Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Abwesenheitspflegschaftssache des am 7. Mai 1925 geborenen Stanislaus K*** infolge Revisionsrekurses des Abwesenheitskurators Dr. Robert B***, öffentlicher Notar, Hauptplatz 13, 2870 Aspang-Markt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Juni 1990, GZ 47 R 127/90-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 31. August 1989, GZ 2 P 13/83-32, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Schreiben vom 28.8.1989 (ON 31) teilte der für den unbekannten Aufenthaltes befindlichen Stanislaus K*** bestellte Abwesenheitskurator dem Erstgericht als Pflegschaftsgericht unter anderem mit, daß er im Zuge seiner Nachforschungen über den Verbleib des Abwesenden eine Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gerichtet habe, dieser ihm aber mitgeteilt habe, daß er für die Erteilung einer derartigen Auskunft keine gesetzliche Grundlage sehe. Er beantrage daher, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger aufzutragen, ihm die gewünschte Auskunft zu erteilen.
Mit Punkt 2 des Beschlusses des Erstgerichtes vom 31.8.1989 (ON 32) wurde daraufhin der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom Erstgericht ersucht und angewiesen, dem Abwesenheitskurator die gewünschte Auskunft zu erteilen. Diese Anordnung wurde damit begründet, daß es insbesondere zu den Pflichten des Abwesenheitskurators gehöre, über den Verbleib des Abwesenden Nachforschungen anzustellen. Da der Abwesenheitskurator ein vom Gericht bestellter Vertreter des Abwesenden sei und eine Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger im Interesse des Abwesenden liege, es sich somit um eine Selbstauskunft handle, könnten die einschlägigen Normen über den Datenschutz nicht Platz greifen und sei die gewünschte Auskunft zu erteilen.
Der gegen diese Anordnung gerichteten Vorstellung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger gab das Erstgericht mit Beschluß vom 7.11.1989 (ON 35) keine Folge. Es führte dazu im wesentlichen aus, die Aufgabe eines Abwesenheitskurators bestehe darin, die Rechte des Abwesenden bestmöglich wahrzunehmen. Die einschlägigen Normen über den Datenschutz, insbesondere § 7 Abs 2 DatenschutzG, hätten im Falle eines Abwesenheitskurators nicht Platz zu greifen. Eine Auskunft an den Abwesenheitskurator stelle praktisch eine Selbstauskunft dar. Die verlangte Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger liege zudem im Interesse des Abwesenden und sei zur Erfüllung der Pflichten des Abwesenheitskurators erforderlich.
Dem gegen die Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes ON 32 in seinem Punkt 2 dahin ab, daß es den Antrag des Abwesenheitskurators, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger aufzutragen, ihm die gewünschte Auskunft zu erteilen, abwies.
Das Rekursgericht sprach aus, daß gegen seine Entscheidung der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, die Entscheidung des Erstgerichtes sei insofern verfehlt, als ein Auftrag des Gerichtes an einen Selbstverwaltungskörper, einem Dritten "die gewünschte Auskunft zu erteilen", keinesfalls der Rechtslage entspreche.
Dabei könne die Frage, ob einem Abwesenheitskurator Auskunft zu geben sei, ob bzw welche Daten über den Abwesenden vorhanden seien, derzeit dahingestellt bleiben. Nach den Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes könne jedermann Auskunftsbegehren an die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches anbringen. Werde eine Auskunft nicht erteilt, so sei auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen sei, gelte das AVG 1950, sofern nicht für die Sache, in der die Auskunft erteilt werde, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden sei. Der Abwesenheitskurator werde somit zunächst den im Auskunftspflichtgesetz vorgezeichneten Weg zu beschreiten und im Falle der Erlassung eines Bescheides nach § 4 dieses Gesetzes diesen im Verwaltungsweg zu bekämpfen haben. Die (nicht bescheidmäßig erfolgte) Ablehnung der Erteilung einer Auskunft durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger könne nicht im Wege eines gerichtlichen Auftrages an diesen und unter Verletzung der Kompetenz der Verwaltungsbehörden negiert werden.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Abwesenheitskurators mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; allenfalls sei die Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger direkt dem Pflegschaftsgericht zu erteilen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Entgegen den Rechtsmittelausführungen ist es nicht von Belang, ob im außerstreitigen Verfahren "laufend Selbstverwaltungskörper um Auskünfte ersucht werden". Es ist hier auch nicht zu erörtern, ob es dem Pflegschaftsgericht im Rahmen der im § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG normierten Untersuchungsmaxime gestattet ist, Anfragen an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit dem Ziel zu richten, Aufklärung über den Verbleib des Abwesenden zu erhalten.
Entscheidend ist vielmehr nur, daß im außerstreitigen Verfahren das Gericht nur insofern vorzugehen hat, als es die Gesetze anordnen (§ 1 AußStrG) und daß es die Grenzen seiner Gerichtsbarkeit nicht überschreiten darf (§ 2 Abs 2 Z 1 AußStrG). Wie das Rekursgericht durchaus zutreffend erkannte, gibt es keine verfahrensrechtliche Vorschrift, die es dem Pflegschaftsgericht gestattete, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger einen Auftrag dahingehend zu erteilen, dem bestellten Abwesenheitskurator von ihm verlangte Auskünfte zu erteilen. Wenn der Abwesenheitskurator irgendwelche Auskünfte vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wünscht, steht es ihm, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, frei, dieses Begehren im Rahmen des dafür vorgesehenen gesetzlichen Verfahrens durchzusetzen; keinesfalls obliegt es aber dem Pflegschaftsgericht, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger diesbezüglich irgendwelche Aufträge zu erteilen.
Dem Revisionsrekurs des Abwesenheitskurators muß daher ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
E22101European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00604.9.0926.000Dokumentnummer
JJT_19900926_OGH0002_0020OB00604_9000000_000