TE OGH 1990/9/27 7Ob663/90

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ewald M***, Kaufmann, Wien 15., Grenzgasse 7, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Johannes P***, Rechtsanwalt, Wien 1., Johannesgasse 16, wegen S 129.249,36 und Feststellung (Gesamtstreitwert S 229.249,36) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. März 1990, GZ 15 R 12/90-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Oktober 1989, GZ 5 Cg 44/89-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Entscheidung über das Feststellungsbegehren und über die Verfahrenskosten aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten dieses Teiles des Verfahrens (einschließlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens) sind weitere Verfahrenskosten. Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen werden die Urteile der Vorinstanzen in ihrem das Zahlungsbegehren abweisenden Umfang als Teilurteil bestätigt. Die Entscheidung über die Kosten dieses Teiles des Verfahrens (einschließlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens) wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 10.2.1981 schlossen der Kläger als Mieter und Ivan G*** als Vermieter einen Mietvertrag über das im Wohnungseigentum stehende Geschäftslokal top. Nr. 4 im Haus Wien 1., Rotenturmstraße 22. Der Beklagte war dabei als Vertragserrichter tätig. Im Mietvertrag war ein monatlicher Bestandzins von S 17.000 zuzüglich Betriebskosten, öffentlicher Abgaben und Umsatzsteuer vorgesehen. Der Kläger übergab dem Beklagten anläßlich dieser Vertragserrichtung ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von S 100.000 als Kaution. Diese sollte - nach Abzug vertragsgemäß verbrauchter Beträge - binnen 2 Monaten nach Beendigung des Bestandverhältnisses zurückgestellt werden.

Am 11.1.1985 beantragte der Kläger beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien die Entscheidung über die Angemessenheit des vereinbarten Bestandzinses, weil er zuvor erfahren hatte, daß ein für die Errichtung des Gebäudes gewährtes, pfandrechtlich sichergestelltes Darlehen des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds bei Abschluß des Mietvertrages noch nicht zurückgezahlt war und gemäß § 15 Abs 11 WWG in einem solchen Fall nur der dreifache Friedenskronenzins als Bestandzins hätte vereinbart werden dürfen. Mit Beschluß vom 15.12.1985 stellte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien in diesem Verfahren ua fest, daß die zwischen den Streitteilen getroffene Mietzinsvereinbarung insoweit unwirksam gewesen ist, als der vereinbarte Hauptmietzins den Betrag von S 2.707,50 überstiegen hat. Im Verfahren 48 C 190/86 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde der Vermieter zur Rückzahlung des zu viel geleisteten Mietzinses an den Kläger verurteilt. In der Folge rechnete der Kläger diesen Rückforderungsanspruch gegen die monatlich fällig werdenden Mietzinse auf. Am 9.7.1987 wurde der Wohnungseigentumsanteil des Vermieters versteigert. Der Kläger konnte danach seine Rückforderungsansprüche gegen den Vermieter nicht mehr hereinbringen, weil Ivan G*** mittlerweile in das Ausland verzogen war und im Inland kein weiteres Vermögen mehr besaß.

Bereits am 12.4.1985 hatte der Beklagte dem Kläger mitgeteilt, daß er über die vertraglich bedungene Kaution nicht mehr verfüge. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 129.249,36 samt 4 % Zinsen aus S 80.180 seit dem Klagetag bis 14.6.1989 und aus S 129.249,36 seit 14.6.1989, sowie die Feststellung, wonach ihm der Beklagte dafür hafte, daß die Kaution samt den vereinbarten Zinsen und Zinseszinsen in seiner Verwahrung vorhanden sei, nur gemäß den Bestimmungen des Mietvertrages vom 10.2.1981 verwendet werde und, soweit sie nicht gemäß diesen Bestimmungen noch verbraucht werden sollte, spätestens zwei Monate nach Beendigung der Bestandzeit dem Kläger zurückgezahlt werde.

