Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brunhilde K***, im Haushalt, Hörzingerstraße 30, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Waltraute Steger, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Hans Werner K***, Elektromechaniker, Hofackerweg 10, 4060 Leonding, vertreten durch Dr. Ernst Moser, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalt infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. März 1990, GZ 18 R 103/90-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz Land vom 28. Dezember 1989, GZ 1 C 7/89a-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.292,80 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 548,80 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde aus dem Verschulden des Beklagten rechtskräftig geschieden. Für die Dauer des Prozesses war der Klägerin ein einstweiliger Unterhalt von 3.150 S monatlich zuerkannt worden. Für die drei ehelichen Kinder hat der Beklagte seit 1. 1. 1989 insgesamt 7.000 S monatlich an Unterhalt zu leisten. Mit der am 30. 1. 1989 erhobenen Klage begehrte die Klägerin nach der am 17. 5. 1989 erfolgten Ausdehnung des Klagebegehrens den Zuspruch eines monatlichen Unterhaltes von 5.100 S sA. Dieser Betrag sei im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten des Beklagten angemessen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Klägerin nach wie vor nur Anspruch auf den ihr im Provisorialverfahren zuerkannten Unterhalt habe, zumal er in Hinkunft auch ein geringeres Einkommen beziehen werde. Die Klägerin müsse sich ein angemessenes Benützungsentgelt für die in seinem Eigentum stehende Ehewohnung von 3.200 S anrechnen lassen, welchen Betrag er gegen die Klageforderung aufrechnungsweise geltend machte. Das Erstgericht erachtete die Unterhaltsforderung der Klägerin für die Zeit vom 1. 2. 1989 bis 16. 5. 1989 mit monatlich 3.570 S und ab 17. 5. 1989 mit monatlich 4.700 S als zu Recht bestehend und für die Zeit ab 17. 5. 1989 mit 400 S als nicht zu Recht bestehend, sprach aus, daß eine Aufrechnung nicht stattfinde und sprach der Klägerin einen monatlichen Unterhalt für die Zeit vom 1. 2. 1989 bis 16. 5. 1989 von 3.570 S und ab 17. 5. 1989 von 4.700 S - abzüglich geleisteter Beträge - unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Es traf ua im einzelnen Feststellungen über die Berufstätigkeit des Beklagten und dessen Einkommen (von Oktober 1988 bis September 1989 in der Höhe von 18.910,98 S monatlich netto). Ausgehend von diesem Arbeitseinkommen und den Sorgepflichten des Beklagten hielt das Erstgericht einen der Klägerin nach § 66 EheG zustehenden Unterhaltsanspruch mit 4.700 S als angemessen, welcher Betrag den Lebensverhältnissen der Streitteile entspreche und dem Beklagten auch zumutbar sei, zumal ihm monatlich etwa 7.200 S zur Deckung der eigenen Bedürfnisse verblieben.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht trug der in der Berufung in Ansehung der Unterhaltsbemessungsgrundlage erhobenen Rüge Rechnung, nahm selbst eine Berechnung des Einkommens des Beklagten vor und gelangte dabei zu einem Betrag von monatlich 18.400 S durchschnittlich netto. Es brachte davon die Unterhaltsleistungen des Beklagten für die Kinder (7.000 S) in Abzug und stellte den für den Lebensunterhalt der Streitteile zur Verfügung stehenden Betrag mit 11.400 S monatlich fest. Davon ausgehend vertrat es den Standpunkt, daß im Zuspruch von 4.700 S an die Klägerin, was einer Aufteilung des verbleibenden Einkommens im Verhältnis von 40 : 60 zugunsten des Beklagten entspräche, kein Rechtsirrtum erblickt werden könne, zumal auch der Klägerin ein gewisses Existenzminimum zugebilligt werden müsse (EFSlg 30.672). Die vom Berufungswerber ins Treffen geführten Prozentsätze würden hauptsächlich vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, nicht aber vom Berufungsgericht herangezogen, welches die Unterhaltsbemessung nicht nach solchen rechnerischen Orientierungswerten, sondern auf Grund einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten Ermessensentscheidung vornehme, die durchaus zu abweichenden Lösungen führen könne. Angesichts der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz bezüglich der bei der Unterhaltsbemessung anzuwendenden Grundsätze und des Umstandes, daß sich der Berufungswerber ausdrücklich auf die Bemessung nach Prozentsätzen berufe, sei vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO auszugehen und die Zulässigkeit der ordentlichen Revision in Ansehung der Frage des Unterhaltes auszusprechen gewesen.
Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen iS der Abweisung eines den Betrag von monatlich 3.850 S übersteigenden Unterhaltsbegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Im Sinne des § 508 a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Es geht hier um die ganz spezielle Frage nach der Zulässigkeit der Unterhaltsbemessung nach bestimmten Prozentsätzen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen, die von den Gerichten zweiter Instanz divergierend beurteilt wird. In den Entscheidungen des vierten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 3. 4. 1990, 4 Ob 532/90, und des sechsten Senates des Obersten Gerichtshofes vom 31. 5. 1990, 6 Ob 563/90, wurde dazu bereits ausführlich Stellung genommen. Da diese Entscheidungen bisher nicht veröffentlicht wurden, werden dem vorliegenden Beschluß neutralisierte Fotokopien dieser Entscheidungen zur Kenntnis der Vorinstanzen und der Parteien dieses Verfahrens angeschlossen. Eine neuerliche Darlegung der dort geäußerten Gesichtspunkte ist deshalb entbehrlich. Mit jenen Entscheidungen ist der Oberste Gerichtshof seiner Aufgabe nachgekommen, in Erfüllung der Übergangsvorschrift des Art.XLI Z 9 der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 die Unterschiede in der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz in grundsätzlichen Fragen der Unterhaltsbemessung in der aufgezeigten Richtung zu beseitigen (vgl. Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 743 ff, insbesondere S 748 Punkt 7). Es besteht demnach in der vom Rekursgericht bezeichneten und als Grund für die Zulässigkeit der weiteren Anfechtung genommenen Rechtsfrage bereits eine Leitjudikatur des Obersten Gerichtshofes (vgl. Petrasch aaO, S 748, rechte Spalte oben), sodaß das Rekursgericht in dieser Beziehung von einer unrichtigen Annahme ausgegangen ist, als es die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses aussprach (8 Ob 601/90). Den vom Obersten Gerichtshof bereits ausgesprochenen Leitgedanken, wonach es bei der Unterhaltsbemessung vor allem auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten ankommt, anderseits aber auch die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt werden muß, ist in der angefochtenen Entscheidung Rechnung getragen worden.
Aus den dargelegten Gründen mußte somit die Revision des Beklagten als unzulässig zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E21357European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00577.9.0905.000Dokumentnummer
JJT_19900905_OGH0002_0020OB00577_9000000_000