Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud VAN DER F***, Hausfrau, Graz, Zusertalgasse 49, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster ua., Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr. Gerhard W***, Rechtsanwalt, Graz, Kaiser Josef Platz 5, wegen Feststellung (Streitwert 350.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 21. April 1989, GZ 3 R 51/89-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 24. November 1988, GZ 8 C 102/88-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung eines bestätigten Teiles zu lauten hat:
"Es wird zwischen der Klägerin und dem Beklagten festgestellt, daß der Klägerin im Hause Graz, Keplerstraße 57, auf Grund der Hauptmietverträge vom 1. Jänner 1982 und 1. Dezember 1982 an der im Parterre vom Hauseingang links gelegenen Wohnung, bestehend aus 4 Zimmern, Küche, Vorzimmer und Dusche (nunmehr durch Umbau drei Garconnieren und ein Geschäftsraum) und an der im 1. Stock des Hauses vom Stiegenaufgang links gelegenen Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, WC und Vorraummitbenützung (nunmehr umgebaut in drei Garconnieren) Bestandrechte zustehen.
Das weitere Begehren, es werde zwischen der Klägerin und dem Beklagten festgestellt, daß der Klägerin im Hause Graz, Keplerstraße 57 auf Grund des Haupmietvertrages vom 1. Jänner 1983 an den gesamten Keller- und Dachbodenräumen Bestandrechte zustehen, wird abgewiesen."
Die Verfahrenkosten werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaft mit dem Haus Graz, Keplerstraße 57, stand zunächst im Alleineigentum des vormaligen Ehemannes der Klägerin, Wilhelm VAN DER F***. Nach dem am 20. 12. 1982 im Zuge des Scheidungsverfahrens abgeschlossenen Vergleich, Punkt d), erhielt die Klägerin einen Viertelanteil an dieser Liegenschaft in das bücherliche Eigentum übertragen. In einem gegen die Klägerin und ihren Ehemann durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren wurde dem Beklagten die Liegenschaft am 20. 11. 1987 zugeschlagen. Die Klägerin stellt das Begehren, es werde festgestellt, daß ihr im Haus Graz, Keplerstraße 57, auf Grund der Hauptmietverträge vom 1. 1. 1982, 1. 12. 1982 und 1. 1. 1983 an der im Parterre links vom Hauseingang gelegenen Wohnung, bestehend aus vier Zimmern, Küche, Vorzimmer und Dusche (nunmehr durch Umbau drei Garconnieren und ein Geschäftsraum), an der im 1. Stock des Hauses links vom Stiegenaufgang gelegenen Wohnung, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, WC und Vorraummitbenützung (nunmehr umgebaut in drei Garconnieren) sowie an den gesamten Keller- und Dachbodenräumen Bestandrechte zustehen. Sie sei auf Grund der angeführten Mietverträge Hauptmieterin der in diesen genannten Räumlichkeiten. Anläßlich der Versteigerungstagsatzung seien die Mietverträge allen anwesenden Personen mitgeteilt worden. Auch der Beklagte habe Kenntnis von den Bestandrechten gehabt. Dennoch bestreite er nunmehr diese Rechte. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die Mietverträge seien durch den Scheidungsvergleich außer Kraft gesetzt worden. Nach Punkt g) des Vergleiches sei die Übereignung eines 1/4-Anteils an der Liegenschaft auf die Klägerin zu dem Zweck erfolgt, Wohnungseigentum an der im Parterre rechts vom Stiegenaufgang und der im 1. Stock links vom Stiegenaufgang gelegenen Wohnung zu begründen. Die Klägerin habe deshalb die Räume in der Folge nicht auf Grund von Mietverträgen, sondern auf Grund dieser Nutzungsvereinbarung genutzt. Umbauten im Kellergeschoß seien vom Ehemann der Klägerin im eigenen Namen veranlaßt worden. Die Klägerin habe seit dem Vergleichsabschluß keinen Mietzins gezahlt. Das Erstgericht gab der Klage statt und traf folgende Feststellungen:
Mit Mietvertrag vom 1. 1. 1982 mietete die Klägerin von Wilhelm VAN DER F*** eine Wohnung im Haus Keplerstraße 57, 1. Stock links, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Vorzimmer und WC-Mitbenützung. Mit Vertrag vom 1. 12. 1982 mietete sie im selben Haus im Parterre eine Vierzimmerwohnung mit Küche, Vorzimmer und Dusche. Für beide Mietobjekte wurde vertraglich eine monatliche Miete von 450 S festgelegt.
