TE OGH 1990/7/11 3Ob83/90

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Johanna B***, Pensionistin, 8784 Trieben 92, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr ua, Rechtsanwälte in Liezen, wider die verpflichtete Partei Dipl.Ing. Dr. Helmut B***, Landesbeamter, Am Blumenhang 17, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, wegen S 53.418,47 sA und monatlich S 2.907,- (Gesamtstreitwert S 158.070,47), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 27. April 1990, GZ 4 R 122/90-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5. Dezember 1989, GZ 10 E 16511/89-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

In teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der erstgerichtliche Beschluß insoweit wieder hergestellt, als die Gehaltsexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderungen der betreibenden Partei von S 53.418,47 samt 4 % Zinsen seit dem 23. Juni 1987 sowie von S 83.334,- und der Kosten von S 3.496,78 bewilligt wurde. Hingegen wird der weitergehende Antrag, diese Exekution auch zur Hereinbringung der ab dem 1. Dezember 1989 fällig werdenden Monatsbeträge von S 2.907,- zu bewilligen und weitere Kosten des Exekutionsantrages zu bestimmen, abgewiesen. Die Revisionsrekurskosten werden mit S 6.791,40 (darin S 1.131,90 Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung:

Der Verpflichtete schuldet nach dem Inhalt des vollstreckbaren Urteiles des Bezirksgerichtes Rottenmann vom 19. Feber 1988, GZ C 49/87-15, seiner die Exekution betreibenden Mutter unter anderem S 53.418,47 samt 4 % Zinsen seit dem 23. Juni 1987 und ab dem 10. Juli 1987 monatliche im Übergabsvertrag zugesicherte Versorgungsbeträge von S 2.907,-, die bis zur Rechtskraft des Urteils fälligen Beträge binnen vierzehn Tagen, alle weiter fällig werdenden Beträge am Monatsletzten im nachhinein.

Auf Antrag der Gläubigerin bewilligte das Bezirksgericht Rottenmann am 31. Oktober 1989 zu AZ E 5053/89 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 53.418,47 samt 4 % Zinsen seit dem 23. Juni 1987 sowie "der ab 10. Juli 1987 monatlich zu zahlenden Beträge von S 2.907,-" und der Kosten von S 49.662,40 die Exekution durch Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Verpflichteten.

Den am 30. November 1989 eingelangten Antrag auf Bewilligung der Gehaltsexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 53.418,47 samt 4 % Zinsen seit dem 23. Juni 1987 "sowie der ab 10. Juli 1987 monatlich zu zahlenden Beträge von S 2.907,-" überwies das Bezirksgericht Rottenmann an das nach § 18 Z 3 EO zum Einschreiten als Exekutionsgericht berufene Erstgericht, das diese Exekution am 5. Dezember 1989 bewilligte.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs des Verpflichteten diesen Beschluß dahin ab, daß es den Exekutionsantrag abwies. Daß das zur Exekutionsbewilligung nach § 4 Abs 1 Z 1 EO als Titelgericht zuständige Bezirksgericht Rottenmann zu Unrecht seine Unzuständigkeit annahm, könne nicht mehr wahrgenommen werden, weil um die Bewilligung auch beim Erstgericht als Exekutionsgericht angesucht werden konnte (§ 4 Abs 2 EO). Bei Anbringung des Antrages sei der erst am Monatsletzten fällig gewordene Betrag für November 1989 noch nicht rückständig gewesen. Bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag sei von den Angaben der betreibenden Partei auszugehen. Eine neuerliche Prüfung der Prozeßfähigkeit der betreibenden Partei sei nicht möglich, doch stehe der Bewilligung der Gehaltsexekution entgegen, daß das bereits früher vom Bezirksgericht Rottenmann bewilligte Zwangsversteigerungsverfahren hinreichende Deckung der betriebenen Geldforderung biete. Diese Exekution reiche aus, die betriebene Forderung hereinzubringen. Die Bewilligung der weiteren Exekution sei nach § 14 EO abzulehnen. Es sei zwar nur auf die beim Bewilligungsgericht offenkundigen Umstände Bedacht zu nehmen. Dies gelte aber dann nicht, wenn die Tatsache der Bewilligung der Zwangsversteigerung beim Titelgericht, an das der Gehaltsexekutionsantrag gerichtet war, offenkundig war. Da zu dieser Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle, sei der Revisionsrekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist nicht nur zulässig (§ 78 EO; § 528 Abs 1 ZPO idF WGN 1989), sondern auch berechtigt.

