TE OGH 1990/10/23 4Ob144/90

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Veröffentlicht am 23.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E. S*** Druck- und Verlagsgesellschaft m. b.H. & Co KG, Wörgl, Mitterhoferweg 23, vertreten durch Dr. Helmut

A. Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien

1.

N*** T*** G***, Zeitungsverlag Gesellschaft m.b.H.,

2.

Ing. Peter M***, Geschäftsführer und Herausgeber, beide Kufstein, Schaftenau, beide vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 285.000) infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 27. Juli 1990, GZ 2 R 236/90-17, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Mai 1990, GZ 15 Cg 93/90-9, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien - unter Einbeziehung der dem Zweitbeklagten vom Rekursgericht zugesprochenen Kosten von S 5.101,47 - die mit S 34.697,34 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 5.782,89 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herstellerin der "Wörgler & Kufsteiner Rundschau", welche wöchentlich in einer Auflage von 12.000 Stück erscheint. Sie hat rund 8.000 Abonnenten; der Rest der wöchentlichen Auflage entfällt auf den Einzelverkauf und wird zum Teil auch gratis an gewerbliche Betriebe und Haushalte versandt. Einmal im Monat erscheint die Zeitschrift in einer Auflage von

16.300 Stück, wovon 12.000 Stück auf Abonnement und Einzelverkauf entfallen, während der Rest unentgeltlich an Haushalte versandt wird. Der Einzelpreis der Zeitschrift beträgt - einschließlich Umsatzsteuer - S 6. Im Postversand wird die "Wörgler & Kufsteiner Rundschau" als Zeitung behandelt, so daß die Postgebühren um 50 % ermäßigt sind. Voraussetzung für diese Begünstigung ist, daß nicht mehr als 50 % des Textes der Druckschrift - auf die Seitenzahl umgerechnet - auf Inserate entfallen dürfen.

Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin des "Neuen Tiroler Grenzlandboten", der Zweitbeklagte ist ihr Geschäftsführer und Herausgeber der Zeitschrift. Diese erschien seit 1987 zunächst monatlich, in weiterer Folge alle zwei Wochen und seit Oktober 1989 wöchentlich in einer Auflage von 35.000 Stück. Sie wird in dieser Auflagenstärke unentgeltlich mit der Post an Haushalte im Bezirk Kufstein und in anderen Bezirken verschickt. Bei der Post wird die Zeitschrift als Anzeigenblatt geführt, so daß beim Versand höhere Gebühren verrechnet werden.

Bei der Zeitschrift der Klägerin überwiegt gegenüber jener der Beklagten der redaktionelle Teil; die "Wörgler & Kufsteiner Rundschau" will offensichtlich ihren Lesern aktuelle Berichterstattung - insbesondere auf das Verbreitungsgebiet bezogen - aus den Gebieten der Politik, des Sports und der Kultur bieten. Auch der "Neue Tiroler Grenzlandbote" verfügt über einen redaktionellen Teil, welcher jedoch hinter dem Anzeigenteil zurücktritt. So berichtete die Zeitschrift der Klägerin vom 16. Mai 1990 auf insgesamt 18 Seiten ausführlich - zumeist auf den Lokalbereich bezogen - über Politik, Sport, Kultur, Umwelt und Aktuelles. Auf diesen Seiten fanden sich nur vereinzelt Inserate; 10 Seiten der Ausgabe waren zur Gänze Werbeeinschaltungen und Kleinanzeigen gewidmet. Der "Neue Tiroler Grenzlandbote" vom 17. Mai 1990 umfaßte 44 Seiten; auf Werbeeinschaltungen und Kleinanzeigen entfielen 13 Seiten voll und 6 Seiten zur Hälfte; auf den anderen Seiten befanden sich gleichfalls Inserate. Auch in dieser Zeitschrift wurde über Aktuelles, Sport und Kultur aus dem Lokalbereich berichtet. Daneben fanden sich in einer Sonderbeilage Berichte über vier Orte des Unterinntals, welche auf Sonderseiten vorgestellt wurden; auch diese Sonderseiten brachten Werbeeinschaltungen. Insgesamt tritt der redaktionelle Teil des "Neuen Tiroler Grenzlandboten" hinter den Anzeigen und Werbeeinschaltungen auffallend zurück.