Am 1. 1. 1983, also nach dem Scheidungsvergleich, schloß die Klägerin mit Wilhelm VAN DER F*** einen Mietvertrag über sämtliche Keller- und Dachbodenräume ab, wobei der monatliche Mietzins mit 1.000 S zuzüglich Betriebskosten und öffentlicher Abgaben festgelegt wurde.
In sämtlichen Mietverträgen verzichtete der Vermieter auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs.2 Z 4 MRG.
Die im Hochparterre gelegenen Räumlichkeiten wurden von der Klägerin mit Zustimmung des Vermieters in drei Garconnieren und ein Geschäftslokal (Kaffeehaus) umgebaut. Auch die im 1. Stock gelegene Wohnung wurde unter Aufwendung erheblicher Eigenmittel von der Klägerin in Garconnieren umgebaut. Die Eigenmittel bezog die Klägerin aus zwei Grundstücksverkäufen, wobei der erste Verkauf im Juli 1983 um einen Betrag von 450.000 S, der zweite im Dezember 1985 um einen Betrag von 330.000 S erfolgte.
In dem aus Anlaß der Ehescheidung am 20. 12. 1982 abgeschlossenen Vergleich wurde der Klägerin von Wilhelm VAN DER F*** nicht nur 1/4 der Liegenschaft übereignet, sondern es wurde auch in Punkt g) des Vergleiches festgestellt, daß die Übereignung zu dem Zweck erfolgt, Wohnungseigentum an den im selben Punkt des Vergleiches beschriebenen Wohnungen zu begründen. Die Begründung von Wohnungseigentum war deshalb geplant, weil Wilhelm VAN DER F*** im Hinblick auf eine von ihm beabsichtigte neuerliche Eheschließung einen Unterhaltsverzicht der Klägerin erreichen wollte. Dieser Unterhaltsverzicht wurde schließlich auch abgegeben. Die im Punkt g) des Vergleiches genannten Räumlichkeiten sind mit den Räumlichkeiten, über die zuvor Mietverträge abgeschlossen worden waren, ident. Letztlich kam es aber nicht zur Begründung von Wohnungseigentum.
Die Mietzinszahlungen erfolgten nicht über die Hausverwaltung, sondern wurden von der Klägerin an Wilhelm VAN DER F*** direkt geleistet. Für Keller und Dachboden erfolgten jedoch weder Mietzinszahlungen noch Zahlungen von Betriebskostenanteilen. Eine Zahlung für sämtliche Objekte sollte aber erst erfolgen, sobald die Räumlichkeiten nach ihrem Ausbau verwertet werden konnten. Es wurde deshalb auch bis zum Ende des Ausbaus der Wohnung im Parterre und im 1. Stock kein Mietzins von der Klägerin an Wilhelm VAN DER F*** bezahlt.
Die Umbauarbeiten wurden von verschiedenen Arbeitern in "Schwarzarbeit" vollzogen, die Klägerin und Wilhelm VAN DER F*** halfen bei den Umbauarbeiten mit.
Die Klägerin beabsichtigte, die gemieteten Keller- und Dachbodenräumlichkeiten auszubauen; im Keller wollte sie ein Gastlokal aufmachen. Im Dachboden kam es schließlich zu keinen Ausbauarbeiten, im Keller wurde ein Teil des Bodens ausgehoben. Sämtliche Agenden hinsichtlich des Kellerausbaues und des geplanten Lokalbetriebes wurden von Wilhelm VAN DER F*** in Angriff genommen, weil es gegen dieses Unterfangen Widerstand gab und Wilhelm VAN DER F*** sich schützend vor die Klägerin stellen wollte. Wilhelm VAN DER F*** scheint deshalb auch als Bauherr bzw. Bauwerber auf.
