenntnis gegeben war, erfordert eine vollständige Analyse aller die strittigen Waldschäden betreffenden Vorgänge. In dem über Auftrag der klagenden Partei eingeholten Gutachten vom 4.6.1985 (Beilage A) ist etwa davon die Rede, daß der klagenden Partei seit 10 Jahren Waldschäden entlang der Bundesstraße bekannt sind. Es wird auch auf einen Erhebungsbericht vom 29.8.1979 hingewiesen, ohne daß klar hervorginge, wann dieser der klagenden Partei bekannt wurde. Es ist von Bodenkernentnahmen im Frühjahr 1981 und von Mischprobenuntersuchungen aus dem Jahr 1978 die Rede. Die beklagte Partei erwähnt in der Revision eine im Jahr 1980 durchgeführte Begehung. Zu allen diesen Vorgängen muß geprüft werden, wann und mit welchem Inhalt die klagende Partei davon Kenntnis erlangte und wann sich bei ihr in objektiver Betrachtungsweise der genügend sichere Wissensstand ergeben mußte, daß ihr Wald infolge der Salzstreuung auf der Bundesstraße geschädigt werde und hiefür die beklagte Partei allein, solidarisch oder zu einem schon einschätzbaren Anteil hafte. Dabei muß ein Einzelgutachten oder ein Einzelbericht für sich allein nicht den Ausschlag geben; denn erfahrungsgemäß halten solche Ergebnisse nicht immer einer Überprüfung stand. Wenn aber durch wiederholte, immer gleich bleibende Untersuchungen schon mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung festgestanden sein sollte, daß die beklagte Partei im genannten Sinn Verursacher der Waldschäden sei, dann wäre derjenige Teil des Schadens verjährt, der aus einer Salzstreuung vor diesem Zeitpunkt entstanden ist, und die beklagte Partei müßte nur mehr für jene Schäden einstehen, die durch eine nach diesem Zeitpunkt fortgesetzte Salzstreuung verursacht wurden. Die Haftung der beklagten Partei gründet sich auf § 364 a ABGB. Es ist allgemein anerkannt, daß der Bau und die Instandhaltung öffentlicher Straßen in den privatrechtlichen Aufgabenbereich der Straßenerhalter fällt (Schragel, AHG2 Rz 93 und 339). Eine öffentliche Straße gilt als behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364 a ABGB (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 364 a; Entscheidungen wie JBl 1987, 381 oder JBl 1989, 646 mwN; siehe auch die billigende Besprechung von Wilhelm in ecolex 1990, 73). Die klagende Partei kann also zwar die von der Bundesstraße ausgehenden Immissionen nicht abwehren, an Stelle des Unterlassungsanspruches besteht aber ein auf Vergütung des Schadens gerichteter verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (Spielbüchler aaO Rz 1 mwN).
Aus der Bestimmung des § 24 Abs 2 BStG ist für die beklagte Partei nichts zu gewinnen. Danach sind zwar die Anrainer einer Bundesstraße verpflichtet, den freien Abfluß des Wassers von der Straße auf ihren Grund und die Ablagerung von Schnee ohne Anspruch auf Entschädigung zu dulden. Die Zuleitung von Schadstoffen, die der Straßenerhalter aus welchen Gründen immer auf die Bundesstraße aufbringt, hier Streusalz, man denke aber auch zB an giftige Farbstoffe, Reinigungsmittel, Straßenbelagsmaterialien und dergleichen, die sich im abfließenden Wasser auflösen oder mit diesem angeschwemmt werden, oder die sich mit dem abgelagerten Schnee verbunden haben, wird aber durch diese Legalservitut nicht erfaßt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Salz über abfließendes Wasser oder durch den bei der Schneeräumung abgelagerten Schnee, oder aber durch vom Verkehr aufgesprühtes Wasser oder Schnee auf das Grundstück der klagenden Partei gelangt, wobei zur Haftung für den Verkehr noch Stellung zu nehmen ist. Es ist zwar richtig, daß die besondere Bedachtnahme auf die Umweltverträglichkeit aller Straßenerhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 7 Abs 1 letzter Halbsatz BStG erst durch die am 1.April 1983 in Kraft getretene Novelle BGBl 1983/63 ausdrücklicher Gesetzesbestandteil wurde. Dies bedeutet aber nicht, daß Anrainer nach der früheren Gesetzeslage jede Schadstoffzuleitung entschädigungslos hinnehmen mußten (vgl JBl 1987, 381 zu einer ähnlichen Bestimmung des Salzburger Landesstraßengesetzes, ähnlich einschränkend auch JBl 1973, 87 zum BStG 1948).