Seit dem wöchentlichen Erscheinen des "Neuen Tiroler Grenzlandboten" in einer Auflage von 35.000 Stück inserieren die Firmen "Holz-Kröll" und "Dross" - ein Küchenerzeuger - nicht mehr in der Zeitschrift der Klägerin, sondern in jener der Erstbeklagten. Im Tiroler Unterland erscheint eine größere Zahl von Bezirkszeitungen, wie zB der "Lokalmatador", die "Kitzbühler Bezirksnachrichten", "Kufstein aktuell", die "Bezirkszeitung Schwaz" und "Blickpunkt Tirol". Diese Zeitungen sind inhaltlich so gestaltet wie der "Neue Tiroler Grenzlandbote"; auch sie werden, obwohl teilweise ein Einzelpreis angegeben wird, gratis an einzelne Haushalte versandt.

Mit der Behauptung, daß die Beklagten durch das kostenlose Verteilen ihrer Zeitung in sittenwidriger Weise den Wettbewerb behinderten, die Klägerin vom Markt zu verdrängen versuchten und sie in mehrfacher Hinsicht konkret schädigten, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten zu verbieten, die Zeitung "Neuer Tiroler Grenzlandbote" oder eine ähnliche Wochenzeitschrift gleicher Art und Aufmachung in einer wöchentlichen Auflage von 35.000 Exemplaren (mehr/weniger) öfter als einmal im Monat gratis im Bezirk Kufstein, sei es durch Zustellung im Postwurf oder durch sonstige Zustellung an Haushalte und Einzelpersonen, zu verteilen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die Gratisverteilung von Zeitschriften sei nicht sittenwidrig. Alle Zeitschriften lebten so überwiegend von den Inseratenerlösen, daß die Gratisverteilung für die Wirtschaftlichkeit der Zeitungsführung keine Rolle spiele. § 47 MedienG sehe auch das unentgeltliche Verbreiten von Zeitungen vor. Auch der Österreichische Zeitschriftenverband halte die Gratisverteilung nicht nur für üblich, sondern auch für zulässig. Der Zweitbeklagte sei als Herausgeber nicht Unternehmer und Mitbewerber im Sinne des UWG. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Im Hinblick auf die verschiedenartige Gestaltung der "Wörgler & Kufsteiner Rundschau" und des "Neuen Tiroler Grenzlandboten" stünden die beiden Zeitungen in keinem Wettbewerbsverhältnis. Den Beklagten könne auch kein bewußter Verstoß gegen die guten Sitten angelastet werden, weil im Tiroler Unterland auch andere Anzeigenblätter gratis abgegeben würden und eine solche Vorgangsweise in ganz Österreich üblich sei. Da somit die Voraussetzungen des § 1 UWG fehlten, sei der Sicherungsantrag abzuweisen.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung gegen die Erstbeklagte und bestätigt imme abweisende Entscheidung in Ansehung des Zweitbeklagten; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Daß zwischen den Streitteilen ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, sei nicht zu bezweifeln, weil sie sich an einen im wesentlichen gleichen Abnehmerkreis wendeten und ihren finanziellen Aufwand vor allem duch Inserateneinschaltungen deckten. Die Erstbeklagte verstoße duch ihr Verhalten gegen die guten Sitten: Zwar könnten Zeitungen zu Werbezwecken verschenkt werden, doch nur soweit dies nacht Art, Umfang und Dauer zur Erprobung geschehe; eine Bedarfsdeckung oder Behinderung der Mitbewerber durch "Marktverstopfung" dürfe nicht eintreten. Maßnahmen, die ihrer Natur nach allein der Behinderung des Mitbewerbers dienen, seien regelmäßig wettbewerbswidrig; Werbemaßnahmen dürften nicht ausschließlich auf Schädigung oder Vernichtung des Mitbewerbers gerichtet sein. Bedenke man, daß die Erstbeklagte wöchentlich 34.000 Stück ihrer Zeitschrift unentgeltlich verteile, sämtliche Streitteile ihre Einnahmen vor allem, wenn nicht ausschließlich aus den Inserateneinschaltungen bezögen und die Werbewirkung von Einschaltungen danach beurteilt werde, in welcher Zahl und Intensität sie den angesprochenen Kunden zugänglich gemacht werden, dann zeige sich, daß die Erstbeklagte mit ihrem offenkundig konsequent durchgezogenen Konzept der wöchentlichen unentgeltlichen Verteilung einer ungewöhnlich hohen Stückzahl in unlauterer Weise versuche, ihre Mitbewerber - hier konkret die Klägerin - vom Leistungswettbewerb auszuschließen; sie verstoße damit gegen § 1 UWG. Die einstweilige Verfügung sei daher gegen die Erstbeklagte zu erlassen.

