TE OGH 1990/9/11 4Ob96/90 (4Ob97/90)

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Veröffentlicht am 11.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** Filmproduktion OHG, Graz, Rohrbachfeld 17, vertreten durch Dr. Georg Pachernegg, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei N*** S*** F*** mbH, Wien 13., Hietzinger Hauptstraße 22, vertreten durch Dr. Alfred Mohr, Rechtsanwalt in Wien, und die dem Rechtsstreit auf der Seite der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenientin Ö*** F***, Wien 4., Margaretenstraße 1,

vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 78.200 s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5.März 1990, GZ 4 R 8/90-66, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.September 1989, GZ 21 Cg 214/87-61, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Rekursen wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, daß in der Hauptsache der abweisende Teil des Urteiles des Erstgerichtes wieder hergestellt wird, die Kostenentscheidung jedoch wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen mit S 63.635,78 bestimmten Teil der Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin 74 % der mit S 18.830,34 bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten S 3.112,72 Umsatzsteuer), sohin einen Betrag von S 13.934,45, binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.847,56 (darin enthalten S 2.134,56 Umsatzsteuer und S 2.040 Barauslagen) abzüglich der mit S 11.249,30 (darin enthalten S 1.661,55 Umsatzsteuer und S 1.280 Barauslagen) bestimmten Kosten eines angenommenen Kostenrekurses, sohin einen Betrag von S 3.598,26, und der Nebenintervenientin die mit S 12.847,36 (darin enthalten S 2.134,56 Umsatzsteuer und S 40 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat im Jahr 1979 im Auftrag der Ö***

F*** (im folgenden: Nebenintervenientin) den Film

"Österreich - das Land in dem Winter stattfindet" (im folgenden: "Winterfilm"), die Beklagte im Jahr 1981 im Auftrag des ORF den Film "Auf dem Schnee ein Feuer" (im folgenden: "Schneefilm") prouziert; Verfasser der Drehbücher und Regisseur beider Filme war Kurt F***. Für ihren "Schneefilm", welcher am 28.Dezember 1981 in der Zeit von 21,05 Uhr bis 21,50 Uhr im Zweiten Fernsehprogramm des ORF ausgestrahlt wurde, hat die Beklagte insgesamt 4 Sequenzen aus dem "Winterfilm" der Klägerin in der Dauer von zusammen 4 Minuten und 10 Sekunden übernommen und verwendet.

Am 1.März 1978 hatten die Klägerin als Produzentin des "Winterfilms" und die Nebenintervenientin über die Herstellung dieses Films einen Vertrag geschlossen, nach dessen § 8 Abs.2 der Nebenintervenientin sämtliche Werknutzungsrechte an dem in ihrem Auftrag von der Klägerin produzierten Film zustehen sollten; in Punkt 10 dieses Vertrages überließ jedoch die Nebenintervenientin der Klägerin - gegen Zahlung des dort näher festgelegten, nach dem Reinertrag abgestuften Entgeltes - die "kommerzielle Verwertung der Produktion" auf die Dauer von 5 Jahren. Nach § 10 Abs.3 des Vertrages sollte die Nebenintervenientin erst dann das Recht erlangen, eine bestimmte kommerzielle Verwertung auf eigene Kosten und Gefahr vorzunehmen, wenn die Klägerin von dieser ihr von der Nebenintervenientin aufgezeigten Verwertungsmöglichkeit innerhalb von vier Wochen keinen oder nur einen unzureichenden Gebrauch machen sollte.

Die Klägerin hat der Übernahme der vier Sequenzen des "Winterfilms" in den "Schneefilm" weder ausdrücklich noch schlüssig zugestimmt.

Die Klägerin beantragte zunächst die Verurteilung der Beklagten,

1. die Verwendung und Verwertung des "Winterfilms" oder von Teilen davon, insbesondere durch Übernahne von Teilen dieses Werkes in eine Produktion der Beklagten, hilfsweise die Abänderung des "Winterfilms" oder von Teilen davon, zu unterlassen sowie

2. der Klägerin S 300.000 samt Anhang aus dem Titel der Bereicherung und des Schadenersatzes zu zahlen;

außerdem verlangte sie die Ermächtigung zur einmaligen Veröffentlichung des stattgebenden Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten im ORF-Fernsehen durch Verlesung in der Programmankündigung für das Abendprogramm.

