TE OGH 1990/9/27 7Ob25/90

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz F***, Hotelier, Villach, Karl Ritter von Ghega-Straße 7, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel und Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei V*** DER Ö*** B***,

Versicherungsaktiengesellschaft, Klagenfurt, Heuplatz 1, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Dr. Wilhelm Dieter Eckhart und Dr. Gerhard Gratzer, Rechtanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert S 90.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26. April 1990, GZ 5 R 88/90-8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4.Jänner 1990, GZ 20 Cg 391/89-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer des Strandhotels Fürst am Faaker See.

Er hat für dieses Hotel mit der beklagten Partei eine

Einbruchdiebstahlversicherung abgeschlossen, der die Allgemeinen

Einbruchdiebstahlversicherungs-Bedingungen (AEB 1986, im folgenden

nur AEB) zugrundeliegen. Nach Art. 2 Abs. 1 AEB gilt als

Einbruchdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen ein

Diebstahl nur, wenn der Dieb in die Versicherungsräumlichkeit

(Art. 5) a) durch Eindrücken oder Aufbrechen der Türen, Fenster,

Wände, Fußböden oder Decken eingebrochen hat ...., e) unter

Anwendung der richtigen Schlüssel .... gelangt ist, sofern er diese

anderwärts durch Einbruchdiebstahl in Räumlichkeiten eines Gebäudes

im Sinne der vorstehenden Bestimmungen .... oder durch Beraubung

.... an sich gebracht hat. Als Einbruchdiebstahl im Sinne der

Versicherungsbedingungen gilt ein Diebstahl auch dann, wenn ein Dieb während der Zeit, in welcher die bedingungsgemäß oder besonders vereinbarten Sicherungen nicht anzuwenden sind, ohne Setzung eines der unter Abs. 1 angeführten Tatbestände in die Versicherungsräumlichkeit gelangt ist und darin Türen .... aufgebrochen .... hat (Art. 2 Abs. 2 AEB). Der Versicherer haftet nach Art. 5 AEB nur für den Schaden, von dem die Versicherten Sachen an dem Ort betroffen werden, welcher in der Polizze oder in den Nachträgen zu derselben bezeichnet ist (Versicherungsräumlichkeit). In der Nacht vom 5. auf den 6.März 1989 drangen unbekannte Täter in das Hotel ein, brachen die Verbindungstür von der Küche in das Büro auf und stahlen daraus einen Computer. Der Kläger begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der beklagten Partei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen gelangten die Täter durch Aufsperren der Hoteleingangstür mittels eines Originalschlüssels in das Hotel. Im Jahre 1987 wurde nach einem Einbruchdiebstahl der Zimmerschlüssel des Zimmers Nr. 4 gestohlen, mit dem man auch die Hoteleingangstür aufsperren kann.

Nach der Auffassung des Erstgerichtes liege ein Einbruchsdiebstahl im Sinne der AEB nicht bloß dann vor, wenn an der Hauseinangstür eingebrochen werde. Überdies sei hier davon auszugehen, daß die Täter die richtigen Schlüssel durch Einbruchdiebstahl an sich gebracht hätten. Die für das Gegenteil beweispflichtige beklagte Partei habe diesen Beweis nicht erbracht. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und die ordentliche Revision zulässig ist.

