Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Angst, Dr. Schalich und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Josef W***, Wien 22., Langobardenstraße 122, infolge Revisionsrekurses des Heinrich F***, Wien 22., Bambergergasse 57, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 26. Jänner 1990, GZ 43 R 37/90-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 27.Oktober 1989, GZ 2 A 39/88-37, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Für den Nachlaß des Erblassers, zu dem eine Liegenschaft gehört, wurde ein Verlassenschaftskurator bestellt, weil keine Erben bekannt waren. Die Finanzprokuratur teilte mit, daß sie beabsichtigte, namens des Staates das Heimfallsrecht auszuüben. Das Erstgericht bewilligte als Verlassenschaftsgericht die öffentliche Feilbietung der zum Nachlaß gehörenden Liegenschaft zu den vom Verlassenschaftskurator vorgelegten Feilbietungsbedingungen. Darin ist vorgesehen, daß sich die Veräußerin das Recht des Widerrufs vorbehält und daß der Widerruf binnen acht Tagen "nach Zuschlag" beim Verlassenschaftsgericht eingelangt sein muß. Ferner heißt es darin, daß das Rechtsgeschäft für die Veräußerin abhandlungsbehördlich zu genehmigen und diese Genehmigung einzuholen ist, wenn kein Widerspruch erfolgt.
Die Feilbietung wurde am 17.10.1989 vom Gerichtskommissär durchgeführt und beendet, als das Anbot des Revisionsrekurswerbers von 690.000 S nicht mehr überboten wurde. Am 23.10.1989 erschien einer der Bieter, die an der Feilbietung teilgenommen hatten, beim Gerichtskommissär und erklärte "unwiderruflich", ein Überbot von 900.000 S zu stellen. Der Verlassenschaftskurator berichtete hierauf in einem - offensichtlich am 24.10.1989 beim Erstgericht eingelangten - Schriftsatz, daß ihm der Vertreter der Finanzprokuratur empfohlen habe, vom Recht des Widerrufs Gebrauch zu machen, und beantragte die abhandlungsbehördliche Genehmigung des Widerrufs.
Das Erstgericht genehmigte den vom Verlassenschaftskurator erklärten Widerruf im Hinblick auf das Überbot.
Das Rekursgericht gab dem vom Meistbietenden gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des "Streitgegenstandes" 50.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs zugelassen wird. Dem "Ersteher" sei zwar wegen seiner Einflechtung in das gesetzlich regulierte Verfahren bei einem Überbot eine Parteistellung nicht abzusprechen. Der Vorbehalt des Widerrufs sei auch entgegen § 278 Abs. 1 AußStrG im Edikt nicht enthalten gewesen. Dem Erfordernis de Publizität sei aber durch die Aufnahme in die Feilbietungsbedingungen, auf deren Inhalt im Edikt hingewiesen worden sei und die die Bieter zur Kenntnis genommen hätten, ausreichend Genüge getan.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Meistbietenden gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.
Das Rekursrecht steht im Verfahren außer Streitsachen nur demjenigen zu, dessen rechtlich geschützte Interessen durch den Beschluß beeinträchtigt worden sind (MGA AußStrG2 § 9/1). Dies hängt hier jedoch davon ab, welche Rechtsfolgen mit dem vom Erstgericht genehmigten Widerruf verbunden sind.
Gemäß § 278 Abs. 1 AußStrG, der gemäß § 148 Abs. 2 dieses Gesetzes anzuwenden ist, steht es dem Eigentümer frei, sich die Genehmigung des Verkaufes auf eine bestimmte Zeit vorzubehalten, welches jedoch in dem Edikt ausgedrückt werden muß. Ist kein Vorbehalt geschehen, so wird das Gut dem Meistbietenden, oder, wenn nur ein Kauflustiger erschienen wäre, diesem, jedoch nicht unter dem Ausrufspreis, zugeschlagen und der Kauf für unwiderruflich abgeschlossen angesehen.
