TE OGH 1990/7/11 3Ob39/90

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***-V*** I*** eG, Isen, Bischof-Josef-Straße 1, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Zimmermann und Dr. Klaus Kauweith, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Johann H***, Kaufmann und Landwirt, Schärding, Unterer Stadtplatz 13, vertreten durch Dr. Reinhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen DM 140.000,- sA, infolge Revision der betreibenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29. November 1989, GZ 3 R 218/89-20, womit infolge Berufung der betreibenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 18. Mai 1989, GZ Nc 82/88-13, bestätigte wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei ist schuldig, dem Verpflichteten die mit 18.655,38 S (darin 3.109,23 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß vom 30. 11. 1988 bewilligte der im Rechtsmittelweg angerufene Oberste Gerichtshof der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten auf Grund des Urkunds-Anerkenntnis-Vorbehaltsurteiles eines Gerichtes der Bundesrepublik Deutschland zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 140.000 DM sA die Fahrnisexekution (vgl ZfRV 1989, 303).

Der Verpflichtete erhob gegen die Exekutionsbewilligung fristgerecht Widerspruch gemäß § 81 Z 4 EO. Die betreibende Partei habe ihm mit Kreditvertrag vom 22. 9./16. 10. 1981 einen Kredit von 1,000.000 DM gewährt. Zur Abdeckung dieses Kredites habe er ihr einen von ihm ausgestellten und am 29. 3. 1982 fälligen Wechsel über den Kreditbetrag zum Inkasso übergeben. Der Wechsel sei vom Bezogenen nicht eingelöst worden. Auf Grund des Wechsels sei das den Exekutionstitel bildende Urteil ergangen. Das der Übergabe des Wechsels zugrundeliegende Kreditgeschäft verstoße gegen das DevG, weil er seit Beginn des Jahres 1981 Deviseninländer gewesen sei. Sowohl der Abschluß des Kreditvertrages als auch die Ausstellung des Wechsels hätten daher gemäß § 14 DevG der Bewilligung der O*** N*** bedurft, die aber nicht erteilt

worden sei und auch nicht erteilt werde.

Die betreibende Partei wendete ein, daß der Verpflichtete selbst vorgebracht habe, den Wechsel nur zum Inkasso übergeben zu haben, und damit einen Zusammenhang zwischen dem Kreditvertrag und der Wechselforderung bestreite. Er habe sie nicht einmal andeutungsweise darauf aufmerksam gemacht, daß er österreichischer Deviseninländer sei, und habe mit ihr nur unter seiner Anschrift in der Bundesrepublik Deutschland verkehrt, weshalb er ihr den betriebenen Betrag auch dann nach den Bestimmungen über die Bereicherung und den Schadenersatz zu ersetzen habe, wenn das Kreditgeschäft nach dem DevG nichtig sein sollte. Die den Exekutionstitel bildende Entscheidung könne deshalb nicht gegen den ordre public verstoßen, weil auch ein inländisches Gericht zum selben Ergebnis hätte kommen müssen.

Das Erstgericht versagte dem den Exekutionstitel bildenden Urteil die Vollstreckbarkeit und erklärte die auf Grund dieses Titels bewilligte Fahrnisexekution für unzulässig. Es stellt im wesentlichen folgendes fest:

Der Verpflichtete, der österreichischer Staatsbürger ist, übersiedelte in den 60iger Jahren in die Bundesrepublik Deutschland, gründete dort eine Familie und baute eine wirtschaftliche Existenz auf. Ende der 70iger und Anfang der 80iger Jahre betrieb er in der Bundesrepublik Deutschland einen Auto- und Immobilienhandel. 1972 meldete er sich pro forma in einem Ort in Österreich an und übernahm 1975 die dort gelegene Landwirtschaft seiner Eltern, die er teilweise selbst und teilweise durch Dienstnehmer betrieb. Ende 1980 wurde ein von ihm bei einem österreichischen Gericht eingebrachtes Grundbuchsgesuch mit der Begründung abgewiesen, daß er Devisenausländer sei. Seinem Rekurs wurde am 10. 2. 1981 mit der Begründung Folge gegeben, daß er die Deviseninländereigenschaft besitze.

Mitte des Jahres 1980 hatte sich der Verpflichtete von seiner in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Familie gelöst, wohnte überwiegend in Österreich und entfaltete mit Beginn des Jahres 1981 hier seine geschäftlichen Tätigkeiten. So erwarb er in Österreich Anfang 1981 eine Möbeltischlerei, ein Kino und eine Gastwirtschaft. Im Sommer 1981 interessierte er sich für die Übernahme einer Unternehmensgruppe mit dem Sitz in Österreich, weshalb sich seine Aufenthalte in Österreich noch mehr verstärkten. Er stellte am 30. 9. 1981 ein Übernahmsanbot, welches nicht sofort angenommen wurde, weil von dem Unternehmen in der Zwischenzeit ein Ausgleich unter Hinweis auf das Anbot durchgeführt werden mußte. Im August 1981 hatte er Beziehungen zu einer (in Österreich wohnenden) Frau aufgenommen und wohnte seit Herbst 1981 vielfach bei ihr. Sein Lebensmittelpunkt lag seit Mitte 1981 jedenfalls in Österreich. Der Verpflichtete beantragte mit Schreiben vom 24. 7. 1987 bei der O*** N*** die devisenbehördliche

