TE OGH 1990/7/11 9ObA152/90

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag und Dr. Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Anton Prager als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W*** S***- UND K*** reg.Gen.m.b.H., Wien 18.,

Weimarerstraße 26-28, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R*** L*** D*** reg.Gen.m.b.H., Dürnkrut, Lagerhausstraße 107, vertreten durch Dr. Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen 21.145,60 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.Februar 1990, GZ 32 Ra 6/90-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.August 1989, GZ 17 Cga 46/89-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.966,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 494,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Franz S***, ein Arbeitnehmer der beklagten Partei, hatte seine Gehaltsansprüche an die klagende Partei und andere Gläubiger verpfändet. Da sich die beklagte Partei über die Priorität der Pfandrechte nicht im klaren war, hinterlegte sie im März 1988 den Klagsbetrag gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht Zistersdorf. Die beklagte Partei richtete an die klagende Partei ein mit 2.März 1988 datiertes Schreiben, in dem es unter anderem heißt:

"Betrifft: Verpfändung von Lohn- und Gehaltsbezügen des Herrn

S*** Franz, geboren am 1.8.1932, wohnhaft in 2265 Drösing,

Meierhofgasse 36 - KontoNr. 70-535527 ...... Dem

R***-L*** D***, registrierte Genossenschaft mit

beschränkter Haftung, ist bekannt, daß sein Dienstnehmer, Herr Franz

S***, ..... seine Lohn- und Gehaltsbezüge an Ihr Kreditinstitut

zur Sicherung eines Kredites verpfändet hat ....... Bezüglich Ihres

Anspruches auf die von uns anläßlich der Beendigung des

Dienstverhältnisses zu bezahlende Abfertigung in der Höhe von

21.145,60 S möchten wir Ihnen mitteilen, daß wir diesen Betrag beim

Bezirksgericht Zistersdorf ...... gemäß § 1425 ABGB hinterlegt

haben. Grund für diese Hinterlegung ist allein die Tatsache, daß Herr S*** Franz mehreren Gläubigern seine Lohn- und Gehaltsbezüge verpfändet hat, wobei jedoch von unserer Seite begründete Zweifel über die Priorität der einzelnen Verpfändungen bestehen. Wir bitten Sie daher, sich mit Ihren Ansprüchen an das Bezirksgericht Zistersdorf zu wenden. ....."

Am 2.März 1988 langte ein Erlagsantrag der beklagten Partei beim Bezirksgericht Zistersdorf ein, in dem es unter anderem heißt:

"Da auf Grund unserer Unterlagen nicht genau festgestellt werden kann, wer von den angeführten Gläubigern bevorzugt zu behandeln ist, ersuchen wir höflichst um Erlaubnis, die Abfertigung des Herrn S*** Franz, Meierhofgasse 36, 2265 Drösing, in der Verwahrungsabteilung des Bezirksgerichtes Zistersdorf hinterlegen zu dürfen. ..... Wir werden die Gläubiger von der Hinterlegung verständigen. ....."

