TE OGH 1990/10/23 4Ob127/90

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Veröffentlicht am 23.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** Pressegesellschaft mbH & Co KG, Kitzbühel, Hinterstadt 11/2, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Helmut W***, Chefredakteur, 2) Otto F***, Werbeleiter, beide in Zell am See, Salzmannstraße 9, beide vertreten durch Dr. Gernot Schreckeneder, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren:

300.000 S; Revisionsrekursinteresse: 150.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18. Juni 1990, GZ 6 R 144/90-28, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 30. März 1990, GZ 1 Cg 392/89-24, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes ON 24, mit dem die einstweilige Verfügung ON 4 in eingeschränktem Umfang aufrecht erhalten wurde, wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 13.695,66 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 2.282,61 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin und Verlegerin der "Pinzgauer Post", welche wöchentlich in Saalfelden in einer Auflage von rund

7.500 Stück erscheint. Die Zeitschrift wird ausschließlich entgeltlich zum Einzelverkaufspreis von 7 S und an Abonnenten zum Preis von 310 S für ein Jahresabonnement abgegeben. Einmal im Monat erscheint die "Pinzgauer Post" in einer Auflage von 28.500 Stück, welche gratis an alle Pinzgauer Haushalte verteilt werden. Am 25. 10.1989 (Woche Nr. 43) erschien die erste Nummer der Wochenzeitschrift "Pinzgau Woche", welche ebenso wie die wöchentlichen Folgeausgaben gratis an alle Pinzgauer Haushalte verteilt wurde. Eigentümerin und Verlegerin dieser Zeitschrift war bis zur Ausgabe der Woche Nr. 45 die GTB-B***

Gesellschaft mbH. Ab der Woche Nr. 46 scheint im Impressum der Zeitschrift ein "Pinzgau-Woche-Verlag" als Eigentümer und Verleger auf; der Erstbeklagte ist Chefredakteur, der Zweitbeklagte Werbeleiter dieser Zeitschrift. Seit dem 7. 3. 1990 erscheint die "Pinzgau Woche" unter dem Titel "Neue Pinzgau Woche" nicht mehr wöchentlich, sondern 14-tägig; sie wird aber weiterhin gratis an rund 28.000 Haushalte im Pinzgau und im angrenzenden Tiroler Raum verteilt.

Sowohl die "Pinzgauer Post" als auch die "Pinzgau Woche", nunmmehr "Neue Pinzgau Woche", sind Anzeigenblätter mit redaktionellen Beiträgen; sie enthalten neben der aktuellen Berichterstattung über Lokalereignisse aus den Gebieten der Politik, des Sports und der Kultur jeweils eine Fülle von Inseraten, ohne daß der Anzeigenteil vom redaktionellen Teil - mit Ausnahme der Sportberichterstattung und der Kleinanzeigen - getrennt wäre (Beilagen A bis F und J sowie 3 bis 6).

Wöchentlich oder 14-tägig erscheinende Zeitschriften, die gratis an die Haushalte bestimmter Regionen abgegeben werden, sind etwa im Bezirk Schwaz der "Brennpunkt Tirol", die "Schwazer Woche" und "Der Lokalmatador", im Großraum Salzburg das "Salzburger Fenster", im Großraum Wels-Steyr die Zeitschrift "Korrekt" und im Großraum Linz der "Korrekt-Kleinanzeiger".

Mit der Behauptung, daß die Beklagten durch das Gratisverteilen ihrer Zeitung in sittenwidriger Weise den Wettbewerb behinderten, die Klägerin vom Markt zu verdrängen versuchten und sie in ihrer Existenz gefährdeten, weil die Inseratenkunden zur Zeitung der Beklagten überliefen, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, die "Pinzgau Woche" oder eine ähnliche Wochenzeitschrift gleicher Art und Aufmachung in einer Auflagengröße von 28.000 Stück (mehr oder weniger) gratis im Pinzgau und angrenzenden Tirol oder wo immer, sei es durch Zustellung im Postwurf oder durch sonstige Zustellung an Haushalte und Einzelpersonen, zu verteilen.

Mit einstweiliger Verfügung vom 4. 12. 1989, ON 4, verbot das Erstgericht den Beklagten - ohne deren vorherige Anhörung - die Gratisverteilung der "Pinzgau Woche" öfter als einmal monatlich. Das auf ein Verbot der Gratisverteilung dieser Zeitschrift schlechthin gerichtete Mehrbegehren wurde (rechtskräftig) abgewiesen (ON 4). Diese einstweilige Verfügung ist in Ansehung der ursprünglich als Zweitbeklagten belangten GTB-B*** Gesellschaft mbH in Rechtskraft erwachsen.