Nach Beendigung der Umbauarbeiten übergab die Klägerin die Garconnieren im Parterre und im 1. Stock zur Vermittlung an die Immobilienbüros G*** und S*** zur Untervermietung.
In der Folge wurden über das Immobilienbüro G*** über eine Garconniere im Parterre und über eine im 1. Stock des Hauses gelegene Wohnung Untermietverträge im Namen der Klägerin mit Sigrid H*** und Viktoria P*** sowie mit Karl E*** abgeschlossen. Beide Verträge werden ausdrücklich als Wohnungsuntermietverträge bezeichnet.
Am 20. 8. 1986 wurde von der Klägerin ein Mietvertrag über eine Wohnung im 1. Stock, bestehend aus Zimmer, Küche, Bad, WC und Nebenraum, mit Bruno Z*** geschlossen. Der Vertrag (gemeint: das Vertragsformular) wurde von Dietmar S*** im Rahmen seiner Tätigkeit als Immobilienmakler ausgefüllt. Aus dem Vertrag geht nicht hervor, daß die Klägerin lediglich Hauptmieterin des Bestandgegenstandes ist; im Gegenteil scheint in diesem Vertrag als Mietbetrag ein frei vereinbarter Hauptmietzins von 3.400 S auf. Grund hiefür war, daß das Parifizierungsverfahren noch im Laufen war, nach Beendigung des Verfahrens aber ein Hauptmietvertrag vorgesehen war.
Gleichfalls über das Immobilienbüro S*** erfolgte die Vermittlung des umgebauten Kaffeehauses im Parterre des Hauses an Mira R*** am 30. 5. 1985. Auch in diesem Vertrag scheint ein Hauptmietzins auf, allerdings ergibt sich auch aus dem Vertrag, daß zur Zeit des Vertragsabschlusses noch ein Parifizierungsverfahren anhängig war, das den Zweck verfolgte, Wohnungseigentum der Vermieterin zu begründen.
Wilhelm VAN DER F*** nahm bei Wolfgang G*** ein Darlehen von 448.000 S auf; als Gegenverrechnung war vereinbart, daß Wolfgang G*** und dessen Ehegattin je eine Wohnung in dem gegenständlichen Haus übereignet erhalten. Es ist hinsichtlich dieser Wohnungen zwar zur Errichtung von Kaufverträgen, nicht aber auch zu einer Verbücherung gekommen. Zu einer Parifizierung kam es deshalb nicht, weil die Klägerin ihre Zustimmung verweigerte.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Bestandverträge könnten auch zwischen Ehegatten abgeschlossen werden. Die Vermietung einer Wohnung an einen Miteigentümer sei durchaus statthaft, sie müsse nur vom Willen aller Eigentümer getragen werden. Mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Vereinbarung erlösche ein Bestandrecht nicht durch den Erwerb eines Miteigentumsanteils durch den Bestandnehmer. Es trete nicht etwa ein auf dem Miteigentum beruhendes Benützungsrecht an seine Stelle. Daraus, daß die Mietverträge in dem Scheidungsvergleich nicht erwähnt werden, lasse sich nicht folgern, daß diese durch die Übertragung von Miteigentumsanteilen an dem Haus aufgehoben werden sollten. Die Mietverträge seien daher als aufrecht anzusehen. Scheinverträge lägen nicht vor. Hauptzweck der Mietverträge sei es gewesen, die Klägerin zu versorgen und sie zu einem Unterhaltsverzicht zu bewegen. Der Umstand, daß einige Verträge als Hauptmietverträge abgeschlossen worden seien, ändere nichts daran, daß es sich um Untermietverträge handle. Der Beklagte sei durch den Erwerb des Hauses in die bestehenden Mietverhältnisse eingetreten. