Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bernhard K*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 2.Juli 1990, GZ 18 Vr 779/89-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Reif-Breitwieser zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Mai 1965 geborene Hilfsarbeiter Bernhard K*** der Verbrechen der Brandstiftung nach dem § 169 Abs 1 StGB (I) und des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (II) schuldig erkannt. Darnach hat er in Alberschwende
am 7.April 1989 an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers vorsätzlich eine Feuersbrunst verursacht, indem er das im Eigentum seiner Mutter Elfriede K*** stehende, jedoch von seiner Gattin Roswitha K*** auf ihren Namen versicherte Haus Nr. 28 a in der Parzelle Schwarzen anzündete, wobei der Schaden am Gebäude ca. 1,7 Mio S und jener an der Einrichtung ca. 300.000 S betragen hat (I) sowie
am 13.und 20.April 1989 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der WIENER S*** Versicherungsanstalt durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch eine im Auftrag der Versicherungsnehmerin Roswitha K*** erstattete Brandschadensmeldung sowie durch Unterzeichnung eines Brandschadens-Erhebungs-Protokolls, jeweils unter Verschweigen der nur ihm bekannten wahren Brandursache laut Punkt I./ des Anklagesatzes, somit durch bewußte Verschweigung eines die Leistungsfreiheit bzw. die Regreßmöglichkeit des Versicherers begründenden Umstandes, zu einer Handlung, nämlich zur Erbringung von Versicherungsleistungen aus den Versicherungspolizzen KO-E 900.551-8 (Gebäudeversicherung) und K 5-E 900.168-5 (Hausratversicherung) an seine über das Vorliegen der Leistungsfreiheit unwissende Gattin Roswitha K*** zu verleiten versucht, wodurch die genannte Versicherungsanstalt auf Grund der geschätzten Schadenshöhe einen 500.000 S übersteigenden Schaden am Vermögen erleiden sollte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In der Mängelrüge (Z 5) bezieht sich der Beschwerdeführer auf die Urteilsfeststellungen über seine Vorstellungen von den Eigentumsverhältnissen an dem in Brand gesetzten Haus und rügt sie als undeutlich. Die bekämpfte Feststellung (US 11), es sei ihm bewußt gewesen, daß der Grund Eigentum seiner Mutter sei, vielleicht auch, daß das darauf erbaute Haus ihr ebenfalls gehöre, darf aber nicht isoliert betrachtet werden. In den Entscheidungsgründen wird nämlich unmittelbar an die bekämpfte Feststellung anschließend ausgeführt, daß der Angeklagte "zumindest" der Ansicht war, die Hälfte des Hauses und des Hausrats gehöre seiner Ehegattin, weshalb Brandstiftung an fremder Sache vorgelegen habe. (Für eine Annahme, der Angeklagte sei bei der Tat davon ausgegangen, daß sich das Objekt in seinem alleinigen Eigentum befunden habe, ist im übrigen nicht einmal in seiner Einlassung eine ausreichende Grundlage zu finden.) Da nach herrschender Rechtsprechung (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB3 E 1, 2 zu § 169; die in der Rechtsrüge zitierte Entscheidung EvBl 1976/150 = JBl 1976, 602 ist vereinzelt geblieben; siehe auch Liebscher, JBl 1976, 566 f, Foregger-Serini StGB4, Anm. IV zu § 169) eine im Miteigentum einer anderen Person als der des Täters stehende Sache für diesen eine fremde ist, sind vorliegend die Voraussetzungen des § 169 Abs 1 StGB selbst dann gegeben, wenn das Gebäude nicht der Liegenschaftseigentümerin, sondern tatsächlich den Ehegatten K*** gehörte. Die Mängelrüge bezieht sich daher nicht auf eine entscheidende Tatsache.
Die Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteil zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Ob und in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer vor der Brandstiftung, zu der er sich ja möglicherweise erst unmittelbar vor der Tat, nach Abreise seiner Ehegattin mit den Kindern, entschloß, Innenarbeiten geleistet hat, ist nämlich ebenso unerheblich, wie die - übrigens durch den im Anschluß an die Aussage des Zeugen S*** S 286 f eingeholten und in der folgenden Hauptverhandlung (S 363) verlesenen Erhebungsbericht ON 31 geklärte - Frage nach dem Zustand der Türen vor der Brandlegung. Für die Tätigkeit eines anderen Brandstifters aber fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung durch Nichterörterung angeblicher Verdachtsmomente gegen den Vater des Angeklagten Peter Paul K*** liegt umso weniger vor, als auch der Beschwerdeführer keinen Grund gefunden hat, diesen Zeugen bei seiner Vernehmung mit dem gegen ihn angeblich bestehenden Verdacht zu konfrontieren (vgl. S 359 ff). Die Unrichtigkeit der in der (gesetzmäßigen) Rechtsrüge nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO vertretenen Rechtsmeinung, bei Herbeiführung einer Feuersbrunst an einer im Miteigentum des Täters stehenden Sache ohne Einwilligung des (anderen) Miteigentümers liege gleichwohl Brandstiftung an eigener Sache vor, wurde bereits im Rahmen der Erledigung der Mängelrüge dargetan.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die weitere Rechtsrüge, es fehle an ausreichenden Feststellungen zum Vorsatz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem Haus. Die Rüge weicht nämlich von den - bereits bei Erörterung der Mängelrüge als mängelfrei und ausreichend
dargestellten - Urteilsfeststellungen ab. Dies gilt in gleicher Weise für die Rechtsrüge in Ansehung des Betrugsfaktums (II), die ebenfalls die eindeutigen Urteilsfeststellungen vernachlässigt, wonach der Angeklagte die Auszahlung der Versicherungsleistung an seine Ehegattin durch Täuschung der Versicherungsgesellschaft über die Brandursache erreichen wollte (S 371, 376).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 169 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Gemäß dem § 43 a Abs 3 StGB sah es einen Teil dieser Freiheitsstrafe, nämlich 12 Monate, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.
Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten und den Umstand, daß das Verbrechen des Betruges beim Versuch geblieben ist.
Mit der Berufung wird lediglich die Herabsetzung des nicht bedingt nachgesehenen Teiles der Freiheitsstrafe begehrt. Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.
Bei Abwägung der Schuld des Angeklagten und des beträchtlichen Unrechtsgehaltes der von ihm zu verantwortenden Delikte erweist sich der (sofortige) Vollzug eines Teiles der Freiheitsstrafe in dem dem erstgerichtlichen Strafausspruch entsprechenden Ausmaß aus spezialpräventiven Gründen unabdingbar, so daß auch der Berufung ein Erfolg nicht beschieden sein konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E21810European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00107.9.1011.000Dokumentnummer
JJT_19901011_OGH0002_0130OS00107_9000000_000