Über Aufforderung des Bezirksgerichtes Zistersdorf teilte die beklagte Partei mit Schriftsatz vom 9.März 1988 die Namen der "die gegenständliche Hinterlegung betreffenden" Gläubiger mit, wobei sie auch die beklagte Partei unter Angabe von Anschrift und Kontonummer nannte. Mit Verwahrauftrag vom 14.April 1988, 1 Nc 6/88-8 des Bezirksgerichtes Zistersdorf, wurde der von der beklagten Partei am 14. März 1988 bei der Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Wien erlegte Betrag von 21.145,60 S angenommen und als Erlagsgegner nur Franz S*** genannt. Dieser Beschluß wurde (ua) beiden Streitteilen am 19.April 1988 zugestellt. Mit Beschluß vom 5. Mai 1988, 1 Nc 6/88-10, ordnete das Bezirksgericht Zistersdorf an, den erlegten Betrag nach Rechtskraft dieses Beschlusses an Franz S*** - der einen Auszahlungsantrag gestellt hatte - zu überweisen. Dieser Beschluß wurde den Streitteilen am 13.Mai 1988 zugestellt. Am 8.Juni 1988 beantragte die beklagte Partei beim Bezirksgericht Zistersdorf Pfändung und Überweisung des dem Franz S*** angeblich zustehenden Anspruches auf Auszahlung des Klagsbetrages zur Einziehung. Zu diesem Zeitpunkt war der erlegte Betrag bereits an Franz S*** ausgefolgt.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei nur mehr die Zahlung des Betrages von 21.145,60 S sA und brachte vor, daß der Erlag die beklagte Partei nicht von ihrer Zahlungspflicht befreit habe, weil das Bezirksgericht Zistersdorf sowohl im Verwahrauftrag als auch im Ausfolgungsbeschluß lediglich Franz S*** als Erlagsgegner angeführt habe. Die beklagte Partei, welcher die mangelhafte Aufzählung der Erlagsgegner hätte auffallen müssen, hätte gegen die zweifellos rechtswidrige Auszahlungsanordnung jedoch kein Rechtsmittel ergriffen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß es Sache der klagenden Partei gewesen wäre, gegen die ihr zugestellten Beschlüsse Rekurs zu ergreifen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und vertrat die Rechtsauffassung, daß der im Hinblick auf die Unklarheit über die Priorität der Gläubiger rechtmäßige und der klagenden Partei auch bekannt gemachte Erlag schuldbefreiend gewesen sei. Die klagende Partei sei nicht nur (außergerichtlich) von der beklagten Partei, sondern auch noch durch Zustellung der Gerichtsbeschlüsse verständigt worden. Auch wenn die beklagte Partei im Verwahrauftrag nicht angeführt gewesen sei, habe dies an ihrer Parteistellung nichts geändert.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es teilte dessen Rechtsauffassung und führte aus, es sei nicht Sache der beklagten Partei, sondern Sache der klagenden Partei gewesen, einen zulässigen Rekurs gegen den Ausfolgungsbeschluß zu ergreifen. Aus der Regelung des § 1395 zweiter Satz ABGB sei zu erschließen, daß die Anforderungen an den übernommenen Schuldner nicht überspannt werden dürften, da sogar der fahrlässige Schuldner schuldbefreiend an den Überträger zahlen dürfe. Eine einen Wertungswiderspruch vermeidende Auslegung könne daher nicht dazu führen, dem übernommenen Schuldner die Pflicht aufzuerlegen, ein Rechtsmittel gegen einen auch dem Übernehmer der Forderung erkennbaren Gerichtsfehler zu ergreifen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zu Unrecht wendet sich die Revisionswerberin auch gegen die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen.

Obwohl die beklagte Partei von der klagenden Partei nicht - wie

dies in der Entscheidung SZ 51/42 gefordert wird - ausdrücklich als

Erlagsgegnerin angeführt wurde, ist sie doch anders als in dem der

zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall sowohl von der Annahme

des Erlages als auch von der erst nach Rechtskraft des

Ausfolgungsbeschlusses vorzunehmenden Auszahlung des erlegten

Betrages durch Zustellung der entsprechenden Gerichtsbeschlüsse

verständigt worden. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin hängt

die Parteistellung und damit die Rekurslegitimation nicht davon ab,

daß der Erlagsgegner im Erlagsantrag oder im Annahmebeschluß

ausdrücklich als solcher bezeichnet wird. Es reicht aus, daß er nach

dem Inhalt des Antrages als Begünstigter anzusehen ist. In diesem

Fall ist ihm jedenfalls die Rekurslegitimation gegen den

Ausfolgungsbeschluß zuzubilligen (siehe SZ 40/8; vgl auch SZ 52/49).

Da die klagende Partei vom Erlag nicht nur außergerichtlich durch

die beklagte Partei, sondern vor allem auch durch Zustellung der Beschlüsse gerichtlich verständigt wurde, hatte der Erlag - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - jedenfalls schuldbefreiende Wirkung, auch wenn der Antrag der beklagten Partei nicht den in SZ 51/42 geforderten Formerfordernissen entsprochen hat. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21247

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00152.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_009OBA00152_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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