TE OGH 1990/10/3 1Ob591/90

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Veröffentlicht am 03.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Wien 1, Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Dr. Wolfgang Putz und Dr. Wolfgang Boesch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Walter W***, Rechtsanwalt, Bruck an der Mur, Hauptplatz 20, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Dipl.Ing. R*** B***/M*** Baugestellschaft mbH, Bruck an der Mur, wegen Feststellung (Streitwert 4,422.650 S), in eventu Zahlung von 2,400.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 16.Februar 1990, GZ 2 R 254/89-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 11.September 1989, GZ 2 h Cg 7/89-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 28.028,90 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 4.671,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Dipl.Ing. R*** B***/M*** Baugesellschaft mbH (im folgenden Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am 14.Oktober 1985 der Ausgleich und am 25.November 1985 zu S 71/85 des Kreisgerichtes Leoben der Anschlußkonkurs eröffnet wurde, führte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ua im Auftrag der A*** Autobahnen- und Schnellstraßen AG (im folgenden A***) und der G*** S*** AG (beide im folgenden auch Werkbesteller) nicht fertiggestellte und vom nun beklagten Masseverwalter mit 31.Oktober 1985 bzw. 18. November 1985 mangels Barmittel eingestellte Bauten (Talübergang Wassertal auf der Semmering-Schnellstraße S 6 und GVB Remise in Graz) durch. Die klagende Bank hatte auftrags der nunmehrigen Gemeinschuldnerin als Werkunternehmerin mit abstrakten Bankgarantien gegenüber den Werkbestellern als Begünstigten zur Sicherstellung von deren Rechtsansprüchen aus den Bauvorhaben gegenüber der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die Haftung für alle denkbaren Ansprüche a) vom 9. Oktober 1984 zugunsten der A*** bis zu einem Betrag von 2,022.650 S bis 24.Jänner 1986 und b) vom 20.April 1985 zugunsten der G*** S*** AG bis zu einem Betrag von 2,400.000 S bis 31. Jänner 1986 übernommen. Bei Ausstellung der Bankgarantien und auch danach unterhielt die nunmehrige Gemeinschuldnerin ein Kreditkonto mit einem größeren Kreditrahmen bei der klagenden Partei. Mit Ausstellung der beiden Bankgarantien wurden die garantierten Beträge einem Avalevidenzkonto angelastet, evident gehalten und die vertraglich bedungenen Leistungen für das Ausstellen der Bankgarantien von der klagenden Partei bezogen. Nach Ausgleichs-, jedoch noch vor Anschlußkonkurseröffnung nahmen die beiden begünstigten Werkbesteller die vollen Garantiebeträge in Anspruch; die ausbezahlten Beträge wurden dem Kontokorrentkonto der Gemeinschuldnerin bei der klagenden Partei angelastet. Beide Baustellen wurden von anderen Unternehmen fortgeführt und die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleisteten Beträge durch den Masseverwalter abgerechnet, der auch die von den Werkbestellern aufgrund der Garantien lukrierten Beträge in seine Abrechnung einbezog. Die Abrechnung ergab eine - bei Schluß der mündlichen Verhandlung - noch offene Werklohnschuld der A*** - die Mängel des Werkes behauptet - von etwa 3,600.000 S. Die G*** S*** AG überwies an den Masseverwalter an Restwerklohn 3,263.893 S incl. des aus der Bankgarantie lukrierten Betrages von 2,400.000 S. Hätte sie diesen Betrag nicht erhalten, so wären um 2,400.000 S weniger an die Masse überwiesen worden. Aufgrund einer vor Konkurseröffnung erfolgten Zession des Werklohnanspruches durch die nunmehrige Gemeinschuldnerin an die S*** BANK wurde an diese der Betrag von 3,263.893 S weitergeleitet. Der Masseverwalter fordert von der G*** S*** AG noch weitere, bisher nicht bezahlte 301.000 S. Er ist nicht bereit, zugunsten der klagenden Partei eine Sondermasse zu bilden.

