Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.September 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Günter S*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Deliktsfall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19.Juni 1990, GZ 3 d Vr 1306/88-78, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 9.März 1947 geborene Dr. Günter S*** wurde des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2, zweiter Deliktsfall StGB schuldig erkannt, weil er - zusammengefaßt wiedergegeben - im Sommer 1982, im Dezember 1983, im Jahr 1987 und am 12.Jänner und 11.Februar 1988 in Wien sich in wiederholten (im Urteil in 6 Punkte: 1, 2, 3, 4 a, 4 b und 5 gegliederten) Angriffen ihm anvertraute Bargeldbeträge von insgesamt rund 1,8 Millionen S mit dem Vorsatz zugeeignet hatte, sich unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Die von ihm dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.
Der in der Mängelrüge (Z 5) schwergewichtig aufgestellten Behauptung, das Urteil leide in Ansehung des dem Beschwerdeführer in den einzelnen Tatzeitpunkten jeweils zur Hand gewesenen (damals) präsenten Deckungsfonds ebenso an formalen Begründungsmängeln wie bezüglich des Umstandes, daß ihm in einigen Fakten kompensable Gegenforderungen gegen die angeblich Geschädigten zugestanden seien, genügt es, zu erwidern, daß das Vorhandensein eines präsenten Deckungsfonds unrechtmäßige Bereicherung nur in Verbindung mit dem Erstattungswillen ausschließt (SSt 46/14) und daß die Existenz einer fälligen (aufrechten oder vermeintlichen) Gegenforderung die Unrechtmäßigkeit der Zueignung eines anvertrauten Gutes nur dann ausschließt, wenn der Täter im Zueignungszeitpunkt den Aufrechnungswillen hat und dem betreffenden Partner die Tatsache der Aufrechnung sogleich bekanntgibt (siehe Leukauf-Steininger2 § 133 StGB RN 23 und 25; Kienapfel BT II2 § 133 StGB RN 86 ff). Da nun der Beschwerdeführer niemals behauptet hat, in den jeweiligen Zueignungszeitpunkten nicht nur in der Lage, sondern auch willens gewesen zu sein, die Rückforderungsansprüche der Berechtigten aus eigenen (anderen) Mitteln sogleich zu befriedigen und er (in den Fakten 2 bis 5) zwar jeweils seine Kompensationsabsicht behauptet, unbestrittenermaßen jedoch den Partnern seinen Aufrechnungswillen im (entscheidenden) Zueignungszeitpunkt nicht bekanntgegeben hat (siehe hiezu auch US 25 f), kann als irrelevant dahingestellt bleiben, "welche Beträge auf den diversen Konten des Angeklagten zum angeblichen Deliktszeitraum vorhanden waren und wie die finanzielle Situation des Angeklagten damals ausgesehen hat" (S 256/III) und ob dem Angeklagten aus dem Titel allfälliger Honoraransprüche Gegenforderungen zustanden.
Soweit die Beschwerde im Faktum E*** (Punkt 2 des Urteilssatzes) darüber hinaus behauptet, das Erstgericht habe auch die subjektive Tatseite nicht begründet, dem Angeklagten könne infolge ungeklärter Rechtslage vorsätzliches Handeln nicht zur Last gelegt werden, läßt das Rechtsmittel eine substantielle Befassung mit den bezüglichen Urteilsgründen (US 19 f und 24 f) vermissen und ermangelt damit einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Analoges gilt für die Fakten S***, K*** und S***
(Punkte 3 bis 5 des Urteilssatzes), weil auch hier mit dem globalen Verweis auf die Vermögenslage des Angeklagten und der Behauptung, es lägen Begründungsmängel hinsichtlich der subjektiven Tatseite vor, all das mit Stillschweigen übergangen wird, was im Urteil zum dolus des Angeklagten detailliert dargelegt wurde (siehe US 20 ff). Da auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht substantiiert, mit welchen "wesentlichen Feststellungsmängeln" das Urteil behaftet sein soll, die "eine abschließende strafrechtliche Beurteilung dieses Falles" unmöglich machen (S 259/III), war die Beschwerde teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Als Konsequenz daraus bleibt die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz überlassen (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E21800European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00116.9.0920.000Dokumentnummer
JJT_19900920_OGH0002_0120OS00116_9000000_000