TE OGH 1990/9/26 9ObA211/90 (9ObA212/90, 9ObA213/90, 9ObA214/90)

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Gerald Kopecky als weitere Richter in den Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. Gerhard J***, Kellner, Zell am See, Josef Grain-Straße 18/6, 2. Gabriele K***, Kellnerin, Zell am See,

Saalfeldnerstraße 24, 3. Johann H***, Kellner, Zell am See,

Saalfeldnerstraße 24, 4. Renate K***, Kellnerin, Zell am See, Josef Grain-Straße 18/6, alle vertreten durch Dr. Hans Werner Mitterauer, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, dieser vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Thomas W*** KG, Hinterglemm, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger u.a. Rechtsanwälte in Salzburg, wegen zu 1., 3. und 4. jeweils 73.681,41 S brutto sA und 2. 73.046,36 S brutto sA, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Mai 1990, GZ 12 Ra 20-23/90-18, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Oktober 1989, GZ 16 Cga 104-107/89-12, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 4.944,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 824,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die von der beklagten Partei geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). In diesem Zusammenhang ist die Revisionswerberin darauf hinzuweisen, daß auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden können (vgl. RZ 1989/16 ua).

Im übrigen genügt es, auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zu verweisen (§ 48 ASGG), wobei darauf hinzuweisen ist, daß sich im Hinblick auf die bindenden Feststellungen der Vorinstanzen die Frage der Beweislast hier nicht stellt.

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerber noch folgendes zu erwidern:

1. Zur Revision beider Parteien in der Frage der Mäßigung der von der beklagten Partei eingewendeten Schadenersatzforderung:

Gemäß § 2 Abs 1 DHG ist die Minderung der Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers nicht bloß vom Verschulden, sondern auch von anderen Kriterien abhängig. Dem Verschulden des Arbeitnehmers kommt aber, wie sich aus dem Ausschluß der Haftung bei entschuldbarer Fehlleistung und dem Ausschluß der Mäßigung im Falle vorsätzlicher Schadenszufügung sowie aus dem Einleitungssatz des § 2 Abs 2 DHG idF BGBl 169/1983 "hat das Gericht vor allem auf das Ausmaß des Verschuldens des Dienstnehmers .... Bedacht zu nehmen" ergibt, entscheidendes Gewicht zu. Da den Vorinstanzen darin beizupflichten ist, daß auf die Grundlage der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen mit Rücksicht auch auf die relative Höhe des Mankos und den Umstand, daß sich der Fehlbetrag aus nicht abgelieferten Umsätzen nach Feststellung eines seit Beginn der Dienstverhältnisse Mitte Dezember 1988 aufgelaufenen Mankos von rund 60.000 S Anfang Februar 1989 bis auf 162.565 S Anfang April 1989 erhöhte - auch bei Bedachtnahme auf die Schadensgeneigtheit der mit der Verrechnung, Entgegennahme und Ablieferung einer großen Anzahl von Zahlungen verbundenen Tätigkeit der klagenden Partei und den Umstand, daß es sich bei der Zweitklägerin um keine gelernte Kellnerin handelte - den klagenden Parteien ein Verschulden nahe der groben Fahrlässigkeit anzulasten ist und das Monatsgehalt der klagenden Parteien von jeweils mehr als 30.000 S brutto nicht in einem Mißverhältnis zu dem mit der Tätigkeit als Zahlkellner verbundenen Wagnis steht, ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Mäßigung um weniger als die Hälfte des Schadensbetrages auf die pfändbaren Teile der von der beklagten Partei an die klagenden Parteien zu leistenden Nachzahlungen angemessen. Eine weitere Mäßigung der jeweils etwa ein Monatsnettogehalt erreichenden Ersatzbeträge erschien im Hinblick auf das doch erhebliche Verschulden der klagenden Parteien nicht angebracht. Soweit die beklagte Partei andererseits die Ansicht vertritt, Voraussetzungen für eine Mäßigung lägen überhaupt nicht vor, ist ihr zu erwidern, daß selbst bei grob fahrlässiger Schadenszufügung eine Mäßigung des Ersatzes nicht ausgeschlossen wäre und mit der vorgenommenen Mäßigung um weniger als die Hälfte des Schadensbetrages auf einen Ersatzbetrag von insgesamt 90.878,93 S ohnehin dem erheblichen Verschulden der klagenden Parteien Rechnung getragen wurde.

2. Zur Revision der beklagten Partei in den übrigen Punkten:

Ein Vorbringen, die klagenden Parteien hätten ihre Ersatzpflicht anerkannt, hat die im Verfahren erster Instanz durch einen Rechtsanwalt und damit durch eine qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs 1 ASGG vertretene beklagte Partei nicht erstattet; ihre diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung und in der Revision sind daher gemäß § 63 Abs 1 ASGG iVm § 482 ZPO unzulässige und damit unbeachtliche Neuerungen. Dasselbe gilt von dem erstmals in der Berufung erstatteten Vorbringen, auf Grund der Mitarbeit von Thomas W***, Hubert H*** und Johann U*** sowie des Hausmeisters seien höhere Umsätze erzielt worden, die den Klägern zugute gekommen seien, darüber hinaus sei den klagenden Parteien freie Station gewährt worden, sodaß ein Abgehen vom Kollektivvertrag - mit der Vereinbarung, mit den Umsatzprozenten seien auch die freien Tage, Feiertage, Feiertagszuschläge und Überstunden abgegolten - zulässig gewesen sei.

Entgegen der Ansicht der beklagten Partei wurden die klagenden Parteien nicht überkollektivvertraglich entlohnt. Gemäß § 7 lit. c des Kollektivvertrages für die Arbeiter im österreichischen Hotel-, Gast- und Schankgewerbe vom 15. Juli 1982 beträgt die Mindesthöhe des Prozentanteiles bei den nach Umsatzprozenten entlohnten Beschäftigten 10,5 %. Dies ist daher das kollektivvertragliche Mindestentgelt. Nach den zwingenden Regelungen der §§ 3 lit. b und 12 lit. a Kollektivvertrag darf weder die Entschädigung für die nichtkonsumierte wöchentliche Ruhezeit noch der Feiertagszuschlag bzw. das Entgelt für Ersatzruhetage den Umsatzprozenten entnommen werden. Da die beklagte Partei mit den klagenden Parteien nur den kollektivvertraglichen Mindestsatz von 10,5 % des Umsatzes vereinbarte, war die Individualvereinbarung nicht günstiger als der Kollektivvertrag, sodaß sich das Problem eines Günstigkeitsvergleiches im Sinne des § 3 Abs 2 ArbVG gar nicht stellt. Die Ausführungen, die klagenden Parteien seien durch Mitarbeit anderer Personen sowie durch die Gewährung von freier Station gegenüber der kollektivvertraglichen Regelung günstiger gestellt worden, sind, wie oben dargelegt, unzulässige und daher unbeachtliche Neuerungen.

Die Entscheidungen über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 43 Abs. 1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E21997

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00211.9.0926.000

Dokumentnummer

JJT_19900926_OGH0002_009OBA00211_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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