Die beiden Beklagten und der ursprünglich als Erstbeklagter belangte "Pinzgau Woche-Verlag" erhoben dagegen sowohl Widerspruch als auch Rekurs, welchem jedoch das Rekursgericht nicht Folge gab (ON 21). In ihrem Widerspruch beantragten die Beklagten, die einstweilige Verfügung "als unstatthaft aufzuheben". Das Gratisverteilen von Zeitschriften sei nicht sittenwidrig; ähnliche Gratiszeitungen gebe es auch in anderen räumlichen Gebieten. Die Klägerin sei nicht auf den Verkauf ihrer Zeitung angewiesen; auch sie erziele ihre Haupteinnahmen aus den Inseratenerlösen. Hiebei habe sie durch das Erscheinen der Zeitung der Beklagten keine Einbußen hinnehmen müssen. In jedem Fall gehe das an die Beklagten gerichtete Verbot, die Zeitung außer im Pinzgau und im angrenzenden Tirol auch sonst "wo immer" zu verteilen, "wesentlich zu weit". Im Widerspruchsverfahren dehnte die Klägerin ihr Hauptbegehren auf die Zeitung "Neue Pinzgau Woche" aus und schränkte es zugleich entsprechend dem Tenor der einstweiligen Verfügung ON 4 auf ein Verbot des Gratisverteilens "öfter als einmal monatlich" ein (ON 23 S 107). Das Erstgericht hielt mit Beschluß vom 30. 3. 1990, ON 24, seine einstweilige Verfügung vom 14. 12. 1989, ON 4, in eingeschränktem Umfang aufrecht, indem es den Beklagten verbot, die "Neue Pinzgau Woche", die "Pinzgau Woche" oder eine ähnliche Zeitschrift gleicher Art und Aufmachung in einer Auflagengröße von 28.000 Stück (mehr oder weniger) öfter als 14-tägig im Pinzgau und angrenzenden Tirol oder wo immer gratis, sei es durch Zustellung im Postwurf oder durch sonstige Zustellung an Haushalte und Einzelpersonen, zu verteilen. Auf Grund der ergänzend als bescheinigt angenommenen finanziellen Gebarung der Klägerin sei diese, um auf dem Lesermarkt bestehen zu können, nur teilweise auf die Erlöse aus den Abonnements und dem Einzelverkauf ihrer Zeitschrift angewiesen, so daß auch ein 14-tägiger Erscheinungsrhythmus einer konkurrierenden Gratiszeitung ihre Existenz nicht konkret gefährden könne.

Das Rekursgericht hielt demgegenüber die einstweilige Verfügung vom 14. 12. 1989, ON 4, im vollen Umfang aufrecht und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Ungeachtet der von der Klägerin bekämpften ergänzenden Bescheinigungsannahmen des Erstgerichtes über deren finanzielle Gebarung werde der entgeltliche Absatz ihrer Zeitung bereits durch die Gratisabgabe eines Konkurrenzblattes in einer gegen § 1 UWG verstoßenden Weise behindert, weil sich dadurch keine zahlenden Abnehmer mehr für die Zeitung der Klägerin fänden.

Gegen den abändernden Ausspruch des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Klägerin stellt den Antrag, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, ihm aber sonst nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Wettbewerbswidrigkeit des Gratisverteilens von Anzeigenblättern mit redaktionellen Teilen fehlte; er ist auch berechtigt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der von der Klägerin als Erstbeklagter in Anspruch genommene "Pinzgau-Woche-Verlag" als solcher kein parteifähiges Gebilde ist. Daran ändert auch die von den Beklagten erstmals im Revisionsrekurs erhobene Behauptung nichts, sie hätten sich unter dieser Bezeichnung zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, weil einer solchen Gesellschaft gleichermaßen die Rechtspersönlichkeit und damit die Parteifähigkeit fehlt (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 13 zu § 26; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 1175; EvBl 1973/30; EvBl 1978/144; SZ 53/2; SZ 54/119; GesRZ 1987, 38 ua). Der "Pinzgau-Woche-Verlag" war daher als eigene Partei dieses Verfahrens zu eliminieren.