Als Herstellerin des "Winterfilms" stünden der Klägerin die Urheberrechte an diesem Filmwerk zu. Sie habe zwar mit Vertrag vom 1. März 1978 die Werknutzungsrechte am "Winterfilm" der Nebenintervenientin übertragen, von dieser aber gleichzeitig die kommerziellen Rechte daran auf die Dauer von 5 Jahren rückübertragen erhalten. Die Verwendung von Teilen des "Winterfilms" durch die Beklagte hätte daher der Zustimmung der Klägerin bedurft, zumal selbst die unveränderte Übernahme von Sequenzen aus einem anderen Film als Änderung dieses Filmwerkes anzusehen und daher nur mit Zustimmung des Filmherstellers zulässig sei. Tatsächlich habe jedoch die Beklagte die von ihr übernommenen Szenen des Winterfilms durch Kürzungen noch zusätzlich verändert.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen stünden der Klägerin "an Ansprüchen aus den §§ 86 ff UrhG, bzw. aus welchem Titel auch immer" S 300.000 zu. Dieser Betrag ergebe sich daraus, daß die Produktion der übernommenen Sequenzen für die Beklagte einen Aufwand von S 100.000 erfordert hätte. Auf Grund des schuldhaften Verhaltens der Beklagten habe jedoch die Klägerin auch Anspruch auf Schadenersatz, welcher mit dem zweifachen Produktionsentgelt, sohin mit S 200.000, bewertet werde. Der Schaden der Klägerin ergebe sich schon daraus, daß die Klägerin bei den Mitwirkenden in ihrer Produktion und bei diversen Auftraggebern in ein schlechtes Licht gerückt werde und dadurch einen Auftragsrückgang erlitten habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Nebenintervenientin als Inhaberin sämtlicher Werknutzunsrechte am "Winterfilm" habe ihr mit Schreiben vom 16.März 1981 die Verwendung von Ausschnitten aus diesem Film in der Dauer von ca. 5 Minuten für eine Auftragsproduktion des ORF gestattet. Außerdem bestritt die Beklagte (u.a.) die Aktivlegitimation der Klägerin sowie das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr.

Das im ersten Rechtsgang ergangene, dem Unterlassungs-Hauptbegehren der Klägerin stattgebende, das Veröffentlichungsbegehren jedoch abweisende Teilurteil des Berufungsgerichtes (ON 36) ist rechtskräftig geworden. Im zweiten Rechtsgang schränkte die Klägerin das Zahlungsbegehren auf S 90.000 samt 8 % Zinsen seit dem Klagetag ein. Da die Klägerin berechtigt gewesen wäre, zumindest S 6.000 pro Minute als Kaufpreis für das Zur-Verfügung-Stellen von Filmausschnitten zu verlangen, würden S 30.000 als angemessenes Entgelt für die Einräumung der erforderlichen Verwertungsrechte begehrt; weitere S 60.000 würden gemäß §§ 86 ff UrhG begehrt, weil die Beklagte zumindest fahrlässig im Bewußtsein des fremden Eigentums an den übernommenen Filmsequenzen gehandelt habe. Die Klägerin habe wegen dieses Vorfalles von der Nebenintervenientin zumindest ein halbes Jahr lang keinen weiteren Auftrag erhalten und dadurch einen Schaden erlitten, der zumindest die Höhe des eingeklagten Betrages erreiche (ON 46 S.315 f). In der Folge "spezifizierte" die Klägerin dieses Vorbringen dahin, daß sich der eingeklagte Geldbetrag von S 90.000 nicht in einen Teilbetrag von S 30.000 als angemessene Abgeltung der verwendeten Filmsequenzen und von S 60.000 aus dem Titel der §§ 86 ff UrhG gliedere, sondern insgesamt "von der Beklagten aus welchem Titel auch immer begehrt werde" (ON 47 S.322).

