TE OGH 1990/9/19 3Ob109/90

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Veröffentlicht am 19.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Angst, Dr. Schalich und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei prot. Firma I*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Neugasse 1, 6900 Bregenz, vertreten durch Dr. Fritz Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die verpflichteten Parteien

1. Ing. Gerhard M***, Angestellter, und 2. Ruth M***, Geschäftsfrau, Josef Huter-Straße 1, 6900 Bregenz, wegen

S 195.000 sA, infolge Revisionsrekurses der Pfandgläubigerin C***-B***, Schottengasse 6, 1010 Wien, vertreten

durch Dr. Helmuth Mäser, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 26. Juli 1990, GZ 1 b R 111-116/90-81, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 19. Juni 1990, GZ 9 E 36/88-76, als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verteilte mit Beschluß vom 9.Mai 1990 das Meistbot für die versteigerte Liegenschaft und wies unter anderem nach § 224 Abs 2 EO der Pfandgläubigerin C***-B***, für die auf der Liegenschaft das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 1,000.000 einverleibt ist, diesen Barbetrag aus der Verteilungsmasse zu und verfügte, daß der Betrag zinstragend anzulegen sei. Es wies die Zinsen den aus der Verteilungsmasse nicht mehr zum Zug kommenden Gläubigern nach der Rangordnung ihrer Ansprüche zu. Die betreibende Partei wurde mit ihrem Widerspruch gegen eine Zuweisung an die Höchstbetragspfandgläubigerin, die unter Vorlage einer Ablichtung eines Kontoauszuges eine Forderung von S 1,000.000 angemeldet gehabt hatte, auf den Rechtsweg verwiesen, soweit sie behauptete, das Höchstbetragspfandrecht sei nicht zur Besicherung der angemeldeten Forderung eingeräumt. Berechtigt sei der Widerspruch insoweit, als die Höchstbetragspfandgläubigerin bereits entstandene Forderungen nicht hinreichend nachgewiesen habe. Sie sei daher so zu behandeln, als hätte sie gar nicht angemeldet. Es sei ihr also der im Meistbot gedeckte Höchstbetrag nicht auszufolgen sondern durch zinstragende Anlegung zuzuweisen. Der Meistbotsverteilungsbeschluß blieb unangefochten. Am 18. Juni 1990 gab der Rechtsvertreter der Höchstbetragspfandgläubigerin bekannt, der Sachverhalt sei mit der betreibenden Partei abgeklärt worden, sie werde keine Widerspruchsklage erheben. Es werde ersucht, die Verteilung dahin vorzunehmen, daß ihr auf Grund des Höchstbetragspfandrechtes der Betrag samt Zinsen zugewiesen werde.

Das Erstgericht ordnete darauf die Ausfolgung des Betrags von S 1,000.000 an die C***-B*** an. Durch ergänzend

vorgelegte Urkunden sei jetzt nachgewiesen, daß die Liegenschaft auch für einen schon zum 16.4.1987 aufgekündigten Kredit hafte, zudem habe der Widerspruchswerber innerhalb der gesetzten Frist keine Klage eingebracht.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß infolge des Rekurses der betreibenden Partei als nichtig auf. Die Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses stehe der mit dem angefochtenen Beschluß vorgenommenen Umwandlung der Zuweisung zur zinstragenden Anlegung in die Zuweisung durch Ausfolgung des Betrages entgegen. Die Höchstbetragspfandgläubigerin habe weder in der Verteilungstagsatzung noch später ausreichend urkundlich nachgewiesen, daß ihre durch das Höchstbetragspfandrecht besicherte Forderung aus dem Kreditverhältnis schon entstanden ist, weil wieder nur Kopien von Unterlagen vorlägen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Dies trifft zwar zu, doch ist das Rechtsmittel im Ergebnis nicht berechtigt.

Die betreibende Partei war mit ihrem Rekurs insoweit im Recht, als die Verwendung des rechtskräftig zur zinstragenden Anlegung zugewiesenen Höchstbetrages zur Deckung bereits entstandener Forderungen der Pfandgläubigerin ohne Vornahme einer Nachtragsverteilung jedenfalls unzulässig war. Zu Unrecht meinte sie jedoch, die rechtskräftige Anordnung der zinstragenden Anlegung bedeute, daß eine Verwendung des Erlages zur Abdeckung inzwischen entstandener oder nun gehörig bewiesener Forderungen, die durch das Höchstbetragspfandrecht besichert sind, erst dann statthaft sei, wenn aus den Zinsen des Betrages die nachfolgenden Buchberechtigten Deckung gefunden haben. Gegen diese verfehlte Ansicht wendet sich die betreibende Partei zu Recht, doch wurde sie vom Rekursgericht nicht übernommen. Mit der Unterlassung der Widerspruchsklage in der gesetzten Frist ist bloß die Zuweisung zur zinstragenden Anlegung wirksam geworden, aber keine Grundlage für eine Änderung der Zuweisung in die Ausfolgung geschaffen worden.

