TE OGH 1990/10/9 4Ob98/90

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

U***- UND F***, Salzburg,

Kaigasse 1, vertreten durch Dr. Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in Hallein, wider die beklagte Partei M*** H*** GmbH & Co KG, Passau, Steinbach 42, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 330.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. Feber 1990, GZ 2 R 322/89-12, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 29. September 1989, GZ 6 Cg 57/89-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, in Werbeanzeigen und Prospekten, die in Österreich bei Letztverbrauchern verbreitet bzw. angekündigt werden, für ihre Produkte, insbesondere für Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände, unter Angabe von Preisen in österreichischen Schilling zu werben, wenn dabei die österreichischen Eingangsabgaben nicht gesondert ausgewiesen werden und keine Summe aus den österreichischen Eingangsabgaben und dem Preis im Sinne des § 11 c Abs 2 des Preisgesetzes gebildet wird; der klagenden Partei werde die Ermächtigung erteilt, Kopf und Spruch des stattgebenden Urteils auf Kosten der beklagten Partei im Textteil einer Samstagausgabe der 'Neuen Kronen-Zeitung' in der Größe einer ganzen Seite in Normallettern mit Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen.".

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 69.551,28 S bestimmten Kosten aller drei Instanzen (darin enthalten 18.000 S Barauslagen und 8.591,88 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt in ihrem Einrichtungshaus in Passau-Neustift insbesondere den Handel mit Möbeln. Am 7.12.1988 veröffentlichte sie in der "Salzburger-Krone" - der Mutationsausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" für Salzburg - das nachstehende ganzseitige Inserat:

Abbildung nicht darstellbar!

Am 30.12.1988 ließ die Beklagte in der Mutationsausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" für Oberösterreich das nachstehende ganzseitige Inserat einschalten:

Abbildung nicht darstellbar!

Der klagende Wettbewerbsschutzverband erblickt in diesen beiden Ankündigungen der Beklagten einen Verstoß gegen § 11 c Abs 2 des Preisgesetzes (PrG) und gegen §§ 1, 2 UWG, weil darin neben den Preisen weder die österreichischen Eingangsabgaben ausgewiesen noch die Summen gebildet worden seien; er begehrt daher die Erlassung des aus dem Spruch ersichtlichen Urteils gegen die Beklagte. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe in den beanstandeten Inseraten nur Lieferpreise "frei Haus OÖ und Großraum Salzburg" genannt. Auf solche Preisangaben sei § 11 c Abs 2, Satz 2, PrG nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nur die Abholpreise im Ausland treffen wolle. Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der durch die Preisgesetznovelle 1988 BGBl 337 geschaffenen Gesetzesbestimmung sei die Rechtsansicht der Beklagten im übrigen jedenfalls vertretbar, so daß ihr ein allfälliger Gesetzesverstoß subjektiv nicht vorwerfbar wäre.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und ermächtigte den Kläger zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung", Ausgabe für Oberösterreich und Salzburg. Die Beklagte habe mit ihren beiden Inseraten gegen § 11 c Abs 2, Satz 2, PrG verstoßen. Der Wortlaut dieser Bestimmung sei eindeutig und unterscheide nicht zwischen "Abholpreis" und "Lieferpreis frei Haus". Mit der Unkenntnis eines gehörig kundgemachten Gesetzes könne sich auch ein Ausländer nicht entschuldigen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren und erteilte dem Kläger die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in "je einer Samstagausgabe der Mutationsausgaben der 'Neuen Kronen-Zeitung' für Oberösterreich und Salzburg"; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. § 11 c Abs 2 Satz 2 PrG sei so deutlich und unmißverständlich formuliert, daß für eine andere Auslegung kein Raum bleibe. Die bewußte Anknüpfung des Gesetzgebers an formale äußere Tatbestände verbiete es auch, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen. Die gegenteilige Rechtsansicht der Beklagten sei nicht vertretbar; der von ihr begangene "formale Gesetzesverstoß" sei ihr daher auch subjektiv vorwerfbar.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Zutreffend wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, § 11 c Abs 2 Satz 2 PrG idF der Preisgesetznovelle 1988 sei so klar und deutlich formuliert, daß diese Gesetzesstelle keiner weiteren Auslegung mehr bedürfe. Für diesen Schritt des Gesetzgebers war nämlich offenbar die zu § 11 c Abs 1 und 2 PrG idF der Novelle BGBl 311/1982 ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18.November 1986, 4 Ob 346/86