Genehmigung des mit der betreibenden Partei geschlossenen Kreditvertrages. Es wurde ihm hierauf geantwortet, daß er nach den vorliegenden Informationen seit Beginn des Jahres 1981 als Deviseninländer anzusehen sei, die Kreditaufnahme daher gemäß § 14 Abs 1 DevG bewilligungspflichtig gewesen wäre, diese Bewilligung aus grundsätzlichen währungspolitischen Erwägungen aber nicht erteilt werde und auch zu einem anderen Zeitpunkt nicht erteilt worden wäre.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß sowohl der Kreditvertrag als auch die damit im Zusammenhang stehende Ausstellung des Wechsels mangels Erteilung der devisenbehördlichen Bewilligung gemäß § 22 Abs 1 DevG nichtig sei und die Durchsetzung daher dem § 81 EO widerspreche. Die Bewilligung sei gemäß § 14 Abs 1 DevG notwendig gewesen, weil der Verpflichtete seit Anfang 1981 den gewöhnlichen Aufenthalt iS des § 1 Abs 1 Z 9 DevG in Österreich gehabt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der betreibenden Partei nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt.

Das Fehlen der erforderlichen devisenbehördlichen Bewilligung stelle nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 148/88 einen Widerspruchsgrund nach § 81 Z 4 EO dar. Es liege weder eine Einzel-, noch eine generelle Bewilligung der O***

N*** vor. Die betreibende Partei berufe sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf die Kundmachung DE 9/89, weil diese erst nach der Bewilligung der Exekution durch den Obersten Gerichtshof verlautbart worden sei und generelle Bewilligungen keine Rückwirkung hätten. Eine generelle Bewilligung ergebe sich auch nicht aus der demnach maßgebenden Kundmachung DE 9/87. Es lägen nämlich die im Abschnitt II Z 2 der Kundmachung DE 1/87 angeführten Voraussetzungen, auf die in der vorangeführten Kundmachung Bezug genommen wird, nicht vor.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der betreibenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn der Abweisung des Widerspruchs des Verpflichteten abzuändern.

Der Verpflichtete beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Hier ist zwar Art 2 Z 1 des Österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages BGBl 1960/105 und nicht der - gemäß § 84 EO nur subsidiär geltende - § 81 Z 4 EO anzuwenden. Die schon vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 148/88 (= ZfRV 1989, 306) bezieht sich aber ohnedies auf die zuerst genannte Bestimmung. Die in dieser Entscheidung für den Fall eines ausländischen notariell beurkundeten Vertrages vertretene Ansicht, daß ein Verstoß gegen den inländischen ordre public vorliege, wenn die im Exekutionstitel festgelegte Verpflichtung gegen die zwingenden Normen des inländischen Devisenrechts verstößt, gilt entgegen der Meinung der betreibenden Partei nicht nur für die genannte Art, sondern für alle Arten von Exekutionstiteln und im besonderen auch für gerichtliche Entscheidungen, weil kein Grund für eine verschiedenartige Behandlung besteht. In all diesen Fällen liegt eine Verletzung der Grundregeln des österreichischen Wirtschaftsrechts vor (vgl. die Präambel zum DevG und Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechtes Bd III/1 Kap I Rz 1090), die einen Verstoß gegen den inländischen ordre public bedeutet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der genannten Entscheidung, weil dort der Umstand, daß im Fall eines notariell beurkundeten Vertrages die Nichtigkeit der Verpflichtung nicht in einem Gerichtsverfahren überprüft wurde, nur als Argument dafür verwendet wurde, daß ein strenger Maßstab am Platze sei; es sollte damit aber offensichtlich nichts zur Frage gesagt werden, ob auch in anderen Fällen der ordre public verletzt sein kann. Das Gegenteil ergibt sich entgegen der Meinung der betreibenden Partei auch nicht aus Art 3 Abs 1 des angeführten Vollstreckungsvertrages, wonach die Anerkennung nicht allein deshalb versagt werden darf, weil das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach den Regeln seines internationalen Privatrechtes andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, anzuwenden gewesen wären. Durch diese Bestimmung wird den Gerichten des Zweitstaates bloß die Prüfung des Exekutionstitels in der Richtung untersagt, ob die Gerichte des Erststaates das richtige Privatrecht angewendet haben. Darum geht es aber hier nicht, zumal das Devisenrecht zum öffentlichen Recht gehört. Unabhängig davon, welche devisenrechtlichen Bestimmungen die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland angewendet und ob sie dies überhaupt getan haben, obliegt es den österreichischen Gerichten zu prüfen, ob die die Verpflichtung des Schuldners begründenden Rechtshandlungen nach den österreichischen devisenrechtlichen Vorschriften gültig sind (vgl Martiny in Münchner Kommentar Bd VII1 647 Rz 420 vor Art 12 EGBGB und Bd VII2 1810 Rz 6 nach Art 34 Anh I EGBG). Im Fall der Verneinung dieser Frage durch die österreichischen Gerichte wird also nicht geltend gemacht, daß die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland gemäß dem österreichischen internationalen Privatrecht ein unrichtiges Gesetz angewandt haben, und die Anerkennung des Exekutionstitels nicht deshalb versagt. Nur dies ist aber gemäß Art 3 Abs 1 des Vollstreckungsvertrages ausgeschlossen. Die betreibende Partei hat in der Revision nichts dazu ausgeführt, ob der Verpflichtete zur Zeit der Vornahme der strittigen Rechtshandlungen Deviseninländer gemäß § 1 Abs 1 Z 9 DevG war. Im Hinblick auf die Kritik Hoyers an der denselben Verpflichteten betreffenden Entscheidung 3 Ob 148/88 (in ZfRV 1989, 313) sei daher nur bemerkt, daß die betreibende Partei hier nichts vorbrachte, aus dem abzuleiten wäre, daß der Verpflichteten die strittigen Rechtshandlungen im Rahmen einer ausländischen Niederlassung iS des § 1 Abs 1 Z 10 DevG vornahm; hierauf ist daher nicht weiter einzugehen.

