TE OGH 1990/7/11 3Ob551/90

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Silvia K***, Private, Wien 21., Fultonstraße 26, vertreten durch Dr. Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ö***M***V*** Handels-Aktiengesellschaft, Wien 1., Julius Raab-Platz 4, vertreten durch Dr. Nikolaus Siebenaller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Dezember 1989, GZ 48 R 359/89-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 16. Februar 1989, GZ 6 C 2022/87-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.410,60 S (darin 1.235,10 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei pachtete mit Vertrag vom 4./19. 2. 1970 und einem Nachtrag vom 22./28. 12. 1970 einen Teil einer nunmehr im Eigentum der Klägerin stehenden Grundfläche, auf der sich eine Tankstelle befindet. § 3 des Pachtvertrages lautet:

"Pachtdauer:

Das durch § 2 begründete und durch diesen Vertrag bestimmte Pachtverhältnis beginnt mit 1. 10. 1969 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es ist jeweils zum 31. Dezember eines jeden Jahres von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten durch eingeschriebenen Brief aufkündbar. Beide Vertragsteile verzichten bis 31. 12. 1980 auf Ausübung des vereinbarten Kündigungsrechtes. Sollte die Firma (es folgt der Name der Pächterin) in der Zeit bis 31. 12. 1980 gezwungen sein, auf ihre Kosten die bestehende Tankstellenanlage teilweise umzubauen, und zwar in der Form, daß die Tankstelleninsel und der Kiosk verlegt werden, verzichtet die Verpächterin für die Dauer von weiteren zehn Jahren, d.i. bis 31. 12. 1990, auf Ausübung ihres Kündigungsrechtes. Vor diesem Zeitpunkt ist eine Kündigung nur aus den Kündigungsgründen des § 1118 ABGB sowie wegen Verletzung dieser Vertragsbestimmungen möglich."

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 12. 10. 1987 eingebrachten Klage die Räumung des Bestandobjektes. Der Pächter, dem die beklagte Partei das Tankstellenunternehmen verpachtet habe, betreibe auf der in Bestand genommenen Grundfläche einen Autohandel, repariere dort Kraftfahrzeuge und zerlege Autowracks, wodurch die der beklagten Partei in Bestand gegebene und außerdem eine einer anderen Person vermietete Grundfläche verunreinigt und von herumliegenden Karosserieteilen blockiert würden. Die Reparaturarbeiten seien überdies eine Lärmquelle. Die beklagte Partei sei durch die Erweiterung des Betriebes und durch die widmungswidrige Verwendung der Tankstelle vertragsbrüchig geworden und habe auch gegen eine Vereinbarung verstoßen, die anläßlich eines früher vor dem Erstgericht geführten Räumungsverfahrens geschlossen worden sei und nach der der Platz sauber zu halten und bloß die vermieteten Stellplätze zu benützen seien. Sie (Klägerin) habe daher das Vertragsverhältnis gemäß § 1118 ABGB mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

Die beklagte Partei bestritt einen Verstoß gegen Bestimmungen des Bestandvertrages oder sonst einen erheblichen nachteiligen Gebrauch der Bestandsache. Das Bestandverhältnis sei mehrfach verlängert worden und habe derzeit eine Laufzeit bis 31. 12. 2000. Die Stationäre der von ihr gepachteten Tankstelle hätten spätestens seit 1971 als Nebenbetrieb auch den Autohandel ausgeübt; dies sei der Klägerin bekannt gewesen, sie habe sich daher dieses Auflösungsgrundes verschwiegen. Bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes wäre eine Abmahnung Voraussetzung einer redlichen Rechtsausübung gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:

Die Mutter der Klägerin gestattete als damalige Verpächterin dem ersten Stationär, der auf Grund des mit der beklagten Partei geschlossenen Pachtvertrages die Tankstelle führte, ab und zu Autos zum Verkauf anzubieten, wobei diese nicht länger als zwei Monate im Tankstellenbereich stehen durften. Der nächste Stationär bot schon mehr Autos zum Verkauf an, dies besonders im Jahr 1972. Die Mutter der Klägerin stellte dies "in Eigeninitiative" ab. Da der Tankstellenumsatz immer mehr zurückging, suchten die Stationäre in zunehmendem Maß andere Erwerbszweige.