Die klagende Partei begehrte gegenüber dem Beklagten die Feststellung, die im Zusammenhang mit der Endabrechnung betreffend das Baulos S 6 Semmering Schnellstraße, ... Baulos Talübergang Wassertal von der A*** bis zu einem Höchstbetrag von 2,022.650 S und betreffend den Neubau GVB Remise, Steyrer-Gasse, von der G*** S*** AG bis zu einem Höchstbetrag von 2,400.000 S zu bezahlenden Beträge stünden gemäß § 48 KO als Sondermasse im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der klagenden Partei als Absonderungsgläubiger(in) mit dem Anspruch auf abgesonderte Befriedigung zu, mit folgendem wesentlichen Vorbringen: Im Zuge der vom Beklagten vorgenommenen Abrechnungen bezüglich der beiden Bauvorhaben habe sich herausgestellt, daß die Ziehung durch die beiden Garantiebegünstigten unberechtigt gewesen und seinerzeit nur aus Vorsichtsgründen und auf Verdacht erfolgt sei, weil nach dem Stand der sich im Frühjahr 1988 präsentierten Abrechnungsarbeiten zu erwarten sei, daß aus den Endabrechnungen jeweils ein Guthaben für die Gemeinschuldnerin entstehen würde. Der Masseverwalter habe die klagende Partei in Kenntnis gesetzt, daß nach Auffassung des Gläubigerausschusses die Frage der unberechtigten Garantieinanspruchnahme nur im Rahmen der Schlußabrechnungen der Baustellen A*** und G*** S*** AG behandelt werden könnten und daher kein Sondervermögen darstellten. Dies zwinge zur Einbringung der Feststellungsklage, insbesondere auch deshalb, weil dann, wenn die Haftung des Garanten zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei, nicht der Garant, sondern der Garantieauftraggeber zur Erhebung gegen den Begünstigten berechtigt sei. Die zu Unrecht von den Garantiebegünstigten aus den beiden Garantien in Anspruch genommenen Beträge gebührten der klagenden Partei als Absonderungsberechtigte, andernfalls die Masse bereichert wäre, weil die Forderung der klagenden Partei nur eine Konkursforderung darstellen würde. Demzufolge sei es dem Masseverwalter auch verboten, die Garantiebeträge mit dem übrigen Massevermögen zu vermengen, sodaß eine Aussonderung derselben unmöglich werde. Ein Eventualbegehren auf Zahlung von 2,400.000 S sA werde darauf gestützt, daß die G*** S*** AG am 11.April 1986 einen Betrag von 3,362.893 S an die Masse überwiesen habe.

Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, die klagende Partei könnte die ihr von der Gemeinschuldnerin erhaltenen Sicherheiten realisierbar verwerten, die aus den Bankgarantien der klagenden Partei gegenüber der Masse bestehenden Forderungen gehörten in die allgemeine Klasse der Konkursforderungen und begründeten kein Absonderungsrecht. Es sei auch keine Bereicherung der Masse eingetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dieses ziele auf Bildung einer Sondermasse aus jenen Beträgen, welche sie als Garant an die beiden Begünstigten auf Grund von Bankgarantien nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet habe, durch den Masseverwalter ab. Wenn die Garantenhaftung ganz oder teilweise zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei, sei dies zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen; zur Erhebung von Kondiktionsansprüchen sei nicht der Garant, sondern der Garantieauftraggeber berechtigt, weil der Zahlung auch Tilgungswirkung für das Valutaverhältnis zukommen solle. Hier fließe auf Grund der Abrechnungsmodalitäten zumindest beim Begünstigten A*** in die Masse jener Betrag zurück, den die A*** der Einlösung der Bankgarantie beim Garanten erhalten habe, hinsichtlich des Begünstigten G*** S*** AG sei dies auf Grund der Zession nicht der Fall. Der Masseverwalter habe durch die gewählte Abrechnungsmodalität die von den Begünstigten erhaltenen Beträge in die Abrechnung einbezogen und mit der Masse vermischt, ohne eine Sondermasse zu bilden. Der Garantievertrag sei grundsätzlich abstrakt, ein mangelhaftes Deckungsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Garanten sei nicht vorgelegen. Die klagende Partei habe bereits bei Übernahme ihrer Garantieverpflichtungen für die festgestellten Maßnahmen ihre Rückgriffsansprüche gegen den (Garantie)auftraggeber abgesichert, bzw. sich einen Anspruch auf Sicherstellung einräumen lassen, sodaß ihr als Garantin eine Masseforderung nach § 46 Abs. 1 Z 5 KO verbleibe, die sie nach § 47 KO getilgt verlangen könne. Das Recht auf Aussonderung setze aber einen Anspruch bürgerlichen Rechtes voraus; aufgrund der Abstraktheit der Bankgarantie seien bereicherungsrechtliche Ansprüche der klagenden Partei zu verneinen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es folgerte im wesentlichen rechtlich: Der Garant habe keine Einwendungen aus dem Grundgeschäft, sondern müsse bei Eintritt der im Garantievertrag festgelegten Umstände die Garantiesumme bezahlen. Die Übernahme der Garantiehaftung sei sicherungshalber erfolgt. Die Leistung des Garanten sei keine Erfüllungshandlung des Kausalschuldners, sondern Ausgleich für die nach den Behauptungen des Begünstigten ausgebliebene Erfüllung durch den Kausalschuldner; sie gehe im Fall der Bankgarantie zu seinen bankvertraglich geregelten Lasten. Werde die Haftung des Garanten zu Unrecht in Anspruch genommen, so sei zur Erhebung von Kondiktionsansprüchen gegen den Begünstigten nicht der Garant, sondern der Garantieauftraggeber berechtigt. Hier gründe sich der Kondiktionsanspruch der klagenden Partei auf das zwischen der beklagten Partei und dem Begünstigten bestehende Kausalverhältnis. Aus der nach dem Eintritt des Garantiefalles und der Zahlung der Garantiesummen von den Parteien dieses Kausalverhältnisses vorgenommenen Gestaltung dieses Rechtsverhältnisses könne die klagende Partei aber keinen eigenen Rückforderungsanspruch - hier Begehren auf Bildung einer Sondermasse - ableiten. Der Einwendungsausschluß aus dem Kausalverhältnis könne und dürfe nicht auf dem Umweg über das Kondiktionsrecht umgangen werden. Das Begehren auf Aussonderung (Absonderung) setze einen bürgerlich-rechtlichen Anspruch voraus. Zufolge der Abstraktheit der Bankgarantie sei ein solcher Anspruch hier zu verneinen. Während des Konkurses könnten zwar Absonderungsrechte neu entstehen, soweit sie nicht nach §§ 3, 10 KO ausgeschlossen seien. Gültig wäre die Einräumung solcher Rechte durch den Masseverwalter zugunsten von Masseforderungen, doch würde sie als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine den Masseverwalter persönlich haftbar machende Pflichtverletzung bilden. Es fehle auch eine grundlose Bereicherung der Masse, weil der Masse der von der G*** S*** AG zurückbezahlten Betrag als Vertragspartnerin des Kausalverhältnisses zugestanden sei. Die A*** habe bisher von der in Anspruch genommenen Garantiesumme noch nichts zurückbezahlt, könne nur vom Masseverwalter aus dem Kausalverhältnis allenfalls belangt werden; ein Rückfluß von Beträgen würde aber dann auch keine grundlose Bereicherung der Masse darstellen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der klagenden Partei ist nicht gerechtfertigt.

