TE OGH 1990/7/26 8Ob701/89

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Veröffentlicht am 26.07.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*** Gesellschaft mbH, Diefenbachgasse Nr. 35, 1150 Wien, vertreten durch Dr. Michael Czinglar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I*** V*** Gesellschaft mbH, Völkermarkterring 1, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Jänner 1989, GZ 41 R 809/88-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 13. September 1988, GZ 6 C 644/87t-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 28.711,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 4.785,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei erwarb mit Vertrag vom 31. 10. 1986 im einzelnen genannte Anteile an der Liegenschaft

EZ 348 Grundbuch Sechshaus sowie die auf dieser Liegenschaft errichteten Gebäude (Superädifikate) von den jeweiligen Eigentümern. Die Hinterlegung des Kaufvertrages über "das Superädifikat" und die Einverleibung des Eigentumsrechtes der beklagten Partei an der Liegenschaft wurde mit Beschlüssen vom 22. 12. 1986 grundbuchsgerichtlich bewilligt. Die beklagte Partei verständigte die klagende Partei, die Mieterin von Räumlichkeiten auf dieser Liegenschaft ist, vom Eigentumsübergang und forderte sie zur künftigen Zahlung des Mietzinses auf ein bestimmtes Konto auf. Am 27. 11. 1986 leistete die klagende Partei einen von der beklagten Partei mit Rechnung vom 1. 11. 1986 vorgeschriebenen Mietzinsbetrag von S 669.071,74. Sie fand dann aber ein neues Betriebsobjekt in Traiskirchen und wollte deshalb der beklagten Partei das bisherige Bestandverhältnis aufkündigen. Da vertraglich eine einjährige Kündigungsfrist galt, erkundigte sich Friedrich G***, der Geschäftsführer der klagenden Partei, nach den Auflösungsmöglichkeiten und es wurde ihm die gerichtliche Aufkündigung sowie die einvernehmliche Auflösung des Bestandverhältnisses genannt. Hierauf sprach er mit Gerda H***, der Prokuristin der beklagten Partei, über eine einverständliche Auflösung und diese erklärte ihr grundsätzliches Einverständnis dazu. G*** entwarf ein Schreiben, nach dem das zwischen den Streitteilen bestehende "Bestandverhältnis dadurch einvernehmlich aufgelöst wird, daß die Hausinnehabung die von der Mieterin mit heutigem Tag ausgesprochene Kündigung unter ausdrücklichem Verzicht auf eine gerichtliche Aufkündigung und die Erhebung von Einwendungen akzeptiert. Die Hausinnehabung verpflichtet sich, das Bestandobjekt bis längstens 30. 11. 1987 zu übernehmen." Gerda H*** war mit dieser Formulierung insoferne nicht einverstanden als sie das Wort "Bestandverhältnis" durch das Wort "Mietvertrag" ersetzt und das Wort "einvernehmlich", den ausdrücklichen Verzicht der beklagten Partei "auf die Erhebung von Einwendungen" gestrichen haben wollte und die Aufnahme der Verpflichtung der beklagten Partei "zur Übernahme des Objektes" verlangte. Nach Einholung einer Rechtsauskunft setzte Friedrich G*** ein neuerliches Schreiben vom 28. 11. 1986 auf; darin heißt es, daß "der Mietvertrag per 30. 11. 1987 aufgekündigt wird und die Hausinnehabung diese Form der Aufkündigung akzeptiert und ausdrücklich auf eine gerichtliche Aufkündigung und die Erhebung von Einwendungen verzichtet, um der Mieterin die Kosten einer gerichtlichen Aufkündigung zu ersparen."

Dieses Schreiben übermittelte Friedrich G*** durch Boten an Gerda H*** mit der Erklärung ("Auftrag") zur Unterschrift, daß am Text nichts geändert werden dürfe. Dennoch strich Gerda H*** die Wendung, daß die beklagte Partei "auf die Erhebung von Einwendungen" verzichtet, durch, bevor sie das Schriftstück unterfertigte. Damit wollte sie einen Verzicht der beklagten Partei "auf irgendwelche Schadenersatzansprüche" vermeiden. Am 17. 12. 1986 bot Friedrich G*** der beklagten Partei die Rückstellung des Bestandobjektes bereits mit Juni 1987 an. Die beklagte Partei war zwar dazu bereit, gewisse Räume und Teilflächen bereits mit 1. 2. 1987 zu übernehmen, es kam jedoch dann keine Vereinbarung über einen Räumungstermin mit 30. 6. 1987 zustande. In der Folge wurde Friedrich G*** darüber informiert, daß wegen des Eintrittes der beklagten Partei als Vermieterin in den Bestandvertrag nach dem Gesetz eine vierteljährliche Aufkündigung zulässig sei.

