TE OGH 1990/7/19 13Os69/90 (13Os70/90)

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Veröffentlicht am 19.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juli 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Ungerank als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter G*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.Jänner 1990, GZ 5 c Vr 10.251/89-105, und über die Beschwerde des Angeklagten gegen den in das Urteil aufgenommenen Beschluß gemäß dem § 494 a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auch Freisprüche enthaltenden Urteil wurde der 30-jährige ledige kaufmännische Angestellte Walter G*** (zu A) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie der Vergehen (zu B) der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB und (zu C) der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs hat der Angeklagte vom März 1987 bis Februar 1989 gewerbsmäßig in 23 urteilsmäßig aufgelisteten Fällen von Versicherungsgesellschaften durch Täuschung über schadensbegründende Tatsachen bei Verkehrsunfällen jeweils mehr als 25.000 S und insgesamt weit mehr als 500.000 S erlistet bzw. herauszulocken versucht (A), davon in 18 Fällen Fahrzeuge der Unfallsgegner mit einem Gesamtschaden von weit über 25.000 S vorsätzlich beschädigt (B) und in zwei diesbezüglich geführten Zivilprozessen (AZ 32 Cg 765/87 und 19 Cg 801/87 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien) als Zeuge falsch ausgesagt (C).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit geltend, nominell gestützt auf den § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a, 9 lit c (richtig: 10) und 11 StPO.

Zur Verfahrensrüge (Z 4) fehlt dem Beschwerdeführer schon die Legitimation, weil er in der Hauptverhandlung keinen unerledigt gebliebenen Antrag gestellt hat.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) ist auch die jeweilige Täuschungshandlung den Versicherungsgesellschaften gegenüber aus dem Urteil klar zu entnehmen, nämlich die Verschweigung, daß die Verkehrsunfälle nicht ungewollt und nicht zu vermeiden sondern absichtlich vom Angeklagten herbeigeführt worden sind (US 26, 53). Damit ist aber auch die Annahme, die jeweilige Unfallprovokation vorsätzlich als Zeuge vor Gericht verschwiegen zu haben, hinreichend begründet.

Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben sich aus den Akten - in denen auch die zahlreichen vom Angeklagten herbeigeführten Unfälle, seine ursprünglichen Geständnisse, sowie Zeugenaussagen, wonach der Angeklagte den Zusammenstoß bewußt herbeigeführt habe, enthalten sind - nicht. Die Rechtsrüge (Z 9 a, 10) entbehrt einer gesetzmäßigen Darstellung, weil sie nicht von den gesamten Feststellungen des Ersturteils ausgeht. Die Beschwerdebehauptung, die Urteilspassage, der Angeklagte sei "auf Abschuß" gefahren, bedeute, er sei "nach Rechtsvorschrift" gefahren, reißt zwei Worte aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe und deutet den Sinn derselben um, weil damit - wie schon anläßlich der Erledigung der Mängelrüge erwähnt wurde - in Wahrheit von den Tatrichtern konstatiert wurde, daß der Angeklagte unter Mißbrauch seiner jeweiligen Position andere (benachrangte oder nachfahrende) Verkehrsteilnehmer gezielt mit seinem Fahrzeug "abgeschossen" hat.

Die Unfälle sind daher festgestelltermaßen auch nicht (so sehr) durch etwaiges fahrlässiges Fehlverhalten der Unfallgegner, sondern vor allem durch die vom Angeklagten bewußt auf Kollision angelegte Fahrweise herbeigeführt worden.

Als Täuschungshandlung wiederum wird dem Angeklagten nicht das selbst oder vom Unfallgegner vorgenommene Ausfüllen der Schadensformulare angelastet, sondern die grundsätzliche Verschweigung des - sonst bei Verkehrsunfällen nicht - hier aber jeweils wohl, vorhandenen und verwirklichten Planes die Zusammenstöße von Kraftfahrzeugen bewußt herbeizuführen. Daß aber gerade diese völlig untypische Verhaltensweise von den darüber getäuschten Versicherungsgesellschaften vor Auszahlung der Schadenssummen zu prüfen gewesen sei, ist urteilsfremd. Ebenso urteilsfremd ist aber auch die Beschwerdeargumentation, welche zur Verpflichtung der Versicherungen zum Schadenersatz auf allfälliges Verschulden ihrer jeweiligen Versicherungsnehmer, sowie auf eine zulässige "Versicherungsablöse" und einen daraus resultierenden Gewinn des Angeklagten abstellt, jedoch sein festgestelltes, zum Unfall führendes, vorsätzliches und der Schadensliquidierung entgegenstehendes Verhalten verschweigt.

Gleiches gilt auch für die Verursachung der Beschädigungen an den Fahrzeugen der Unfallsgegner. Soweit diese Schäden nach der Beschwerde einem (weiteren) "Versicherungsbetrug" zugeordnet werden sollen, liegt dem überhaupt eine fundamentale Verkennung der Urteilsausführungen zugrunde. Denn die notwendige Behebung dieser vom Angeklagten an den Fahrzeugen der Unfallsgegner zugefügten Schäden, war mit keinem Bereicherungsvorsatz des Angeklagten verknüpft, ihm erstmals einen solchen im Rechtsmittel zu unterstellen, bedeutet überdies die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu seinen Gunsten auszuführen (§ 282 StPO).

Die Bestreitung einer falschen Beweisaussage in der Rechtsrüge negiert das festgestellte, vom Angeklagten als Zeugen jedoch verschwiegene vorsätzliche Verhalten zur Herbeiführung des jeweiligen Unfalls. Eine nähere Erörterung (inhaltlich Z 5), inwieweit dazu der Angeklagte auf sein Entschlagungsrecht hätte hingewiesen werden sollen, war schon deshalb ohne Belang, weil ihm ohnehin jeweils vor Ablegung seiner Zeugenaussage der Inhalt des § 321 ZPO vorgehalten worden war (s. S 55 in 19 Cg 801/87 und S 20 in 32 Cg 765/87 jeweils des LG f. ZRS Wien).

Die Subsumtionsrüge (Z 10), welche eine Feststellung dahingehend vermißt, daß der Angeklagte gewerbsmäßig in bezug auf schweren Betrug gehandelt hätte, ist auf die Urteilsgründe (S 55) zu verweisen, wonach die Absicht des Angeklagten, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, auf Betrügereien mit einer jeweils über 25.000 S liegenden Schadenshöhe (= schwerer Betrug nach dem § 147 Abs 2 StGB) gerichtet war.

Schließlich wird in der Nichtigkeitsbeschwerde zum Strafausspruch (Z 11) kein Rechtsfehler behauptet, wenn angesichts der auch für den Täter bestehenden Gefahren bei den von ihm ausgelösten Unfällen, der Prävention eine geringere, dem vom Erstgericht ausdrücklich für vernachlässigbar erklärten Mitverschulden der Unfallsgegner (US 54) hingegen eine hohe Bedeutung bei der auszuschöpfenden Strafe beigemessen wird. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt nach dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Damit ist aber das Oberlandesgericht Wien sowohl zur Erledigung der Berufung des Angeklagten als auch der gemäß dem § 494 a Abs 4 StPO erhobenen Beschwerde zuständig. Betrifft doch die Beschwerde Unrechtsfolgen vorangehender Urteile, die mit dem mit Berufung angefochtenen Strafausspruch eng verknüpft sind (13 Os 61, 62/90 mit Judikaturzitaten).

Anmerkung

E21298

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00069.9.0719.000

Dokumentnummer

JJT_19900719_OGH0002_0130OS00069_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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