TE OGH 1990/8/23 12Os73/90

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Veröffentlicht am 23.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.August 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Löschenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ferdinand P*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Februar 1990, GZ 4 a Vr 12035/89-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Knirsch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 5.April 1970 geborene ehemalige Postzusteller Ferdinand P*** wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Juli 1989 in Wien als Gesamtzusteller des Postamtes 1130 mit dem Vorsatz, Absender und Empfänger von Postsendungen in ihrem konkreten Recht auf bestimmungsgemäße Beförderung der Postsendungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er insgesamt 1.503 Massensendungen wegwarf, statt sie zuzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer allein auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Soweit die Beschwerde in Anlehnung an die Ausführungen von Bertel im Wiener Kommentar (WK Rz 67 zu § 302 StGB und Rz 5 f der Nachbemerkungen zu § 302 StGB) entgegen der einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes die Rechtsmeinung vertritt, der Zustellung von Massensendungen ohne ausdrücklich genannten Empfänger liege unbeschadet der Regelung auch dieser Beförderung in der Postordnung keine Ausübung hoheitlicher Befugnis zugrunde, weil es in diesem Umfang an einem dem Verwaltungshandeln im Hoheitsbereich typischen Unterordnungsverhältnis zwischen Behörde und Bürger fehle, weshalb die in Rede stehenden Tathandlungen lediglich als Dienstpflichtverletzungen zu beurteilen seien, nimmt sie essentielle Rechtsgrundlagen des Postwesens nicht zur Kenntnis. Der Aufgabenbereich der Post ist nämlich grundsätzlich, und zwar hinsichtlich aller das Post-, Telegraphen- und Fernschreibwesen betreffenden Tätigkeiten, der Hoheitsverwaltung zuzuordnen. Dazu zählt auch die Beförderung von Massensendungen ohne Anschrift (§ 17 Abs. 5 Z 3 der Anlage 1 zum PostG) durch einen Zusteller der Post, der dabei im Rahmen der Bundesverwaltung (Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG; §§ 1, 5 ff PostG) und daher als Beamter im Sinne des § 74 Z 4 StGB tätig wird (EvBl. 1987/152; 1973/169; Leukauf-Steininger2 § 302 StGB RN 18, 33 m; Foregger-Serini4, Erl. VI letzter Absatz zu § 302 StGB). Mag auch Werbematerial der in Rede stehenden Art vom Beförderungsvorbehalt der Post ausgenommen sein (§§ 9, 10 PostG), so wird davon doch nur die Postpflicht des Absenders (§ 11 PostG), nicht aber die Beförderungspflicht der Post (§ 6 PostG) berührt. Demzufolge hat die Post bei Inanspruchnahme ihrer

Einrichtungen - von hier nicht aktuellen Ausnahmen abgesehen - die ihr durch Gesetz übertragenen Beförderungsleistungen (als Hoheitsakte) auch bei Massensendungen in Form von Werbematerial zu erbringen (14 Os 56/89).

Die sohin, wie dargelegt, auf einer von der ständigen Judikatur des Höchstgerichtes abweichenden Rechtsmeinung beruhende Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Anmerkung

E21565

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00073.9.0823.000

Dokumentnummer

JJT_19900823_OGH0002_0120OS00073_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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