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Zahlungsbegehrens. Das von der Klägerin begehrte Entgelt für das Überlassen von Filmausschnitten sei überhöht. Auch treffe die Beklagte an der Verletzung der Verwertungsrechte der Klägerin kein Verschulden, weil sie in Ausübung ihrer kaufmännischen Sorgfaltspflicht beim einzig erkennbaren Eigentümer, nämlich der Nebenintervenientin, um die Bewilligung zur Verwertung der übernommenen Filmsequenzen angesucht und diese auch erhalten habe; sie habe daher diese Filmsequenzen gutgläubig verwendet. Im übrigen könne die Klägerin neben der Entschädigung von S 30.000 nicht auch noch Schadenersatz verlangen. Das Schadenersatzbegehren sei auch deshalb sittenwidrig, weil der von der Klägerin für die Nebenintervenientin hergestellte Film mit Steuermitteln finanziert worden sei. Die umstrittenen Sequenzen seien nur einmal im Inland ausgestrahlt worden (ON 47 S.321). In der Folge beantragten die Beklagte und die Nebenintervenientin, der Klägerin die Aufschlüsselung des pauschal begehrten Betrages von S 90.000 aufzutragen. Die Klägerin habe ursprünglich (ON 4) S 100.000 als angemessenes Entgelt für die verwendeten Filmsequenzen begehrt; die nunmehr geltend gemachten Schadenersatzansprüche seien daher verjährt.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte mit Endurteil schuldig, der Klägerin S 11.800 samt 4 % Zinsen seit 26.April 1982 zu zahlen und wies das Mehrbegehren von S 78.200 samt 8 % Zinsen seit 26.April 1982 und 4 % Zinsen aus S 11.800 seit 26.April 1982 ab. Es traf noch folgende ergänzende Feststellungen:

Im Jahre 1981 war für Werknutzungsbewilligungen an Dokumentarfilmausschnitten ein Preis von S 2.000 pro angefangener Filmminute zuzüglich Materialkosten und Umsatzsteuer branchenüblich. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Klägerin durch das Vorgehen der Beklagten einen Schaden erlitten hat.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht folgendes aus:

Der Klägerin sei das alleinige Recht der kommerziellen Verwertung des "Winterfilms" zugestanden; die Beklagte, die für die Übernahme von 4 Sequenzen aus diesem Film keine Zustimmung der Klägerin eingeholt habe, habe dafür gemäß § 86 Abs.1 UrhG ein angemessenes Entgelt zu zahlen. Da ein konkreter Schaden der Klägerin nicht habe festgestellt werden können, brauche die Frage eines Verschuldens der Beklagten nicht geprüft zu werden.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich seines stattgebenden Teiles unbekämpft geblieben war, im Umfang der Abweisung von S 78.200,- s.A. auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Das angemessene Entgelt im Sinne des § 86 Abs.1 UrhG sei jener Betrag, der für die Erteilung gleichartiger, im voraus eingeholter Werknutzungsbewilligungen verlangt und gezahlt werde. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergebe sich jedoch nicht, ob im vorliegenden Fall zu den S 2.000, die für die Überlassung der Nutzungsrechte pro Filmminute üblich waren, auch noch die Materialkosten kämen, worin diese bestünden und wie hoch sie im vorliegenden Fall gewesen seien; insoweit sei der Sachverhalt noch aufklärungsbedürftig. Im Fall eines Verschuldens der Beklagten könne die Klägerin aber auch das Doppelte des gemäß § 86 UrhG gebührenden Entgeltes aus dem Titel des Schadenersatzes begehren. Das Berufungsgericht folge hier der Auffassung, daß die Beweiserleichterung und die Schadenspauschalierung, des § 87 Abs.3 UrhG diene, auch den Beweisnotstand beim Nachweis des Eintrittes eines konkreten Vermögensschadens umfaßten. Das Erstgericht werde sich daher im fortgesetzten Verfahren auch mit der Frage des Verschuldens der Beklagten an der Verletzung der Werknutzungsrechte der Klägerin befassen müssen.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richten sich die Rekurse der Beklagten und der Nebenintervenientin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der Sache selbst das (restliche) Klagebegehren abzuweisen, hilfsweise dem Berufungsgericht eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Die Klägerin beantragt, den Rekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind berechtigt.

Zutreffend eisen beide Rechtsmittel darauf hin, daß es einer Verfahrensergänzung im Zusammenhang mit allfälligen Materialkosten schon deshalb nicht bedarf, weil die Klägerin derartige Kosten gar nicht geltend gemacht hat; auch ist nicht ersichtlich, wie weit der Klägerin aus der Übernahme mehrerer Filmsequenzen des "Winterfilms" durch die Beklagte, welcher das entsprechende Filmmaterial von der Nebenintervenientin zum Kopieren zur Verfügung gestellt worden war, solche Kosten erwachsen sein sollen.

