Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27.September 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Astrid F*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 6.April 1990, GZ 15 Vr 1105/87-103, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die am 11.Februar 1958 geborene Astrid F*** wurde (zu I.) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und (zu II.) des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie - zusammengefaßt wiedergegeben - in insgesamt dreizehn Fällen durch die Vorgabe, im Auftrag der Firma T*** UNO-W***-GesmbH (T*** UNO)
Werbespots zu verkaufen, die demnächst im Programm der genannten Gesellschaft iusgestrahlt würden, im Urteil namentlich angeführte Personen betrügerisch zu geldwerten Leistungen oder zur Ausfolgung von Bargeldbeträgen verleitet und dadurch um insgesamt 30.856 S geschädigt (I.1 bis 13) und weitere drei Personen durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie durch Verschweigen ihrer Verbindlichkeiten zu Warenlieferungen verleitet und dadurch um weitere 71.031 S geschädigt (I.14 bis 16); ferner hat sie in wiederholten Angriffen falsche Urkunden, nämlich von ihr mit "S***" unterschriebene Auftragsscheine mit dem Vorsatz hergestellt, diese im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich einer von "S***" ausgeübten Vermittlertätigkeit und mit Verschweigung ihrer wahren Identität zu gebrauchen (II.).
Rechtliche Beurteilung
Zur Frage der Rechtzeitigkeit der von der Angeklagten (der Sache nach allein) gegen den Schuldspruch wegen Betruges (I) aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 a und 9 lit a erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde erübrigen sich angesichts der durch die Angleichung der Urteilsausfertigung an das verkündete Urteil erforderlich gewordenen Neuzustellung der Entscheidung und der rechtzeitigen Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde innerhalb der dadurch in Gang gesetzten (neuen) Rechtsmittelfrist (SSt 47/50) weitere Ausführungen und ist der seinerzeit von der Angeklagten eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag obsolet geworden.
Meritorisch geht die Nichtigkeitsbeschwerde fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) der Angeklagten zuwider konnte die Abweisung ihres in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, Sendeprotokolle zum Beweis dafür beizuschaffen, daß die von ihr zur Verfügung gestellten Werbespots nicht ordnungsgemäß und vertragskonform ausgestrahlt wurden (Band II Seite 252), nicht nur deshalb sanktionslos unterbleiben, weil nach dem Gendarmeriebericht vom 22.Februar 1990 (Band II Seite 207) Bandaufzeichnungen der ausgestrahlten Sendungen nicht mehr vorhanden sind, sondern namentlich auch deshalb, weil sie von dem Anklagevorwurf, die Firma T*** UNO betrügerisch geschädigt zu haben (Punkt 14 der Anklageschrift ON 3), freigesprochen wurde (Band II Seite 267 f) und ein Sachzusammenhang zwischen der Sendequalität der von ihr verfertigten Werbespots und den einzelnen verbleibenden Betrugsfakten nicht zu erkennen ist.
Analoges gilt für den weiteren der Ablehnung verfallenen Antrag, das Kassabuch und die Buchhaltungsunterlagen der "prot. Firma W*** GesmbH" herbeizuschaffen, weil auch hier ein
sachbezogener Konnex zu den einzelnen Betrugstaten nicht ersichtlich und auch dem Antrag nicht zu entnehmen ist.
Verteidigungsrechte der Angeklagten wurden aber ersichtlich auch durch die Abweisung ihres Antrages nicht geschmälert, die Zeugen Robert P*** und Richard S*** zum Beweis dafür zu vernehmen, daß die Angeklagte berechtigt gewesen sei, gegenüber Dritten zuzusichern, daß die von ihr selbst hergestellten Werbefilme auch tatsächlich von T*** UNO ausgestrahlt würden (Band II Seite 253). Denn angesichts dessen, daß die beiden beantragten Zeugen im Vorverfahren (siehe Band I ON 38 und 40) zum angeführten Beweisthema nichts Konkretes anzugeben vermochten, wäre die Angeklagte gehalten gewesen, bei der Antragstellung darzutun, weshalb dennoch erwartet werden könne, daß die begehrten Einvernahmen nunmehr ein anderes, für sie positives Ergebnis zeitigen würden, wozu noch tritt, daß sie selbst in der Hauptverhandlung bezüglich des Zeugen P*** (lediglich) deponierte, er habe "mitbekommen, welche Intrigen es ihr gegenüber gab" (Band II Seite 253).
Der Tatsachenrüge (Z 5 a) ist global zu erwidern, daß die darin enthaltenen Hinweise und Überlegungen nicht geeignet waren, im Senat Bedenken gegen die den Schuldspruch wegen Betruges tragenden Tatsachenfeststellungen zu erwecken.
Zur Rechtsrüge (Z 9 lit a) der Angeklagten bedarf es keiner weitwendigen Einlassungen, weil sie zur Gänze einer gesetzmäßigen Darstellung entbehrt. Geht doch ihre Behauptung, es mangle an Konstatierungen darüber, daß von ihr bezahlte Sendungen seitens der Firma T*** UNO mangelhaft ausgestrahlt worden seien, woraus der Angeklagten "Gewährleistungs- und Schadenersatzleistungen" erwuchsen, was das Fehlen eines Bereicherungsvorsatzes zur Folge habe, daran vorüber, daß in Ansehung dieses Anklagefaktums - Betrug zum Nachteil der Firma T*** UNO - ein Freispruch erging (siehe oben). Daß aber die behaupteten Feststellungsmängel auch für die Beurteilung der übrigen Betrugsfakten von Bedeutung seien, wird in der Beschwerde nicht einmal behauptet, geschweige denn substantiiert. Soweit das Rechtsmittel aber in Ansehung des Betrugsschadens ins Treffen führt, es hätten der Angeklagten die von den einzelnen Vertragspartnern geleisteten Zahlungen nicht zur Gänze angelastet werden dürfen, weil sie ja durch Herstellung der Werbespots eine Leistung erbracht habe, läßt es in prozeßordnungswidriger Weise unbeachtet, daß nach den getroffenen Feststellungen die fraglichen Spots überhaupt keinen Verkehrswert repräsentierten, weil für die Geschädigten nur deren (allerdings unterbliebene) Ausstrahlung von Interesse war (Band II Seite 293 und 323), woraus resultiert, daß die Ware (= die Werbespots) für die Vertragspartner "gänzlich unbrauchbar" war (Band II Seite 339).
Im Betrugsfaktum betreffend die Firma "I***" (Punkt I 15 des Urteilsspruchs) hinwieder setzt sich die Beschwerde mit ihrer Behauptung, die zwei gelieferten und dann wieder abgeholten Schränke hätten Mängel aufgewiesen, was die Angeklagte ihrer Überzeugung nach berechtigte, überhaupt keine Zahlungen zu leisten, darüber hinweg, daß ihre Verantwortung, "die Zahlung des Rechnungsbetrages deshalb verweigert zu haben, weil sie Friedrich P*** erfolglos zur Nachlieferung der passenden Schränke aufgefordert habe", von den Tatrichtern anhand der für glaubhaft befundenen Aussage des Zeugen P*** in Verbindung mit den bezüglichen Zivilakten als schlüssig widerlegt erachtet wurde (Band II Seite 329).
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war mithin teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Folglich wird über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E21791European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00105.9.0927.000Dokumentnummer
JJT_19900927_OGH0002_0120OS00105_9000000_000