Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P & F W*** OHG, Foto- und Grafikstudio, Wien 3, Bechardgasse 14, vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "W*** S***" Fotostudio Gesellschaft mbH, Marchtrenk, Neufahrnerstraße 101, vertreten durch Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 305.000,--) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 55.000,--), Gesamtstreitwert sohin S 360.000,--, infolge von außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16.Mai 1990, GZ 6 R 127/90-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20.März 1990, GZ 7 Cg 364/89-5, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der Klägerin wird nicht Folge gegeben. Der Revision der Beklagten wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Klagebegehren
"1. Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber schuldig, die Verwendung des Firmenbestandteils (Firmenschlagwortes) "W***" im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen und ihre Firma dahin abzuändern, daß darain das Wort "W***" nicht vorkommt, beides binnen einem Monat bei sonstiger Zwanggsfolge. Diese Unterlassungsverpflichtung gilt insbesondere dann, wenn die Verwendung des Firmenbestandteils bzw Firmenschlagwortes "W***" getrennt von allfälligen Zusätzen (zB "S***"), und/oder graphisch hervorgehoben und/oder in Verbindung mit einer rosa Farbtönung bzw mit einem perforierten Filmstreifen erfolgt.
2. Die Klägerin wird ermächtigt, den Urteilsspruch innerhalb Jahresfrist ab Rechtskraft auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil einer Samstagausgabe der "Presse" und der "Oberösterreichischen Nachrichten" sowie der Fachzeitschrift "Extra-Dienst" veröffentlichen zu lassen, und zwar in Normallettern, in Spalten gesetzt, in Fettumrahmung, mit fettgedruckter Überschrift 'Im Namen der Republik' und mit fettgedruckter Bezeichnung der Parteien."
zur Gänze abgewiesen wird."
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 76.275,-- bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (hievon S 9.712,50 Umsatzsteuer und S 18.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin (bzw ihre Rechtsvorgängerin) betreibt seit vielen Jahren ein Fotostudio mit dem Firmenbestandteil "W***". Im Jahre 1972 war die "Peter W*** Gesellschaft mbH" gegründet und zu 7 HRB 14.141 im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen worden. Durch Umwandlung entstand daraus im Jahre 1981 die Einzelfirma "Peter W***", sodann nach dem Eintritt der Gesellschafterin Friedrun W*** die "Peter & Friedrun W*** OHG" und nach einer neuerlichen Firmenänderung die "P. & F. W*** OHG, Foto- und Grafik-Studio" (HRA 22.304 des Handelsgerichtes Wien). Die Klägerin ist im gesamten Bereich der Fotografie, insbesondere im Bereich der Werbe- und Modefotografie, sowie des Graphik- und Fotodesigns tätig. Sie verwendet das Firmenschlagwort "W***" zum Teil allein, zum Teil in Verbindung mit dem Wort "Studio" ("W***-Studios").
Die Beklagte wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22.11.1979 gegründet, jedoch erst am 9.4.1984 mit der Firma "Kommunikationsstudio Gesellschaft mbH" in das Handelsregister eingetragen. Erst mit Beschluß der Generalversammlung vom 15.12.1986 wurde die Firma in "W*** S***" Fotostudio Gesellschaft mbH geändert (HRB 3.209 des Handelsregisters des Landesgerichtes Linz); ihr Sitz ist Leonding. Die Beklagte ist ebenfalls auf dem Gebiet der Fotografie tätig. Gegenstand ihres Unternehmens sind nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages (siehe Handelsregisterauszug Beilage C) auch
a) die Filmproduktion, die Produktion von Tonbildserien und Tonaufnahmen,
b)
die Pressefotografie und Ausübung des Fotografengewerbes,
c)
die Werbegrafik und Werbegestaltung,
d)
der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit audiovisuellen Geräten,
e) der Entwurf von Kommunikations- und Schulungsprogrammen und die Schulungsabwicklung,
f)
der Messebau,
g)
die Beteiligung an Unternehmen gleicher oder ähnlicher Branche.
