Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.phil.Eberhard Piso und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf B***, Schilderhersteller, Wien 22., Rennbahnweg 27/10/58, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** & CO, Schilder, Siebdruck, Autobeschriftung, vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter Heinrich G***, Wien 16., Odoakergasse 25, vertreten durch Dr. Gerald Meyer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 185.121,22 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Mai 1990, GZ 31 Ra 40/90-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. September 1989, GZ 25 Cga 2528/88-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.029,80 (darin S 1.338,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von S 185.121,22 brutto sA an Kündigungsentschädigung, Urlaubszuschuß und Urlaubsentschädigung sowie Abfertigung. Er sei vom persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten am 27. September 1988 zu Unrecht entlassen worden, da er die ihm aufgetragenen Arbeiten ordnungsgemäß verrichtet habe und ihm keine dienstlichen Verfehlungen anzulasten seien. Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Entlassung des Klägers sei gerechtfertigt erfolgt. Er habe die Beklagte durch die Behauptungen, diese sei hochverschuldet und gehe in Konkurs, öffentlich "heruntergemacht". Er habe ferner durch seinen Mangel an Arbeitsmoral und sein provokantes Verhalten schon seit längerem einen äußerst negativen Einfluß auf die übrigen Arbeitnehmer ausgeübt. Am 27. September 1988 sei er trotz wiederholter Abmahnung mit "eingesteckten Händen" an seinem Arbeitsplatz gestanden und habe sich beharrlich geweigert, die ihm zugewiesene Arbeit zu verrichten. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat auf Grund des festgestellten Sachverhalts und eingehender Beweiswürdigung die Rechtsauffassung, daß Entlassungsgründe nicht gegeben seien. Der Kläger sei vielmehr als hochqualifizierte Kraft von der Beklagten zuletzt vorwiegend zu minderen Arbeiten herangezogen worden. Der Kläger habe zwar seinen Mißmut über die bewußt gesetzte Maßnahme geäußert, aber die ihm aufgetragenen Arbeiten weiterhin verrichtet. Auch unmittelbar vor dem Ausspruch der Entlassung habe der Kläger gearbeitet. Die von der Beklagten behaupteten Entlassungsgründe seien nicht erwiesen. Gegen diese Entscheidung erhob die Beklagte lediglich aus dem Grund der "unrichtigen Tatsachenfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung" Berufung. Sie machte als Berufungsgrund weder unrichtige rechtliche Beurteilung geltend noch führte sie sinngemäß eine Rechtsrüge aus. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichts und übernahm dessen Feststellungen als unbedenklich. Zusätzlich wies es darauf hin, daß auch den Aussagen des Zeugen H*** und des persönlich haftenden Gesellschafters, selbst wenn man sie den Feststellungen zur Gänze zugrundelegte, mangels Konkretisierung auf bestimmte Vorfälle die behaupteten Entlassungsgründe nicht entnommen werden könnten.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Grunde der "unrichtigen Sachverhaltsfeststellung auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung" mit dem Antrag, "die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Erörterung und Entscheidungsfindung an die Unterinstanzen zurückzuverweisen". Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision mangels gesetzlicher Ausführung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die bemängelte unrichtige Sachverhaltsfeststellung ist kein Revisionsgrund. Soweit die Beklagte ihre Rechtsrüge auf sogenannte sekundäre Feststellungsmängel stützt, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn der Revisionswerber in der Berufung den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht geltend gemacht und ausgeführt hat (MietSlg. 20.709; EFSlg. 14.243; 9 Ob A 319/88; 9 Ob A 9/90; ferner die umfangreichen Judikaturhinweise in MGA-ZPO14 § 503 E. 108; aM Fasching ZPR2 Rz 1930 mit Hinweisen auf die ständige Judikatur). Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E21498European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00197.9.0829.000Dokumentnummer
JJT_19900829_OGH0002_009OBA00197_9000000_000