Am 4. 3. 1987 kündigte die klagende Partei der beklagten Partei das gegenständliche Bestandverhältnis unter Hinweis auf einen Betriebsstandortwechsel der Mieterin sowie den Eigentümerwechsel auf seiten des Vermieters mit vierteljährlicher Frist zum 30. 6. 1987 gerichtlich auf. Gegen die Aufkündigung erhob die beklagte Partei rechtzeitig Einwendungen und beantragte die Aufhebung der Aufkündigung mit der Begründung, daß das Bestandverhältnis ohnedies bereits einvernehmlich zum 30. 11. 1987 aufgekündigt wurde. Dies wurde von der klagenden Partei bestritten.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verurteilte die beklagte Partei, die im einzelnen genannten Räumlichkeiten usw. binnen 14 Tagen geräumt zu übernehmen. Es meinte, der von der klagenden Partei anläßlich der Verhandlungen über die Vertragsauflösung geforderte Verzicht auch auf die Erhebung von Einwendungen sei zwar juristisch völlig überflüssig gewesen, doch hätten die Parteien diesem Punkt Bedeutung beigemessen und sich hierin nicht geeinigt, vielmehr habe die beklagte Partei durch die Streichung dieser Wendung ein Gegenangebot erstellt, das die klagende Partei nicht angenommen habe. Das Bestandverhältnis sei somit aufrecht geblieben und nunmehr gesetzmäßig gekündigt worden. Das Berufungsgericht hob in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei die Aufkündigung auf und wies das Übernahmebegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000,- übersteige.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Berufungsgericht auf die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln der §§ 863 und 914 f ABGB und die von der Judikatur hiezu entwickelten Auslegungsgrundsätze, insbesondere auch in bezug auf den Geschäftszweck solcher Erklärungen. Danach seien hier folgende Umstände rechtlich relevant: Dem Geschäftsführer der klagenden Partei sei daran gelegen gewesen, das Bestandverhältnis zu beenden. Er habe von der vereinbarten einjährigen Kündigungsfrist und weiters davon gewußt, daß das Bestandverhältnis ohne Einverständnis des Vermieters nur gerichtlich aufgekündigt werden könne. Aus diesen Gründen habe er die Initiative ergriffen und versucht, die beklagte Partei zum Einverständnis zu einer außergerichtlichen Auflösung des Bestandverhältnisses zu bewegen. Nach Ablehnung eines ersten Textes durch die beklagte Partei habe er einen weiteren Text über die Aufkündigung des Bestandverhältnisses zum 30. 11. 1987 vorgelegt, in dem die Zustimmung des Vermieters zu dieser Form der Aufkündigung und der ausdrückliche Verzicht auf eine gerichtliche Aufkündigung und auf die Erhebung von Einwendungen enthalten gewesen sei. Diesen Text habe die beklagte Partei unterschrieben, nachdem von ihrer Prokuristin lediglich die Passage über den Verzicht auf die Erhebung von Einwendungen gestrichen worden sei. Damit habe die beklagte Partei aber das Anbot der klagenden Partei auf Beendigung des Bestandverhältnisses zum 30. 11. 1987 ohne Vornahme einer gerichtlichen Aufkündigung angenommen. Gerade dies habe die klagende Partei auch erreichen wollen und zu diesem, den Geschäftszweck der Vereinbarung bildenden Anbot habe sie also die Annahme der beklagten Partei erhalten. Im Sinne der erstgerichtlichen Ansicht sei der im Anbotschreiben der klagenden Partei enthaltene und von der Prokuristin der beklagten Partei vor Abgabe ihrer Einverständniserklärung gestrichene Verzicht auf die Erhebung von Einwendungen rechtlich völlig bedeutungslos gewesen. Die ausdrückliche Annahme der außergerichtlichen Aufkündigung und der Verzicht auf eine gerichtliche Aufkündigung durch die Vermieterin seien rechtlich als einvernehmliche Vertragsauflösung zum 30. 11. 1987 zu beurteilen, ohne daß es hiezu des ausdrücklichen Gebrauches des Wortes "einvernehmlich" bedurft habe. Sei der Verzicht auf die Erhebung von Einwendungen aber rechtlich bedeutungslos, dann könne seine Streichung durch die Prokuristin der beklagten Partei deren Annahmeerklärung zum übrigen, den von der klagenden Partei verfolgten Geschäftszweck voll abdeckenden, Vereinbarungstext nicht die Abschlußwirkung nehmen. Der von der Annahmeerklärung der beklagten Partei umfaßte Wortlaut bilde in voller Eindeutigkeit den Inhalt des von ihr beabsichtigten Geschäftes. Somit hätten die Streitteile mit der am 28. 11. 1986 von der beklagten Partei nach Streichung eines den Geschäftszweck nicht berührenden Textteiles erklärten Annahme des Anbots der klagenden Partei die einvernehmliche Auflösung des Bestandverhältnisses zum 30. 11. 1987 paktiert, die der vorliegenden Aufkündigung entgegenstehe.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrage, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Revisionswerberin meint, hinsichtlich der Erklärungen der Streitteile liege ein offener Dissens vor, welcher die Entstehung eines Vertrages verhindert habe. Ob dieser offene Dissens objektiv einen wesentlichen Punkt des Rechtsgeschäftes betreffe, darauf komme es nicht an, subjektiv sei jedenfalls mangelnde Willensübereinstimmung vorgelegen, sodaß es am Abschlußwillen gefehlt habe. Zwar sei bei der Vertragsauslegung nicht nur der Wille der Parteien, sondern das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers entscheidend, das Berufungsgericht habe jedoch den Empfängerhorizont der klagenden Partei durch seinen eigenen ersetzt, ohne zu fragen, ob der Abschlußwille auch der klagenden Partei gegeben gewesen sei. Beide Parteien seien davon ausgegangen, daß es sich beim strittigen Passus um eine wesentliche Vertragsbestimmung handle, die der eine haben, der andere aber nicht haben wollte. Von einem redlichen Empfängerhorizont der klagenden Partei zu sprechen, sei daher verfehlt. Diese habe zwar die Initiative zur einvernehmlichen Vertragsauflösung ergriffen, die gekündigte Partei habe aber aus Erwägungen, die ihrem Empfängerhorizont offenbar relevant erschienen seien, eine einvernehmliche Auflösung formell insoweit abgelehnt, als sie nicht auch auf Einwendungen verzichtet habe. Für die klagende Partei sei daher aus ihrem redlichen Empfängerhorizont der Eindruck entstanden, die beklagte Partei wolle sich des Rechtes, gegebenenfalls doch noch Einwendungen im Sinne von Einwänden gegen die Beendigung des Mietverhältnisses zu erheben, nicht begeben. Ob dieser Weigerung rechtliche Relevanz zukäme, sei beiden Teilen damals nicht offenbar klar gewesen, sodaß diesem Vertragsdetail übereinstimmend Bedeutung zugemessen worden sei. Eine allfällige Unwirksamkeit des Verzichtes auf eine gerichtliche Aufkündigung sei im Hinblick auf die hohen Mietbeträge jedenfalls zu vermeiden und es sei die klagende Partei daher zweckmäßigerweise zur Kündigung verhalten gewesen. Der Umstand, daß sie sodann von der wesentlich kürzeren gesetzlichen Kündigungsfrist erfahren habe, sei für die Frage der Willensübereinstimmung ohne Bedeutung. Wäre die klagende Partei von der Gültigkeit des Auflösungsvertrages ausgegangen, dann hätte sie sich mit der Frage der Notwendigkeit einer gerichtlichen Aufkündigung gar nicht mehr befaßt. Offener Dissens könne auch vorliegen, wenn nur über einen objektiv unwesentlichen Detailpunkt kein Konsens erzielt werde. Durch die von der beklagten Partei vorgenommene teilweise Streichung des Vertragstextes habe diese ein Gegenoffert erstellt, das von der klagenden Partei nicht angenommen worden sei. Solange die klagende Partei die rechtliche Irrelevanz einer vom Vertragspartner ausgehenden Vertragskorrektur nicht erkannt habe, könne ihr "Willensübereinstimmung" weder verordnet noch unterstellt werden. Ein "unbewußter Abschlußwille" sei rechtlich jedenfalls irrelevant.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Aus dem von der klagenden Partei nach Vorverhandlungen formulierten Vertragstext, daß das "Mietverhältnis per 30. 11. 1987 aufgekündigt wird und die Hausinnehabung diese Form der Aufkündigung akzeptiert und ausdrücklich auf eine gerichtliche Aufkündigung und die Erhebung von Einwendungen verzichtet, um der Mieterin die Kosten einer gerichtlichen Aufkündigung zu ersparen", hat die beklagte Partei vor Unterfertigung die Worte "und die Erhebung von Einwendungen" in der Absicht durchgestrichen, hiedurch allfällige Schadenersatzansprüche gegen die klagende Partei als Mieterin zu wahren. Damit nahm sie eine nach ihrer Ansicht für den Vertragsinhalt allenfalls bedeutsame Textänderung vor, obschon ihr der Auftrag der klagenden Partei überbracht worden war, an dem von dieser angebotenen Vertragstext, also am Wortlaut des Vertrages selbst - ungeachtet seines Sinngehaltes und des damit verfolgten Vertragszweckes - nichts zu ändern.

