TE OGH 1990/9/11 4Ob122/90

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Veröffentlicht am 11.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***-F*** Gesellschaft mbH & Co KG, Unterföhring bei München, Betastraße 1, vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) T*** U*** Werbevertretung Gesellschaft mbH, Fürnitz, Ladestraße 1,

2.) T*** U*** s.r.l., Udine, Via Deganutti 9 cap, Italien, vertreten durch Dr.Gerhard Kaspar, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unterlassung (Streitwert S 750.000,--), Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 75.000,--), Rechnungslegung (Streitwert S 100.000,--), Schadenersatz (Streitwert S 1,982.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5.Juli 1990, GZ 3 R 71, 72/90-35, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs der Klägerin wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen Punkt 1.) des angefochtenen Beschlusses richtet. Im übrigen wird dem Rekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er einschließlich seines nicht angefochtenen Teils zu lauten hat:

"Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Erstbeklagten wurde das Verfahren nur in Ansehung dieser Partei gemäß § 7 Abs. 1 KO unterbrochen.

Das Verfahren ist durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung

a) gegen den Masseverwalter im Konkurs der Erstbeklagten hinsichtlich des Unterlassungs- und des Urteilsveröffentlichungsanspruches und

b) gegen die Zweitbeklagte ohne diese Einschränkung fortzusetzen."

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten zweiter Instanz.

Text

Begründung:

Die Klägerin behauptet, daß sich die Erstbeklagte vor allem mit dem Verkauf "von Werbezeiten und Werbesendungen" an Rundfunk- und Fernsehanstalten befasse, insbesondere an die Zweitbeklagte, welche die von der Erstbeklagten gestalteten Sendungen von Italien aus nach Österreich ausstrahle. Durch das rechtswidrige Ausstrahlen zahlreicher Spielfilme in deutscher Sprache, an denen die Klägerin ausschließlich Werknutzungsrechte für Österreich besitze, verletzten die Beklagten deren Senderechte nach § 17 Abs 1 UrhG; sie hätten sich geweigert, der Klägerin Lizenzgebühren zu zahlen. Die Klägerin begehrt von beiden Beklagten die Unterlassung des Sendens dieser Spielfilme, ferner Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung, Entgeltzahlung und Schadenersatzleistung - unter teilweisem Vorbehalt dieser Begehren bis zur Erfüllung der Rechnungslegungspflicht - sowie Zahlung von S 1,932.000,-- sA (als teilweise bereits bezifferten Schadenersatz).

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, bestritten die behaupteten Exklusivrechte der Klägerin und behaupteten, daß die Zweitbeklagte zum Ausstrahlen dieser Spielfilme vom italienischen Staatsgebiet aus berechtigt sei. Die Tätigkeit der Erstbeklagten beschränke sich auf das Aquirieren von Werbeaufträgen für Sendeunternehmen; sie habe in die Rechte der Klägerin nicht eingegriffen und habe dazu auch keine Möglichkeit.

Das Erstgericht gab dem Begehren auf Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Rechnungslegung mit Teilurteil statt und erkannte mit Zwischenurteil, daß der bereits bezifferte Schadenersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Beklagten bekämpften diese Entscheidung in ihrem gesamten Umfang mit Berufung. Da zur mündlichen Berufungsverhandlung am 1.3.1990 keine der Parteien erschien, trat Ruhen des Verfahrens ein. Am 9.5.1990 wurde über das Vermögen der Erstbeklagten der Konkurs eröffnet.

Die Klägerin hatte schon am 7.3.1990 beim Berufungsgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mündlichen Berufungsverhandlung beantragt; sie stellte am 27.6.1990 - für den Fall, daß das Berufungsgericht bis dahin über ihren Wiedereinsetzungsantrag nicht oder nicht positiv entschieden haben sollte -, den Antrag, das unterbrochene Verfahren gegen die Zweitbeklagte uneingeschränkt, gegen den Masseverwalter im Konkurs der Erstbeklagten aber hinsichtlich des Unterlassungs- und des Urteilsveröffentlichungsanspruches durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung fortzusetzen. Das Berufungsgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin mangels eines Rechtsschutzinteresses - Ablauf der dreimonatigen Frist des § 168 ZPO - zurück; es sprach aus, daß durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Erstbeklagten das Verfahren gemäß § 7 Abs 1 KO gegen beide Beklagte unterbrochen worden sei, und wies die Fortsetzungsanträge der Klägerin ab. Die Klägerin bekämpft diesen Beschluß - mit Ausnahme der Feststellung, daß der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Erstbeklagten in Ansehung dieser Partei gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen wurde - seinem gesamten Inhalt nach mit Rekurs; sie beantragt, die angefochtene Entscheidung im übrigen ersatzlos aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, das Berufungsverfahren gegen die Erstbeklagte bezüglich des Unterlassungs- und des Urteilsveröffentlichungsanspruches und gegen die Zweitbeklagte in vollem Umfang aufzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Rekurs gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages durch das Berufungsgericht wendet, ist er unzulässig; im übrigen ist aber das Rechtsmittel zulässig und auch berechtigt.