Die Beklagte betreibt zwei Studios, eines in Leonding und das andere in Marchtrenk; das erste bezeichnet sie als das "Optimale Style-Life-Studio", das zweite als "Optimale Möbel-Studio". Die Klägerin hebt in ihren Geschäftspapieren (Briefpapier, Briefumschläge, Kurznachrichten, Hinweiszettel etc.) den Firmenbestandteil "W***" graphisch und der Größe nach besonders hervor. Sie führt ein Firmenlogo, das aus einem Bleistift mit rosa Spitze und - von dieser Spitze herrührenden - rosa Strichen besteht; der Bleistift ist als schwarzer Filmstreifen mit der typischen Transportperforierung an den Rändern dargestellt (Beilage D und G). Dieses Firmenlogo ist zugunsten der Klägerin beim Österreichischen Patentamt unter Nr. 124.824 mit Priorität vom 23.12.1988 als Wort-Bild-Marke registriert.
Die Beklagte ist Inhaberin der beim Österreichischen Patentamt mit Priorität vom 2.12.1988 eingetragenen Wort-Bild-Marke Nr. 124.221 "W*** S***", die aus den weißen Blockbuchstaben "W***" auf schwarzem Grund und - eine Zeile darunter - aus dem kursiv mit mageren Typen geschriebenen Wortteil "S***" sowie ebenfalls aus einem Filmstreifen mit der typischen Transportperforierung besteht. Die Beklagte verwendet dieses Zeichen ebenfalls als Firmenlogo; sie hebt im geschäftlichen Verkehr - insbesondere bei der Werbung - den Bestandteil "W***" deutlich hervor und trennt ihn von dem Wort "S***" räumlich und auch in der graphischen Gestaltung (Beilagen E, F, J und 3).
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Verwendung des Firmenbestandteils und Firmenschlagwortes "W***" im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen und ihre Firma binnen einem Monat dahin zu ändern, daß darin das Wort "W***" nicht vorkommt; diese Unterlassungsverpflichtung gelte insbesondere dann, wenn die Verwendung des Firmenschlagwortes "W***" getrennt von allfälligen Zusätzen (zB "S***") und/oder graphisch hervorgehoben und/oder in Verbindung mit einer rosa Farbtönung bzw mit einem perforierten Filmstreifen erfolgt.
Ferner beantragt die Klägerin die Ermächtigung, den Urteilsspruch in einer Samstagausgabe der "Presse" in eventu der "Oberösterreichischen Nachrichten", sowie in der Fachzeitschrift "Extra-Dienst" veröffentlichen zu lassen.
Die Klägerin verwende den Familiennamen ihrer Gesellschafter "W***" seit vielen Jahren als Firmenschlagwort; dieses Wort sei auch der kennzeichnende Firmenbestandteil des Unternehmens der Beklagten. Die Verwendung desselben Zeichens für das branchengleiche Unternehmen der Beklagten sei geeignet, Verwechslungen mit der Firma der Klägerin hervorzurufen. Der Firmenbestandteil "W***" habe für die Klägerin Verkehrsgeltung erlangt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil der in der Firma der Klägerin enthaltene Familienname "W***" ein deutsches Wort sei, das Firmenschlagwort "W*** S***" aber ein englischer Ausdruck, der die angesprochenen Verkehrskreise an das Musical "West Side Story" erinnere. Als Wort der Umgangssprache und als geographischer Begriff könne "W***" nicht monopolisiert werden; an diesem Wort bestehe ein allgemeines Freihaltebedürfnis. Auch zwischen den beiderseitigen Firmenlogos bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und ermächtigte die Klägerin zur Veröffentlichung des Urteilsspruches im redaktionellen Teil der Samstagausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" sowie der Fachzeitschrift "Extra-Dienst". Der Bestandteil "W***" der Firma der Klägerin sei unterscheidungskräftig und daher schon ab Beginn des Gebrauches bzw ab Eintragung im Handelsregister gegen eine zur Verwechslung geeignete Benützung durch andere geschützt; nur