TE OGH 1990/7/19 13Os64/90

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Veröffentlicht am 19.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juli 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dr. Ungerank als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich C*** und andere Angeklagte wegen des Vergehens des schweren Diebstahles nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Reinhard M*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 18.Jänner 1990, GZ 35 Vr 926/89-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten Reinhard Herbert M*** und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Haselauer zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, teils auch aus ihrem Anlaß gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO, aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Friedrich Manfred G*** und Reinhard Herbert M***

werden von der gegen sie erhobenen Anklage, sie haben mit Peter H*** und Reinhard S*** in Gesellschaft als Beteiligte gegen Ende November 1988 in Linz fremde bewegliche Sachen, nämlich zirka 1 kg Goldschmuckstücke im Gesamtwert von jedenfalls über 500.000 S dem Dipl.Ing. Ignaz H*** oder einem unbekannten Geschädigten mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung dieser Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern, sie haben hiedurch das Verbrechen des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 2 StGB begangen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Mit seiner Berufung wird Reinhard Herbert M*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 366 Abs. 2 StPO wird die Privatbeteiligte Irene K*** mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 2.Juni 1940 geborene Friedrich G*** und der am 29. November 1961 geborene Reinhard Herbert M*** wurden mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens des Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB schuldig erkannt, weil sie zusammen mit den abgesondert verfolgten Jugendlichen Peter H*** und Reinhard S*** als Beteiligte Ende November 1988 in Linz

ca 1 kg Goldschmuckstücke im Wert von ca 88.000 S der Irene K*** mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz wegnahmen.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes fand Peter Heinz H*** Ende November 1988 in Linz bei der Durchführung von Renovierungsarbeiten in einer Wohnung einen in einer Mauernische verborgen gewesenen und aus diversen Goldschmuckstücken im Gesamtwert von rund 88.000 S bestehenden Schatz. Er verheimlichten diesen vor der Hauseigentümerin (und Mitbenützerin der Wohnung) Irene K*** und teilte den Schmuck mit seinen ebenso dort arbeitenden Kollegen, nämlich mit Reinhard S*** sowie mit den Angeklagten Manfred G*** und Reinhard Herbert M***. Dieses Verhalten beurteilte das Erstgericht, welches das Verfahren gegen Peter Heinz H*** und Reinhard S*** in der Hauptverhandlung vom 18.Jänner 1990 gemäß dem § 9 Abs. 1 JGG vorläufig einstellte (AS 182, 193 f und 195 f), jeweils als Diebstahl.

Dieses Urteil bekämpft Reinhard Herbert M*** mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, während es Friedrich Manfred G*** unangefochten ließ.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer macht im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Recht geltend, ein Schatz könne nicht Gegenstand eines Diebstahls sein. Ein Schatz im Sinne des § 398 ABGB, also eine wertvolle Sache (etwa wie vorliegend Schmuck), deren gegenwärtiger Eigentümer wegen der langen Zeit ihrer Verborgenheit nicht mehr festgestellt werden kann (siehe insbesondere AS 83 f, 95 bis 97, 173 f und 175 f; vgl dazu Klang, Komm II2, S 268 ff und Spielbüchler in Rummel, ABGB, § 398, Rz 1) ist bis zur Begründung neuen Eigentums durch den Finder herrenlos und steht bis dahin in niemandes (auch nicht des Grundeigentümers) Gewahrsam (vgl Kienapfel, BT II2, § 127 StGB, RN 46). Gemäß dem § 399 ABGB fällt der Schatz schon mit seiner Entdeckung - und (entgegen der Auffassung des Erstgerichtes) nicht erst mit seiner Aneignung oder Ergreifung - kraft Gesetzes jeweils zur Hälfte dem Finder und dem Eigentümer der bergenden Sache zu. Dieser Eigentumserwerb vollzieht sich ohne Wissen und Willen der Berechtigten, etwa auch dann, wenn es diesem am Aneignungswillen fehlt (vgl dazu SZ 55/146 = EvBl 1983/2 samt der dort angeführten Literatur; ebenso Spielbüchler aaO, § 399 ABGB, Rz 2). Ein Schatzfund kann daher keine Zueignung einer fremden Sache unter Gewahrsamsbruch sein.

Das als erwiesen angenommene Verhalten des Beschwerdeführers begründet aber ebensowenig den Tatbestand der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 1 erster Fall StGB, weil ein Schatz kein fremdes Gut im Sinne dieser Gesetzesstelle ist. Vielmehr erwirbt der Entdecker unmittelbar Eigentum am Fundgegenstand. Die Verheimlichung des Fundes gegenüber dem mitberechtigten Grundeigentümer, dem ein Anspruch auf Naturalteilung zusteht (vgl Klang, aaO, S 270), ist strafrechtlich nicht faßbar. Der Gesetzgeber hat die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit unter anderem nur dann für strafbar erklärt, wenn eine gefundene Sache ein fremdes Gut darstellt, das der Täter heraus- oder zurückgeben muß (Kienapfel, aaO, § 134 StGB, RN 7 und 40; vgl dazu auch Bertel im WK, § 134 StGB, Rz 2) und zumindest wirtschaftlich nicht zum freien Vermögen des Täters gehört (Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN 2 zu § 134 StGB). An dieser rechtlichen Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Entdecker im Falle der Verheimlichung des Schatzfundes seinen Anteil verwirkt (§ 400 ABGB), weil im Falle einer solchen Fundverheimlichung ein etwaiger Anzeiger oder (sonst) der Staat (= Bund) nur einen Herausgabeanspruch gegen den Schatzfinder erwerben (Klang, aaO, S 271 und Spielbüchler, aae, § 400 ABGB, Rz 2). Da der Schatzfinder Peter Heinz H*** kein sonstiges Vermögensdelikt begangen hat, fehlt es auch an einem strafbaren Verhalten der übrigen Mitangeklagten, welche - wie der Beschwerdeführer - Fundanteile erst erworben haben, nachdem H*** bereits selbst (rechtmäßig) Eigentümer geworden war. Mangels Vorliegens einer strafbaren Handlung des Schatzfinders stellt die spätere Übergabe von aus dem Schatz stammenden Gegenstände durch dritte Personen auch keine Hehlerei dar.

Auf der Grundlage der erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen erweist sich daher die Nichtigkeitsbeschwerde schon aus dem Grund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO als begründet, weshalb es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war auch gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil ebenso zum Nachteil des Mitangeklagten Friedrich Manfred G*** mit der erwähnten, von diesem jedoch nicht geltend gemachten Nichtigkeit behaftet ist. Es war daher teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils nach dem § 290 Abs. 1 StPO aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO auf sofortigen Freispruch der Angeklagten zu erkennen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte Reinhard M*** auf diese Entscheidung zu verweisen, die Entscheidung über die Privatbeteiligtenansprüche findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

Anmerkung

E21093

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00064.9.0719.000

Dokumentnummer

JJT_19900719_OGH0002_0130OS00064_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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