TE OGH 1990/10/24 3Ob576/90

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Veröffentlicht am 24.10.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Clara P***, Pensionistin, Wien 19, Cobenzlgasse 110/4, vertreten durch Dr. Gustav Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Mag. Erwin K***, Kaufmann, Wien 1, Johannesgasse 15, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, 2) Mag. Carl Georg Z***, Kaufmann, ebendort, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung eines Mietrechtes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 21. März 1990, GZ 41 R 940/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4.Oktober 1989, GZ 44 C 394/89z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in ihren Aussprüchen über das gegen die erst- und zweitbeklagte Partei erhobene Begehren aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfange zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Erst- und Zweitbeklagter sind Nutzungsberechtigte (über die Art dieser Rechte wurde bisher nichts vorgebracht) eines Geschäftslokals im Bahnhof Wien-Mitte und haben es an eine früher drittbeklagte Partei vermietet. Zu 44 C 241/89 des Erstgerichtes begehrten die Erst- und Zweitbeklagten von der drittbeklagten Partei die Zahlung eines rückständigen Mietzinses von 228.613,33 S und die Räumung des Bestandgegenstandes.

Mit einer als Hauptinterventionsklage bezeichneten Klage begehrte die Klägerin gegenüber dem Erst- und Zweitbeklagten die Feststellung, daß sie Hauptmieterin der strittigen Geschäftsräumlichkeiten sei.

Die Klägerin machte geltend, sie habe die strittigen Räumlichkeiten mit Mietvertrag vom 7.1.1959 und 22.3.1961 gemietet. Entgegen der Ansicht der Erst- und Zweitbeklagten habe sie im Jahr 1963 die Räumlichkeiten einer Firma G. nicht weitergegeben, sondern nur untervermietet. Nach Beendigung des Untermietverhältnisses Anfang Jänner 1989 hätten es die erst- und zweitbeklagte Partei abgelehnt, die nach wie vor aufrechten Bestandrechte der Klägerin anzuerkennen. Die drittbeklagte Partei, deren Geschäftsführer ein Sohn der Klägerin ist, habe daraufhin, um sich das strittige Geschäftslokal zu sichern, einen Bestandvertrag mit den Erst- und Zweitbeklagten abgeschlossen.

Der Erst- und Zweitbeklagte beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, daß im Jahr 1963 eine Weitergabe der Mietrechte an die Firma G. erfolgt sei. Seither habe immer diese Firma den Mietzins bezahlt und das Objekt als Hauptmieter benützt. Die Firma G. habe den Mietgegenstand an die damals in Gründung befindliche drittbeklagte Partei weitergeben wollen, was aber die Erst- und Zweitbeklagten abgelehnt hätten, worauf mit der drittbeklagten Partei der schon erwähnte Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Auch die drittbeklagte Partei beantragte die Abweisung des gegen sie gerichteten Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen mit der Begründung ab, es fehle an den Voraussetzungen für eine Hauptintervention.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht lehnte die Rechtsansicht des Erstgerichtes mit der Begründung ab, daß die im § 16 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Hauptinterventionsklage nur für verfahrensrechtliche Wirkungen bedeutungsvoll wären, nicht aber für die materielle Berechtigung der beiden Klagebegehren. Die Abweisung des Klagebegehrens sei aber berechtigt, weil es unschlüssig sei. Gegenüber dem Erst- und Zweitbeklagten bestehe nämlich kein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des strittigen Bestandrechtes, weil der Klägerin eine Leistungsklage offenstehe. Sie behaupte praktisch eine Doppelvermietung durch den Vermieter und könne daher auf Zuhaltung ihres Mietvertrages klagen, ohne daß der Vermieter dem die Unmöglichkeit der Erfüllung wegen Abschlusses des zweiten Mietvertrages entgegensetzen könnte. Die Leistungsklage biete alles, was mit dem Feststellungsbegehren angestrebt werde. Gegenüber der drittbeklagten Partei sei das Klagebegehren unberechtigt, weil diese ihre Rechte von der erst- und zweitbeklagten Partei ableite.

Die Klägerin erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes nur insoweit Revision, als ihr Feststellungsbegehren gegenüber dem Erst- und Zweitbeklagten abgewiesen wurde. Diese Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Hauptinterventionsklage ist eine vollständig selbständige Klage (Fasching, Kommentar II 205). Zutreffend hat daher das Berufungsgericht erkannt, daß ihre materielle Berechtigung unabhängig davon zu prüfen ist, ob alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Zuständigkeit im Sinne des § 94 JN, für die Belangung auch der drittbeklagten Partei im Sinne des § 16 ZPO, oder für die Benützung der Prozeßvollmacht im Sinne des § 31 Abs. 1 Z 1 ZPO gegeben sind. Andererseits ersetzen die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Hauptinterventionsklage nicht schlechthin das Erfordernis eines Feststellungsinteresses, wenn schon ein Leistungsbegehren möglich ist (Fasching aaO 204 f, SZ 15/85).

Bei möglicher Leistungsklage besteht in der Regel dann kein rechtliches Interesse an der Einbringung einer Feststellungsklage, wenn das mögliche Leistungsbegehren alles bietet, was mit dem Feststellungsbegehren angestrebt wird (MietSlg 31.684, 38.768). Bei einer sogenannten Doppelvermietung könnte zwar der Vermieter einer Klage des ersten Mieters auf Zuhaltung des Vertrages nicht unter Berufung auf die dem zweiten Mieter schon eingeräumte Benutzung die Einrede der Unmöglichkeit der Leistung entgegensetzen (SpR 48 neu = SZ 30/33). Im vorliegenden Fall ist aber eine Klage auf Zuhaltung des ersten Mietvertrages deshalb untunlich, weil der zweite Mieter den Bestandgegenstand nicht gegen den Willen des ersten Mieters benützt. In einem solchen Fall bedarf es keiner Leistung des Doppelvermieters etwa durch Entfernung des zweiten Mieters, wohl aber der Klarstellung, ob der alte Mietvertrag mit dem ersten Mieter noch rechtswirksam ist oder nicht.

Das Feststellungsinteresse liegt also vor, sodaß eine Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen nötig ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E22117

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00576.9.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19901024_OGH0002_0030OB00576_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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