durchgreifende Branchen- und Warenverschiedenheit könnte die Verwechslungsgefahr ausschließen. Die Beklagte greife durch den Gebrauch der Worte "W*** S***" in das geschützte Firmenschlagwort der Klägerin ein. Der Zusatz "S***" schließe die Verwechslungsgefahr nicht aus. Zur Aufklärung des Publikums reiche es aus, den Spruch des Urteils in einer oberösterreichischen Tageszeitung und in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es erkannte die Beklagte schuldig, die Verwendung des Firmenbestandteils "W***" nur besonders hervorgehoben und getrennt vom Firmenbestandteil "S***" zu unterlassen und ihre Firma dahin abzuändern, daß darin das Wort "W***" in der genannten (beanstandeten) Form nicht vorkomme; die Klägerin wurde ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der Fachzeitschrift "Extra-Dienst" veröffentlichen zu lassen. Das Unterlassungsmehrbegehren, sowie das Veröffentlichungsmehrbegehren wurden abgewiesen; zugleich sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Auch wenn die Klägerin schon seit Generationen ein Fotostudio unter dem Familiennamen "W***" führe, habe sie keinen Anspruch darauf, daß andere Unternehmer diese geographische Bezeichnung nicht mehr als Teil ihrer Firma verwenden dürften, handle es sich doch um ein schwaches Zeichen, das dem allgemeinen Sprachgebrauch weiterhin zur Verfügung stehen müsse. Zur Verwechslung geeignet sei jedoch die Hervorhebung des Wortteils "W***" in einer eigenen Zeile. Die Darstellung eines Negativfilms weise hingegen nur auf das von beiden Streitteilen ausgeübte Fotografengewerbe hin; die Verwendung (desselben) rosa Farbtons sei vom Klagebegehren nicht umfaßt. Die Subsumtion eines Sachverhaltes unter § 9 UWG verlange zwar Verkehrsgeltung des betreffenden Zeichens, die sklavische Nachahmung nach der Generalklausel (§ 1 UWG) hingegen nur dessen Verkehrsbekanntheit. Die zur Frage der Verkehrsgeltung beantragten Beweise seien zwar nicht aufgenommen worden; die Verkehrsgeltung des Familiennamens der Klägerin sei aber auf Grund der Außerstreitstellungen und des übrigen Vorbringens der Beklagten als zugestanden anzusehen. Die isolierte Verwendung dieses Familiennamens durch die Beklagte sei geeignet, Verwechslungen herbeizuführen; in diesem eingeschränkten Umfang sei dem Klagebegehren stattzugeben. Die Veröffentlichung dieses Teiles des Urteils im Fachblatt der Fotografen ("Extra-Dienst") erscheine ausreichend.
Beide Streitteile erheben gegen das Urteil des Berufungsgerichtes eine außerordentliche Revision. Die Beklagte macht Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung, die Klägerin Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Die Beklagte strebt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens an, die Klägerin begehrt die Wiederherstellung des Ersturteils.
In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Streitteile, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben. Die Revisionen der Streitteile sind schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht in mehreren Punkten von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Zeichenschutzes abgewichen ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist berechtigt, jene der Klägerin nicht berechtigt.
Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf den Gebrauch ihres kennzeichnenden, aus dem Familiennamen der Firmeninhaber abgeleiteten Firmenbestandteils (§ 9 Abs 1 UWG) "W***", den sie - wenn auch nicht "seit Generationen" (wie das Berufungsgericht aktenwidrig unterstellt) - immerhin seit mindestens 1972 als Teil der Firma einer GmbH, dann einer Einzelfirma und nunmehr einer OHG benützt.
Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, genießt den Schutz des § 9 Abs 1 UWG nicht nur der volle Firmenwortlaut, sondern auch ein Firmenbestandteil (Firmenkurzbezeichnung, Firmenschlagwort), der Namensfunktion hat, also für sich allein oder im Zusammenhang mit Zusätzen, die bei seinem Gebrauch verwendet werden, auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist. Ein solcher Firmenbestandteil muß unterscheidungskräftig sein, also etwas Besonderes, Individuelles an sich haben und damit geeignet sein, das Unternehmen von anderen zu unterscheiden (Baumbach-Hefermehl, Wettbewersbrecht16, 1240 f § 16 dUWG Rz 132 f; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 47;
Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 147 f; ÖBl 1986, 127 - GfB-Betriebsberatung; ÖBl 1988, 23 - "HOGAT"/"HOGAST";
ÖBl 1990, 24 - "AGRO" je mwN; ÖBl 1990, 117 - "Propangas"). Ist
diese Unterscheidungskraft gegeben, dann genießt eine solche
Bezeichnung schon vom Beginn ihrer Verwendung an den Schutz des § 9
Abs 1 UWG. Eine mangels Kennzeichnungskraft an sich nicht
schutzfähige Firma oder Firmenkurzbezeichnung (Firmenschlagwort)
kann hingegen dadurch schutzfähig werden, daß das Zeichen innerhalb
beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gilt,
also Verkehrsgeltung erlangt (Koppensteiner aaO 149; ÖBl 1990,
117 - "Propangas" mwN); der Schutz beginnt dann allerdings erst mit
dem Erlangen der Verkehrsgeltung (ÖBl 1986,
127 - GfB-Betriebsberatung; ÖBl 1990, 24 - "AGRO", je mwN).
Es gibt allerdings auch absolut schutzunfähige Zeichen, die in keinem Fall - auch nicht durch Verkehrsgeltung - geschützt werden können. Das gilt vor allem für Wörter der Umgangssprache oder einer Fachsprache, an denen ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht. Für die Abgrenzung zwischen absolut schutzunfähigen und solchen Bezeichnungen, die bei Verkehrsgeltung schützbar werden, sind dieselben Kriterien heranzuziehen, die nach § 4 Abs 1 Z 2 und 3 iVm § 4 Abs 2 MSchG für die Registrierbarkeit einer Marke maßgebend sind. Absolut schutzunfähig auch nach Wettbewerbsrecht sind daher Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind; demgegenüber können Wörter, die zwar - für sich gesehen - keine Unterscheidungskraft besitzen, sondern ausschließlich Angaben iS des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG enthalten, bei entsprechender Verkehrsgeltung Schutz nach § 9 Abs 3 UWG erlangen (Koppensteiner aaO 148 f;
ÖBl 1981, 106 - "Rustikal"/"Rustikana"; ÖBl 1983, 44 - "Tauerngrün";
ÖBl 1985, 11 - "Flugambulanz"; ÖBl 1987, 24 - "Glanz ohne Kratzer";
ÖBl 1990, 24 - "AGRO"; ÖBl 1990, 117 - "Propangas"). Diese Grundsätze gelten auch für im Handelsregister eingetragene Firmenbezeichnungen (ÖBl 1985, 11 - "Flugambulanz"; ÖBl 1990, 24 - "AGRO"; ÖBl 1990, 117 - "Propangas").
Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Bezeichnung "W***" als geographischer Begriff dem allgemeinen Sprachgebrauch zur Verfügung stehen müsse (und auch bei der vom Berufungsgericht angenommenen Verkehrsgeltung nicht schützbar sei), ist nicht zu folgen, weil die konkurrierenden Zeichen erkennbar nicht als Ortsangaben verwendet werden. Die Worte "W*** S***", die sich die Beklagte zur Kennzeichnung ihres Fotostudios beigelegt hat, sind nicht als Ortsangabe (im Sinne eines Hinweises auf den Firmensitz oder auf die Herkunft der angebotenen Waren und Dienstleistungen) zu verstehen; sie haben mit den als "W*** S***" bezeichneten Elendquartieren New Yorks nur insofern etwas zu tun, als sie auf den Handlungsort des weltbekannten Musicals "West Side Story" hinweisen. In bezug auf den Gegenstand des Unternehmens der Beklagten liegt daher eine reine Phantasiebezeichnung vor (ähnlich Äzu einer WarenbezeichnungÜ ÖBl 1981, 69 - "Miß Broadway"). Die Beklagte kann sich daher gegenüber dem von der Klägerin als Firmenkurzbezeichnung (zB im Zusammenhang mit dem Begriff "Studio") verwendeten Familiennamen der Firmeninhaber nicht auf ein Freihaltebedürfnis berufen. Als Familienname