Gemäß § 14 Abs 1 DevG bedarf unter anderem die Aufnahme von Krediten bei Ausländern und die Übernahme von sonstigen Geldverpflichtungen gegenüber Ausländern (zu ergänzen: durch Inländer) der devisenbehördlichen Genehmigung. Gemäß § 22 Abs 1 DevG sind Rechtsgeschäfte, die dieser Vorschrift widersprechen, nichtig. Ist zur Leistung des Schuldners eine Bewilligung erforderlich, so ist gemäß § 22 Abs 2 DevG die Verurteilung oder Zwangsvollstreckung nur zulässig, wenn die Bewilligung erteilt worden ist. Hier kommt nur die Erteilung einer generellen Bewilligung durch die O*** N*** in Betracht. Die betreibende

Partei beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf den Punkt 1 lit a der unter DE 9/89 kundgemachten generellen Bewilligung der O*** N***. Sie betraf (ebenso wie die ihr vorangehende, unter DE 9/87 kundgemachte Bewilligung) Zahlungen auf Grund einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung. Hier geht es aber nicht um die devisenbehördliche Bewilligung der Zahlungen, welche der Verpflichtete auf Grund des Exekutionstitels zu erbringen hat, sondern um die Bewilligung jener Rechtshandlungen, die zur Schaffung des Exekutionstitels führten. Schon aus diesem Grund gehen die Schlußfolgerungen fehl, welche die betreibende Partei daraus zieht, daß im Punkt 1 der Kundmachung DE 9/89 gegenüber derselben Bestimmung der Kundmachung DE 9/87 der Hinweis auf den Abschnitt II Z 2 der Kundmachung DE 1/89 (früher DE 1/87; vgl numehr Punkt 3.1 der Kundmachung DE 1/90) fehlt, wo ausdrücklich vorgesehen war, daß die Bestimmungen der Kundmachungen auf Schuld- oder Eigentumsverhältnisse nur unter der Voraussetzung anwendbar sind, daß dem Zustandekommen dieser Rechtsverhältnisse keine Vorschriften des DevG entgegenstanden oder entgegenstehen. Im übrigen kann sich der Oberste Gerichtshof ihrer Meinung nicht anschließen, daß wegen des Fehlers dieses Hinweises Abschnitt 2 Z 2 der Kundmachung DE 1/89 nicht gilt. Es ist nämlich auch ohne einen entsprechenden Hinweis selbstverständlich, daß eine andere Kundmachung zu beachten ist. Da es somit auf die Kundmachungen DE 9/87 und DE 9/89 nicht ankommt und sie überdies den gleichen Inhalt haben, muß nicht geprüft werden, welche von beiden hier anzuwenden ist. Eine andere generelle Bewilligung für die dem Exekutionstitel zugrundeliegenden Rechtshandlungen wurde von der betreibenden Partei nicht behauptet und ist auch nicht zu erkennen. Das Verpflichtungsgeschäft, das dem Urteil zugrundeliegt, verstößt daher gegen § 14 Abs 1 DevG, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der Kreditvertrag, die Ausstellung des Wechsels oder das Anerkenntnis maßgebend ist, weil das Ergebnis in jedem Fall dasselbe wäre. Ebensowenig ist von Bedeutung, ob der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten ein Bereicherungs- oder Schadenersatzanspruch in der Höhe des betriebenen Betrages zusteht, weil es nur auf den im Exekutionstitel festgestellten Anspruch ankommt. Die Anerkennung des Exekutionstitels würde somit der öffentlichen Ordnung Österreichs widersprechen, weshalb sie gemäß Art 2 Z 1 des Österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrages zu versagen ist und von den Vorinstanzen auf Grund des Widerspruchs demnach zu Recht versagt wurde.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21656

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00039.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_0030OB00039_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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