Wie die Rekurswerberin selbst erkennt, hat sie in ihrem Schriftsatz vom 27.6.1990 ihren Wiedereinsetzungsantrag für den Fall, daß das Berufungsgericht darüber noch nicht oder nicht positiv entschieden haben sollte, in einen Fortsetzungsantrag umgewandelt; da diese Voraussetzung zutraf, hatte das Berufungsgericht nur noch über diesen Fortsetzungsantrag zu entscheiden. Die von der Klägerin gar nicht mehr beantragte Entscheidung der zweiten Instanz über den Wiedereinsetzungsantrag beschwert sie aber nicht, weil die Dreimonatsfrist des § 168 ZPO längst abgelaufen ist und damit zwar allenfalls die Konkurseröffnung, nicht aber der Eintritt des Ruhens im Berufungsverfahren einer Verfahrensfortsetzung entgegensteht, die von der Klägerin ohnehin schon beantragt wurde.

Was den restlichen (bekämpften) Teil der Entscheidung betrifft, macht die Rekurswerberin zutreffend geltend, daß ihr Rechtsmittel nicht unter die Beschränkungen des Rekurses gegen Beschlüsse im Berufungsverfahren nach § 519 Abs 1 ZPO fällt. Nach ständiger Rechtsprechung ist § 519 ZPO auf Beschlüsse über selbständig zu entscheidende Zwischenstreitigkeiten, die sich aus Anlaß des Berufungsverfahrens ergeben, nicht anzuwenden (siehe dazu Fasching Komm IV 407). Das wurde z.B. für die (hier nicht mehr entscheidungsgegenständliche) Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Berufungsverhandlung (SZ 16/87; SZ 24/299; EFSlg 55.119), für Entscheidungen des Berufungsgerichtes über die Zulassung als Nebenintervenient (JBl 1954, 360; SZ 33/58), über die Ablehnung eines Mitgliedes des Berufungsgerichtes (SZ 42/147; SZ 43/104; EvBl 1988/43 ua) - dort wohl auch wegen § 24 Abs 2 JN - und für Entscheidungen des Berufungsgerichtes über die Verhängung einer Ordnungsstrafe (stRsp, z. B. EvBl 1959/60; SZ 43/118; SZ 45/56) angenommen. Andere Ausnahmsfälle, wie z.B. die Zulässigkeit des Rekurses gegen die Zurückweisung eines Fortsetzungsantrages (wegen Vereinbarung "ewigen Ruhens"), beruhen hingegen auf der Überlegung, daß berufungsgerichtliche Beschlüsse, welche die weitere Prozeßführung abschneiden, anfechtbar sein sollen (EvBl 1989/60 mit den weiteren Fallbeispielen SZ 34/77, SZ 52/125 und 9 Ob A 85/88). Die für die Zulässigkeit in diesen beiden Fallgruppen jeweils maßgebenden Erwägungen treffen auch hier zu: Die Frage, ob und in welchem Umfang durch die Konkurseröffnung ein Rechtsstreit unterbrochen wurde und ab wann seine Fortsetzung zulässig ist, ist Gegenstand eines selbständig zu entscheidenden Zwischenstreites. Auch wenn die Konkurseröffnung während des Verfahrens zweiter Instanz eintritt, muß den Parteien die Möglichkeit offenstehen, den deklarativen (JBl 1972, 578; SZ 44/63; GesRZ 1985, 32) Beschluß des Gerichtes über den Eintritt der Unterbrechung und die aus diesem Grund eine Fortsetzung ablehnende Entscheidung, auch wenn sie vom Berufungsgericht zu treffen ist, im Rechtsmittelweg anzufechten (vgl Petschek-Reimer-Schiemer 467), könnte doch die Verweigerung der Fortsetzung - wenn auch wohl nur in seltenen Fällen - bei divergierender Beurteilung des Charakters der Forderung im Rechtsstreit und im konkursbehördlichen Prüfungsverfahren dazu führen, daß der Kläger die Forderung im Konkurs überhaupt nicht mehr geltend machen kann.

Dem Rekurs der Klägerin steht daher die Beschränkung des § 519 Abs 1 ZPO nicht entgegen. Der Rekurs ist ohne Beschränkung auf erhebliche Rechtsfragen zulässig, so daß es auch keines Ausspruches nach § 500 Abs 2 Z 3 iVm § 526 Abs 3 ZPO bedurfte (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, ÖJZ 1989, 750).

Mit Recht wendet sich die Klägerin gegen die Ansicht, daß das Verfahren durch die Eröffnung des Konkurses über die Erstbeklagte auch gegen die Zweitbeklagte unterbrochen worden sei, weil diese mit der Gemeinschuldnerin eine einheitliche Streitpartei bilde (§ 7 Abs 1 KO; § 14 ZPO). Das Berufungsgericht stützt diese Ansicht auf die Entscheidung EvBl 1963/292 = ÖBl 1963, 11 (Wahle), die den Gebrauch einer Firmenbezeichnung für das gemeinsame Unternehmen beider Beklagten betraf. Der erkennende Senat meinte damals, es sei nicht denkbar, daß dem einen Beklagten eine bestimmte Bezeichnung des gemeinsamen Unternehmens erlaubt, dem anderen aber untersagt werde, so daß sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstrecken müsse.