Die Stationärin, die die Tankstelle seit dem Jahr 1978 führte, besitzt das Recht zur Ausübung des Gewerbes des Autohandels, ihr Ehemann jenes zur Ausübung des Gewerbes der Reparatur von Kraftfahrzeugen. Ab dem Jahr 1982/83 begann auf dem Tankstellengelände ein groß angelegter Autohandel und es wurde auch eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstätte betrieben. Die zum Verkauf angebotenen Autos wurden vorher repariert, es wurden Ersatzteile eingesetzt und auch Arbeiten an Motoren durchgeführt. Da diese Nebentätigkeiten immer mehr überhand nahmen, brachte die Mutter der Klägerin im Jahr 1984 eine Räumungsklage ein. Mit ein Grund für die Klage war die große Unordnung durch herumliegende Wrackteile, Ersatzteile, Autoreifen usw. Da sich der Zustand an der Tankstelle nun aber besserte, wurde ewiges Ruhen des Verfahrens vereinbart. Die Mutter der Klägerin und die beklagte Partei schlossen (so der Erstrichter) einen außergerichtlichen Vergleich, dessen Ergebnis die beklagte Partei ihrer Stationärin in Form zahlreicher Auflagen mitteilte. Es wurde ihr (mit einem Schreiben vom 5. 7. 1984) folgendes vorgeschrieben:

"1. Der Tankstellenbetrieb einschl. sonstiger Aktivitäten darf nur innerhalb der Bestandfläche ausgeübt werden (auf beiliegendem Lageplan blau umrandet) und ist die Lagerung von Gegenständen aller Art sowie das Abstellen von Fahrzeugen (auch Fahrzeugen von Kunden) außerhalb der Bestandfläche nicht gestattet.

2. Im Bereich der Tankstelle dürfen max. 10 fahrfähige Gebrauchtwagen auf unserer Bestandfläche, und zwar nur auf den im beiliegenden Lageplan rot umrandeten Flächen, abgestellt werden.

3. Kundenfahrzeuge bzw sonstige Fahrzeuge dürfen nur so abgestellt werden, daß keine Behinderungen des Tankstellenbetriebes eintreten, d.h., es muß gewährleistet werden, daß der Kraftfahrer nach Betanken des Fahrzeuges bei beiden Zapfinseln problemlos, ohne zum Reversieren gezwungen zu werden, abfahren kann und somit eine Umrundung der Zapfinseln möglich ist.

4. Die Lagerung von Ersatzteilen, Autoreifen, Ölfässern und sonstiger Utensilien im Freien, insbesondere auf dem als Grünfläche gewidmeten Areal neben der Servicebox, ist nicht gestattet und wird auch darauf hingewiesen, daß dies bei Überprüfung der Gewerbebehörde beanstandet wird und gegebenenfalls auch Strafen verhängt werden können."

Zehn Autoabstellplätze wurden "seitens des Verpächters" genehmigt. Etwa ein Jahr lang wurden die Vorschriften eingehalten, dann wurde der Zustand der Tankstelle wieder schlechter. Die Auto- und Reparaturarbsiten nahmen wieder zu. Im Tankstellenbereich lagen außerhalb der Servicehalle Ölfässer, Wrackteile, Ersatzteile, Autoreifen usw unordentlich herum. Der Ehemann der Stationärin ließ außerdem immer wieder Bekannte über Nacht auf dem Tankstellengelände und auf dem daneben gelegenen, für ein anderes Unternehmen bestimmten Parkplatz parken. Seit 1. 1. 1988 wird die Tankstelle von einem anderen Stationär geführt, der ebenfalls einen Autohandel betreibt; insgesamt ist der Zustand der Tankstelle aber netter und ordentlicher.

Im Jahr 1988 wurden sieben Stellplätze über Auftrag der Baubehörde als Grünfläche gestaltet, weil dies der Widmung entspricht. Nach der Baubewilligung sind im Tankstellenbereich sechs Kraftfahrzeugstellplätze genehmigt.

Das Wohnhaus der Klägerin liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Tankstelle, der Lärm von Reparaturarbeiten ist im Haus und im Garten zu hören.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Autoverkauf und der Reparaturwerkstättenbetrieb nicht vertragswidrig seien, weil sie von der Mutter der Klägerin in dem von ihr abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleich genehmigt worden seien. Dies ergebe sich daraus, daß in dem Schreiben, das die beklagte Partei auf Grund dieses Vergleiches an die Stationärin richtete, von "sonstigen Aktivitäten" die Rede sei. Auch die Verwendung von zehn anstelle der sechs genehmigten Kraftfahrzeugstellplätze sei nicht vertragswidrig, weil die Mutter der Klägerin ausdrücklich damit einverstanden gewesen sei. Es seien aber entgegen dem außergerichtlichen Vergleich wieder Autoreifen sowie Ersatz- und Wrackteile gelagert worden. Wegen dieser - eher eine "Nebensächlichkeit"

darstellenden - Vertragsverletzung sei das Klagebegehren gerechtfertigt. Streitanhängigkeit wegen des ersten Räumungsverfahrens sei nicht gegeben, weil neu die Verletzung des außergerichtlichen Vergleiches geltend gemacht werde und der Verfahrensgegenstand daher über den Streitgegenstand des ersten Räumungsverfahrens hinausgehe.