In der Sache selbst kann der vorliegende Rechtsfall entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht mit denjenigen Fällen verglichen werden, die in ÖBl 1984, 8 und SZ 60/61 = ÖBl 1987, 67 entschieden wurden. Bei der erstgenannten Entscheidung ging es darum, daß eine - im allgemeinen entgeltlich vertriebene - Tageszeitung an bestimmten Tagen in größerer Zahl an die Haushalte eines bestimmten Bundeslandes gratis durch Postwurf oder Zusteller verteilt worden ist. Dabei wurde ausgesprochen, daß Zeitungen wie andere "Warenproben" nicht in solchen Mengen und über solche Zeiträume unentgeltlich abgegeben werden dürften, daß dadurch eine Bedarfsdeckung eintritt oder Mitbewerber infolge einer "Marktverstopfung" im Absatz ihrer eigenen Erzeugnisse behindert werden. In SZ 60/61 war zu untersuchen, ob es im Wettbewerb zweier Wochenzeitungen, die auf einem begrenzten Markt sowohl im Leser- als auch im Anzeigenwettbewerb stehen, durch Gutscheine, die aus einer Zeitung auszuschneiden sind und zu künftiger Gratisinsertion berechtigen, der Mitbewerberin unmöglich gemacht oder doch unangemessen erschwert werde, ihre eigenen Leistungen auf dem Anzeigenmarkt auch weiterhin entsprechend zur Geltung zu bringen. Im vorliegenden Fall geht es aber darum, daß das von der Klägerin beanstandete Blatt grundsätzlich kostenlos an die Leser abgegeben und ein Entgelt nur von den Inserenten verlangt wird. Die Frage, ob dieses Verhalten gegen die guten Sitten verstößt, ist vom erkennenden Senat erstmals im vorliegenden Fall und in der Entscheidung vom 23. 10. 1990, 4 Ob 144/90, zu untersuchen; sie ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Reine Anzeigenblätter - also solche, die im wesentlichen nur Werbeanzeigen enthalten - wollen nicht ihre Empfänger, sondern Inserenten anwerben, die für die Aufgabe ihrer Inserate bezahlen müssen. Solche Blätter werden also allein mit den Inseratenpreisen finanziert; das kostenlose Verteilen der Anzeigenblätter ist Teil der entgeltlichen Insertion. Darin liegt eine dem Zweck des Anzeigengeschäftes durchaus entsprechende Vertriebsform. Auf diese Weise wird ein bestimmter lokaler Bereich von der Werbung vollständig und im Sinne der Inserenten wirksam erfaßt; bei sachgerechter Kalkulation der Inseratpreise werden alle Betriebskosten, auch die des redaktionellen Teils, abgedeckt, ohne daß von den Empfängern Bezugsgebühren verlangt werden müßten (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 697 Rz 864 zu § 1 dUWG; Hefermehl in GRUR 1985, 883; BGH in GRUR 1982, 53 und GRUR 1985, 881). Ist aber das kostenlose Verteilen der Anzeigenblätter Teil der entgeltlichen Insertion, dann kann es kein Unwertkriterium sein (Hefermehl aaO) und nicht als sittenwidrig abgelehnt werden, handelt es sich doch um eine dem Zweck des Anzeigengeschäftes entsprechende Vertriebsform (Baumbach-Hefermehl aaO; GRUR 1982, 53; GRUR 1985, 881). Das Verschenken von Originalwaren als eine Form der Wertreklame läßt sich demnach nicht mit dem kostenlosen Verteilen von Anzeigenblättern in bestimmten lokalen Bereichen auf eine Stufe stellen (Hefermehl aaO); die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (ÖBl 1984, 8 mwN; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 124; Baumbach-Hefermehl aaO 693 ff Rz 856 ff) können hierauf nicht angewendet werden (Baumbach-Hefermehl aaO 697 Rz 864).