Da Anhaltspunkte dafür, daß der Zweitbeklagte - der Herausgeber des "Neuen Tiroler Grenzlandboten" - an dem beanstandeten Wettbewerbsverstoß beteiligt gewesen oder mit großer Wahrscheinlichkeit dafür verantwortlich sei, weder behauptet nocht bescheinigt worden seien, sei der Beschluß des Erstgerichtes, soweit er den Zweitbeklagten betreffe, zu bestätigen.

Gegen den abändernden Ausspruch des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Erstbeklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Klägerin bekämpft den bestätigenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes mit Revisionrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung auch gegen den Zweitbeklagten erlassen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Beide Parteien beantragen, dem Revisionsrekurs ihres Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I.) Der Revisionsrekurs der Erstbeklagten ist berechtigt. Der hier zu beurteilende Sachverhalt kann entgegen der Meinung des Rekursgerichtes nicht mit demjenigen verglichen werden, welcher der Entscheidung ÖBl 1984, 8 zugrunde gelegen war. Dort war es darum gegangen, daß eine - im allgemeinen entgeltlich

vertriebene - Tageszeitung an bestimmten Tagen in größerer Zahl an die Haushalte eines bestimmten Bundeslandes gratis durch Postwurf oder Zusteller verteilt worden war. Dabei wurde ausgesprochen, daß Zeitungen wie andere "Warenproben" nicht in solchen Mengen und über solche Zeiträume unentgeltlich abgegeben werden dürften, daß dadurch Bedarfsdeckung eintritt oder Mitbewerber infolge einer "Marktverstopfung" im Absatz ihrer eigenen Erzeugnisse behindert werden. In SZ 60/61 war zu untersuchen, ob es im Wettbewerb zweier Wochenzeitungen, die auf einem begrenzten Markt sowohl im Leser- als auch im Anzeigenwettbewerb stehen, durch Gutscheine, die aus einer Zeitung auszuschneiden sind und zu künftiger Gratisinsertion berechtigen, der Mitbewerberin unmöglich gemacht oder doch unangemessen erschwert wird, ihre eigenen Leistungen auf dem Anzeigenmarkt auch weiterhin entsprechend zur Geltung zu bringen. Im vorliegenden Fall geht es aber darum, daß die Beklagte ihr Blatt den Lesern grundsätzlich kostenlos abgibt und ein Entgelt nur von den Inserenten verlangt. Die Frage, ob dieses Verhalten gegen die guten Sitten verstößt, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher noch nicht behandelt. Dazu war zu erwägen:

Reine Anzeigenblätter - also solche, die im wesentlichen nur Werbeanzeigen enthalten - wollen nicht ihre Empfänger, sondern Inserenten anwerben, die für die Aufgabe ihrer Inserate bezahlen müssen. Solche Blätter werden also allein mit den Inseratpreisen finanziert; das kostenlose Verteilen der Anzeigenblätter ist Teil der entgeltlichen Insertion. Darin liegt eine dem Zweck des Anzeigengeschäftes durchaus entsprechende Vertriebsform. Auf diese Weise wird ein bestimmter lokaler Bereich von der Werbung vollständig und im Sinne der Inserenten wirksam erfaßt; bei sachgerechter Kalkulation der Inseratspreise werden alle Betriebskosten, auch die des redaktionellen Teils, abgedeckt, ohne daß von den Empfängern Bezugsgebühren verlangt werden müßten (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 697 Rz 864 zu § 1 dUWG; Hefermehl in GRUR 1985, 883; BGH in GRUR 1982, 53; GRUR 1985, 881). Ist damit aber das kostenlose Verteilen der Anzeigenblätter ein Teil der entgeltlichen Insertion, dann kann es kein Unwertkriterium sein (Hefermehl aaO) und nicht als sittenwidrig abgelehnt werden (Baumbach-Hefermehl aaO; GRUR 1982, 53; GRUR 1985, 881). Das Verschenken von Originalwaren als eine Form der Wertreklame läßt sich somit nicht mit dem kostenlosen Verteilen von Anzeigenblättern in bestimmten lokalen Bereichen auf eine Stufe stellen (Hefermehl aaO); die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (ÖBl 1984, 8 mwN; Hohenecker-Friedl 124; Baumbach-Hefermehl aaO 693 ff Rz 856 ff) können hier nicht angewendet werden (Baumbach-Hefermehl aaO 697 Rz 864). Die Zeitschrift der Erstbeklagten ist allerdings kein reines Anzeigenblatt; sie bringt vielmehr auch redaktionelle Beiträge von vorwiegend lokalem Interesse, wobei aber doch das Schwergewicht auf den Anzeigen liegt. Diese Zeitschrift ist im Hinblick auf ihre Gestaltung nicht geeignet, für einen nicht unerheblichen Teil des Publikums eine Tages- oder Wochenzeitung mit ihrer Fülle von Informationen aus der ganzen Welt, insbesondere aus dem ganzen Inland, zu ersetzen und solchen Zeitungen auf dem Lesermarkt Konkurrenz zu machen; durch sie kann das Interesse an einere Tages- oder Wochenzeitung keineswegs befriedigt werden. Ob andernfalls ein Verstoß gegen die guten Sitten vorläge (in diesem Sinne Baumbach-Hefermehl aaO 697 Rz 865; Ochs, Wettbewerbsrechtliche Probeleme der Presse, Rz 81; BGHZ 19, 392; BGHZ 51, 236, GRUR 1971, 477; GRUR 1985, 881), braucht daher hier nicht untersucht zu werden. Bildet aber ein Anzeigenblatt - wie es auf den "Neuen Tiroler Grenzlandboten" zutrifft - trotz seines (beschränkten) redaktionellen Teils keine echte Alternative zum Bezug einer Zeitung und beschränkt sich daher der Wettbewerb mit den Zeitungen auf den Anzeigenmarkt, dann sind sie wie reine Anzeigenblätter zu werten;

