Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Hofmann, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Gernot H***, geboren am 3.Mai 1977, infolge Revisionsrekurses des Vaters Werner R***, Kaufmann, Tullnerbach, Hauptstraße 44, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 15.November 1989, GZ 44 R 705, 706/89-106, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 30.Jänner 1989, GZ 16 P 61/88-92, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Vergleich vom 17.6.1977 verpflichtete sich Werner R***, seinem unehelichen Sohn Gernot H*** ab 3.5.1977 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 1.000 zu bezahlen.
Am 21.4.1986 beantragte der Unterhaltssachwalter wegen geänderter Verhältnisse die Erhöhung des Unterhaltsbetrages auf monatlich S 2.370. Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu leistenden Unterhaltsbetrag ab 21.4.1986 auf Beträge zwischen monatlich S 1.700 und S 2.000 sowie ab 1.8.1988 auf monatlich S 1.800; das Mehrbegehren wies es ab.
Über Rekurs des Vaters änderte das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß die vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeträge in der Zeit vom 21.4.1986 bis 31.7.1988 auf monatlich zwischen S 1.200 und S 1.700 ab; im übrigen gab es dessen Rekurs nicht Folge. Der Vater habe im November 1986 ein Bastlergeschäft eröffnet, daraus aber 1986 keine und 1987 lediglich Einkünfte von S 3.579 erzielt, wozu ab 1.Juli 1987 noch ein monatliches Hausbesorgerentgelt von S 1.461 mit freier Wohnung komme. Beim Übergang zur selbständiger Tätigkeit sei zwar auch der Anspannungsgrundsatz durch Zugrundelegung des Einkommens aus einer unselbständigen Tätigkeit anzuwenden, wenn der Betrieb über längere Zeit ohne entsprechenden Ertrag bleibe. Dem Vater sei aber beizupflichten, daß die besondere wirtschaftliche Situation den Übertritt in die Berufstätigkeit eines Selbständigen für eine zu begrenzende Übergangszeit zu berücksichtigen sei. Dem Vater wäre zuzumuten gewesen, nach Aufbau des Geschäftes sich zumindest nach etwa einem Jahr so anzustrengen, daß er unter Ausnützung des bekanntermaßen besseren Weihnachtsgeschäftes zu Jahresende ebensoviel verdient hätte, wie bei einer vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit zu erzielen sei. Somit sei ab 1.11.1987 von einem erzielbaren Einkommen des Vaters von S 10.000 auszugehen und damit die finanziell schlechtere Übergangszeit zu Selbständigen zu begrenzen.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Beschluß wurde dem Vater am 16.2.1990 zugestellt. Der von ihm am 2.3.1990 zur Post gegebene, an das Rekursgericht gerichtete "Einspruch" wurde von diesem an das Erstgericht weitergeleitet, wo er am 7.3.1990 einlangte. Da im außerstreitigen Verfahren ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz immer beim Gericht erster Instanz eingereicht werden muß (EFSlg 55.495, 34.932 ua) und das vom Rechtsmittelwerber unrichtig adressierte Geschäftsstück erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist beim Erstgericht einlangte, wäre der Revisionsrekurs verspätet erhoben (EFSlg 55.500, 52.629 uva). Das Rechtsmittel ist aber, da im Hinblick auf das Entscheidungsdatum des Rekursgerichtes nach Art XLI Z 5 WGN 1989 noch die Vorschriften der §§ 14 ff AußStrG in der Fassung vor der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 anzuwenden sind, unzulässig.
Wie der Vater in Verbesserung und Ergänzung seines Revisionsrekurses ausführte, bekämpft er den Beschluß des Rekursgerichtes nur insoweit, als für den Zeitraum vom 1.11.1987 bis 31.12.1988 der von ihm zu leistende Unterhaltsbetrag nicht bloß auf S 1.200 erhöht wurde. Seine bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigenden Anfangsschwierigkeiten bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit seien zumindest für zwei Jahre zu berücksichtigen.
Nach § 14 Abs 2 AußStrG aF sind Rekurse gegen die Entscheidung zweiter Instanz über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes unzulässig. Bei der Frage der Zulässigkeit der Anwendung der Anspannungstheorie handelt es sich um eine solche Bemessungsfrage (EFSlg 55.560, 52.699 uva). Gerade um die Beurteilung, ob auch über den November 1987 hinaus vom Einkommen des Rekurswerbers aus seiner selbständigen Tätigkeit oder von dem, was er als Unselbständiger ins Verdienen hätte bringen können, auszugehen ist, geht es hier. Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich damit als unzulässig.
Anmerkung
E21605European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00613.9.0912.000Dokumentnummer
JJT_19900912_OGH0002_0010OB00613_9000000_000