Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ö*** B***,
vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wider den Antragsgegner Hofrat Dr. Helmut P***, Pensionist, 6800 Feldkirch, Göfiser Straße 7, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burghart Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Feststellung und Enteignungsentschädigung, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 22. Februar 1989, GZ 1 b R 32/89-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18. Jänner 1989, GZ 1 Nc 80/88-17, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die vorinstanzlichen Beschlüsse werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Enteignungsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 28.4.1988, I b-612-72/86, wurde gemäß § 17 Abs 1 EisbEG festgestellt, daß im Rahmen des von den Ö*** B*** geplanten Ausbaues der Eisenbahnstrecke Feldkirch-Frastanz die Führung eines Eisenbahntunnels ("Schattenburgtunnel") auf den im Eigentum des Dr. Helmut P*** stehenden, im Grundstücksverzeichnis mit den Zahlen 37 bis 40 bezeichneten Grundstücksparzellen erforderlich ist und es wurde für diese Anlage im Sinne des § 2 Abs 2 Z 3 EisbEG eine Dienstbarkeit begründet.
Am 20.12.1988 stellten die Ö*** B***,
vertreten durch die Finanzprokuratur, beim Erstgericht gemäß den §§ 22 Abs 1, 23 Abs 1 und 2 EisbEG den Antrag auf Festsetzung der Enteignungsentschädigung.
Mit Beschluß ON 17 setzte das Erstgericht die von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu leistende Enteignungsentschädigung mit dem Betrag von 2,560.841 S fest. Seiner Entscheidung legte es folgenden wesentlichen Sachverhalt zugrunde:
Die von der Enteignung betroffenen vier Grundstücke liegen laut Flächenwidmungsplan im Wohngebiet der Stadt Feldkirch. Sie weisen teilweise eine Hanglage auf, drei davon sind teilweise verbaut (Wohnhaus und Garage), teilweise wäre auch eine weitere Verbauung möglich. Der Verkehrswert beträgt insgesamt 5,630.172 S. Durch den Bau des Schattenburgtunnels werden diese Grundstücke von km 47,950 bis km 48,388 der Eisenbahntrasse auf einer Breite von 15 m unterfahren. Die Querprofilaufnahme ergibt als Überdeckung, d.i. als Abstand zwischen dem Tunnelbau und der Erdoberfläche, gemessen von der südwestlichen Hausflucht an der Grundgrenze, ein Ausmaß von 7,28 m und, gemessen von der vorderen Hauskante, ein solches von 17,22 m. Auf der verbaubaren Grundfläche beträgt die Überdeckung "bis Oberkante Terrain" 20 m und bei Berücksichtigung eines Hausfundamentes 17,5 m. Der Abstand von der Tunnelachse gemessen beträgt "von der Hausecke bis zum Tunnelbauwerk 4 bis 5 m". Das Nordostportal der Tunnelanlage befindet sich in einer Entfernung von ca. 40 m zur Grundgrenze und von ca. 70 m zur nächstgelegenen Wohnhausecke. Durch das Tunnelbauwerk fällt nicht nur der überbaubare Grundstücksteil, sondern der überwiegende Teil der Liegenschaften mit baulichen Anlagen "in den Bauverbotsbereich von Bahnhofsanlagen". Bei Berücksichtigung eines Bauabstandes von je 12 m und der Tunnelbreite von 15 m fällt ein 39 m breiter Grundstücksstreifen des Antragsgegners "in den Bauverbotsbereich". Durch die vorgesehene Trassenführung ist eine Nutzungsbeschränkung in mehrfacher Hinsicht gegeben und zwar durch die künftige Lage der Grundstücksteile "im Bauverbotsbereich von Bahnhofsanlagen" und durch die diagonale Durchschneidung der überbaubaren sowie der überbauten Grundstücksteile, weiters durch die auftretenden Erschütterungen und Körperschallauswirkungen auf die baulichen Anlagen. Diese Belastungen sind als Nutzungsbeschränkung mit bleibender Eigenschaft zu bewerten, die Liegenschaft "wird bei einer Veräußerung sicher keinen Käufer finden". In der