Das Berufungsgericht wies infolge Berufung der beklagten Partei das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der "von der Abänderung betroffene" Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Es stellte nach teilweiser Wiederholung der Beweise im wesentlichen folgendes fest:

Anlaß für das erste Räumungsverfahren war eine Anzahl von Beschwerdepunkten über den Zustand und die Art der Benützung der verpachteten Liegenschaft durch die beklagte Partei. Während des Verfahrens erteilte diese ihrer damaligen Stationärin verschiedene Auflagen für den Betrieb der Tankstelle. Im Schreiben vom 5. 7. 1984 wurden jene Punkte übersichtlich zusammengefaßt, durch deren Befolgung die beklagte Partei eine Verbesserung der Situation erhoffte. Tatsächlich führte dieses Schreiben im Zusammenhang mit häufigen Kontrollen zu einer Besserung der Mißstände. In der Tagsatzung vom 19. 2. 1985 wurde ewiges Ruhen des Verfahrens vereinbart, weil der Vertreter der damals klagenden Mutter der nunmehrigen Klägerin erst kurz zuvor von den tadellosen Zuständen auf der Liegenschaft erfahren hatte und von der beklagten Partei das Versprechen abgegeben wurde, dafür zu sorgen, daß die Zustände beibehalten werden. Zwischen den Streitteilen wurde weder schriftlich noch mündlich eine außergerichtliche Vereinbarung geschlossen, die - in Ergänzung des Pachtvertrages - einen weiteren Maßstab für das Verhalten der Pächterin hätte darstellen können. Die beklagte Partei hatte bloß zugesagt, für einen weiterhin zufriedenstellenden Zustand der Liegenschaft Sorge zu tragen. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht aus diesem und aus dem im übrigen vom Erstgericht festgestellten, vom Berufungsgericht übernommenen Sachverhalt, daß im § 3 des Pachtvertrages trotz der Worte "Kündigung nur aus den Kündigungsgründen des § 1118 ABGB sowie wegen Verletzung dieser Vertragsbestimmungen" die vorzeitige Auflösung des Vertrages gemäß § 1118 ABGB vorgesehen sei, zumal diese Auflösung zuweilen auch als "außerordentliche Aufkündigung" bezeichnet werde und eine Vertragsbestimmung über den Kündigungstermin und die Kündigungsfrist fehle. Da von der Klägerin zehn Stellplätze zur Aufstellung der zum Verkauf anzubietenden Gebrauchtwagen genehmigt worden seien, sei es zu einer Ausdehnung des ursprünglichen Vertragsinhaltes gekommen. Der Klägerin sei bekannt gewesen, daß die von der Stationärin angekauften Autos zunächst repariert und für den Verkauf hergerichtet würden. Durch die Genehmigung des Gebrauchtwagenhandels seien zugleich auch die damit verbundenen Arbeiten an den Gebrauchtwagen toleriert worden. Die Unordnung im Tankstellenbereich bilde keinen erheblich nachteiligen Gebrauch im Sinn des § 1118 ABGB und auch keinen der im Pachtvertrag darüber hinaus vereinbarten Auflösungsgründe, weil dieser Vertrag hiezu konkret nichts enthalte.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO in der hier noch maßgebenden Fassung vor der WGN 1989 wird in der Revision zwar bezeichnet, er wird darin aber nicht ausgeführt, zumal weitgehend Feststellungsmängel geltend gemacht werden, die zur rechtlichen Beurteilung gehören (vgl SZ 23/175; EFSlg 34.501; JBl 1982, 311 ua). Der Oberste Gerichtshof teilt die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin die Möglichkeit der Räumungsklage hat, obwohl im § 3 des Pachtvertrages nur die "Kündigung aus den Kündigungsgründen des § 1118 ABGB" vorgesehen und obwohl es zulässig ist, für die Auflösung des Vertrages die Form der Kündigung festzulegen (Würth in Rummel, ABGB I2 Rz 7 zu § 1118; MietSlg 29.180). Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, ergibt sich diese Auslegung vor allem aus der Überlegung, das kein Kündigungstermin und keine Kündigungsfrist vereinbart wurden und ohne einen eindeutigen Anhaltspunkt nicht anzunehmen ist, redliche Vertragsparteien (vgl Rummel in Rummel aaO Rz 4 zu § 914 iVm Rz 8 zu § 863) hätten auch für den Fall eines erheblich nachteiligen Gebrauches des Bestandgegenstandes oder eines qualifizierten Zinsrückstandes die Einhaltung der Kündigungstermine und Kündigungsfristen gemäß § 560 Abs 1 Z 2 lit c ZPO oder sogar des im Vertrag vorgesehenen Kündigungstermins 31. 12. vereinbaren wollen. Die Verwendung des Wortes "Kündigung" bietet für sich allein einen solchen eindeutigen Anhaltspunkt nicht, zumal, worauf schon das Berufungsgericht hinwies, die Auflösung des Vertrages gemäß § 1118 ABGB auch als "außerordentliche Kündigung" bezeichnet wird (MietSlg 38.203).