Der Zusammenhang zwischen der Haftung nach § 364 a ABGB und der Haftung für Waldschäden nach den Sonderbestimmungen des Forstgesetzes wurde in der Entscheidung JBl 1989, 578 ausführlich erörtert.
Bis zum Inkrafttreten des Forstgesetzes am 1.Jänner 1976 galt nur die Regelung des ABGB.
Mit dem Inkrafttreten des Forstgesetzes wurde einerseits durch § 53 ForstG eine besondere Haftung für forstschädliche Luftverunreinigungen geschaffen, die von einer nach den Bestimmungen des Forstgesetzes zu genehmigenden Anlage ausgehen. Ob diese Sonderhaftung auch für eine vor dem Inkrafttreten des Forstgesetzes errichtete Anlage gilt, ist umstritten, kann aber wie in der Vorentscheidung auch im vorliegenden Fall offen bleiben; denn gemäß § 56 Abs 1 ForstG steht dem Geschädigten zusätzlich zum Anspruch nach § 53 f ForstG unter anderen auch der Entschädigungsanspruch nach § 364 a ABGB offen. In diesem Fall sind die Bestimmungen der §§ 53 Abs 2 und 54 ForstG sinngemäß anzuwenden und es gilt die unwiderlegbare Vermutung, daß jede forstschädliche Luftverunreinigung das ortsübliche Maß im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB überschreitet. Die §§ 53 Abs 2 und 54 ForstG beziehen sich darauf, daß bei Verursachung des Schadens durch mehrere Anlagen eine anteilsmäßige oder im Zweifel eine gleichteilige (nicht aber eine solidarische) Haftung mehrerer Inhaber von Anlagen (§ 53 Abs 2) und bei Vorhandensein mehrerer Anlagen eine Vermutung für die gemeinsame Verursachung (§ 54) besteht. Hingegen ist zB die Präklusivfrist des § 53 Abs 5 ForstG (Verlust des Ersatzanspruches bei Unterlassung einer Anzeige innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen) hier nicht anzuwenden.
Nach den im vorliegenden Fall getroffenen Tatsachenfeststellungen gibt es für die geltend gemachten Forstschäden seit dem Inkrafttreten des Forstgesetzes nur eine einzige in Betracht kommende Anlage, nämlich die strittige Bundesstraße. Überlegungen zur Haftung nach den Grundsätzen kumulativer Kausalität sind daher entbehrlich. Auch soweit die geltend gemachten Schäden auf eine forstschädliche Luftverunreinigung zurückzuführen sind, wobei als solche nur die Aufwirbelung von salzhaltigem Wasser oder Schnee in die Luft in Betracht kommen könnte, hätte daher die beklagte Partei voll einzustehen. Nur in diesem Bereich könnte allenfalls eine Bindung an das Zeugnis über das Vorliegen von forstschädlichen Luftverunreinigungen bestehen.