gehört aber "W***" durchaus nicht zu den mangels entsprechender Unterscheidungskraft (ohne Verkehrsgeltung) nicht schutzfähigen "Allerweltsnamen" wie Maier, Müller usw (vgl dazu Hohenecker-Friedl aaO 47; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 147; Baumbach-Hefermehl aaO 1194 § 16 dUWG Rz 28; ecolex 1990, 160 - "Hofmann"); die von der Klägerin (auch im derzeitigen Firmenwortlaut "P & F W*** OHG") erkennbar als Familienname geführte Kurzbezeichnung "W***" ist daher unterscheidungskräftig und genießt damit schon vom Zeitpunkt ihrer Verwendung an den Schutz des § 9 Abs 1 UWG gegen verwechselbaren Gebrauch. Auf die von der Beklagten bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Frage der Verkehrsgeltung dieses Zeichens ist daher nicht einzugehen. Mit der wettbewersrechtlichen Beurteilung sklavischer Nachahmung hat der vorliegende Fall nichts zu tun. Die Berechtigung des Hauptbegehrens hängt somit ausschließlich davon ab, ob die unterscheidungskräftigen Begriffe "W***" und "W*** S***" (auch ohne besondere Hervorhebung der Silbe "W***" oder räumliche Trennung von "W***" und "S***") verwechselbar ähnlich sind. Verwechslungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn durch den Gebrauch der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen die Annahme einer Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus solchen Unternehmen, die zueinander in besonderen Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen, hervorgerufen werden könnte (ÖBl 1977, 127 - "Koreska" mwN; ÖBl 1983, 81 - "Bayer"; 4 Ob 120/88). Wenngleich der Schutz nach § 9 UWG (völlige) Warengleichartigkeit nicht voraussetzt, dürfen doch die von den Parteien vertriebenen Waren oder Leistungen nicht so weit voneinander entfernt sein, daß die Gefahr von Verwechslungen nicht mehr besteht; umgekehrt können bei gleichen oder sehr verwandten Waren und Dienstleistungen auch erheblich voneinander abweichende Zeichen Verwechselbarkeit begründen (ÖBl 1983, 80 - "Bayer"). Bei vollständiger Aufnahme eines Zeichens in ein anderes Zeichen ist die Verwechslungsgefahr in der Regel zu bejahen, sofern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spielt und gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens prägen, ganz in den Hintergrund tritt (Hohenecker-Friedl aaO 193; ähnlich Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 881, § 31 d WZG Rz 37; ÖBl 1976, 23 - "Pfeilstern"; ÖBl 1984, 104 - "Uniton"). Auch hier kann insbesondere ein deutlich verschiedener Begriffsinhalt des neuen Zeichens, das durch vollständige Aufnahme des alten Zeichens gebildet wurde, Ähnlichkeiten in Wortbild und Wortklang in den Hintergrund drängen (Schönherr zu ÖBl 1976, 76;
Koppensteiner aaO 158 FN 128; ÖBl 1986, 92 - "Noverox/Ferrox").
Diese Voraussetzung liegt hier vor: Diejenigen Verkehrskreise, denen das weltbekannte Musical "West Side Story" ein Begriff ist, werden die Wortfolge "W*** S***" unabhängig davon, ob sie (wie im Englischen) getrennt oder zusammengeschrieben wird, als Einheit erfassen und wegen des ganz besonderen Begriffsinhaltes nur an das musikalische Werk bzw dessen Schauplatz denken und damit der Ähnlichkeit mit einer branchengleichen Firmenbezeichnung, die "W***" als Familienname enthält, nur geringe Aufmerksamkeit schenken. Bei der Beurteilung der Frage, ob dieses Verständnis im wesentlichen bei allen von den Streitteilen angesprochenen Verkehrskreisen zu erwarten ist, fällt entscheidend ins Gewicht, daß sich die Parteien nach ihrem Geschäftsgegenstand (Klägerin: insbesondere Werbe- und Modefotografie sowie Grafik- und Fotodesign; Beklagte: insbesondere Filmproduktion, Werbegrafik und Werbegestaltung) und nach dem vorgelegten Werbematerial nicht an ein breites Publikum aller Schichten, sondern an (gehobene) Unternehmerkreise wenden, welche die Dienste der Streitteile für die Herstellung fotografischer Werbemittel (mit entsprechendem Niveau) in Anspruch nahmen. Bei diesen Verkehrskreisen ist aber die Kenntnis des Begriffs "W*** S***" vorauszusetzen.