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteigt. Die die Besorgung des Kellerausbaues betreffende Feststellung und die Feststellungen über die Verwendung erheblicher Eigenmittel der Klägerin und deren Zustimmungsverweigerung zur Parifizierung, die teils wegen unrichtiger Beweiswürdigung, teils als aktenwidrig angefochten worden seien, seien nicht entscheidungswesentlich. Die unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes reichten auch ohne die vom Beklagten begehrten Ergänzungen zur abschließenden Beurteilung der Sache aus. Auf die Rechtswirksamkeit eines von allen Miteigentümern einer Liegenschaft mit einem von ihnen über ein im gemeinsamen Haus gelegenes Bestandobjekt geschlossenen Mietvertrages habe es keinen Einfluß, ob dieser Bestandgegenstand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses tatsächlich verfügbar sei und ob der Vertrag unter Ausschaltung des bestellten Hausverwalters geschlossen worden sei. Der Mietvertrag komme als Konsensualvertrag mit Einigung über die Bestandsache und den Bestandzins als Pfeis zustande. Auch über eine erst künftig entstehende Sache könne ein Bestandvertrag abgeschlossen werden. Unerheblich sei auch, welche Regelung in den zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Mietverträgen hinsichtlich der Mietzinszahlungen und des vertraglichen Verwendungszweckes der im Parterre gelegenen Wohnung enthalten sei. Die Feststellungen böten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Mietverträge vom 1. 1. und 1. 12. 1982 und vom 1. 1. 1983 beruhten auf von den Vertragschließenden nur zum Schein abgegebenen Willenserklärungen. Daß die Klägerin an dem Bestandgegenstand zufolge begonnener Umbauarbeiten Rechtsbesitz erworben habe, stehe außer Zweifel. Es fehle jeder Grund für die Annahme, daß die Klägerin mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils ihre Bestandrechte zugunsten nicht näher umschriebener Nutzucgsrechte aufzugeben bereit gewesen sei. Auch der Umstand, daß die Klägerin in von ihr mit Dritten abgeschlossenen Mietverträgen die Entrichtung von Hauptmietzinsen vereinbart habe, spreche nicht für die Begründung von Hauptmietrechten namens der Eigentümergemeinschaft. Nur der Wohnungseigentumswerber, der bereits Eigentümer jener Liegenschaftsanteile sei, mit denen das Wohnungseigentum untrennbar verbunden werden soll und der mit der Übergabe der Wohnung durch den Wohnungseigentomsorganisator ein dem Umfang nach dem Wohnungseigentum entsprechendes Nutzungsrecht erwerbe, sei dem Miteigentümer, dem kraft Benützungsregelung die ausschließliche Nutzung bestimmter Teile des Miteigentumsobjektes eingeräumt sei, gleichzuhalten, sodaß ein von ihm abgeschlossener Mietvertrag als ein der Eigentümergemeinschaft zuzurechnender Hauptmietvertrag zu beurteilen wäre. Vermiete ein zur Begründung von Wohnungseigentum anwartschaftsberechtigter Hauptmieter einer Wohnung diese - wohl offenbar unter der aufschiebenden Bedingung der Begründung von Wohnungseigentum in Hauptmiete - weiter, könne ihm selbst für den Fall, daß er bereits Miteigentümer der Liegenschaft sei, nicht die Absicht unterstellt werden, unter gleichzeitiger Aufgabe seiner Hauptmietrechte namens sämtlicher Miteigentümer Bestandrechte mit dem Dritten begründen zu wollen. Die von der Klägerin behaupteten Hauptmietrechte hätten daher zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbes des Beklagten aufrecht bestanden und seien auf den Beklagten als den Ersteher der Liegenschaft übergegangen. Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs.1 Z 2 bis 4 ZPO in der Fassung vor der WGN 1989 mit dem Antrag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs.3 idF vor der WGN 1989).