In der Revision wird ausgeführt, daß die klagende Partei aus dem Deckungsverhältnis dem Garantieauftraggeber gegenüber zum Rückgriff und demnach gemäß § 1435 ABGB auch zur Kondiktion berechtigt sein. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach dem vorliegenden Sachverhalt ist ein solcher Kondiktionsanspruch der klagenden Partei, auf den allein noch die Revision gestützt wird, ausgeschlossen. Das Bereicherungsrecht hat die Aufgabe, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen (SZ 55/84; SZ 54/148; Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1431; Koziol-Welser8 I 381; Koziol, Der Garantievertrag 84). Ein rechtfertigender Grund für eine Vermögensverschiebung ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Wertbewegung in Erfüllung eines gültigen Schuldverhältnisses stattgefunden hat (HS 10.658/10; Koziol-Welser aaO). Eine solche fehlgeschlagene Vermögenszuwendung, die zur Erreichung eines bestimmten Zweckes getätigt wurde, liegt aber im Deckungsverhältnis zwischen der klagenden Partei und der späteren Gemeinschuldnerin nicht vor. Zwischen beiden bestand nach dem vorliegenden Sachverhalt ein Kreditverhältnis mit einem größeren Kreditrahmen. Auf dieses Kreditkonto sind die Garantiebeträge nach Auszahlung an die Begünstigten auch gebucht worden. Die klagende Partei hat daher, soweit realisierbare Absonderungsrechte oder sonstige Sicherheiten nicht bestehen, aus diesem Kreditverhältnis möglicherweise Konkursforderungen, da die Vermögensverschiebung aber zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin nicht rechtsgrundlos, sondern in Erfüllung eines Schuldverhältnisses stattfanden, keine Bereicherungsansprüche. Zutreffend geht die klagende Partei von der in Lehre und Judikatur vertretenen Ansicht aus, daß bei zu Unrecht erfolgter Inanspruchnahme einer Bankgarantie durch den Begünstigten nicht der Garant, sondern nur sein Auftraggeber Bereicherungsansprüche gegen den Begünstigten stellen kann (SZ 61/63 mwN; Koziol aaO 85; Canaris in Großkomm. HGB3 Bd. III/3, 2. Bearbeitung, Rz 1141 f). Diese dem Garantieauftraggeber zustehenden Bereicherungsansprüche führen daher bei aufrechtem Deckungsverhältnis dem Garanten gegenüber, dem solche Einwendungen im Einlösungsverhältnis gegen den Begünstigten auch nicht aus dem Titel des fehlerhaften Valutaverhältnisses zustünden (RdW 1986, 340; JBl. 1985, 425; SZ 54/189; SZ 50/32 ua), nicht zum Entstehen von Bereicherungsansprüchen gegenüber dem Auftraggeber. Der Einwendungsausschluß kann und darf nicht auf dem Umweg über das Kondiktionsrecht unterlaufen werden (Canaris aaO 1141). Dem Garanten (der klagenden Partei) wäre es freigestanden, für allfällige Rückersatzansprüche gegen den Auftraggeber weitere Sicherheiten zu fordern. Canaris aaO Rz 1144 zeigt als solche Möglichkeit die Vorwegabtretung allfälliger Rückersatzansprüche des Auftraggebers gegen den Begünstigten auf. Genuine Bereicherungsansprüche können dem Garanten bei aufrechtem Deckungsverhältnis aber nicht zustehen. Schon aus diesem Grund erweisen sich sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren als nicht berechtigt.

Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E22324

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00591.9.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19901003_OGH0002_0010OB00591_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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