Das Berufungsgericht lehnte die Rechtsansicht des Erstgerichtes ab, daß ein Einbruchdiebstahl schon deshalb vorliege, weil die Täter durch Aufbrechen der Verbindungstür der Küche in das Büro gelangt seien. Nach Art. 2 Abs. 1 AEB gelte als Einbruchdiebstahl nur, wenn der Dieb in die Versicherungsräumlichkeit auf die näher umschriebene Art eingedrungen sei. Diese Bestimmung verweise durch das Klammerzitat ausdrücklich auf Art. 5 AEB, wonach als Versicherungsräumlichkeit der in der Polizze bezeichnete Ort bestimmt werde. Dieser sei unstrittig das Strandhotel Fürst. In dieses hätte daher der Dieb auf die in Art. 2 Abs. 1 AEB näher umschriebene Art eingedrungen sein müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Die Feststellungen des Erstgerichtes, daß die Täter die richtigen Schlüssel durch Einbruchdiebstahl an sich gebracht hätten, sei eine durch das Vorbringen des hiefür beweispflichtigen Klägers nicht gedeckte überschießende Feststellung und daher nicht zu berücksichtigen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß überschießende Feststellungen nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie über den geltend gemachten Klagegrund hinausgehen (MietSlg. 38.765, 32.664; 7 Ob 46/82 ua). Klagegrund ist das Tatsachenvorbringen und nicht dessen rechtliche Beurteilung durch den Kläger. Macht der Kläger ausdrücklich nur einen bestimmten Rechtsgrund geltend, ist das Gericht an diesen gebunden (MietSlg. 32.664). Im vorliegenden Fall hat der Kläger dem Standpunkt der beklagten Partei, es liege ein Einbruchdiebstahl im Sinne der AEB nicht vor, weil die Täter in die Versicherungsräumlichkeit durch Anwendung der Originalschlüssel gelangt seien, ohne sich diese durch eine als Einbruchdiebstahl oder als Raub zu qualifizierende Vortat verschafft zu haben, nicht etwa eine Bestreitung der Tatsachengrundlagen oder gegenteilige Behauptungen entgegengesetzt. Der Kläger machte nur die Unrichtigkeit des Rechtsstandpunktes der beklagten Partei geltend und vertrat seinerseits die Ansicht, daß ein Versicherungsfall vorliege, weil die Täter die Küchentür aufgebrochen und somit in die Versicherungsräumlichkeit eingebrochen seien (AS 3 ON 1). Nach den obgenannten Grundsätzen hat daher das Berufungsgericht zu Recht die Feststellung über den Diebstahl des Schlüssels des Zimmers Nr. 4 durch Einbruch im Jahre 1987 als unbeachtlich angesehen. Daß die Täter mittels dieses Schlüssels in das Hotel gelangten, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt. Das Erstgericht hat, wie sich aus seiner rechtlichen Beurteilung zweifelsfrei ergibt, diese Frage nach den Beweislastregeln gelöst und die Beweislast hiefür zu Unrecht der beklagten Partei aufgebürdet. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. e AEB besteht für den Fall, daß der Dieb durch Anwendung der richtigen Schlüssel in die Versicherungsräumlichkeit gelangt ist, Versicherungsschutz nur unter der zusätzlichen Voraussetzung, daß er diese durch Einbruchdiebstahl oder durch Beraubung an sich gebracht hat. Gleich, ob hier insgesamt nur eine primäre Risikoumschreibung vorliegt oder die zusätzliche Voraussetzung einen sekundären Risikoeinschluß darstellt, wäre es Sache des Versicherungsnehmers, somit des Klägers gewesen, das Vorliegen der entsprechenden tatsächlichen Umstände zu behaupten und zu beweisen (vgl. Jabornegg, Das Risiko des Versicherers 29; Schauer, Einführung 116 f). Der Kläger leitet seinen Anspruch jedoch nur aus der Tatsache ab, daß die Verbindungstür zwischen Küche und Büro aufgebrochen wurde. Er vertritt die Ansicht, daß Versicherungsräumlichkeit (auch) das Büro sei, sodaß der Tatbestand nach Art. 2 Abs. 1 lit. a AEB verwirklicht worden sei, ohne Rücksicht darauf, wie der Dieb in das Hotel gelangte. Das Berufungsgericht ist dem Standpunkt des Klägers zu Recht nicht gefolgt. Nach Art. 2 Abs. 1 AEB gilt als Einbruchdiebstahl nur, wenn ein Dieb auf eine der in Abs. 1 bezeichneten Weise in die Versicherungsräumlichkeit (Art. 5) gelangte. Was unter Versicherungsräumlichkeit zu verstehen ist, wird durch den Verweis auf Art. 5 AEB und die dort enthaltene Definition klargestellt. Versicherungsräumlichkeit ist hier somit das Hotel Fürst. In dieses hätten daher die Täter unter Setzung eines der unter Abs. 1 angeführten Tatbestände gelangt sein müssen, was jedoch vom Kläger nicht einmal behauptet wurde. Das Aufbrechen von Türen in der Versicherungsräumlichkeit, in die der Dieb ohne Setzung eines der in Art. 2 Abs. 1 AEB angeführten Tatbestände eindrang, fällt nach Art. 2 Abs. 2 AEB nur unter der zusätzlichen Voraussetzung unter das versicherte Risiko, daß der Dieb während der Zeit, in der bedingungsgemäß oder besonders vereinbarte Sicherheiten nicht anzuwenden sind, in die Versicherungsräumlichkeit gelangte. Da das Vorliegen eines Tatbestandes nach Art. 2 Abs. 1 lit. e AEB nicht zu prüfen war, kann auch die Frage unerörtert bleiben, ob die beklagte Partei nicht - bei Erlangen der richtigen Schlüssel durch die Täter durch eine qualifizierte Vortat bereits im Jahre 1987 - wegen Verletzung der Gefahrstandspflicht durch den Kläger wegen nicht unverzüglicher Auswechslung des Schlosses nach § 25 VersVG leistungsfrei wäre (vgl. Martin, SVR2 D VIII Rz 14; Prölss-Martin, VVG24 194).

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E21974

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00025.9.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19900927_OGH0002_0070OB00025_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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