Die Aufhebung des Urteils des Erstgerichtes ist aber auch deshalb verfehlt, weil das Zahlungsbegehren der Klägerin (nunmehr) dem Bestimmtheitsgebot des § 226 Abs.1 ZPO widerspricht:

Die Klägerin hat den ursprünglich geltend gemachten Schadenersatzanspruch von S 300.000 darauf gestützt, daß ihr für die Produktion von 10 % des Gesamtauftragsvolumens (rund 1 Million S) ein angemessenes Entgelt von S 100.000 und überdies gemäß § 87 Abs.3 UrhG ein Schadenersatzanspruch in der doppelten Höhe des angemessenen Entgelts zustehe, weil sie durch die Eingriffshandlung der Beklagten bei den Mitwirkenden und bei ihren Auftraggebern in ein schlechtes Licht geraten und ihre Auftragslage dadurch zurückgegangen sei. Später hat sie ein angemessenes Entgelt von S 30.000 - berechnet nach den üblicherweise für eine im voraus erteilte Einwilligung des Filmproduzenten zur Übernahme von Filmsequenzen gezahlten Beträgen - und einen weiteren Betrag von S 60.000 gemäß §§ 86 ff UrhG aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung verlangt, daß die Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt habe und die Klägerin wegen dieses Verhaltens von der Nebenintervenientin zumindest ein halbes Jahr lang gesperrt worden sei; ihr sei daher jedenfalls ein Schaden in dieser Höhe erwachsen. Dieses Vorbringen hat die Klägerin schließlich dahin "spezifiziert", daß - ohne Aufgliederung in Einzelbeträge - der Gesamtbetrag von S 90.000 "aus welchem Titel auch immer" begehrt werde. Macht der Kläger im selben Rechtsstreit mehrere (Schaden-)Ansprüche geltend, dann muß gemäß § 226 Abs.1 ZPO jeder einzelne von ihnen nicht nur ziffernmäßig bestimmt, sondern in seiner sachlichen Begründung auch ausreichend individualisiert sein. Stehen die Ansprüche - wie dies regelmäßig zutrifft - gleichwertig nebeneinander, dann ist die Berechtigung jedes einzelnen Anspruches selbständig zu prüfen und über jeden von ihnen mit Urteil abzusprechen. Ein Klagebegehren, mit dem für eine Mehrzahl verschiedener (Schadenersatz-)Ansprüche ein Pauschalbetrag verlangt wird, muß daher mangels Individualisierung erfolglos bleiben; ebensowenig darf die Teil-Aberkennung eines Anspruches durch einen Mehrzuspruch bei einem anderen Anspruch ausgeglichen werden (ÖBl.1981, 122 mwN). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin neben einem (verschuldensunabhängigen) Verwendungsanspruch auf Zahlung eines angemessenen Entgeltes im Sinne des § 86 Abs.1 UrhG auch einen Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Vermögensschadens (entgangener Gewinn) erhoben, beide Ansprüche aber zuletzt nicht mehr im einzelnen aufgegliedert, sondern nur noch eine Pauschalsumme geltend gemacht. Eine solche Vorgangsweise, bei der lediglich eine Globalsumme verlangt und die Aufteilung dieses Betrages auf die - nur in der Klageerzählung einzeln angeführten - Ansprüche dem Gericht überlassen wird, ist aber mit dem Erfordernis der Bestimmtheit und der Individualisierung jedes einzelnen Klageanspruches nicht zu vereinen.

Die Bestimmtheit des Klagebegehrens als Voraussetzung für einen tauglichen Exekutionstitel ist eine von Amts wegen zu beachtende prozessuale Klagevoraussetzung (SZ 36/86; RZ 1979/91; ÖBl.1981, 122; ÖBl.1989, 14), die auch noch im Rechtsmittelverfahren zu prüfen ist. Das Fehlen dieses Erfordernisses rechtfertigt zwar regelmäßig nicht die sofortige Abweisung des Klagebegehrens, weil der Richter in Erfüllung seiner Prozeßleitungspflicht nach § 182 ZPO den Kläger - auch wenn dieser anwaltlich vertreten ist - zu einer entsprechenden Präzisierung des Urteilsbegehrens aufzufordern hat (ZBl 1926/248; SZ 41/148; ÖBl.1981, 122 uva); im vorliegenden Fall mußte aber dieser Mangel dennoch zur sofortigen Abweisung der Klage auch noch im Rechtsmittelverfahren führen, weil die Klägerin das von ihr ursprünglich erhobene, ausreichend bestimmte Begehren in der Folge selbst undeutlich gemacht hat und es trotz der ausdrücklichen Rüge der Beklagten, daß es einer Aufschlüsselung des geltend gemachten Gesamtbetrages in die einzelnen Begehren bedürfe (ON 48), dabei bewenden ließ. Die - mit Zustimmung des Erstrichters (§ 184 Abs 1 ZPO) - von der Beklagten aufgeworfene Frage der Aufschlüsselung des Begehrens kann hier der Aufforderung durch das Gericht, das Klagebegehren aufzuschlüsseln, gleichgestellt werden. In der Bestreitung dieses Vorbringens durch die Klägerin muß dann aber eine Weigerung der Klägerin erblickt werden, die verlangte Aufschlüsselung vorzunehmen. Unter diesen Umständen bedurfte es im vorliegenden Fall keiner (neuerlichen) Anleitung durch das Gericht mehr, so daß eine Aufhebung zu diesem Zweck entbehrlich ist. Der Beschluß des Berufungsgerichtes war daher aufzuheben und in der Sache selbst die abweisende Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederherzustellen.

