TE OGH 1990/8/29 9ObA173/90

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Veröffentlicht am 29.08.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.phil.Eberhard Piso und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mathilde P***, ehemalige Landesvertragsbedienstete, Wolfsberg, St.-Stefaner Straße 6, vertreten durch Dr.Andre A***-D***, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Wien 1., Teinfaltstraße 7, dieser vertreten durch Dr.Walter Riedl und andere, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land K***, vertreten durch den Landeshauptmann Dr.Jörg H***, Klagenfurt, Arnulfplatz 1, dieser vertreten durch Dr.Helmut Sommer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 82.339,57 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.März 1990, GZ 8 Ra 15/90-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.November 1989, GZ 32 Cga 147/89-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 82.339,57 brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit 1.Jänner 1988 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.444 (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 4.150 (Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 9.629,60 (darin S 771,60 Umsatzsteuer und S 5.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der beklagten Partei seit 9.Oktober 1963 als Vertragsbedienstete beschäftigt. Ihr erstes Dienstverhältnis endete nach Ablauf eines einjährigen Krankenstandes gemäß § 24 Abs 9 VBG 1948 am 13.November 1982. Mit 13.Dezember 1982 stellte die beklagte Partei die Klägerin neuerlich als Vertragsbedienstete ein. Ab dem 9.Juni 1987 befand sich die Klägerin im Krankenstand. Das zweite Dienstverhältnis endete per 31.Dezember 1987 zufolge Kündigung durch die beklagte Partei gemäß § 68 Abs 2 lit b Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die der Höhe nach außer Streit gestellte Entgeltfortzahlungsdifferenz im Betrag von S 82.339,57 brutto sA. Die beklagte Partei hätte im Sinne des § 50 Abs 10 K-LVBG nicht von einer Dienstzeit der Klägerin unter 5 Jahren ausgehen dürfen, sondern hätte die Zeit der beiden Dienstverhältnisse zusammenrechnen müssen, wodurch sich eine Gesamtdienstzeit von über 10 Jahren ergebe und ein Anspruch der Klägerin auf Fortzahlung des vollen Monatsentgelts für 182 Kalendertage und nicht nur für 42 Kalendertage bestehe. Die beklagte Partei beantragt das Klagebegehren abzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung der Dienstzeiten der Klägerin im Sinne des § 50 Abs 10 K-LVBG seien nicht gegeben, da das erste Dienstverhältnis der Klägerin weder durch Dienstgeberkündigung noch durch Zeitablauf aufgelöst worden sei, sondern gemäß § 50 Abs 9 K-LVBG kraft Gesetzes.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Zusammenrechnungsvorschrift des § 50 Abs 10 K-LVBG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auf die Fälle des § 50 Abs 9 K-LVBG nicht anzuwenden sei, da der im § 50 Abs 10 K-LVBG als Auflösungsgrund angeführte "Zeitablauf" nur als vereinbarter, nicht aber als ein vom Gesetzgeber angeordneter Zeitablauf angesehen werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte ergänzend aus, daß die Beendigung eines Dienstverhältnisses ex lege nach § 50 Abs 9 K-LVBG in § 50 Abs 10 leg cit nicht angeführt sei. Aufgrund der unmittelbaren Aufeinanderfolge dieser Absätze könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe gerade diese Beendigungsart bei der taxativen Aufzählung der privilegierten Auflösungsarten vergessen. Für die Einbeziehung weiterer Tatbestände bestehe kein Raum.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Ansicht der Vorinstanzen, die Bestimmung des § 50 Abs 10 des K-LVBG, LGBl 1988/19, bzw des identen § 24 Abs 10 des VBG 1948, beinhalte nach dem klaren Wortlaut zwar die Berücksichtigung der Beendigung eines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf ex contractu, nicht aber eine solche ex lege, kann nicht beigepflichtet werden. Gemäß § 50 Abs 10 K-LVBG sind Dienstzeiten in Dienstverhältnissen zu einer Gebietskörperschaft, wenn - so wie hier - zwischen der Beendigung des Dienstverhältnisses und der Aufnahme jeweils nicht mehr als sechs Wochen verstrichen sind, der Dauer des Dienstverhältnisses im Sinne der Abs 1 und 7 zuzurechnen, wenn überdies das jeweilige Dienstverhältnis durch Kündigung seitens des Dienstgebers "oder durch Zeitablauf" aufgelöst wurde. Eine Zurechnung von Dienstzeiten ist demnach ausgeschlossen, wenn das frühere Dienstverhältnis durch Kündigung seitens des Dienstnehmers, Entlassung, Austritt oder etwa einvernehmlich beendet worden ist (vgl Stierschneider-Zach, VBG § 24 Anm 34). Hinsichtlich der Auflösung durch Zeitablauf trifft die angeführte Bestimmung keine weitere Unterscheidung, sodaß für eine restriktive Auslegung Hinweise vorliegen müßten, die aus der bloßen Aufeinanderfolge der Absätze 9 und 10 des § 50 K-LVBG jedoch nicht abzuleiten sind. Der Absatz 10 erweitert nämlich lediglich die Bemessungsgrundlage der Ansprüche bei Dienstverhinderung, während der Absatz 9 einen besonderen Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses durch Fristablauf normiert. Gemäß § 50 Abs 9 K-LVBG endet das Dienstverhältnis eines Vertragsbediensteten, wenn die Dienstverhinderungen wegen Unfalls oder Krankheit oder aus Gründen des Abs 7 (Hinderung durch andere wichtige, die Person des Dienstnehmers betreffende Gründe) ein Jahr gedauert haben, mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, daß vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde.

Bei einem befristeten Dienstverhältnis wirkt die vereinbarte Befristung auf das Dienstverhältnis gestaltend ein. Wurde die Befristung zulässigerweise vereinbart, endet das Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen worden ist. Der Ablauf der Vertragsdauer beendet das Dienstverhältnis insofern "automatisch", als es weder einer Kündigung noch sonst eines Hinweises oder einer Erklärung bedarf (vgl Krejci in Rummel, ABGB2 §§ 1158-1159c Rz 6 ff; Mayer-Maly/Marhold, Österr.Arbeitsrecht I, 155 und 160; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 498). Auch im Falle einer andauernden Dienstverhinderung im Sinne des § 50 Abs 9 K-LVBG bedarf es keiner wie immer gearteten Rechtshandlung zur Beendigung des Dienstverhältnisses; hier wirkt das Gesetz gestaltend auf das Dienstverhältnis ein und es endet automatisch mit Ablauf der Jahresfrist, sohin wie das befristete Dienstverhältnis ebenfalls durch Zeitablauf. Da die Bestimmung des § 50 Abs 10 K-LVBG lediglich auf die Auflösung eines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf abstellt, und nicht etwa darauf, daß ein befristetes Dienstverhältnis durch Zeitablauf aufgelöst wird, umfaßt sie schon nach ihrem Wortlaut auch eine Auflösung durch Fristablauf im Sinne des § 50 Abs 9 K-LVBG. Darauf, ob die Vertragsdauer bedungen wurde, oder ob sie die Rechtsfolge eines andauernden Zustandes der Dienstverhinderung ist, kommt es nicht an. Im Ergebnis entspricht eine Wiederaufnahme des Dienstverhältnisses bereits nach einem Monat, wie der vorliegende Fall zeigt, ohnehin einer vorherigen Vereinbarung der Fortsetzung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 50 Abs 9 K-LVBG, so daß sich aus der Unterlassung dieser Möglichkeit kein Wertungswiderspruch ergibt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E21516

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00173.9.0829.000

Dokumentnummer

JJT_19900829_OGH0002_009OBA00173_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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