Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Karl T***, Direktor, Wien 17, Hernalser Hauptstraße 209, und 2. Elisabeth S***, Wien 10, Zur Spinnerin 33, beide vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Dr. Walter V***, Augenarzt, Wien 17, Hernalser Hauptstraße 209/9, vertreten durch Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 8 Abs 2 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 13.Juni 1990, GZ 41 R 933/89-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 28.Oktober 1989, GZ 5 Msch 14/89-6, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragsteller sind Eigentümer des Hauses Wien 17, Hernalser Hauptstraße 209. Der Antragsgegner ist Mieter der in diesem Haus gelegenen Wohnung top Nr.9, worin er die Ordination eines Augenarztes betreibt.
Die Antragsteller begehren - nach vorausgegangenem Verfahren bei der Schlichtungsstelle - den Antragsgegner schuldig zu erkennen, das Betreten des Mietgegenstandes durch den Vermieter oder von diesem beauftragte Personen wegen der Installation einer elektrischen Torschließ- und Sprechanlage auf Kosten der Antragsteller zu gestatten (§ 8 Abs 2 MRG).
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieses Begehrens mit der Begründung, das Haus müsse während seiner Ordinationszeiten frei zugänglich sein. Eine Sprechanlage würde eine störende Irritation der Patienten verursachen.
Das Erstgericht gab dem Antrag mit der Modifikation statt, daß das Betreten der Wohnung zwecks Durchführung dieser Arbeiten gegen Terminvereinbarung zu gestatten sei.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß und sprach die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten, stellt die Ausstattung eines Hauses mit einer elektrischen Torschließ- und Sprechanlage objektiv gesehen - also unabhängig von dem in den subjektiven Interessen oder Vorlieben gelegenen Umständen einzelner Mieter - eine Verbesserung des Hauses und der Mietgegenstände dar. Dies schon wegen des damit verbundenen Sicherheitseffektes (Gelegenheitskriminalität!), aber auch wegen der individuell handbaren Öffnungsmöglichkeit des Haustores bei Abwesenheit des Hausbesorgers (zB zur Nachtzeit).
Mit der Vornahme solcher Verbesserungsarbeiten ist zwar eine Änderung des Mietgegenstandes des Antragsgegners insoweit betroffen, als er die Anbringung des Bedienungsapparates für seine Wohnung in dieser zu dulden hat. Dabei handelt es sich aber um eine in äußerst kurzer Zeit durchführbare, mit keinen weiteren Belästigungen verbundene Arbeit, deren Dauerwirkung lediglich in der Anbringung eines kleinen Kästchens samt Hörer neben der Eingangstür handelt. Es sind also sowohl die Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Z 1 MRG als auch die des § 8 Abs 2 Z 2 MRG erfüllt:
Es liegt nämlich eine zweckmäßige Verbesserungsarbeit an allgemeinen Teilen des Hauses vor, die aber nur erfolgen kann, wenn auch der Mietgegenstand des Antragsgegners in die Anlage einbezogen wird. Andernfalls stünden der Schließung des Haustores in der Zeit von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr die Vorschriften der Kundmachung des Magistrats der Stadt Wien vom 7.1.1972, Amtsblatt der Stadt Wien 1972, 94 über die Haustorsperre und die Hausbeleuchtung entgegen. Nach § 1 dieser Kundmachung sind nämlich Haustore in der Zeit von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr offenzuhalten, es sei denn, daß die Wohnhäuser die entsprechenden technischen Einrichtungen (Gegensprechanlagen oder Toröffnungsanlagen) aufweisen (§ 3 lit b dieser Kundmachung). Eine Interessenabwägung hat im Falle des § 8 Abs 2 Z 1 MRG nicht zu erfolgen.
Da nach der Aktenlage andere Mieter die Haustorsperre auch untertags bei gleichzeitiger Errichtung der genannten Anlage wünschen, kann in deren Mietgegenstand die Verbesserung nur durchgeführt werden, wenn auch die Wohnung (= Ordination) des Antragsgegners in die Anlage einbezogen wird. Die in diesem Fall im Gesetz vorgesehene Interessenabwägung schlägt zugunsten der Antragsteller aus, hat doch die mit der Errichtung der Anlage verbundene Veränderung des Bestandgegenstandes des Antragsgegners keine Beeinträchtigung seines Mietrechtes zur Folge. Zutreffend wies das Rekursgericht darauf hin, daß der Sachverhalt, der der Entscheidung MietSlg.36.150 zugrundelag, ganz anders war, weil nämlich dort der Hauseigentümer die Kosten der Gegensprechanlage nicht übernehmen und den die Zahlung ablehnenden Mieter insoweit in seinem Recht auf freien Zugang zur Wohnung beeinträchtigen wollte, als er ihm lediglich eine Klingelleitung (also ohne Öffnungsmechanismus) zu dessen Wohnung zu errichten beabsichtigte. Zum Unterschied zu dem hier zu beurteilenden Fall wäre dort der Mieter in seinen Bestandrechten durch Verletzung des in der genannten Magistratskundmachung vorgesehenen Offenhaltungsrechtes, das wie viele andere tatsächliche Umstände stillschweigender Vertragsinhalt war, verletzt worden. Davon kann in dem hier zu beurteilenden Fall keine Rede sein.
Ob dem Antragsgegner ein Anspruch auf Offenhalten des Haustores trotz Vorhandenseins einer solchen Anlage während der Ordinationszeiten zusteht, wäre auf dem Rechtsweg zu klären. Auf das von den Parteien in diesem Verfahren bereits erstattete Vorbringen über die Ausgestaltung der elektrischen Torschließ- und Sprechanlage im Hinblick auf die Bedürfnisse gerade eines Augenarztes ist daher bei der jetzt zu fällenden Entscheidung nicht einzugehen. Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E21918European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00081.9.0925.000Dokumentnummer
JJT_19900925_OGH0002_0050OB00081_9000000_000