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vertritt der Beklagte die Ansicht, es sei mit Rücksicht darauf, daß die Klägerin nach dem Scheidungsvergleich Wohnungseigentümerin der in dem Vergleich genannten Räume habe werden sollen, klar, daß die Klägerin über jene Räume, die sie vermietet habe, als Nutzungs- und Anwartschaftsberechtigte auf das Wohnungsgeigentum allein habe verfügen können und auch verfügt habe. Die Hauptmietverträge der Klägerin über die klagegegenständlichen Wohnungen seien durch den Scheidungsvergleich, zumindest aber nach Umbau und Weitervermietung durch die Klägerin außer Kraft getreten. Der Mietvertrag über das Kellergeschoß und den Dachboden sei nie realisiert worden. Es sei hinsichtlich dieser Räume auch nie ein Mietzins begehrt, noch gezahlt worden, und es seien Bestandrechte auch nicht verbüchert worden. Der Vertrag habe daher nie Rechtswirksamkeit erlangt. Das Revisionsgericht pflichtet diesen Ausführungen hinsichtlich des Bestandvertrages über das Kellergeschoß und den Dachboden bei; im übrigen treffen die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanzen in jeder Hinsicht zu.
1. Vertrag vom 1. 1 und 1. 12. 1982:
Daß die zwischen der Klägerin und Wilhelm VAN DER F***, ihrem früheren Ehemann, abgeschlossenen Mietverträge wirksam zustandegekommen sind und nicht etwa nur zum Schein abgeschlossen wurden, bestreitet der Beklagte nicht mehr ernstlich. Ein Scheingeschäft im Sinne des § 916 ABGB liegt vor, wenn eine Willenserklärung einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wurde, wenn eine Erklärung vorliegt, die einverständlich keine oder doch nicht die aus der Sicht eines objektiven Dritten als gewollt erscheinenden Rechtsfolgen auslösen soll (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 916). Dafür aber, daß die Klägerin in Wahrheit nicht (Haupt-)Mieterin der ihr vertraglich zum Gebrauch überlassenen Räumlichkeiten werden, sondern etwa nur Strohmann des Allein- bzw. später Mehrheitseigentümers sein sollte, fehlt in den Feststellungen jeder Anhaltspunkt. Das gleiche gilt auch hinsichtlich der Frage, daß die (Haupt-)Mietverträge nur zur Untervermietung durch die Klägerin und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen worden wären (vgl. § 2 Abs.3 MRG).
Allein dadurch, daß die Klägerin nach dem Scheidungsvergleich vom 20. 12. 1982 einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft erworben hat, sind die Bestandrechte der Klägerin nicht erloschen (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 834). Aus dem Umstand, daß nach eben diesem Vergleich Wohnungseigentum der Klägerin an jenen Räumlichkeiten begründet werden sollte, die ihr als Bestandnehmerin überlassen worden waren, kann noch nicht gefolgert werden, daß diese Bestandrechte mit Vergleichsabschluß erloschen wären. Durch den Vergleich sollte doch die Stellung der Klägerin dadurch verbessert werden, daß sie nicht nur Mieterin bestimmter Räumlichkeiten sein, sondern daß ihr Wohnungseigentum daran zustehen sollte. Wären aber der Klägerin für die Zeit ab Vergleichsabschluß bis zu jenem Zeitpunkt, in dem ihr Wohnungseigentum an den ihr vermieteten Räumlichkeiten einverleibt wird, an diesen nur Nutzungsrechte auf Grund einer Benützungsregelung der Miteigentümer zugestanden, wären die von ihr abgeschlossenen Verträge als mit allen
Miteigentümern - wenn auch auf ihre Rechnung - zustandegekommen anzusehen (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 2 MRG und Würth in Rummel, ABGB1 Rz 9 zu den §§ 1092 bis 1094) und aus diesem Grund Hauptmietverträge (§ 2 Abs.1 MRG, Würth aaO), ein Ergebnis, das von den Parteien des Scheidungsvergleiches sicherlich nicht beabsichtigt war. Ebensowenig aber ginge es an, der Klägerin ungeachtet ihres (schlichten) Miteigentums an der Liegenschaft die Stellung einer Wohnungseigentumsbewerberin (deren Wohnungseigentum noch nicht einverleibt ist) zuzubilligen (siehe hiezu auch EvBl. 1988/58); denn der Klägerin wurde in dem Scheidungsvergleich eben nicht nur die Stellung einer Wohnungseigentumsbewerberin eingeräumt. Daß aber eine Auflösung der Bestandverträge zwischen den Parteien des Scheidungsvergleiches vereinbart gewesen wäre (oder daß der Ehemann der Klägerin diese aufgekündigt hätte), wurde nicht festgestellt. Warum die zwischen Wilhelm VAN DER F*** und der Klägerin abgeschlossenen Mietverträge durch den Umbau der Bestandobjekte hätten außer Kraft treten sollen, ist nicht einzusehen. Bauliche Veränderungen, die eine Zurückführung in den früheren Zustand gestatten, bewirken nicht ein Erlöschen des Mietvertrages (MietSlg. 18.164, MietSlg. 18.197). Darüber hinaus erfolgte doch der Umbau im Einvernehmen der Miteigentümer.
