TE OGH 1990/8/28 13Os86/90

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Veröffentlicht am 28.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.August 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ungerank als Schriftführer, in der Strafsache gegen Alfred P*** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs 2 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.März 1990, GZ 6 d Vr 6131/89-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Alfred P*** (in Verbindung mit dem in Rechtskraft erwachsenen Teil des im ersten Rechtsgang geschöpften Urteiles) des Verbrechens nach dem § 12 Abs 2 SGG schuldig erkannt, weil er in Wien in der Zeit von Dezember 1988 bis zum 31.Mai 1989 durch den Verkauf von insgesamt 260 Gramm Kokain in neun Fällen an den abgesondert verfolgten Rudolf B*** Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt hat, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Gegen den - auch im zweiten Rechtsgang erfolgten - Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit der Tat nach dem § 12 Abs 2 SGG richtet sich die auf die Z 4, 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem Grund der Z 4 behauptet der Angeklagte zunächst, daß ihm entgegen der Bestimmung des § 244 Abs 3 StPO keine Gelegenheit gegeben wurde, eine Gegenäußerung zur Anklage zu erstatten. Die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes ist jedoch davon abhängig, daß die Hintansetzung oder unrichtige Anwendung der Verfahrensgrundsätze durch ein gegen den Antrag oder Widerspruch des Beschwerdeführers gefälltes Zwischenerkenntnis erfolgt (Mayerhofer/Rieder, StPO2, § 281 Z 4 ENr 4). Dem Hauptverhandlungsprotokoll ist ein solches Zwischenerkenntnis, welches dem Verteidiger das Recht auf Anklageerwiderung genommen hätte aber nicht zu entnehmen, sodaß es der Verfahrensrüge an den formellen Voraussetzungen gebricht (Mayerhofer/Rieder, StPO2, § 281 Z 4 ENr 1).

Auch durch die Abweisung des Antrages auf Einvernahme des Zeugen Günther K*** wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt.

Der Genannte sollte auch darüber vernommen werden, daß der Angeklagte bei der "ersten Lieferung keinen Verdienst hatte". Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Beschwerdeführer aus dem Verkauf der ersten Suchtgiftlieferung keinen Gewinn (vgl S 326 oben), womit das Erstgericht jenen Umstand, der durch die beantragte Zeugenaussage nachgewiesen werden sollte, ohnedies (im Sinne des Antrags) als erwiesen annahm, so daß hinsichtlich dieses Beweisthemas eine Beschwerdelegitimation fehlt (12 Os 101/85; Mayerhofer/Rieder, StPO2, § 281 Z 4 ENr 77). Mit dem weiters angestrebten Thema der Beweisaufnahme - daß die Geschäftsbeziehungen von K*** eingeleitet wurden und dieser mit B*** nicht unmittelbar in Beziehung treten wollte - wäre für den Angeklagten nichts gewonnen. Denn das Erstgericht erschloß die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der Tat (§ 12 Abs 2 SGG) aus dem Gesamtverhalten des Angeklagten, dessen finanzielle Lage auf Grund seines geringen Einkommens und seiner Sorgepflichten angespannt war und der durch den Suchtgifthandel ein Zusatzeinkommen erzielen wollte, innerhalb kurzer Zeit hohe Gewinne erzielte und damit ein relativ hohes Zusatzeinkommen tatsächlich hatte und dem dieses Handeln auch andere Vermögensvorteile brachte (S 327 f); nach den Urteilskonstatierungen war er über die Lieferanten K*** und K*** in der Lage, weitere Kokainmengen zu beziehen. Damit war dieser Antrag aber von seinem Beweisthema her von vornherein ungeeignet, diese Urteilsüberlegungen zu beeinträchtigen oder zu widerlegen.

Dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) zuwider finden die Feststellungen des Gerichts über die Einkommensverhältnisse des Angeklagten und über die Möglichkeit weiterer Kokainlieferungen durch K*** und K*** in der Schilderung des Beschwerdeführers, insbesonders über den Hergang des Suchtgifthandels, in der Hauptverhandlung (vgl S 311 f, 314, 262) und im Vorverfahren (S 177 ff) ihre durchaus zureichende Begründung; die Behauptung der Beschwerde, diese Konstatierungen hätten "keine aktenmäßige Grundlage", es fehle eine Erörterung in der Hauptverhandlung, ist daher unberechtigt.

Soweit die Mängelrüge das Urteil deshalb als offenbar unzureichend begründet bezeichnet, weil sich aus der in der Entscheidung angeführten finanziell angespannten Lage und dem Wissen des Angeklagten um die Möglichkeit weiterer Kokainlieferungen ein solcher auf gewerbsmäßiges Handeln gerichteter Vorsatz nicht ableiten lasse, übergeht die Rüge die weitere vom Erstgericht dafür gegebene, oben dargestellte Begründung und entbehrt damit - weil sie nicht auf die gesamte hier entscheidungswesentliche Urteilsgrundlage abstellt - einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Die Rechtsrüge behauptet der Sache nach eine Unvollständigkeit des Urteils im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, weil sich das Gericht nicht mit der Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt habe, daß er "den Forderungen des B*** nach neuen Suchtgiftlieferungen ablehnend gegenüberstand" und daß B*** und K*** miteinander nicht in Kontakt treten wollten. Der erstangeführte Einwand findet in dieser Form in der Verantwortung des Angeklagten in der der Urteilsfällung vorangegangenen Hauptverhandlung keine Deckung; er hat hier nur angeführt, daß er "nach den 10 Gramm" aufhören wollte, aber dann doch weiter mit B*** in "Geschäftsbeziehung" stand (S 313 unten). Die behauptete Unvollständigkeit liegt daher nicht vor. Der Umstand, daß B*** und K*** es ablehnten, miteinander zu kontaktieren, steht im Hinblick auf die oben angeführte Urteilsbegründung der Annahme des gewerbsmäßigen Handelns in keiner Weise entgegen, sodaß sich das Gericht damit nicht näher auseinandersetzen mußte.

Dem Vorbringen zum Grund der Z 11, eine Anrechnung der Vorhaft hätte auch auf die verhängte Freiheitsstrafe erfolgen sollen, wurde durch den Beschluß vom 21.Juni 1990, ON 35, - mit welchem in dieser Hinsicht eine Angleichung der schriftlichen Ausfertigung an das mündlich verkündete Urteil erfolgte (SSt 47/50) - der Boden entzogen, sodaß ein Beschwerdeinteresse fehlt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO).

Demgemäß wird der Gerichtshof zweiter Instanz über die Berufung zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E21578

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00086.9.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19900828_OGH0002_0130OS00086_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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