TE OGH 1990/9/18 15Os92/90

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Veröffentlicht am 18.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Adolf G*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 5.Juni 1990, GZ 28 Vr 805/89-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger und des Verteidigers Dr. Christoph Kerres, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Adolf G*** (im zweiten Rechtsgang erneut) des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 2 StGB (A 1) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A 2), des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 (Abs 1) StGB (B 1), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B 2) sowie der Beleidigung nach § 115 Abs 1 StGB (B 3) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 2.Mai 1989 in Linz

dem Mohamed A***-B*** durch die Äußerung "Entweder Du gibst mir eine Zigarette oder ich schlage Dich" unter gleichzeitigem Ausholen mit der Hand zum Schlag, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (A 1),

den Genannten durch einen kräftigen Schlag ins Gesicht am Körper verletzt, wodurch er ihm eine Prellung des linken Unterkiefers, verbunden mit Schmerzen in der Dauer von einer Woche, zufügte (A 2), den Polizeibeamten Peter D*** wegen (gemeint: während) einer Amtshandlung dadurch, daß er mit dem Kopf gegen seinen (gemeint: dessen) Körper stieß, tätlich angegriffen (B 1), diesen durch die Äußerung "Gib mir die Handfesseln herunter, damit ich Dich umbringen kann, ich komme schon wieder heraus, dann bis Du dran, mir entwischt Du nicht, dann stech ich Dich ab, Du Schwein" gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (B 2) sowie ihn

dadurch, daß er ihm ins Gesicht spuckte und äußerte "Du Arsch, Du bist ja doch zu allem zu blöd" vor mehreren Leuten beschimpft (B 3).

Nach den Urteilsfeststellungen zum Faktum A 1 (US 4, 5, 9 und 11) hatte der Beschwerdeführer am 2.Mai 1989 am Taubenmarkt in Linz gegen 23 Uhr in stark alkoholisiertem, aber noch zurechnungsfähigem Zustand den Zeitungsverkäufer Mohamed A***-B*** aufgefordert, ihm eine Zigarette zu geben. Dieser erklärte daraufhin, er sei Nichtraucher und habe keine Zigaretten bei sich, und bot G***, um weitere Belästigungen zu vermeiden, 10 S zum Ankauf von Zigaretten an. Der Angeklagte wurde daraufhin zornig und sagte zu A***-B***: "Entweder Du gibst mir eine Zigarette oder ich schlage Dich". Zugleich holte er mit der Hand zum Schlag aus. Der Zeitungsverkäufer geriet nunmehr in Furcht und verständigte die Polizei. Zur subjektiven Tatseite stellte das Schöffengericht fest, daß der Beschwerdeführer, der es darauf abgesehen hatte, ohne Bezahlung zu einer Zigarette zu gelangen, bei diesem Vorfall mit Vorsatz, der auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtet war, gehandelt hatte. Eine volle Berauschung des - zur Tatzeit stark alkoholisierten - G*** nahm es, insoweit gestützt auf das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. H***, nicht an.

Rechtliche Beurteilung

Nur diesen Schuldspruch wegen des Verbrechens des versuchten Raubes bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er insoweit einen Freispruch anstrebt, die sich aber im Ergebnis zur Gänze als unbegründet erweist.

Denn vom Fehlen jeglichen (wenn auch geringen) wirtschaftlichen Wertes, der zur Annahme der Sachqualität eines Tatobjektes iS des § 142 StGB vorauszusetzen ist, kann entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung bei einer Zigarette grundsätzlich nicht gesprochen werden. Mit Bezug auf die subjektive Tatseite jedoch entbehrt die Beschwerde, soweit damit ein Handeln des Täters mit Bereicherungsvorsatz in Abrede gestellt wird, einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie sich damit über die zuvor erwähnte gegenteilige Urteilsfeststellung hinwegsetzt (US 5, 9). Die weitere Frage schließlich, ob das dem Beschwerdeführer unter Punkt A 1 angelastete Tatverhalten rechtsrichtig als absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) in bezug auf den Tatbestand des (minderschweren) Raubes nach § 142 Abs 2 StGB zu beurteilen wäre, kann deshalb auf sich beruhen, weil G*** damit nach richtiger Rechtsansicht gar nicht diese strafbare Handlung, sondern vielmehr das Verbrechen der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB verwirklicht hat.