das kostenlose Verteilen solcher Zeitschriften ist daher grundsätzlich zulässig und verstößt nur unter besonderen Umständen gegen § 1 UWG (Baumbach-Hefermehl aaO 698 Rz 866; GRUR 1982, 53;

GRUR 1985, 881). Solche Umstände liegen hier nicht vor: Gewiß kommt auch Lokalblättern wie der "Wörgler & Kufsteiner Rundschau" gleich anderen im Wettbewerb stehenden Unternehmen der Schutz gegen Behinderungswettbewerb nach den allgemeinen Regeln des Wettbewerbsrechtes zu; im kostenlosen Abgeben eines Anzeigeblattes mit redaktionellem Teil allein liegt aber keine solche Behinderung (GRUR 1985, 881). Daß die Existenz der Klägerin allenfalls beeinträchtigt oder gefährdet würde, rechtfertigt noch nicht die Beurteilung, daß das kostenlose Verteilen des "Neuen Tiroler Grenzlandboten" sittenwidrig wäre, hat doch im Geschäftsleben niemand Anspruch auf eine unveränderte Erhaltung seines Kundenkreises. Auch eine neuartige und besonders wirksame Werbung ist nicht allein deshalb aus Gründen der Lauterkeit des Wettbewerbes zu mißbilligen, weil sie den Wettbewerben unangenehm ist (BGHZ 19, 392; GRUR 1985, 881), ist doch das UWG-Recht kein Schutzrecht zur Konservirung von Wettbewerbspositionen (Hefermehl aaO). Die von der Erstbeklagten gewählte Vertriebsform ist demnach wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden; sie bedeutet entgegen der Meinung der Klägerin (S. 172) keine "Verwilderung und Verstopfung des Anzeigenmarktes". Den Mitbewerbern der Erstbeklagten steht es frei, entweder gleichfalls nur von ihren Inserenten Geld zu verlangen oder aber ihr Blatt - vor allem im redaktionellen Teil - so attraktiv zu gestalten, daß es trotz der Konkurrenz durch "Gratiszeitungen" ausreichend häufig gekauft wird. Ob es geg n § 1 UWG verstieße, wenn aus der beanstandeten Werbemaßnahme eine konkrete ernste Gefahr einer gemeinschaftsschädigenden Störung der gesamten Wirtschaftsordnung, also des freien Wettbewerbes schlechthin, drohte (Baumbach-Hefermehl aaO 698 f Rz 866), durch welche die Interessen der Allgemeinheit in einem nicht unerheblichen Umfang beeinträchtigt würden (GRUR 1971, 477; GRUR 1982, 53), braucht hier nicht untersucht zu werden, weil die Klägerin derartiges gar nicht behauptet hat.

Da das Verhalten der Erstbeklagten nicht die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verletzt, war ihrem Revisionsrekurs dahin Folge zu geben, daß der im Ergebnis richtige Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

II.) Der Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt. Auf die Frage, ob der Zweitbeklagte für das Verhalten der Erstbeklagten wettbewerbsrechtlich einzustehen hat, braucht nicht eingegangen zu werden, da - wie zu I.) ausgeführt - ein Wettbewerbsverstoß nicht vorliegt.

Dem Revisionsrekurs der Klägerin mußte deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens - in welchen die Kostenentscheidung des Rekursgerichtes zugunsten des Zweitbeklagten aufzunehmen war - gründet sich auf §§ 78, 402 Abs. 2 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E22132

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00144.9.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19901023_OGH0002_0040OB00144_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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