Mit Recht haben daher die Vorinstanzen dem Klagebegehren hinsichtlich der Bestandverträge vom 1. 1. und 1. 12. 1982 stattgegeben.
2.) Vertrag vom 1. 1. 1983:
Festgestellt wurde, daß es im Dachboden des Hauses zu keinen Ausbauarbeiten gekommen ist und daß im Keller (lediglich) - auf Veranlassung des Klägers - ein Teil des Bodens ausgehoben wurde. Der Bestandvertrag ist ein Konsensualvertrag, der zunächst nur ein obligatorisches Verhältnis zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer begründet. Mit der Übergabe der Bestandsache zum Gebrauch entfaltet das Bestandverhältnis jedoch über die sonstige Drittwirkung obligatorischer Verträge hinaus Wirkungen gegen Dritte. Diese besondere Rechtsnatur zeigt sich im Gesetzeswortlaut ausdrücklich in der Privilegierung des "Bestandinhabers" in § 1120 ABGB (Würth aaO Rz 1 zu den §§ 1092 bis 1904; § 1121 ABGB dehnt die Vorschrift des § 1120 ABGB auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus; dabei besteht für unverbücherte Bestandverträge keinerlei Unterschied - Würth aaO, Rz 1 zu § 1121). § 1120 ABGB stellt sich als Einschränkung des allgemein geltenden Grundsatzes "Kauf bricht Miete" dar. Doch gilt dieser Grundsatz in Wahrheit nur bei mangels Übergabe der Bestandsache rein obligatorischen Bestandverträgen, während für Bestandverträge mit Rechtsbesitz an der Bestandsache eine Vertragsübernahme auch des Einzelrechtsnachfolgers des Vermieters vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit des § 1120 ABGB setzt daher den Rechtsbesitzer des Bestandnehmers voraus (Würth aaO Rz 1 und 2 zu § 1120). Dem Bestandnehmer muß der Gebrauch der Sache bereits eingeräumt gewesen sein (Klang in Klang2 V 128). Der Bestandnehmer muß die Bestandsache in Gebrauch genommen haben. Zum Vorliegen eines Bestandvertrages muß also ein tatsächlicher, nach außen in Erscheinung tretender Tatbestand hinzugekommen sein (MietSlg. 18.231). Es muß nach außen erkennbar ein durch das Beziehen des Bestandgegenstandes begründetes Mietverhältnis vorliegen (MietSlg. 7.100). Der Schutz des § 1120 ABGB soll erst begründet werden, wenn zu dem rechtlichen Element des Mietvertrages noch ein faktisches Element hinzutritt (MietSlg. VII/17). Dieses faktische Element aber wurde von der Klägerin weder hinsichtlich des Dachgeschosses, noch auch in ausreichender Weise hinsichtlich der Kellerräumlichkeiten erfüllt. Der Beklagte ist daher in das Bestandverhältnis der Klägerin hinsichtlich dieser Räumlichkeiten nicht im Sinne der §§ 1120 f ABGB eingetreten.
Das Klagebegehren ist deshalb hinsichtlich des Vertrages vom 1. 1. 1983 nicht berechtigt, weil eine Vertragsübernahme insoweit nicht stattgefunden hat. Es war deshalb der Revision in diesem Punkt Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung spruchgemäß abzuändern.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 43 Abs.1 ZPO, hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens in Verbindung mit § 50 ZPO.
Anmerkung
E21437European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00611.9.0712.000Dokumentnummer
JJT_19900712_OGH0002_0070OB00611_9000000_000