Mit dem in den Versteigerungsbedingungen festgelegten Recht zum Widerruf ist erkennbar der Vorbehalt der Genehmigung gemeint. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, was zu geschehen hat, wenn der Eigentümer die Genehmigung innerhalb der hiefür gesetzten Frist ausdrücklich verweigert (was offensichtlich durch den Widerruf zum Ausdruck gebracht werden soll). Es läßt sich aus der wiedergegebenen Bestimmung aber ableiten, daß im Fall des Vorbehalts der Genehmigung mit der Erteilung des Zuschlags bis zum Ablauf der für die Versagung offenstehenden Frist zugewartet werden muß. Läuft diese Frist ab, ohne daß die Genehmigung versagt wird, so ist der Zuschlag (durch Beschluß) zu erteilen, weil dann die Verhältnisse dieselben sind, wie wenn der Vorbehalt der Genehmigung nicht gemacht worden wäre. Der Meistbietende hat also nicht nur gemäß § 278 Abs. 2 AußStrG Anspruch auf Ausstellung einer Amtsurkunde, die ebenfalls ein Beschluß ist (EvBl. 1975/211), sondern darüber hinaus auch auf einen Beschluß über die Erteilung des Zuschlags, der im Fall der sogenannten freiwilligen Feilbietung nicht den Übergang des Eigentums, sondern nur die Feststellung darüber bedeutet, daß und zu welchem Preis der Kaufvertrag über die feilgebotene Sache zustandegekommen ist. Etwas anderes wird nur für bewegliche Sachen gelten, die gemäß § 272 AußStrG iVm § 22 FeilbietungsO sogleich vom Käufer zu übernehmen und aus dem Versteigerungsort wegzubringen sind, weil in einem solchen Fall die Erlassung eines gesonderten Beschlusses über den Zuschlag und die Zustellung einer Beschlußausfertigung nicht sinnvoll ist. Im übrigen ist auch die Rechtsprechung, ohne sich allerdings mit dieser Frage ausdrücklich zu befassen, immer davon ausgegangen, daß bei Feilbietung unbeweglicher Sachen der Zuschlag mit einem Beschluß zu erteilen ist (vgl. etwa SZ 37/54).
Aus dem Gesagten folgt aber umgekehrt, daß dann, wenn der Eigentümer die Genehmigung des Verkaufes wirksam abgelehnt hat, der Zuschlag versagt und damit das Nichtzustandekommen des Kaufes durch Beschluß festgestellt werden muß, weil nur auf diese Weise die aus der dargestellten Regelung hervorleuchtende Absicht, dem Meistbietenden Klarheit über das Zustandekommen des Kaufes zu verschaffen, erreicht werden kann. Der Widerruf selbst und daher auch dessen abhandlungsbehördliche Genehmigung hat daher auf die Rechte des Meistbietenden keinen Einfluß. In diese Rechte wird erst durch den Beschluß eingegriffen, mit dem über den Zuschlag entschieden wird. Der Meistbietende kann in dem Rekurs, der ihm gegen die Versagung des Zuschlags offensteht, geltend machen, daß die Genehmigung des Verkaufes nicht wirksam abgelehnt wurde und der Zuschlag daher an ihn zu erteilen ist. Durch die abhandlungsbehördliche Genehmigung des Widerrufs wird dieser Entscheidung nicht vorgegriffen und es wird seine Rechtsstellung daher hiedurch nicht beeinflußt. Es besteht kein Grund, den Meistbietenden in Fällen, in denen der Widerruf einer behördlichen Genehmigung bedarf, anders als in jenen Fällen zu behandeln, in denen eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist. An all dem ändert nichts, daß nach den Feilbietungsbedingungen der Verkauf abhandlungsbehördlich zu genehmigen und diese Genehmigung bei Vorliegen eines Widerrufs nicht einzuholen ist. Selbst wenn durch diese Bestimmung zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß bei Erhebung eines Widerrufs über die Erteilung des Zuschlags nicht mehr zu entscheiden ist, wäre sie unbeachtlich, weil damit gegen eine an das Gericht gerichtete und somit zwingende (Fasching, ZPR2 Rz 123) Verfahrensvorschrift verstoßen würde. Der Oberste Gerichtshof hat im übrigen schon ausgesprochen (SZ 21/112), daß einem Dritten kein Rekursrecht gegen einen dem Verlassenschaftskurator erteilten Auftrag zusteht, wobei auch in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall die Interessen des Dritten durch den Auftrag berührt waren. Ferner ist es ständige Rechtsprechung, daß der Beschluß über die pflegschaftsbehördliche Genehmigung eines Vertrages Ausfluß des Pflegschaftsverfahrens ist, das ausschließlich im Interesse des Betroffenen (Pflegebefohlenen) geführt und allein von dessen Wohl bestimmt wird, und daß daher im Genehmigungsverfahren einem Dritten, der behauptet, daß seine Rechte durch einen mit dem Pflegebefohlenen abgeschlossenen Vertrag verletzt werden, keine Parteistellung oder Rekurslegitimation zukommt (MietSlg. 21.861; JBl. 1984, 618; EFSlg. 52.554 ua). Diese Erwägungen treffen auch hier zu, weil bei der Entscheidung über die Genehmigung des Widerspruchs ausschließlich Interessen der Verlassenschaft zu berücksichtigen waren.
Das Rekursgericht hätte daher den Rekurs des Meistbietenden als unzulässig zurückweisen müssen. Für den Revisionsrekurs fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis, das Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist (EvBl. 1984/84 ua): Seine Rechtsstellung ist im Fall der Zurückweisung seines Rekurses dieselbe wie im Fall der Abweisung. Er hat daher kein Interesse an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dieser Richtung, weshalb der Revisionsrekurs ebenfalls unzulässig ist.
Anmerkung
E21868European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00568.9.0919.000Dokumentnummer
JJT_19900919_OGH0002_0030OB00568_9000000_000