Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1990 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mende als Schriftführer in der Strafsache gegen Slavko T*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, banden- und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung, AZ 6 d Vr 4573/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß dieses Gerichtes als Schöffengericht vom 9.März 1990 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Im Verfahren zum AZ 6 d Vr 4573/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wurde durch die den Verurteilten Vela A***, Adil A***, Zoran S*** und Elmij Z*** mit Beschluß vom 9. März 1990 erteilte Weisung, während der Probezeit zu ihrer mit demselben Beschluß angeordneten bedingten Entlassung österreichisches Staatsgebiet nicht zu betreten, das Gesetz in der Bestimmung des § 51 Abs. 1 StGB verletzt.
Text
Gründe:
Mit dem im Spruch bezeichneten Beschluß wurden die genannten Verurteilten nach § 265 StPO iVm § 46 Abs. 1 StGB jeweils unter Bestimmung einer Probezeit aus der über sie verhängten Freiheitsstrafe bedingt entlassen; gleichzeitig wurde ihnen damit die Weisung erteilt, während der Probezeit "das österreichische Staatsgebiet nicht zu betreten", widrigenfalls die bedingte Entlassung widerrufen werde (S 269 f./V).
Rechtliche Beurteilung
Diese Weisung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß § 50 Abs. 1 StGB hat das Gericht einem Rechtsbrecher, der aus einer Freiheitsstrafe bedingt entlassen wird, Weisungen zu erteilen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um ihn von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Der damit normierten gesetzlichen Zielsetzung solcher Weisungen entsprechend kommen hiefür nach § 51 StGB nur solche Gebote und Verbote in Betracht, deren Beachtung als geeignet erscheint, eben jenen Zweck zu erreichen; nicht hingegen ist es ihre Aufgabe, anstatt des vorläufig nicht weiter zu vollziehenden Strafübels gleichsam als eine andere, zusätzliche Sanktion zu fungieren (vgl. EBRV 154; Kunst im WK § 51 Rz 3).
Gerade das aber würde durch ein Verbot, österreichisches Staatsgebiet zu betreten, bewirkt werden, welches einer (befristeten) Landesverweisung - und damit sogar der Verhängung einer vom Gesetzgeber gezielt nicht vorgesehenen Unrechtsfolge (vgl. EBRV 102 f.) gleichkäme; die in Rede stehende Weisung, in Ansehung deren zudem in keiner Weise zu erkennen ist, inwiefern sie im vorliegenden Fall eine spezialpräventive Wirkung entfalten sollte, war daher jedenfalls unzulässig (vgl. Leukauf-Steininger StGB2 § 51 RN 4; Kunst aaO Rz 8).
Demgemäß war die dem Schöffengericht insoweit unterlaufene Gesetzesverletzung, deren die genannten Verurteilten benachteiligenden Auswirkungen vom Obersten Gerichtshof (unter dem AZ 15 Os 78/90) schon im Rahmen des ordentlichen Rechtsmittelverfahrens behoben wurden, in Stattgebung der von der Generalprokuratur ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Tenor festzustellen.
Anmerkung
E21589European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00101.9.0904.000Dokumentnummer
JJT_19900904_OGH0002_0150OS00101_9000000_000