Für den Zeitraum vor der Übernahme der Straße als Bundesstraße (BGBl 1971/286) haftet allerdings die beklagte Partei nicht. Es muß also geprüft werden, wann die Straßenbaulast auf die beklagte Partei überging (§ 33 Abs 3 BStG) und welcher Prozentsatz der geltend gemachten Waldschäden durch eine noch vom Land durchgeführte Salzstreuung verursacht wurde. Die klagende Partei müßte übrigens in diesem Zusammenhang klarstellen, ob sie ihr Klagebegehren auch auf solche Waldschäden der Jahre 1973 bis 1984 stützt, die durch eine vor dem Jahr 1973 stattgefundene Salzstreuung verursacht wurden. Nur dann käme die Problematik einer teilweise fehlenden passiven Klagslegitimation überhaupt zum Tragen.
Unzutreffend ist die Ansicht der beklagten Partei, sie habe für nur durch den Straßenverkehr verursachte Immissionen nicht einzustehen, sei es, daß durch den Verkehr verursachte Luftverunreinigungen nach den Absichten des Gesetzgebers nicht von den Sonderregelungen des Forstgesetzes erfaßt sein sollten, sei es, daß nicht für das Verhalten der Verkehrsteilnehmer gehaftet werde. In der von der beklagten Partei dazu zitierten Entscheidung SZ 55/55 = EvBl 1982/152 wurde zwar ausgesprochen, daß durch den Verkehr auf einer Bundesstraße auf Nachbargrundstücken entstehende Immissionsschäden im streitigen Verfahren nicht geltend gemacht werden könnten, sondern nur im Rahmen einer Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen seien. Dabei wurde aber davon ausgegangen, daß der Eigentümer der Straße oder der Träger der Straßenbaulast die Benützung der Straße zu Verkehrszwecken nicht hindern könne, sodaß für die nur von den Benützern der Straße verursachte Schäden nicht gehaftet werde. Dies mag für den von Verkehrsteilnehmern verursachten Lärm, für ausgestoßene Abgase ua zutreffen. Der vorliegende Fall der Salzstreuung ist aber anders gelagert. Auch soweit das für den Wald schädliche Salz durch den Fahrzeugverkehr (Wirbelung) auf das Grundstück der klagenden Partei gelangt, hat die beklagte Partei die Erstursache der Schädigung dadurch gesetzt, daß sie überhaupt Salz auf die Bundesstraße streute. Die Salzstreuung, ihre Art und ihr Ausmaß sind aber Teil der zur Privatwirtschaftsverwaltung gehörigen Instandhaltung der Straße und gehören nicht zur hoheitlichen Tätigkeit der Widmung und Freigabe einer Bundesstraße für den Verkehr.
Nicht spruchreif ist die Sache, abgesehen von der oben dargestellten Verjährungsfrage und der Frage teilweise fehlender passiver Klagslegitimation, vor allem auch, weil noch nicht beurteilt werden kann, inwieweit von der beklagten Partei schädigende Immissionen zu vertreten sind.