Unter diesen Umständen kann aber von korrespondierenden Erklärungen im Sinne einer vorbehaltlosen Annahme der Vertragsofferte, wie dies für das Zustandekommen eines Vertrages grundsätzlich erforderlich ist, zweifellos nicht die Rede sein. Daran ändert auch nichts, daß im Sinne der zutreffenden übereinstimmenden Ansicht der Vorinstanzen und der Revisionswerberin durch die von der beklagten Partei vorgenommene Streichung der Worte "und die Erhebung von Einwendungen" objektiv deswegen keine juristisch erhebliche Änderung des materiellen Vertragsinhaltes herbeigeführt wurde, weil die im verbliebenen Vertragstext enthaltene Erklärung der Vermieterin, auf eine gerichtliche Aufkündigung zu verzichten, die gleichen Rechtswirkungen hervorruft. Beide Vertragsteile wollten den Vertragsabschluß nämlich offenbar nur auf der Grundlage des ihnen subjektiv jeweils günstig scheinenden Vertragstextes, aber die Annahmeerklärung der beklagten Partei wich insoweit vom ausdrücklichen, auf den formulierten Vertragstext abgestellten Vertragsanbot der klagenden Partei ab und solcherart kam eine Willensübereinstimmung zunächst nicht zustande. Das von der klagenden Partei nach Streichung der juristisch unerheblichen Worte: "und die Erhebung von Einwendungen", unterfertigte Angebotschreiben der klagenden Partei vom 28. 11. 1986 wurde von dieser entgegengenommen, ohne daß sie auf den Dissens und damit auf die Unwirksamkeit des unterfertigten Vertrages verwies. Auch in der Folge schwieg sie bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie von der rechtlichen Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung gemäß § 1120 ABGB erfuhr.