Fachliteratur gibt es bei "Vogels - Grundstücks- und Gebäudebewertung marktgerecht" die Darstellung einer Berechnungsmethode, aus der "Verkehrswertbeeinträchtigungen" abgelesen werden können. Nach dem Diagramm "ist eine Wertminderung von 80 % für Wohngrundstücke" gegeben. Bei einem Grundstücksdurchschnittspreis von S 1.800/m2 ergibt sich demnach ein abzulösender Preis von S 1.440/m2 und ein verbleibender Grundstückswert von S 360/m2. Die "Dienstbarkeitsfläche" im bebaubaren und bebauten Grundstücksteil beträgt im vorliegenden Falle insgesamt 840 m2. Es ergibt sich daher eine Wertminderung des Grundstücks von S 1,209.600. Dieser Betrag ist "die Wertminderung für die durch die Einräumung der Dienstbarkeit zur Errichtung des Tunnelbauwerkes betroffenen überbaubaren und überbauten Grundstücksteile". An den bereits verbauten Grundstücken ergibt sich eine "Nutzungsbeschränkung" auch durch die durch den Betrieb der "Tunnel- und Bahnhofanlage" verursachten Erschütterungen und den Körperschall sowie daraus, daß bauliche Maßnahmen an bereits bestehenden Objekten nur mit Zustimmung der ÖBB durchgeführt werden können. Der diesbezüglichen Bewertung ist der Verkehrswert der Gesamtliegenschaft von 5,630.172 S zugrundezulegen. Im Diagramm nach "Vogels" ist in Abschnitt "a" für "unwesentliche Verkehrswertbeeinträchtigungen" ein Prozentsatz zwischen 10 und 38 angeführt, woraus sich ein Mittel von 24 % errechnet. Dieses Mittel entspricht der gegenständlichen tatsächlichen Nutzungsbeschränkung und der Minderung des Verkehrswertes. Die Wertminderung der Liegenschaften mit baulichen Anlagen errechnet sich daher insoweit mit S 1,251.241 und die Wertminderung der Liegenschaft des Antragsgegners beträgt demgemäß insgesamt S 2,560.841.
In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die für die Berechnung der Höhe von Enteignungsentschädigungen allgemein geltenden Grundsätze und vertrat die Auffassung, im konkreten Fall folgten hieraus wegen der durch die Enteignung für den Antragsgegner gegebenen Nutzungsbeschränkungen die festgesetzten Wertminderungsbeträge.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es billigte die vom Sachverständigen angewendeten Berechnungsmethoden und vertrat ebenfalls den Standpunkt, bei der enteignungsweisen Einräumung einer Tunnel-Dienstbarkeit sei nicht bloß die Wertminderung der betreffenden Grundstücke durch das Vorhandensein des Tunnels, sondern auch jene zu berücksichtigen, die sich aus dem künftigen, mit Lärm- und Geruchsimmissionen sowie Erschütterungen verbundenen Betrieb ergebe. Zwischen der Einräumung der Dienstbarkeit und der Legalservitut des Bauverbotes nach § 38 EisbG bestehe ein untrennbarer Zusammenhang, sodaß auch die aus diesem Bauverbot hervorgehenden Nachteile als enteignungsbedingte Nachteile zu werten seien und mangels einer dem § 21 Abs 3 BStG 1971 vergleichbaren Regelung bei der Festsetzung des Entschädigungsbetrages zu berücksichtigen seien. Ob in Zukunft Ausnahmebewilligungen erteilt würden, könne keinesfalls mit Sicherheit beurteilt werden. Der erstgerichtlichen Annahme, durch das Bauverbot und die jeweiligen sonstigen Beeinträchtigungen sei eine 80 %ige bzw. 24 %ige Wertminderung der Grundstücke des Antragsgegners eingetreten, sei daher beizupflichten. Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt die Antragstellerin einen gemäß § 16 aF AußStrG auf den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit gestützten Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung in dem Sinne, daß dem Antragsgegner lediglich ein Entschädigungsbetrag von S 300.000 zuerkannt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerberin verweist darauf, daß sich das Bauverbot des § 38 Abs 1 EisbG entgegen der Annahme der Vorinstanzen auf den Bereich bis 12 m gemessen von der Mitte des (künftigen) äußersten Geleises beschränke, und zwar im Sinne von Kühne-Hofmann-Nugent-Roth. Eisenbahngesetz, Manz'sche Sonderausgabe Nr. 62, 1982, Anmerkung 7 zu § 38, in Form eines Radius. Das Bauverbot reiche also nur seitlich in eine Entfernung von 12 m, nicht jedoch in die ewige Höhe und Tiefe. Weiters stelle ein Tunnelbauwerk keine "Bahnhofsanlage" dar, die Errichtung einer Bahnhofsanlage in der Nähe der Grundstücke des Antragsgegners sei im Verfahren nicht hervorgekommen und auch gar nicht geplant. Selbst bei Annahme, daß sich das gesetzliche Bauverbot des § 38 Abs 1 EisbG bis zur Erdoberfläche erstrecke, ergebe sich bei seiner Berechnung von der Mitte des äußersten Geleises aus, daß ein wesentlich geringerer Teil der Liegenschaft des Antragsgegners in den Bauverbotsbereich falle. Eine Ausnahmebewilligung vom Verbot des Bauens im Sinne des § 38 Abs 4 EisbG sei nicht von der Antragstellerin, sondern gemäß dieser Gesetzesstelle iVm § 12 EisbG vom Verkehrsminister im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu erteilen. Ob eine solche Bewilligung in Zukunft erteilt würde, müsse als Vorfrage beurteilt werden. Nach der Praxis werde eine solche fast immer erteilt. Ein Bauverbot nach § 38 EisbG, das ebenso von einer auf einer Nachbarliegenschaft begründeten Servitut herrühren könne, stelle ähnlich wie nach der Regelung des § 21 BStG keine Enteignungsfolge dar, sodaß diesbezüglich eine Entschädigung nicht in Betracht komme. Weiters rügt die Rekurswerberin Feststellungsmängel hinsichtlich des Ausmaßes der behaupteten Erschütterungen und Lärmbelästigungen sowie die Berechnung der angeblichen Wertminderungen bloß aufgrund einer Tabelle eines ausländischen Buchautors. Richtigerweise sollten Verkaufspreise einerseits von unbelasteten und andererseits von mit einer derartigen Tunnelservitut belasteten Grundstücken verglichen werden. Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin sind berechtigt. Die angefochtene Entscheidung ist schon deswegen im Sinne des § 16 aF AußStrG offenbar gesetzwidrig, weil die bei der Berechnung der Wertminderung der Liegenschaften des Antragsgegners erfolgte Bedachtnahme auf ein "Bauverbot im Bereiche von Bahnhofanlagen" jeglicher Tatsachengrundlage entbehrt; darüber hinaus widerspricht auch die von den Vorinstanzen vorgenommene Berechnung der Bauverbotsgrenzen des § 38 Abs 1 EisbG ganz offenbar dem Gesetz. Festgestellt ist, daß die im einzelnen angeführten Liegenschaften des Antragsgegners von der Trasse des geplanten "Schattenburgtunnels" unterirdisch durchquert werden. Auf der Erdoberfläche sind keine Eisenbahnanlagen geplant. Ein Tunnelportal befindet sich ca. 40 m von der Grundgrenze des Antragsgegners entfernt. Es wurde nicht festgestellt, daß in einer Entfernung von höchstens 12 m zur Grundgrenze des Antragsgegners eine "Bahnhofgrenze" besteht. Auf der Grundlage des Wortlautes des Sachverständigengutachtens (ON 16, S 10) traf das Erstgericht lediglich die in Wahrheit eine rechtliche Schlußfolgerung darstellende, vom Rekursgericht übernommene "Feststellung", "daß durch das Tunnelbauwerk nicht nur der überbaubare Grundstücksteil, sondern der überwiegende Teil der Liegenschaft mit baulichen Anlagen in den Bauverbotsbereich von Bahnhofanlagen fällt". Dieser Schluß widerspricht offenkundig dem Gesetz. Die Regelung des § 38 Abs 1 EisbG hat folgenden Wortlaut:
"Bei Haupt- und Nebenbahnen ist die Errichtung bahnfremder Anlagen jeder Art in einer Entfernung bis zu zwölf Metern von der Mitte des äußersten Geleises, bei Bahnhöfen innerhalb der Bahnhofgrenze und bis zu 12 m von dieser, verboten (Bauverbotsbereich)".