Bei der Salzstreuung auf Straßen geraten zwei öffentliche Interessen in eine gewisse Kollision. Einerseits dient die Salzstreuung der Sicherheit des Straßenverkehrs im Winter. Bei Unterlassung der Salzstreuung wird dem Straßenerhalter für dadurch verursachte Verkehrsunfälle die Haftung nach § 1319 a ABGB auferlegt (so kürzlich ZVR 1990/15, allerdings mit dem Hinweis, daß rein ästhetische Momente nicht ausschlaggend, Vegetationsschäden aber im strittigen Bereich nicht behauptet worden seien). Andererseits droht nach dem jetzigen Wissensstand durch die Salzstreuung eine Schädigung der Umwelt. Im Lichte heutiger Kenntnisse kann dabei dem Umweltschutz nicht etwa ein geringerer Stellenwert zugemessen werden; denn auf Dauer wird auch durch eine zerstörte Umwelt menschliches Leben gefährdet. Es hat also ein angemessener Interessenausgleich stattzufinden. Diesen zeichnet die neue Fassung des § 7 Abs 1 BStG vor: Bundesstraßen sind einerseits so zu erhalten, daß sie ua unter Bedachtnahme auf die durch die Witterungsverhältnisse bestimmten Umstände ohne Gefahr benützbar sind; andererseits ist dabei aber auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen (Novelle BGBl 1983/63). Die gleichen Gesichtspunkte waren aber auch schon vor diesem ausdrücklichen Hinweis des Gesetzgebers als in der Sache begründet maßgebend. Eine unzulässige Immission iSd § 364 Abs 2 ABGB und damit ein Ersatzanspruch nach § 364 a ABGB liegt daher im Zusammenhang mit der Salzstreuung nur vor, wenn der Straßenerhalter das im Interesse der Sicherheit des Verkehrs nötige Maß überschreitet. Die beklagte Partei hat also für jenes Ausmaß der Salzstreuung nicht einzustehen, das erforderlich war, um bei ungünstigen Witterungsverhältnissen eine in zumutbarer Weise anders nicht abwendbare Gefährdung der Verkehrsteilnehmer hintanzuhalten. Sie haftet jedoch für ein darüber hinausgehendes Maß an Salzstreuung, zB wenn nur aus Bequemlichkeit zwecks Einsparung einer vielleicht kostspieligeren Schneeräumung oder in unrichtiger Einschätzung der Verhältnisse statt des ebenso möglichen Streusplitts Salz gestreut wurde, selbstverständlich auch dann, wenn mehr Salz gestreut wurde, als zur Eis- oder Schneefreihaltung nötig war.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, hat das Erstgericht zwar in seinen rechtlichen Überlegungen ausgeführt, es stehe nach den Beweisergebnissen eine übermäßige Salzstreuung fest, soweit darin eine ergänzende Tatsachenfeststellung liegen könnte, wurde sie aber vom Berufungsgericht mangels gegebener Beweisgrundlage nicht übernommen.
Der erkennende Senat schließt sich jedoch nicht der Ansicht des Berufungsgerichtes an, eine Feststellung über das Maß der Salzstreuung sei entbehrlich, weil die Salzstreuung erst im Jahr 1969 begonnen habe, aber erst etwa nach Ablauf der Verjährungszeit von 30 Jahren von einer Ortsüblichkeit der Salzstreuung ausgegangen werden könnte. Zwar spielte die dreißigjährige Frist eine gewisse Rolle, wenn es zB um die Beurteilung der Frage ginge, ob die strittige Gegend ein Industriegebiet ist (nur dazu kann JBl 1989, 578 als Belegstelle dienen). Darum geht es aber im vorliegenden Fall nicht. Die Anlegung einer öffentlichen Straße bewirkt vielmehr von vorneherein, daß im Nachbarbereich derselben gewisse Einwirkungen entstehen, die ohne die Anlage der Straße nicht eingetreten wären. Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß hier auf das öffentliche Interesse Bedacht zu nehmen ist (EvBl 1970/18 für den Lärm eines Kinderspielplatzes, EvBl 1973/26 beispielsweise für den Verkehrslärm einer Straße; SZ 48/15 für den dort allerdings übermäßigen Lärm eines Schießstandes; vgl dazu auch jüngst Reischauer in JBl 1990, 217 Ä220Ü). Solange also eine Straße nur in einer diesem öffentlichen Interesse dienenden Weise angelegt, instandgehalten und betreut und dabei das nötige Maß (wie oben) nicht überschritten wird, liegt noch keine nach § 364 Abs 2 ABGB unzulässige Immission vor.