Nach § 14 EO ist die gleichzeitige Anwendung mehrerer Exekutionsmittel durchaus gestattet. Die Bewilligung der Exekution kann jedoch auf einzelne Exekutionsmittel beschränkt werden, wenn aus dem Exekutionsantrage offenbar erhellt, daß bereits eines oder mehrere der beantragten Exekutionsmittel zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers hinreichen. Dies gilt auch für den Fall, daß mehrere Exekutionen abgesondert und zeitlich aufeinander folgend beantragt werden (Heller-Berger-Stix 284, 289; SZ 6/255; JBl 1952, 321; SZ 51/18 ua), wobei für die Beurteilung, ob die früher bewilligte Exekution zweifelsfrei zur vollen Deckung der betriebenen Gesamtforderung geführt hat, der Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes über den weiteren Exekutionsantrag maßgebend ist (EFSlg 39.324). Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß dem Erstgericht - auf die Kenntnis des Bezirksgerichtes Rottenmann kommt es entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nicht an - die bewilligte Zwangsversteigerung bekannt wurde, weil die betreibende Partei sich auf diesen Bewilligungsbeschluß berufen und eine Ausfertigung dem Antrag angeschlossen hatte, war einen Monat später keineswegs offenkundig, daß es sich um eine schikanöse Häufung von Exekutionsmitteln handelte und die anhängige Exekution ausreichte, den Anspruch der Gläubigerin - alsbald - zu befriedigen. Abgesehen davon, daß das Schätzungsgutachten, auf das sich das Rekursgericht stütze, erst am 19. Jänner 1990 beim Bezirksgericht Rottenmann vorlag, betreibt die Gläubigerin ihre aus dem Vertrag, mit welchem dem Verpflichteten die Liegenschaft übergeben worden war, zugesagten Ansprüche auf Leistung monatlicher Differenzbeträge nach Art einer Leibrente mit Versorgungscharakter. Sache des Verpflichteten ist es, die vollstreckbare Forderung zu tilgen. Es ist offenkundig, daß das Zwangsversteigerungsverfahren mehr oder weniger Zeit in Anspruch nimmt, bis es zur Versteigerung, der Rechtskraft der Erteilung des Zuschlages (nach Einhaltung der Vorschriften des GVG Stmk), dem Meistbotserlag und der Meistbotsverteilung und Zuweisung kommt. Bei dem Versorgungscharakter der betriebenen längst fälligen Rückstände darf es der betreibenden Gläubigerin nicht verwehrt werden, für die Zeit bis zur allfälligen Befriedigung aus dem Meistbot, die jedenfalls am Tag der Bewilligung der Gehaltsexekution etwa einen Monat nach Bewilligung der Zwangsversteigerung nicht unmittelbar bevorstand, auch das Exekutionsmittel der Gehaltsexekution in Anspruch zu nehmen, um wenigstens einen Teil der ihr zustehenden Monatsbeträge ohne weitere beträchtliche Verzögerung hereinzubringen. Der Fall einer offenkundigen unzulässigen Häufung von Exekutionen liegt hier nicht vor, denn nur durch Anwendung beider Exektionsmittel kann die betreibende Partei laufend rückständige Beträge durch die ohnedies wegen der Vielzahl der Sorgepflichten des Schuldners nach den Vorschriften des LPfG beschränkte Gehaltsexekution hereinbringen und erst zu einem späteren Zeitpunkt volle Zahlung aus einem allfällig erzielten Meistbot erwarten.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß der vom Verpflichteten erhobene Einwand, die Vollmachtserteilung durch die betreibende Partei sei wegen Mangels ihrer Geschäftsfähigkeit unwirksam, versagen muß. Die im Titelprozeß dem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht ermächtigt kraft Gesetzes auch zur Einleitung der Exekution wider den Prozeßgegner (§ 31 Abs 1 Z 3 ZPO). Die Entscheidung des zur Bestellung eines Sachwalters berufenen Bezirksgerichtes Rottenmann vom 13. Juni 1988, GZ SW 5/88-3, daß das Verfahren eingestellt wird, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für die Gläubigerin geprüft wurde, bindet im Prozeß und im Exekutionsverfahren (§ 6a ZPO und § 78 EO). Im Titelprozeß wurden neben rückständigen Monatsbeträgen auch die laufend künftig fällig werdenden Monatsbeträge mit dem Hinweis auf § 406 Satz 2 ZPO und den Alimentationscharakter des Anspruches aus einem Leibrentenvertrag zuerkannt. Die betreibende Partei hat die Gehaltsexekution zur Hereinbringung des Rückstandes, aber auch der laufend in Zukunft fällig werdenden Rentenbeträge beantragt - so erklärt sich auch die Streitwertangabe mit dem Betrag von