Das angefochtene Urteil geht nämlich deutlich genug von der Annahme aus, dem Angeklagten sei zur Zeit seines inkriminierten Verhaltens (Äußerung "Entweder Du gibst mir eine Zigarette oder ich schlage Dich" unter gleichzeitigem Ausholen mit der Hand zum Schlag) bereits klar gewesen, daß das Tatopfer gar keine Zigarette bei sich hatte, so daß sein darauf bezogenes Verhalten sinnvollerweise nur als Aufforderung zur Beschaffung einer solchen verstanden werden kann.

Eine Tatbeurteilung als Raub würde aber voraussetzen, daß sich das Tatobjekt, auf dessen Wegnahme oder Abnötigung es der Täter abgesehen hat, in einem räumlichen Naheverhältnis zum Opfer befindet. Denn die in § 142 Abs 1 StGB angeführte Gewalt oder Drohung (mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben) als Mittel zur Begehung eines Raubes entspricht einem unmittelbaren Übel, mit dem der Täter auf den sofortigen Übergang einer präsenten Sachen in seine Verfügungsgewalt abzielt (vgl. jeweils zu § 142 StGB, Leukauf-Steininger, StGB2, RN 14 und die dort zitierte Judikatur;

Foregger-Serini, MKK4, Erl. III; Kienapfel, BT II2, RN 23;

Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr. 27).

Will er dagegen - wie hier - unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung nicht die Verfügungsgewalt über eine präsente Sache (im Sinn der Herstellung seiner sofortigen Sachherrschaft daran) erlangen, dann scheidet eine Beurteilung als Raub aus und es kommt dementsprechend allein der Tatbestand der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB in Betracht. Insoweit kann indessen davon, daß das inkriminierte Tatverhalten iS des § 15 Abs 3 StGB absolut untauglich gewesen wäre, den damit angestrebten Deliktserfolg zu erreichen, keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Da sich der nach dem zuvor Gesagten dem Erstgericht im Schuldspruch wegen versuchten (minderschweren) Raubes nach §§ 15, 142 Abs 2 StGB allerdings unterlaufene, vom Angeklagten nicht geltend gemachte Rechtsirrtum (Z 10) angesichts der gleichen Strafdrohungen im § 142 Abs 2 StGB und im § 144 Abs 1 StGB (jeweils Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirkte, war insoweit - wie zur Klarstellung vermerkt sei - auch für eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO kein Raum.

Das Schöffengericht verhängte über Adolf G*** nach § 142 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den überaus raschen Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis sowie "daß es beim Versuch geblieben ist".

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, weil der Wert einer Zigarette (ca. 1 S) gering sei und er selbst sich zur Tatzeit in einer heftigen Gemütsbewegung befunden habe sowie alkoholisiert und unbesonnen gewesen sei. Auch dieses Rechtsmittel ist unbegründet.

Zwar ist dem Berufungswerber zuzugeben, daß der Wert einer Zigarette (die er abzunötigen versucht hat) gering ist, was bei der Strafbemessung ohne Zweifel als mildernder Umstand zu berücksichtigen ist; allein kommt vorliegend den Erschwerungsgründen der überaus zahlreichen einschlägigen Vorverurteilungen in Verbindung mit der Deliktshäufung ein derartiges Gewicht zu, daß der zusätzliche Milderungsgrund im Ergebnis für die Höhe der zu verhängenden Strafe nicht von Relevanz ist.

Daß sich der Angeklagte aber zur Tatzeit in einer heftigen Gemütsbewegung befunden habe und er unbesonnen gewesen sei, ist eine Folge seiner Alkoholisierung. Diese ist ihm jedoch vorwerfbar, weil er nach seinem eigenen Vorbringen im Verfahren 26 E Vr 1013/87 des Landesgerichtes Linz weiß, daß er nach dem Konsum von alkoholischen Getränken in Wut gerät und in diesem Zustand schon öfters gefährliche Drohungen ausgestoßen hat. Sonach können ihm nach Lage des Falles weder seine Alkoholisierung, noch seine behauptete heftige Gemütsbewegung und auch nicht seine Unbesonnenheit als weitere Milderungsgründe zugute kommen.

Da die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe sowohl dem Verschulden des Täters, als auch dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Delikte entspricht, war auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E21839

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0150OS00092.9.0918.000

Dokumentnummer

JJT_19900918_OGH0002_0150OS00092_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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