Erörterungsbedürftig ist jedoch in diesem Zusammenhang auch, inwieweit - unabhängig von der weiter oben dargestellten Interessenkollision zwischen der Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit und die Umweltverträglichkeit - nach einem früher allgemein gegebenen Wissensstand für frühere Jahre die Salzstreuung, und zwar auch im hier vielleicht gegebenen Übermaß, als absolut unschädlich angesehen wurde und daher bei Bundesstraßen ähnlicher Lage in dem hier erwiesenen Umfange allgemein üblich war, obschon vielleicht auch eine Schneeräumung oder eine Streusplittstreuung in Betracht gekommen wäre. In diesem Sinne könnte auch noch ein aus heutiger Sicht gegebenes Übermaß an Salzstreuung für gewisse frühere Zeiträume allgemein "ortsüblich" gewesen sein. Dies wäre freilich nur solange zu tolerieren, bis auf Grund der ersten ernst zu nehmenden neuen Erkenntnisse da und dort die Gefahr der Salzstreuung bekannt wurde und von ihr abgegangen oder sie eingeschränkt wurde. Von da an könnte nicht mehr von einer allgemeinen Ortsüblichkeit gesprochen werden. Auf ein Verschulden kommt es allerdings beim Ersatzanspruch nach § 364 a ABGB nicht an, sondern nur darauf, was ortsüblich war.
Zu prüfen ist schließlich, inwieweit die ortsübliche Benützung des Grundstückes der klagenden Partei wesentlich beeinträchtigt wurde. Hier könnte es eine Rolle spielen, daß die Benützung des Grundstückes gerade wegen der durch die Straße erfolgten Aufschließung insgesamt so erleichtert und im Ertrag so verbessert wurde, daß daneben die jetzt vorhandenen Waldschäden nicht ins Gewicht fallen, sofern hiefür nicht schon im Rahmen eines Enteignungsverfahrens bei Festsetzung der Entschädigung ein Abzug an der sonst eintretenden Wertminderung wegen einer solchen Vorteilsausgleichung stattfand. Es wurde bisher nicht erhoben, wann die strittige Straße angelegt wurde.
In diesem Zusammenhang ist jedoch nochmals auf § 56 Abs 1 letzter Satz ForstG zu verweisen, wonach seit dem Inkrafttreten des neuen Forstgesetzes forstschädliche Luftverunreinigungen immer als solche gelten, die das ortsübliche Ausmaß iSd § 364 Abs 2 ABGB überschreiten. Es muß also auch festgestellt werden, welcher Teil der Waldschäden seit 1.1.1976 nur durch eine Luftverunreinigung infolge Aufwirbelung von Salz verursacht wurde; denn für diesen Teil der Schäden ist ein Gegenbeweis der Ortsüblichkeit ausgeschlossen. Die Beweislast für das Nichtvorliegen unzulässiger Immissionen wurde bisher in der Rechtsprechung im allgemeinen der beklagten Partei auferlegt, woran im Schrifttum wiederholt Kritik geübt wurde (Spielbüchler aaO Rz 16 zu § 364 mwN). Diese Frage muß aber nicht neu geprüft werden. Auf Grund der Beweisnähe (Fasching, ZPR2 Rz 883) muß nämlich für Fälle der vorliegenden Art gesagt werden, daß nur die beklagte Partei die Unterlagen besitzt zu beweisen, welches Maß an Salzstreuung erfolgte, sodaß sie für die Einhaltung des üblichen Maßes beweispflichtig ist, während die klagende Partei die nötigen Unterlagen über die Beeinträchtigung der Bewirtschaftung ihrer Grundstücke besitzt, sodaß sie hiefür beweispflichtig ist. Zusammenfassend sind somit im zweiten Rechtsgang die Verjährungsfrage, die teilweise vielleicht fehlende passive Klagslegitimation, das Maß der im Interesse der Verkehrssicherheit oder der nach einem früheren allgemeinen Wissensstand auch noch darüber hinausgehenden ortsüblichen Salzstreuung für die jeweils in Betracht kommenden Zeiträume und die Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung der strittigen Waldgrundstücke zu prüfen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E21135European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00534.9.0711.000Dokumentnummer
JJT_19900711_OGH0002_0030OB00534_9000000_000