Soweit aber die Streitteile darüber hinaus im Bereich der gesamten Fotografie tätig sind und auch Privatpersonen als ihre Kunden in Betracht kommen (Herstellung von Bildern für private Anlässe aller Art usw), vermindert schon die räumliche Entfernung zwischen den beiden Mitbewerbern eine noch ins Gewicht fallende Verwechslungsgefahr.
Dazu kommt, daß das Publikum trotz der Übereinstimmung der beiden Zeichen in der Silbe "W***" - auch soweit es mit dem Begriff "W*** S***" keine konkreten Vorstellungen verbindet - "W*** S***" jedenfalls als eine Art Sachbezeichnung zu erkennen vermag, während "P & F W***" für jedermann deutlich auf einen Familiennamen mit zwei Vornamen hinweist, wird doch das Zeichen "&" im Handelsverkehr in aller Regel zur Verbindung von Personenbezeichnungen verwendet. Damit ist aber auch die Gefahr, daß das angesprochene Publikum zumindest organisatorische Zusammenhänge zwischen den beiden Unternehmen vermutet, auszuschließen.
Das Klagebegehren ist auch insoweit nicht berechtigt, als die Unterlassung der Verwendung des Firmenschlagwortes "W***" für den besonderen Fall verlangt wird, daß dieser Zeichenbestandteil "getrennt von allfälligen Zusätzen (zB "S***") und/oder graphisch hervorgehoben und/oder in Verbindung mit einer rosa Farbtönung bzw einem perforierten Filmstreifen" benützt wird. Was die getrennte Verwendung von "W***" betrifft, so liegt ein Verstoß der Beklagten nicht vor, weil in dem in zwei Zeilen geschriebenen Begriff "W*** S***" der Wortteil "S***" (2.Zeile) durch Verwenden größerer Typen als beim Wort "W***" sowie durch Kursivdruck sehr deutlich hervortritt. Die rosa Farbe wird von der Beklagten als Hintergrund für den Firmenbestandteil "W***" und - wie sich aus mehreren vorgelegten Beilagen ergibt - überhaupt als "Hausfarbe" verwendet; die Klägerin benützt diese Farbe nur im "Firmenlogo" (rosa Bleistiftspitze, von der ein rosa Strich ausgeht); diese Verwendungen erhöhen die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen nicht. Ein genereller Ausstattungsschutz an einer Farbe ist vom Klagebegehren nicht umfaßt; er würde auch - im Hinblick auf das Freihaltebedürfnis an Farben - eine sehr hohe Verkehrsgeltung (Verkehrsdurchsetzung) erfordern (Baumbach-Hefermehl aaO 1244 § 16 dUWG Rz 144; dieselben, Warenzeichenrecht12, 802 ff § 25 WZG Rz 53 ff, insb Rz 59; ÖBl 1974, 35 - "ARAL II"; ÖBl 1977, 103 - "Kelly-Chips"; ÖBl 1982, 101 - "Bosch-Kundendienst"), die aber nicht behauptet wurde. Im wesentlichen das gleiche gilt auch für die im Zusammenhang mit dem Wort "W***" beanstandete Verwendung eines perforierten Filmstreifens; dieser weist auf das Fotografengewerbe im allgemeinen hin und könnte zur Erhöhung der Verwechslungsgefahr nur dann beitragen, wenn sich das Zeichen als besondere Ausstattung eines einzelnen Unternehmens durchgesetzt hätte.
Der Revision der Beklagten ist daher Folge zu geben und die Revision der Klägerin auf diese Gründe zu verweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E21669European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00142.9.0911.000Dokumentnummer
JJT_19900911_OGH0002_0040OB00142_9000000_000