In Bestandverträgen, die nicht den gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen unterliegen, kann zwar festgelegt werden, daß der Vertrag aus anderen als den im § 1118 ABGB angeführten Gründen aufgelöst werden kann, wobei die Auflösungsgründe nicht die Bedeutung von Kündigungsgründen im Sinn des MRG haben müssen (MietSlg 19.155, 30.217, 31.219 ua). Diese Auflösungsmöglichkeit muß jedoch wegen der weitreichenden Folgen klar vereinbart worden sein (Würth in Rummel, ABGB I2, Rz 7 zu § 1118; MietSlg 33.195). Dies ist aber nicht der Fall, wenn im Vertrag nur allgemein die Verletzung von Vertragsbestimmungen als Auflösungsgrund angeführt wird. Es müssen vielmehr jene Vertragsbestimmungen genau bezeichnet werden, deren Verletzung einen Auflösungsgrund bilden soll, weil nur dann mit der erforderlichen Deutlichkeit feststeht, daß die Parteien der Verletzung dieser Bestimmungen die wichtige Bedeutung eines Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB geben wollten. Im Zweifel kann nämlich nicht angenommen werden, daß es dem Willen redlicher Vertragsparteien entspricht, alle Vertragsverletzungen und damit auch jene ohne erhebliche Bedeutung für die betroffene Partei, als Grund für die Auflösung des Vertrages zu vereinbaren. Da in den hier zu beurteilenden Vertrag die Bestimmungen, deren Verletzung einen Auflösungsgrund bilden sollen, nicht genau bezeichnet wurden, liegt ein Auflösungsgrund nur vor, wenn das Verhalten der beklagten Partei oder eines Dritten, das sie zu vertreten hat, einen erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache im Sinn des § 1118 ABGB bedeutet.

Die Klägerin hat sich in diesem Zusammenhang auf die durch das Herumliegen von Autoteilen verursachte Unordnung, auf das Aufstellen von Kraftfahrzeugen während der Nacht auf dem Gelände der Tankstelle und einem für einen Dritten bestimmten Parkplatz und schließlich darauf berufen, daß die Ausübung der angeführten Tätigkeiten eine "Lärmquelle" bilde. Daß die im Verfahren hervorgekommene Unordnung keinen erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache bildet, hat schon das Berufungsgericht richtig erkannt und begründet. Ebensowenig liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache darin, daß die den Gegenstand des Bestandvertrags bildende Grundfläche - möglicherweise ohne vertragliche Grundlage - gelegentlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen während der Nacht verwendet wurde und daß dies auch auf einem von dieser Grundfläche verschiedenen, für einen Dritten bestimmten Parkplatz geschah. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang auch nicht dargetan, inwieweit damit für sie die Verletzung wichtiger Interessen (vgl MietSlg 32.207, 33.198 ua) verbunden war. Eine solche Verletzung käme allerdings bei einer unzumutbaren Lärmbelästigung in Betracht. Hiezu hat die Klägerin aber nur vorgebracht, daß eine "Lärmquelle" gegeben sei. Es wurde aber nicht behauptet und ist auch nicht festgestellt, daß die Lärmbelästigung über das Maß hinausging, das mit dem Betrieb einer Tankstelle zu dem auch Servicearbeiten gehören, gewöhnlich verbunden ist. Macht der Bestandgeber nur den nach dem Verwendungszweck üblichen Gebrauch, liegt aber ein Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB nicht vor (1 Ob 707/87). Auf die Ansicht der beklagten Partei, daß bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes eine Abmahnung notwendig gewesen wäre, kommt es daher nicht an.

An dieser Beurteilung würde sich nichts ändern, wenn man entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes annähme, daß es wegen der anläßlich des ersten Räumungsverfahrens gemachten Zusage der beklagten Partei, für den zufriedenstellenden Zustand der Liegenschaft Sorge zu tragen, zu einer Ergänzung des Vertrages kam. Damit wäre nämlich mangels eines eindeutigen Anhaltspunktes noch nicht gesagt, daß ein Verstoß gegen die ergänzenden Vertragsbestimmungen ohne die nach § 1118 ABGB erforderlichen Voraussetzungen zur Auflösung des Vertrages berechtigen sollte. Verstößt ein Teil gegen die Bestimmungen eines Vertrages, so kann der andere an sich nur die Beseitigung des vertragswidrigen Zustands und die Unterlassung weiterer Vertragsverletzungen begehren, das Recht zur Vertragsauflösung steht ihm hingegen nur zu, wenn dies zulässigerweise besonders vereinbart wurde oder die Voraussetzungen des § 1118 ABGB vorliegen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21136

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00551.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_0030OB00551_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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