S 158.070,47 (= S 53.418,47 + dreifacher Jahresbetrag von

S 2.907,- = S 104.652,-) -, also anscheinend nicht bloß der bis zum Antragstag schon fällig gewordenen Beträge, und wohl auch deshalb den Antrag auf gleichzeitige Bewilligung der Fahrnisexekution zurückgezogen. Nach § 6 Abs 3 LPfG kann bei der Exekution wegen der im § 6 Abs 1 LPfG bezeichneten gesetzlichen Unterhaltsansprüche sowie wegen der aus Anlaß einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden. Diese als Ausnahme von der sonst geltenden Vorschrift des § 7 Abs 2 EO ausgebildete Erweiterung der Zulässigkeit der Hereinbringungsexekution auf künftig fällig werdende Ansprüche steht nur für die im § 6 Abs 3 LPfG bezeichneten Unterhaltsansprüche und Renten zu, kann aber nicht auf andere wiederkehrende Leistungen ausgedehnt werden, die auf Grund eines Vertrages geschuldet werden, mag diesen auch Versorgungscharakter zukommen. Die Bewilligung der Exekution ist daher nach dem allgemeinen Grundsatz des § 7 Abs 2 EO nur zur Hereinbringung der bis zur Entscheidung über den Antrag bereits fällig gewordenen Monatsbeträge zulässig. Zu diesem maßgebenden Zeitpunkt (Heller-Berger-Stix 204; SZ 28/184; EFSlg 32.134 ua) am 5. Dezember 1989 war aber auch der Betrag für den Monat November 1989 bereits fällig, so daß außer dem zu verzinsenden Rückstand von S 53.418,47 auch die Summe der Monatsbeträge vom 10. Juli 1987 bis 30. November 1989 (= 28 2/3 Monate x S 2.907,-) mit S 83.334,- hereinzubringen ist.

In diesem Umfang erfolgte die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung zu Recht. Das Rekursgericht hat in rechtsirrtümlicher Anwendung des § 14 EO die Gehaltsexekution verweigert.

Nicht zulässig ist allerdings die vom Erstgericht wenn auch nicht deutlich vorgenommene Bewilligung der Lohnexekution auch zur Hereinbringung aller weiteren Monatsbeträge von S 2.907,-, die erst nach dem 5. Dezember 1989 fällig wurden.

Rekurskosten hatte der Verpflichtete nicht verzeichnet. Die Revisionsrekurskosten hat er nach § 74 EO zu ersetzen.

Anmerkung

E21383

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00083.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_0030OB00083_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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