Gemäß § 863 ABGB kann der Wille nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend erklärt werden; die Bedeutung konkludenter Handlungen und Unterlassungen ist unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche zu beurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es bei dieser Beurteilung wesentlich darauf an, welche Schlüsse der Partner aus einem solchen Verhalten nach Treu und Glauben abzuleiten berechtigt war (ImmZtg 1978, 347; JBl 1989, 722 uva). Maßgebend ist also nicht der innere, unkontrollierbare Parteiwille, sondern das objektive Verhalten (Klang2 IV/1 74; MietSlg 24.079 uva). Es kommt demnach auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von der stillschweigenden Erklärung gewinnen durfte (Rummel in Rummel ABGB Rz 8 zu § 863). Bei der Beurteilung dieser Frage sind daher stets die Umstände des Einzelfalles entscheidend (JBl 1989, 649). In diesem Sinne kann aber insbesondere auch bei Annahme einer Offerte das Schweigen des Offerenten auf eine ganz unwesentliche Abweichung in der Annahme seines Offertes als Zustimmung gewertet werden (Rummel aaO Rz 4 zu § 861).

Im vorliegenden Fall enthält die Annahmeerklärung der beklagten Partei eine textliche Abweichung vom Vertragsangebot der klagenden Partei, die an dem beiderseits angestrebten Geschäftszweck, nämlich der einvernehmlichen außergerichtlichen Auflösung des Bestandverhältnisses statt einer gerichtlichen Aufkündigung, nichts änderte und daher insoweit ganz unwesentlich blieb. Die beklagte Partei durfte somit nach objektivem Maßstab aus dem Stillschweigen der klagenden Partei zu der Textabweichung in der Annahmeerklärung - Streichung der überflüssigen Worte "und die Erhebung von Einwendungen" - auf deren Zustimmung hiezu vertrauen, also annehmen, daß die klagende Partei diese für den Geschäftszweck belanglose Textänderung akzeptiert. Das Vertragsangebot der klagenden Partei gilt daher als angenommen. Der solcherart zwischen den Streitteilen zustandegekommene Vertrag steht der verfahrensgegenständlichen Aufkündigung des Bestandverhältnisses mit Wirkung zum 30. 6. 1987 entgegen. Damit erweist sich die berufungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis als zutreffend. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21479

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00701.89.0726.000

Dokumentnummer

JJT_19900726_OGH0002_0080OB00701_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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