Im vorliegenden Fall wird die Erstbeklagte wegen der in die Senderechte der Klägerin eingreifenden Programmgestaltung, die Zweitbeklagte wegen der Ausstrahlung dieser Sendungen von Italien aus auf Unterlassung belangt. Damit werden aber die beiden Beklagten zwar als Mittäter, aber wegen verschiedener Eingriffe in das Senderecht in Anspruch genommen, wobei die eigentliche Verbreitung der geschützten Filme mit Hilfe Hertz'scher Wellen nur der Zweitbeklagten als Sendeunternehmen vorgeworfen wird, während sich die Erstbeklagte vor allem mit der Vermittlung von Rundfunkwerbungen befaßt habe. Abgesehen von der Verschiedenheit der Eingriffshandlungen kann sich aber - worauf die Rechtsmittelwerberin zutreffend hinweist - auch die für den Unterlassungsanspruch relevante Frage der Wiederholungsgefahr und die für das Schadenersatzbegehren wesentliche Frage des Verschuldens bei beiden Beklagten anders stellen, so daß das Urteil nicht notwendigerweise gegen beide Beklagten gleichlautend sein muß, zumal die Erstbeklagte auch noch im Berufungsverfahren jede Mitwirkung an dem Urheberrechtsverstoß der Zweitbeklagten bestreitet. Die beiden Beklagten bilden daher keine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO; die Unterbrechungswirkung des § 7 Abs 1 KO erstreckt sich somit nicht auf die Zweitbeklagte. Gegen sie ist das Berufungsverfahren auf Grund des Fortsetzungsantrages der Klägerin infolge Ablaufes der dreimonatigen Ruhensfrist uneingeschränkt fortzuführen.

Nach ständiger Rechtsprechung begründet ein Unterlassungsanspruch nach dem UWG im Konkurs des Verletzers eine - unternehmensbezogene, also in der Regel nicht auf persönliche Leistung des Gemeinschuldners im Sinne des § 6 Abs 3 KO gerichtete - Konkursforderung (vgl aber EvBl 1963/292 = ÖBl 1963, 11 ÄWahleÜ), die allerdings nicht der Anmeldung unterliegt; das Verfahren kann vielmehr unmittelbar nach dem Eintritt der Unterbrechung durch die Konkurseröffnung gegen den Masseverwalter fortgesetzt werden, ohne daß der Ausgang der Prüfungstagsatzung

abgewartet werden müßte (JBl 1962, 334; ÖBl 1968, 10 = EvBl 1968/164

= JBl 1968, 265; SZ 41/93 = ÖBl 1968, 139; SZ 44/63 = ÖBl 1971, 158;

ÖBl 1988, 30; zuletzt 4 Ob 120/90 Ädie zitierten Entscheidungen betreffen zum Teil auch Aktivansprüche der GemeinschuldnerÜ). Das gilt auch für den akzessorischen Anspruch auf Urteilsveröffentlichung. Bei Ansprüchen, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, kann hingegen der Gegner des Gemeinschuldners erst nach Abschluß der Prüfungstagsatzung einen Fortsetzungsantrag stellen, wenn das Bestehen und (früher: auch) der Rang seiner im Rechtsstreit geltend gemachten Forderung bestritten wurde (SZ 52/144).

Warum bei Rechtsstreitigkeiten über mehrere Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs zum Teil unterliegen und zum Teil nicht unterliegen, eine Aufnahme des Verfahrens wegen der letzteren auch erst nach Abschluß der Prüfungstagsatzung zulässig sein sollte, ist nicht zu sehen. Dem Wortlaut des § 7 Abs 3 KO ist das Verbot einer derartigen "Teilfortsetzung" nicht zu entnehmen; diese Bestimmung regelt nur ganz allgemein die Voraussetzungen der Verfahrensaufnahme bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen. Das Problem der Anspruchshäufung "gemischter" Ansprüche wird im Gesetz nicht geregelt. Da es bei den der Anmeldung unterliegenden Ansprüchen im Fall der Anerkennung durch den Masseverwalter zu keiner Verfahrensfortsetzung mehr kommt, besteht kein Grund, den Gläubiger bezüglich der nicht der Anmeldung im Konkurs unterliegenden Ansprüche mit der Verfahrensfortsetzung auf den Abschluß der Prüfungstagsatzung zu verweisen.

Das Berufungsverfahren ist daher im Umfang der Anträge der Klägerin fortzusetzen.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO. Es liegt zwar ein Zwischenstreit vor; dessen Kostenbemessungsgrundlage läßt sich jedoch noch nicht ermitteln (Fasching II 364).

Anmerkung

E21677

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00122.9.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19900911_OGH0002_0040OB00122_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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