Selbst wenn ein Widerspruch gegen die begehrte Zuweisung von

S 1,000.000 an die Revisionsrekurswerberin nicht erhoben worden wäre, hätte das Erstgericht auf Grund der Ergebnisse des Verteilungsverfahrens zu prüfen gehabt, ob das Entstehen durch die Höchstbetragshypothek besicherter Forderungen spätestens bei der Verteilungstagsatzung durch Vorlage der zum Nachweis dienenden Urkunden bewiesen war. Erachtete das Erstgericht diesen Nachweis nicht als erbracht, hatte es nach dem Buchstand zuzuweisen, also den Deckung findenden Höchstbetrag aus der Kredithypothek zuzuweisen und zinstragend anzulegen, wie dies auch geschah. Für die Zuweisung im Rahmen einer Höchstbetragshypothek gelten nämlich die Grundsätze

1. daß eine Zuweisung durch sofortige Ausfolgung nur stattfindet, wenn spätestens bei der Verteilungstagsatzung der Bestand der gesicherten Forderung in einer bestimmten Höhe nachgewiesen wird,

2. eine Zuweisung des dadurch noch nicht aufgezehrten Teils des Höchstbetrages zur zinstragenden Anlegung erfolgt (§ 224 Abs 2 EO), wenn der Gläubiger eine Forderung nicht angemeldet (JBl 1986, 512 = RZ 1987/2) oder den Bestand der Forderung in einer bestimmten Höhe nicht bewiesen hat, und

3. schließlich eine Abweisung des Zuweisungsantrages nur in Betracht kommt, wenn endgültig feststeht, daß auf Grund der Höchstbetragshypothek auch künftig nie eine Forderung entstehen kann (Heller-Berger-Stix 1446 und 1541; SZ 52/141; JBl 1985, 418 = ESlgGBS 1985/31; JBl 1986, 588 = ESlgGBS 1986/64). Nach § 224 Abs 2 EO sind die Zinsen aus dem angelegten Betrag unbeschadet der Verwendung für die dem Gläubiger neu entstehenden Ansprüche den aus der Verteilungsmasse nicht mehr voll zum Zug kommenden Gläubigern zuzuweisen, denen auch nach Maßgabe der Priorität ihrer Ansprüche das zufällt, was nach Beendigung des Kreditverhältnisses von dem erlegten Kapital übrig bleibt. Entstehen später Forderungen im Rahmen der Kredithypothek, kommt es zu einer Nachtragsverteilung (Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3, 189). Gleiches gilt aber, wenn die Zuweisung zur zinstragenden Anlegung erfolgte, weil der Gläubiger schon entstandene Forderungen angemeldet, deren Bestand aber nicht spätestens bei der (früheren) Verteilungstagsatzung nachweisen konnte und daher so behandelt wurde, als hätte er nicht angemeldet. Es bleibt ihm auch dann überlassen, den Nachweis des ihm zustehenden Betrages zu erbringen (Heller-Berger-Stix 1446).

Die Sorge der Revisionsrekurswerberin, der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes führe zu einem Verlust ihrer Rechte, weil die Annahme eines Verstoßes gegen die Rechtskraft bei einer Ausfolgung des erlegten Betrages zur Deckung schon entstandener Forderungen aus dem besicherten Kreditverhältnis zu einer für alle Zeiten andauernden zinsbringenden Anlegung führen müßte, ist unberechtigt. Die Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses hindert nur bei gleich gebliebener Grundlage die Abänderung der Zuweisung des Höchstbetrages von der zinstragenden Anlegung in die Ausfolgung, nicht aber eine Nachtragsverteilung, die keineswegs deshalb entbehrlich ist, weil die Frist für die Erhebung der Widerspruchsklage ungenützt verstrichen war. Dem Widerspruch gegen die Ausfolgung war ja schon im Verteilungsbeschluß stattgegeben worden. Auch ohne Widerspruch hätte das Erstgericht nicht ausfolgen dürfen sondern zinstragend anlegen müssen, wenn es den Nachweis des Bestandes einer Forderung als nicht ausreichend ansah. Die Höchstbetragshypothekarin hat aber, wie der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses zu entnehmen ist, anläßlich ihres Ausfolgungsantrages neue Urkunden vorgelegt und auf eine mit der Revisionsrekurswerberin erzielte Einigung hingewiesen. Ihr Antrag war daher nicht eine bloße Wiederholung ihrer früheren Forderungsanmeldung und verstieß insofern nicht gegen die Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses, sondern war der Antrag auf Zuweisung des bisher zinstragend angelegten Betrages wegen geänderter Sachlage aufzufassen.

Vor der Entscheidung über diesen Antrag war aber jedenfalls eine Tagsatzung zur Nachtragsverteilung anzuberaumen, zu der neben dem Verpflichteten alle Buchberechtigten zu laden sind, die Anspruch auf die Verteilungsmasse erheben könnten. Die Auszahlung an den Berechtigten darf nur angeordnet werden, wenn er spätestens bei der Nachtragsverteilungstagsatzung den Bestand der gesicherten Forderung in der entsprechenden Höhe nachweist, und erst vollzogen werden, wenn der ergänzende Verteilungsbeschluß in Rechtskraft erwachsen ist (so schon 3 Ob 24/88 vom 29. Juni 1988).

Auf diese Verteilungstagsatzung kann auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die betreibende Partei eine Widerspruchsklage nicht erhoben hat; denn sie aber auch andere nicht zum Zug gekommene Buchberechtigte können gegen den Bestand der nun nachzuweisenden Forderung Widerspruch erheben, etwa behaupten, daß der urkundliche Nachweis unzureichend und die geltend gemachte Forderung doch nicht oder nicht in der vollen Höhe des Höchstbetrages entstanden ist. Erst dann kann das Erstgericht entscheiden, ob es den urkundlichen Nachweis als ausreichend ansieht und einen Widerspruch auf den Rechtsweg verweist oder aber bei Mangel eines Nachweises die fortdauernde zinstragende Anlegung unter Ablehnung des Zuweisungsantrages anordnet, bis entstandene Forderungen bewiesen sind.

Der ohne Verteilungsverhandlung gefaßte Auszahlungsbeschluß war daher nichtig (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21650

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00109.9.0919.000

Dokumentnummer

JJT_19900919_OGH0002_0030OB00109_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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