Der Beklagte sei als Vertragserrichter tätig gewesen und hätte einen gesetzlich nicht zulässigen Mietzins nicht in die Vereinbarung aufnehmen dürfen. Bei Erfüllung der auch gegenüber dem - beim Vertragsabschluß anwaltlich nicht vertreten gewesenen - Kläger zu beachtenden Sorgfaltspflichten - insbesondere die Einsichtnahme in das Grundbuch - hätte der Beklagte Kenntnis erlangen können, daß der für die Errichtung des Gebäudes gewährte Kredit des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds zum Zeitpunkt der Errichtung dieses Mietvertrages noch nicht zurückgezahlt war. Der Beklagte hafte daher für den Schaden, den der Kläger dadurch erlitten habe, daß sein Rückforderungsanspruch gegen Ivan G*** uneinbringlich geworden sei. Der Beklagte habe aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages die Kaution in Form eines Sparbuches zur Verwahrung übernommen. Auf Grund der getroffenen Vereinbarung sei er nicht berechtigt gewesen, das Sparbuch dem Vermieter herauszugeben. Dieses Sparbuch sei dem Kläger gemäß Punkt IX des Mietvertrages spätestens zwei Monate nach Beendigung des Bestandverhältnisses - samt Zinsen, jedoch unter Abzug der Aufwendungen, die der Vermieter nach den Bestimmungen des Vertrages vom Mieter zu fordern berechtigt sei - zurückzuzahlen. Der Kläger habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß ihm der Beklagte für die Erfüllung dieser Verpflichtung hafte. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er habe den Mietvertrag im Auftrag des Vermieters verfaßt und die Kaution vom Kläger als Vertreter des Vermieters entgegengenommen. Die Weiterleitung der Kaution an den Vermieter sei auf Grund der getroffenen Vereinbarungen erfolgt. Dem Beklagten sei nicht bekannt gewesen, daß das Bestandobjekt mit öffentlichen Mitteln errichtet worden sei. Im übrigen sei "der gegenständliche Anspruch" verjährt. Das Erstgericht wies das Zahlungs- und das Feststellungsbegehren ab. Dem Kläger seien bereits am 11.1.1985 die maßgebenden Umstände bekannt gewesen, daß die Mietzinsvereinbarung gegen § 15 WWG verstoßen habe. Der wegen der überhöhten Zinszahlung erhobene Schadenersatzanspruch unterliege gemäß § 1489 ABGB der kurzen Verjährungsfrist. Diese beginne bereits, wenn der Geschädigte (neben der Person des Schädigers) erkennen könne, daß

ein - ermittelbarer - Schaden eingetreten sei. Die Kenntnis der genauen Schadenshöhe sei nicht erforderlich. Die dreijährige Frist sei bereits vor der Einbringung der Klage abgelaufen gewesen. Seit 12.4.1985 habe der Kläger überdies gewußt, daß der Beklagte die Kaution an den Vermieter weitergegeben habe. Auch der daraus abgeleitete Anspruch sei daher bereits verjährt. Selbst bei Vorhandensein mehrerer nebeneinander haftender Schadenersatzpflichtiger beginne die Verjährungsfrist gegenüber jedem einzelnen von ihnen mit Kenntnis von Schaden und Schädiger, nicht aber erst mit der Kenntnis der Uneinbringlichkeit der Schadenersatzforderung gegen einen von ihnen zu laufen. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist.

Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB gelte sowohl für deliktische als auch für die wegen Verletzung einer Vertragspflicht erhobenen Schadenersatzansprüche. Für den Beginn der Verjährungsfrist sei die Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers maßgebend. Davon, daß ein Schaden erst gerichtlich festgestellt werde, hänge der Beginn des Fristenlaufes nicht ab. Der Geschädigte dürfe mit der Einbringung der Klage auch nicht so lange zuwarten, bis er Gewißheit über alle maßgebenden Umstände habe. Die Frist beginne vielmehr bereits dann zu laufen, wenn er den Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers soweit kenne, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg stellen könne. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage sei auch die genaue Kenntnis der Schadensziffer nicht erforderlich. Daß auch gegen andere Personen Ansprüche bestehen, im Falle deren Erfüllung der Schaden beseitigt werde, und daß die Erfüllung solcher Ansprüche zweifelhaft oder gar unmöglich werde, sei für den Lauf der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche gegen einen bestimmten Schädiger nicht von Belang. Der Beklagte hafte - bei Unterstellung des Vorbringens des Klägers - wegen des rechtswidrigen und schuldhaften Unterlassens eines Hinweises auf § 15 WWG aus dem Titel des Schadenersatzes mit dem Vermieter als Bereicherungsschuldner solidarisch für die Rückzahlung der durch die Rechtslage nicht gedeckten Zinszahlungen. Die Versteigerung des Wohnungseigentumsanteiles sei nicht als unvorhersehbare Zwischenursache anzusehen, die als Grundlage für einen ganz neuen Schadenersatzanspruch gelten könnte. Der Beklagte selbst sei weder durch die Zahlungen noch durch das Weitergeben des Sparbuches bereichert worden. Wenn der Beklagte die Kaution vereinbarungswidrig weitergegeben habe, sei er zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch Rückerwerb des Sparbuches verpflichtet. Die Frist für die Verjährung des aus der Entäußerung des Treugutes geltend gemachten Schadenersatzanspruches habe mit Kenntnis des Klägers von dieser Entäußerung, sohin am 12.4.1985, zu laufen begonnen. Auch insoweit sei die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage bereits abgelaufen gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Stattgebung der Klage abzuändern. Hilfsweise stellt der Kläger auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die am letzten Tag der Frist des § 507 Abs 2 ZPO (12.9.1990) zur Post gegebene, entgegen § 508 a Abs 2 ZPO nicht beim Revisionsgericht, sondern beim Erstgericht eingebrachte und beim Obersten Gerichtshof erst am 27.9.1990 eingelangte Revisionsbeantwortung ist verspätet, weil die Tage des Postenlaufes nur dann für die Einhaltung der Frist außer Betracht gelassen werden, wenn die Postsendung an das zuständige Gericht adressiert war (SZ 52/155 uva). Sie war daher zurückzuweisen.

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung über die Verjährung des mit dem Feststellungsbegehren geltend gemachten Anspruches ausschließlich mit der für Schadenersatzansprüche geltenden Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB begründet wurde, obwohl der Kläger diesen Anspruch nicht auf schadenersatzrechtliche Grundlagen eingeschränkt, sondern (auch) auf einen vertraglichen Erfüllungsanspruch gestützt hat. Die Entscheidung hängt somit von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen und des formellen Rechtes ab, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt, weil das Berufungsgericht von den Vorschriften über die Verjährung vertraglicher Erfüllungsansprüche abgewichen ist und nicht alle Anspruchsgrundlagen erledigt hat. Damit unterliegt aber auch die Entscheidung über den - mit dem Erfüllungsanspruch in einem tatsächlichen Zusammenhang stehenden - Geldanspruch ungeachtet ihrer Abhängigkeit von einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Die Revision ist auch teilweise berechtigt.

Den Ausführungen in der Revision zu dem in Geld bestehenden Schadenersatzanspruch, die Verjährung habe erst mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren Msch 2/85 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien am 17.2.1986 begonnen, der Wegfall der Kompensationsmöglichkeit zur Tilgung des Rückforderungsanspruches gegen den ursprünglichen Vermieter durch die Versteigerung des Bestandobjektes am 9.7.1987 habe auf den Ablauf der Verjährungsfrist einen Einfluß gehabt, und der vom Beklagten zu verantwortende Rückforderungsanspruch wegen irrtümlicher Zahlung eines überhöhten Zinses unterliege der 30-jährigen Verjährungsfrist, kann allerdings nicht beigepflichtet werden:

Zunächst ist festzuhalten, daß der Beklagte die Zinszahlungen des Klägers nicht erhalten hat, sodaß gegen ihn auch kein - der 30-jährigen Verjährung unterliegender - Bereicherungsanspruch besteht. Nimmt man zugunsten des Klägers an, daß der Beklagte als Vertragserrichter des Mietvertrages verpflichtet gewesen wäre, in das Grundbuch einzusehen oder sonstige Erhebungen zu pflegen, um die Zulässigkeit des von den Vertragsparteien in Aussicht genommenen Mietzinses im Sinne des § 15 Abs 9 bis 15 WGG prüfen zu können, dann begründet die Unterlassung der Belehrung des Beklagten, daß der vereinbarte Mietzins den zwingenden Bestimmungen dieses Gesetzes widerspricht, eine Verletzung der auch ohne Auftragsverhältnis zugunsten des Klägers im vorvertraglichen Schuldverhältnis bestehenden Sorgfalts- und Aufklärungspflichten, welche den Beklagten schadenersatzpflichtig machen würde (Koziol-Welser8 I 196). Nur eine solche Haftung des Beklagten hat der Kläger im Rahmen des Geldanspruches in Anspruch genommen. Zutreffend haben die Vorinstanzen diesen Anspruch als einen - der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegenden - Schadenersatzanspruch qualifiziert. Gemäß § 1489 ABGB beginnt diese Verjährungsfrist mit Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers zu laufen. Die Kenntnis dieser Umstände in einem Ausmaß, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, reicht für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist aus (SZ 18/171 uva). Der Geschädigte darf nicht so lange zuwarten, bis er einen Prozeß zu gewinnen glaubt (SZ 40/40 uva). Über die Person des Schädigers und dessen schädigendes Verhalten konnte der Kläger ab dem Zeitpunkt keine Zweifel mehr haben, in dem er erfahren hatte, daß das Bestandobjekt mit einem noch nicht zur Gänze zurückgezahlten Darlehen des Wohnhauswiederaufbaufonds errichtet worden war. Das war aber zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren Msch 2/85 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, somit schon am 11.1.1985, der Fall. Aber auch über den Eintritt eines Schadens konnte damals keine Ungewißheit mehr bestehen, hatte doch der Kläger bis dahin den überhöhten Mietzins gezahlt. Schon damit ist ihm ein Schaden erwachsen. Daß der Schaden auch der Höhe nach zur Gänze bekannt ist, ist für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist nicht erforderlich (SZ 41/147 uva). Damit war aber zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 16.2.1989 die Verjährungsfrist für den Schadenersatzanspruch bereits abgelaufen. Daß der Kläger innerhalb von 3 Jahren vor Einbringung der Klage noch den überhöhten Mietzins gezahlt hätte, wurde nicht behauptet. Dem Kläger kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß der Wegfall der Befriedigungsmöglichkeit im Rahmen des gegen den Vermieter bestehenden Rückforderungsanspruches einen Einfluß auf die Verjährung des Schadenersatzanspruches gegen den Beklagten habe. Sein Schaden war bereits durch Zahlung des überhöhten Mietzinses entstanden. Der Umstand, daß ein bereits eingetretener Schaden durch die Hereinbringung eines gegenüber einem Dritten bestehenden Rückforderungsanspruches wieder wegfallen könnte, berührt weder den eingetretenen Schaden, noch beeinflußt er den Lauf der Verjährungsfrist. Selbst dann, wenn mehrere Personen für einen Schadenersatzanspruch zur ungeteilten Hand haften, beginnt die Verjährung gegen einen von ihnen nicht erst bei Feststellung der Uneinbringlichkeit gegen die übrigen (SZ 15/63). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn ein Schaden auf andere Weise als durch Zahlung eines solidarisch haftenden Schuldners, etwa durch Befriedigung eines Rückforderungsanspruches, nachträglich beseitigt werden könnte. Im Recht sind die Revisionsausführungen jedoch insoweit, als sie die Auffassung des Berufungsgerichtes bekämpfen, daß der mit dem Feststellungsbegehren verfolgte Anspruch (ausschließlich) auf den Titel des Schadenersatzes gestützt worden wäre. Der Kläger hat dazu nämlich vorgetragen, daß er dem Beklagten zu dessen Verwahrung zur Sicherstellung sämtlicher Ansprüche des Vermieters ein Sparbuch mit dem Einlagestand von S 100.000 übergeben habe und der Beklagte nicht zur Herausgabe dieses Sparbuches an den Vermieter berechtigt gewesen ist. Der Beklagte müsse ihm das Sparbuch spätestens 2 Monate nach Beendigung der Bestandzeit samt Zinsen, abzüglich allfälliger Forderungen des Vermieters, zurückstellen. Da der Beklagte gegen die übernommene Verpflichtung zur Verwahrung des Sparbuches verstoßen habe, habe der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß ihm der Beklagte für die Erfüllung dieser Verpflichtung hafte. Damit machte der Kläger aber nicht bloß einen Schadenersatzanspruch geltend. Er verlangt vielmehr die Feststellung, daß der Beklagte zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung am Fälligkeitstag verbunden ist. Dieser - nach den Behauptungen des Klägers noch gar nicht fällige - Erfüllungsanspruch unterliegt aber nicht der dreijährigen, sondern der 30-jährigen Verjährungsfrist, weil die kurze Verjährung des § 1486 ABGB nur für Forderungen, nicht aber für Verbindlichkeiten der in dieser Gesetzesstelle genannten Betriebe und Berufsvertreter gilt.