(SZ 59/202 = ÖBl 1987, 44 = MR 1987, 21 = WBl 1987, 99

= GRURInt 1988, 369) auslösend gewesen, wonach ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Elektrogerätehändler bei seiner Inseratenwerbung in einer Salzburger Tageszeitung den genannten Bestimmungen des PrG (aF) dadurch nachgekommen sei, daß er die Preise der einzelnen Elektrogeräte einschließlich der (deutschen) Mehrwertsteuer, also brutto, angeführt habe; eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Angabe auch der bei der Einfuhr nach Österreich zu zahlenden Einfuhrabgaben (Einfuhrumsatzsteuer, Zoll), welche keinen Bestandteil des Kaufpreises bildeten, sondern an die Republik Österreich zu entrichten seien, könne den Bestimmungen des PrG (aF) nicht entnommen werden. In diesem Zusammenhang hatte der Oberste Gerichtshof auch ausdrücklich darauf verwiesen, daß die Verpflichtung zur Entrichtung von Eingangsabgaben in jedem Einzelfall von einer Mehrzahl verschiedenster Umstände (unterschiedliche Umsatzsteuersätze, Höhe des Kaufpreises, Wohnsitz innerhalb oder außerhalb des sogenannten Zollgrenzbezirks, betragsbeschränkte Abgaben, Befreiungen udgl.) abhänge, deren Berücksichtigung im Rahmen eines Zeitungsinserates dem werbenden ausländischen Unternehmen geradezu unmöglich, jedenfalls aber unzumutbar wäre.

Weil aber bei der Preiswerbung ausländischer Anbieter in Österreich für den österreichischen Kunden doch der Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit der ausländischen im Vergleich zur inländischen Ware entstehen könne, wollte die Regierungsvorlage zur Preisgesetznovelle 1988 "diese Benachteiligung der inländischen Waren" dadurch mildern, daß dem § 11 c Abs 2 PrG (aF) folgender Text angefügt werde (RV zur Preisgesetznovelle 1988, 583 BlgNR 17. GP 7 f):

"Ausländische Anbieter haben bei gezielter Werbung in Österreich darauf hinzuweisen, daß zum angegebenen Preis noch die vom österreichischen Käufer bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Einfuhrumsatzsteuer und Ausgleichsabgaben, hinzukommen. Gezielte Werbung ist eine solche Werbung, die sich ausdrücklich an österreichische Konsumenten richtet."

In den Erläuterungen heißt es dazu abschließend (aaO 8):

"Eine Verpflichtung der ausländischen Anbieter zur Einbeziehung der österreichischen Eingangsabgaben in die Preise erscheint nicht realisierbar, da die Ermittlung der genauen Höhe dieser Eingangsabgaben für die ausländischen Anbieter nicht immer möglich sein wird."

Der Handelsausschuß des Nationalrates beantragte am 7.6.1988, dem in diesem Punkt unveränderten Gesetzesentwurf die verfassungsgemäße Zustimmung zu geben (AB zur Preisgesetznovelle 1988, 635 BlgNR 17. GP 2). Auf Grund eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Helga R***-S***, Dr. H*** und Genossen wurde dann aber im Plenum des Nationalrates am 9.6.1988 eine abweichende Fassung des § 11 c Abs 2 PrG beschlossen, nach welcher Satz 2 dieser Gesetzesstelle nunmehr wie folgt lautet:

"Wer in Österreich bei Letztverbrauchern für den Einkauf im Ausland wirbt, hat neben dem Preis die österreichischen Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Ausgleichsabgaben und Einfuhrumsatzsteuer, auszuweisen und die Summe zu bilden; die Eingangsabgaben und die Summe sind mindestens in gleicher Schriftgröße anzugeben wie der Preis."

Damit hat aber der Gesetzgeber im endgültigen Text genau das vorgeschrieben, was schon der Oberste Gerichtshof als dem werbenden ausländischen Unternehmer "geradezu unmöglich, jedenfalls aber unzumutbar" angesehen und auch die Regierungsvorlage noch als "nicht realisierbar, da für die ausländischen Anbieter nicht immer möglich" bezeichnet hatte (vgl. F. Prunbauer, Unmöglichkeit korrekter Werbung mit Auslandspreisen? - Zur Neuregelung des § 11 c Abs 2 PrG idF BGBl 1988/337, RdW 1990, 306). Inwiefern dem ausländischen Anbieter die von verschiedenen Faktoren, darunter auch von subjektiven Eigenschaften des jeweiligen österreichischen Kunden, abhängige Ermittlung der genauen Höhe der österreichischen Eingangsabgaben jetzt doch möglich und zumutbar sein soll, ist auch weiterhin nicht zu sehen. Will man daher - wofür jedoch kein Anhaltspunkt besteht - dem Gesetzgeber nicht unterstellen, er habe von den ausländischen Anbietern bewußt etwas geradezu Unmögliches oder doch jedenfalls Unzumutbares verlangen wollen, damit deren Preiswerbung im Inland überhaupt unterbunden wird, so erscheint doch in jedem Fall eine gegenüber dem Wortlaut des Gesetzes einschränkende Auslegung geboten (ebenso auch F. Prunbauer aaO). Diese Frage braucht aber hier nicht abschließend beurteilt zu werden, weil die Beklagte zutreffend darauf verweist, daß die vom Kläger beanstandete Form ihrer Preiswerbung schon aus anderen Gründen keinesfalls gegen § 11 c Abs 2 PrG (nF) verstoßen konnte:

War es schon bisher der Zweck des § 11 c PrG gewesen, daß die Kaufinteressenten in die Lage versetzt werden sollten, den von ihnen tatsächlich zu entrichtenden (End-)Preis jedes einzelnen Angebotes ohne weitere Überlegungen und Rechenoperationen mit einem Blick festzustellen (SZ 59/202 mwH), dann kann auch die neue Regelung des § 11 c Abs 2 Satz 2 PrG vernünftigerweise nur denselben Schutzzweck haben. Auch wenn es sich bei den hier angeführten Eingangsabgaben nicht um Bestandteile des Kaufpreises handelt, war der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Preisgesetznovelle 1988 offenbar doch der Meinung, daß für den österreichischen Käufer angesichts der Preiswerbung ausländischer Anbieter in Österreich - ohne deutliche Einbeziehung der Eingangsabgaben, die bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichten sind - leicht der Eindruck einer besonderen Preisgünstigkeit der ausländischen im Vergleich zur inländischen Ware entstehen könne, weil die genannten Folgekosten eines Kaufabschlusses oft nicht gleich bedacht würden. Es soll also nicht nur der inländische Konsument vor den Folgen eines übereilten Kaufabschlusses im Ausland geschützt werden, sondern auch der österreichische Warenhandel vor Benachteiligungen durch entsprechende Geschäftsausfälle. Dieser Schutzzweck der neuen Regelung greift aber in dem - vom Gesetzgeber offenbar nicht bedachten - Fall nicht ein, wenn die österreichischen Eingangsabgaben in der Preisankündigung des ausländischen Anbieters bereits enthalten sind, weil es sich um "Lieferpreise frei Haus" des österreichischen Kunden handelt. Der Kunde hat in diesem Fall nicht mehr zu zahlen als den mit einem Blick feststellbaren Preis; er hat keinerlei Folgekosten zu tragen, weder Transportkosten noch die österreichischen Eingangsabgaben, weil diese Kosten bei einer "Lieferung frei Haus" vom Ausland nach Österreich bereits im angekündigten Preis enthalten sind und daher vom ausländischen Anbieter getragen werden. Das hat die Beklagte in ihrem Inserat vom 30.12.1988 noch zusätzlich durch den Hinweis verdeutlicht, daß bei Lieferung "frei Haus" die Ware "natürlich" bereits "verzollt und versteuert" sei. Nach dem Wortlaut des § 11 c Abs 2 Satz 2 PrG fiele auch die Werbung eines ausländischen Anbieters in Österreich mit "Lieferpreisen frei Haus - verzollt und versteuert" unter diese Gesetzesstelle. Auf einen solchen Fall der Preiswerbung eines ausländischen Anbieters in Österreich treffen jedoch die Grundwertung und der Zweck der Neuregelung entgegen ihrem Wortlaut deshalb nicht zu, weil die vom Gesetzgeber befürchtete Benachteiligung der österreichischen Käufer und der österreichischen Waren hier mangels Auflaufens von Folgekosten von vornherein gar nicht eintreten kann. Da der Gesetzgeber insoweit also "zu viel geregelt hat", ist diese Fallgruppe der Preiswerbung im Wege der teleologischen Reduktion (vgl. Koziol-Welser8 I 28; Bydlinski in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 7; JBl 1981, 326; SZ 56/116 ua) vom Anwendungsbereich des § 11 c Abs 2 Satz 2 PrG als dem Sinn nach dort nicht enthalten auszunehmen. Die Beklagte hat demnach weder gegen diese Bestimmung noch gegen § 1 UWG verstoßen.

Da die Ankündigung auf Lieferpreise "frei Haus OÖ und Großraum Salzburg" beschränkt war, konnte das solcherart angesprochene Publikum keineswegs damit rechnen, daß diese Preise auch für Lieferungen frei Haus in andere Gegenden Österreichs gelten würden. Ob wegen der Unbestimmtheit der Ortsumschreibung "Großraum Salzburg" die Ankündigung allenfalls sonst zur Irreführung geeignet war, braucht schon deshalb nicht näher geprüft zu werden, weil ein derartiger Verstoß der Beklagten gegen § 2 UWG vom Klagebegehren nicht umfaßt ist.

In Stattgebung der Revision waren demnach die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Der Ausspruch über die Kosten aller drei Instanzen beruht auf § 41 (§ 50) ZPO.

Anmerkung

E21889

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00098.9.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19901009_OGH0002_0040OB00098_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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