Die Zeitschrift "Pinzgau Woche", nunmehr "Neue Pinzgau Woche", ist allerdings kein reines Anzeigenblatt; sie bringt vielmehr auch redaktionelle Beiträge von vorwiegend lokalem Interesse, wobei aber doch das Schwergewicht auf den Anzeigen liegt. Dasselbe trifft auch auf die Zeitschrift der Klägerin zu, welche im übrigen einmal monatlich gleichfalls an alle Haushalte des Pinzgaues gratis verteilt und nur mit ihren sonstigen Wochenausgaben in geringerer Auflage an Abonnenten und im Einzelverkauf abgegeben wird. Derartige Zeitschriften sind aber im Hinblick auf ihre Gestaltung nicht geeignet, für einen wettbewerbsrechtlich ins Gewicht fallenden Teil des Publikums eine Tages- oder Wochenzeitung mit ihrer Fülle an Informationen aus der ganzen Welt, insbesondere aus dem ganzen Inland, zu ersetzen und solchen Zeitungen auf dem Lesermarkt Konkurrenz zu machen; durch sie kann das Interesse an einer Tages- oder Wochenzeitung keineswegs befriedigt werden. Ob andernfalls ein Verstoß gegen die guten Sitten vorläge (idS Baumbach-Hefermehl aaO 697 Rz 865; Ochs, Wettbewerbliche Probleme der Presse, Rz 81; BGHZ 19, 392; BGHZ 51, 236; GRUR 1971, 477; GRUR 1985, 881), braucht daher hier nicht untersucht zu werden. Bilden aber Anzeigenblätter trotz ihres (beschränkten) redaktionellen Teils keine echte Alternative zum Bezug einer Zeitung und beschränkt sich daher der Wettbewerb mit den Tageszeitungen auf den Anzeigenmarkt, dann sind sie wie reine Anzeigenblätter zu werten; das kostenlose Verteilen solcher Zeitschriften ist daher grundsätzlich zulässig und verstößt nur unter besonderen Umständen gegen § 1 UWG (Baumbach-Hefermehl aaO 696 Rz 866; GRUR 1982, 53; GRUR 1985, 881). Solche Umstände sind aber im vorliegenden Fall nicht zu sehen. Freilich kommt auch Ortsnachrichtenblättern mit Anzeigen wie der "Pinzgauer Post" gleich anderen im Wettbewerb stehenden Unternehmen der Schutz gegen Behinderungswettbewerb nach den allgemeinen Regeln des Wettbewerbsrechtes zu; im kostenlosen Abgeben eines Anzeigenblattes mit redaktionellem Teil allein kann aber eine solche Behinderung noch nicht liegen (GRUR 1985, 881). Daß die Existenz der Klägerin allenfalls beeinträchtigt oder gefährdet würde, rechtfertigt noch nicht die Beurteilung, daß das kostenlose Verteilen der "Pinzgau Woche" ("Neue Pinzgau Woche") sittenwidrig wäre, hat doch im Geschäftsleben niemand Anspruch auf eine unveränderte Erhaltung seines Kundenkreises. Auch eine neuartige und besonders wirksame Werbung ist nicht schon deshalb aus Gründen der Lauterkeit des Wettbewerbs zu mißbilligen, weil sie den Wettbewerbern unangenehm ist (BGHZ 19, 392; GRUR 1985, 881), ist doch das UWG-Recht kein Schutzrecht zur Konservierung von Wettbewerbspositionen (Hefermehl aaO).

Die von der Klägerin beanstandete Vertriebsform der "Pinzgau Woche" ("Neue Pinzgau Woche") ist somit wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Den Mitbewerbern steht es frei, entweder gleichfalls nur von ihren Inserenten Geld zu verlangen - was die Klägerin für eine Ausgabe pro Monat ihrer sonst wöchentlich erscheinenden Zeitung ohnehin bereits macht - oder aber ihr Blatt, vor allem im redaktionellen Teil, so attraktiv zu gestalten, daß es trotz der Konkurrenz durch "Gratiszeitungen" ausreichend häufig gekauft wird. Ob es gegen § 1 UWG verstieße, wenn aus der beanstandeten Werbemaßnahme eine konkrete ernsthafte Gefahr einer gemeinschaftsschädigenden Störung der gesamten Wirtschaftsordnung, also des freien Wettbewerbs schlechthin, drohte (Baumbach-Hefermehl aaO 698 f Rz 866), durch welche die Interessen der Allgemeinheit in einem nicht unerheblichen Umfang beeinträchtigt würden (GRUR 1971, 477; GRUR 1982, 53), braucht hier nicht untersucht zu werden, weil die Klägerin derartiges nicht behauptet hat.

Da die beanstandete Vertriebsform der "Pinzgau Woche" ("Neue Pinzgau Woche") bereits aus den dargelegten Gründen nicht die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verletzt, war der - von den Beklagten nicht bekämpfte - Beschluß des Erstgerichtes im Sinne ihres Rechtsmittelantrages wiederherzustellen. Bei dieser Sachlage braucht auf die Frage, ob die von der Klägerin lediglich in ihrer Eigenschaft als Chefredakteur und Werbeleiter einer Zeitschrift in Anspruch genommenen Beklagten überhaupt für das Verhalten deren Medieninhabers und Verlegers wettbewerbsrechtlich einzustehen haben, nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO. Da Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens in zweiter und dritter Instanz zufolge Unterbleibens einer Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses ON 24 durch die Beklagten nur noch die Frage war, ob das Gratisverteilen der Zeitung öfter als einmal monatlich oder öfter als 14-tägig zu verbieten ist, kann Bemessungsgrundlage nicht mehr als die Hälfte des Streitwertes sein.

Anmerkung

E22138

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00127.9.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19901023_OGH0002_0040OB00127_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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