Aus dieser Bestimmung kann weder nach dem Wortlaut noch nach den Erfahrungs- und Denkgesetzen abgeleitet werden, daß Tunnelbauwerke als Bahnhöfe zu gelten hätten. Die rekursgerichtliche Annahme, das Tunnelbauwerk "Schattenburgtunnel" bewirke wegen seiner Eigenschaft eines Bahnhofes für die Liegenschaften des Antragsgegners ein bei der Wertermittlung zu berücksichtigendes teilweises Bauverbot im Sinne des § 38 Abs 1 EisbG - die weitere Voraussetzung hiefür, nämlich ein 12 m unterschreitender Abstand der Liegenschaft von der Bahnhofgrenze wurde nicht erörtert -, ist daher offenbar gesetzwdirig.
Nach dem klaren Wortlaut des § 38 Abs 1 EisbG hat aber auch die geplante Eisenbahnanlage "Schattenburgtunnel" zumindest dem Umfang nach nicht das von den Vorinstanzen für die Liegenschaften des Antragsgegners angenommene Bauverbot zur Folge. Das Bauverbot für bahnfremde Anlagen besteht ausdrücklich nur für den Bereich "bis zu zwölf m von der Mitte des äußersten Geleises" angerechnet. Eine Ausnahmeregelung für Bahntunnelwerke ist im Gesetz nicht vorgesehen. Auch in diesem Falle hat daher die Berechnung des 12 m umfassenden Bauverbotsbereiches unzweifelhaft jeweils von der Mitte des äußersten Geleises auszugehen. Bei einer diesen Abstand überschreitenden Überdeckung muß dieser Bauverbotsbereich demnach nicht bis zur Erdoberfläche reichen; er gilt dann nur für weitere unterirdische bahnfremde Bauten (vgl. hiezu Kühne-Hofmann-Nugent-Roth aaO). Diese Art der Berechnung hat der Oberste Gerichtshof in Zusammenhang mit dem Bau des gegenständlichen "Schattenburgtunnels" bereits in seiner Entscheidung 2 Ob 595/89 vom 28.3.1990 angewendet. Er führte hierin aus, daß das Bauverbot des § 38 Abs 1 EisbG horizontal und vertikal, d.h. jeweils seitlich sowie ober- und unterhalb der Gleisanlage besteht. Die vorinstanzliche Berechnung eines Bauverbotsbereiches nach dem Abstand vom Tunnelbauwerk als solchem, also nicht jeweils von der Mitte des äußersten Geleises (siehe die Profilaufnahme Beilage ./7 a) und mit 39 m (15 m Tunnelbreite + 12 + 12 m Bauverbotsbereich) auf der Erdoberfläche über dem Tunnelbau ist daher ebenfalls offenbar gesetzwidrig.