Mit Recht hat aber die Klägerin (in ihrer Berufung im Kostenpunkt) die Kostenentscheidung im Endurteil des Erstgerichtes gerügt. Das Erstgericht hat nicht erkannt, daß die Klägerin im ersten Rechtsgang (bis einschließlich der Berufungsverhandlung vom 23. Oktober 1985) mit ihren Ansprüchen im Geldwert von S 811.800, somit mit rund 70 % des in diesem Verfahrensabschnitt maßgebenden Streitwertes von S 1,150.000, durchgedrungen ist und daher gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz von "mindestens 35 %" (40 %) ihrer Kosten hat (§ 43 Abs.1 ZPO). Der Zuspruch von Kosten an die Beklagte und die Nebenintervenientin in diesem Verfahrensabschnitt unter Hinweis auf § 41 ZPO war daher verfehlt. Im zweiten Verfahrensabschnitt von der Verhandlungstagsatzung vom 17.Dezember 1987 bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz betrug der Streitwert (nach Erledigung der Ansprüche auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung und nach Einschränkung des offen gebliebenen Zahlungsanspruches) nur noch S 90.000; davon hat aber die Klägerin nur mit S 11.800 obsiegt. In diesem Abschnitt haben daher die Beklagten und die Nebenintervenientin Anspruch auf Ersatz von 74 % ihrer Kosten (§ 43 Abs.1 ZPO).

Die Kosten der Klägerin betrugen im ersten Verfahrensabschnitt insgesamt S 233.959,79 (darin enthalten S 20.309,98 Umsatzsteuer und S 10.550 Barauslagen); 40 % davon ergeben einen Kostenersatzanspruch von S 93.583,92. Die Kosten der Beklagten im zweiten Verfahrensabschnitt betragen S 17.505,46 (darin enthalten S 1.787,84 Umsatzsteuer und S 154 Barauslagen); 74 % davon ergeben einen Kostenersatzanspruch von S 12.954,04. Die Klägerin gesteht jedoch der Beklagten in ihrem Rechtsmittel Kosten in der Höhe von S 14.676,98 zu und begehrt in ihrem Rechtsmittelantrag nur die Zuerkennung eines Differenzbetrages von S 63.635,78. Da der beantragte Kostenbetrag unter dem tarifmäßigen Kostenersatzanspruch liegt, konnte dem Rechtsmittelantrag in vollem Umfang stattgegeben werden. Dieser Kostenbetrag und die Summe der der Beklagten und der Nebenintervenientin aberkannten Kostenersatzansprüche (abzüglich der ihnen zugesprochenen Kosten im zweiten Rechtsgang) bilden auch die Bemessungsgrundlage für die Kosten eines angenommenen Kostenrekurses, welche die Beklagte der Klägerin zu ersetzen hat. Die Kosten der Nebenintervenientin im zweiten Verfahrensabschnitt betragen S 18.830,34; davon hat die Klägerin der Nebenintervenientin 74 %, sohin S 13.934,45 zu ersetzen.

Im Rechtsmittelverfahren ist die Klägerin zur Gänze unterlegen; sie hat daher der Beklagten und der Nebenintervenientin die Kosten dieses Teiles des Verfahrens zur Gänze zu ersetzen (§§ 41, 50 ZPO). Die Bemessungsgrundlage im Rechtsmittelverfahren beträgt nur S 78.200. Die - neben der Bekämpfung der Entscheidung in der Hauptsache - vorgenommene Anfechtung des Ersturteils im Kostenpunkt hat auf diese Bemessungsgrundlage keinen Einfluß.

Anmerkung

E21679

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00096.9.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19900911_OGH0002_0040OB00096_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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