Der Kläger hätte an der begehrten Feststellung unter der Voraussetzung, daß der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution noch nicht fällig ist, ein rechtliches Interesse, weil der Beklagte bestreitet, zur Rückzahlung verpflichtet zu sein. Fällig könnte ein gegen den Beklagten aus einer vertraglichen Vereinbarung abgeleiteter Rückzahlungsanspruch unbeschadet der behaupteten Fälligkeitsvereinbarung (2 Monate nach Beendigung des - derzeit noch aufrechten - Bestandverhältnisses) schon jetzt etwa dann sein, wenn der Ersteher an die Kautionsabrede im Mietvertrag nicht gebunden wäre und auch sonst kein Grund bestehen sollte, die Kaution zurückzubehalten. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn das Bestandverhältnis dem MRG unterliegt und der Erwerber an die Vereinbarung einer unverhältnismäßig hohen Kaution, die er weder kannte, noch kennen mußte, nicht gebunden wäre (§ 2 Abs 1 MRG: dazu und zum Verhältnis zwischen §§ 1120, 1121 ABGB und § 2 Abs 1 MRG siehe etwa MietSlg 38/22). Eine nähere Beurteilung dieses Fragenkomplexes ist aber - mangels Erörterung mit den Parteien im Verfahren erster Instanz und Vorhandenseins entsprechender Feststellungen - im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht möglich. Die Rechtssache ist somit in diesem Umfang noch nicht spruchreif, weil das Erstgericht keinerlei Feststellungen darüber getroffen hat, ob der Beklagte eine Aufbewahrungspflicht übernommen und sich selbst zur Rückzahlung des übernommenen Sparguthabens verpflichtet hat. Aus der Feststellung, daß sich der Vermieter verpflichtet habe, die Kaution nach Abzug vertragsgemäß verbrauchter Beträge zurückzuzahlen, ergibt sich noch nicht, daß der Beklagte keine (gleichartige) Verpflichtung übernommen hätte. Auch der Inhalt des Mietvertrages ist dafür nicht allein ausschlaggebend, weil die behaupteten Vereinbarungen auch mündlich getroffen worden sein können.

Auch die Frage, ob der Beklagte noch zur Leistung oder - im Falle vertragswidriger Weitergabe des Sparbuches - nur mehr zum Schadenersatz verpflichtet ist (vgl. SZ 58/105), kann noch nicht beurteilt werden, weil der genaue Inhalt der vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen noch nicht feststeht.

Demnach war wie aus dem Spruche ersichtlich vorzugehen. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E21949

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00663.9.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19900927_OGH0002_0070OB00663_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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