Nach dem Inhalt der im Akt erliegenden Profilaufnahme ./7 a endet der gemäß § 38 Abs 1 EisbG richtig berechnete Bauverbotsbereich offenkundig bereits unterhalb der Erdoberfläche der Liegenschaften des Antragsgegners. Ob dies für alle Grundstücksteile gilt und daher für den Antragsgegner ein Bauverbot überhaupt nicht vorliegt bzw. für welche Grundstücksteile ein solches allenfalls besteht, ist nicht sicher erkennbar und bedarf daher entsprechender Klärung und Feststellung. Ein allenfalls den Antragsgegner treffendes derartiges teilweises und wertminderndes Bauverbot wäre im Sinne der zutreffenden Ansicht des Rekursgerichtes (in diesem Sinne implicite auch 2 Ob 595/89) im gegebenen Umfang als wertmindernd zu berücksichtigen, zumal im EisbG eine Sonderregelung wie jene in § 21 Abs 3 BStG 1971 fehlt und selbst die allfällige Erteilung von Ausnahmebewilligungen eine Beeinträchtigung des Verkehrswertes nicht verhindert, weil sich Kaufinteressenten schon wegen der administrativen Erschwernisse eher für eine unbelastete Liegenschaft entscheiden (vgl. SZ 51/23; SZ 46/76). Die durch die Belastung mit der Servitut eines Tunnelbauwerkes eintretende Eigentumsbeschränkung wird erfahrungsgemäß je nach der Art dieser Tunnelführung, dem damit verbundenen Bauverbot sowie je nach dem Umfang der von diesem unterirdischen Bahnbetrieb ausgehenden Einwirkungen eine unterschiedliche Wertminderung der Liegenschaft zur Folge haben. Für eine Berechnung dieser auf der Grundlage von der unterirdischen Tunnelbreite entsprechenden "Dienstbarkeitsflächen" gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Grundsätzlich ist die Entschädigung im Sinne der §§ 4 Abs 1, 22 Abs 1, 24 Abs 1, 25 EisbEG zu ermitteln. Die Rechtsprechung fordert zunächst die Anwendung des Vergleichswertverfahrens, d.h. daß der Verkehrswert vergleichbarer Liegenschaften vor und nach ihrer Belastung festzustellen ist. Sind der Lage und Beschaffenheit nach derart vergleichbare Liegenschaften nicht vorhanden, so erscheint es geboten, die in der umliegenden Region oder auch im weiteren Bereich durch vergleichbare Belastung mit unterirdischen Tunnelbauten tatsächlich eingetretenen durchschnittlichen prozentuellen Wertminderungen der betreffenden Liegenschaften zu eruieren und auf dieser Basis unter Bedachtnahme auf die allenfalls im einzelnen abweichenden Verhältnisse dieses Falles die Wertminderung zu ermitteln. Erst wenn auch diese Methode versagt, hat der Sachverständige die Bewertung auf der Grundlage der am besten geeignet erscheinenden sonstigen Bewertungsverfahren vorzunehmen und in nachvollziehbarer Weise die Grundlagen seiner Wertminderungsberechnung darzulegen (§ 25 Abs 2 Eisenbahnenteignungsgesetz).
Im vorliegenden Falle hat der Sachverständige die durch den Tunnelbau eingetretene Nutzungsbeschränkung und damit die Wertminderung der Liegenschaften des Antragsgegners "im wesentlichen auf den Bauverbotsbereich und die zu erwartenden Erderschütterungen und Körperschallauswirkungen" zurückgeführt (ON 14, AS 47), er ist jedoch in seinem - vom zweiten Sachverständigen ohne weitere Erklärungen übernommenen - Gutachten unzutreffenderweise - wie oben ausgeführt wurde - von einem umfassenden Bauverbotsbereich ausgegangen und hat auch nicht das - festzustellende - tatsächliche Ausmaß der allenfalls durch den unterirdischen Tunnelbahnbetrieb hervorgehenden Erderschütterungen und "Körperschallauswirkungen" (vergleiche die Ausführungen in ON 16, AS 47, 49) und eine hieraus hervorgehende Wertminderung der Liegenschaften des Antragsgegners dargelegt. Seine diesbezügliche Anwendung der aus dem Diagramm bei "Vogels" entnommenen Prozentsätze der "Verkehrswertbeeinträchtigungen" geht damit im tatsächlichen Bereich von unrichtigen bzw. unzureichenden Grundlagen aus und ist darüber hinaus mangels Darlegung der diese tabellarischen Sätze bestimmenden, einen Vergleich ermöglichenden Faktoren nicht nachvollziehbar (vgl. hiezu die eigenen Ausführungen des Sachverständigen in ON 14, AS 46).
Im fortgesetzten Verfahren wird daher zunächst die Feststellungsgrundlage im dargelegten Sinne zu erweitern und sodann bei der Ermittlung der durch den gegenständlichen Tunnelbau hinsichtlich der Liegenschaften des Antragsgegners eintretenden Wertminderung in der Reihenfolge der angeführten Berechnungsmethoden vorzugehen sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 44 EisbEG, § 52 ZPO (SZ 60/17 ua).
Anmerkung
E21987European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00582.89.1030.000Dokumentnummer
JJT_19901030_OGH0002_0080OB00582_8900000_000