TE OGH 1990/11/6 14Os101/90

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Veröffentlicht am 06.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr. Adam J*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 12.Juli 1990, GZ 28 Vr 76/85-79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen rechtskräftigen Freispruch sowie die Verweisung von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg enthält) wurde der am 3.Juni 1929 geborene Dr. Adam J*** der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Es wird ihm angelastet

I.) am 17.September 1984 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Horst und Erika D*** durch Täuschung über seine Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit

sowie durch die Vorspiegelung, er sei noch als Rechtsanwalt tätig und benötige das Geld für den Ausbau seiner Kanzlei, zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 350.000 Schilling (ergänze:) verleitet zu haben, wodurch diese um zumindest diese Summe, also um einen 25.000 Schilling übersteigenden Betrag, geschädigt wurden, und II.) vom 1.September 1986 bis 12.Juli 1990 in Linz und anderen Orten Österreichs seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seiner geschiedenen Gattin Elisabeth J*** durch Nichtleistung des Unterhalts von monatlich 6.500 Schilling gröblich verletzt und dadurch bewirkt zu haben, daß der Unterhalt dieser Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre.

Nur den Schuldspruch nach Punkt I.) des Urteilssatzes bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie ist nicht berechtigt. Die Mängelrüge (Z 5) releviert zunächst, der Zeuge D*** habe keineswegs, wie die Entscheidungsbegründung des Schöffengerichts ausführt, ungefragt ohne Hinweis irgendeiner anderen Person von seiner früheren Alkoholproblematik berichtet, sondern auf Frage des Verteidigers darüber ausgesagt. Es könne seiner Aussage daher nicht die ihr von den Tatrichtern beigemessene Glaubwürdigkeit zukommen.

Rechtliche Beurteilung

Damit bekämpft er aber nur die Beweiswürdigung des Schöffengerichts und macht keinen formalen Begründungsmangel geltend. Das Erstgericht war den Beschwerdeausführungen entgegen auch keineswegs gehalten, das ohnehin im Rahmen der Hauptverhandlung (AS 281/II) ausführlich erörterte Motiv für die Darlehenshingabe, nämlich den Bargeldbedarf eines guten Freundes, im Urteil näher zu erörtern. Denn der Angeklagte hat sich in keinem Zeitpunkt des Verfahrens damit verantwortet, die Darlehensgeber hätten im Zeitpunkt der Zuzählung angenommen, er wäre nicht zahlungsfähig gewesen, er hat vielmehr auch in der Beschwerde seine erstinstanzliche Verantwortung wiederholt, er sei immer rückzahlungswillig und auch -fähig gewesen.

In Wahrheit suchen auch diese sowie die weiteren Ausführungen, D*** habe sich entgegen dessen Zeugenaussage nicht ausdrücklich genug um eine Besicherung seiner Forderung bemüht, lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigungserwägungen des Schöffengerichts zu erschüttern und müssen deswegen fehlschlagen. Eine allfällige Verteidigertätigkeit des Angeklagten trotz eingestellter Rechtsanwaltsbefugnis ist nicht von wesentlicher Bedeutung, weil das Erstgericht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von der Vorspiegelung der Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit des Angeklagten ausgeht, zu der die Vortäuschung, noch als Rechtsanwalt tätig zu sein und das Geld für einen Kanzleiausbau, also für eine Stärkung seiner wirtschaftlichen Grundlagen als Rechtsanwalt zu benötigen, kam (US 15). Damit, daß die Darlehensgeber gewußt hätten, der Angeklagten sei weiterhin eingetragener Strafverteidiger, hat er sich ebensowenig vor dem Schöffengericht verantwortet. Letztlich hat das Erstgericht auch die Verantwortung des Angeklagten, seine Schuld an den Gläubiger H*** sei, obwohl im Grundbuch als Belastung seiner Liegenschaft noch ausgewiesen, bereits getilgt gewesen, in seine Erwägungen einbezogen, gelangte diesbezüglich jedoch zur Überzeugung, daß seine Verbindlichkeiten auch dann wesentlich höher gewesen waren, als er den Darlehensgebern D*** gegenüber angegeben hatte. Neben mangelnder Zahlungswilligkeit im Übergabezeitpunkt bestand nach den Überlegungen der Tatrichter vor allem wegen einer offenen, nicht grundbücherlich besicherten Forderung über weitere 1,5 Millionen Schilling (Gläubiger Dr. H*** und Mag. G***) damals auch tatsächliche Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten (US 30/31). Auch das Vorbringen, die Forderung des Bankhauses F*** habe im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme beim Ehepaar D*** nicht bestanden, kann nicht zu einer Änderung der Sachlage zugunsten des Angeklagten führen. Das Erstgericht hat nämlich nicht allein aus grundbücherlichen Belastungen, sondern aus der gesamten wirtschaftlichen Situation des Angeklagten in dieser Zeit auf tauglicher Beweisgrundlage (Einkommen des Angeklagten, Offenbarungseid vor dem Bezirksgericht Linz, offene hohe Verbindlichkeiten) auf Zahlungsunfähigkeit und daraus in Verbindung mit der festgestellten Täuschung über den Zweck der Darlehensaufnahme auf Zahlungsunwilligkeit geschlossen. Im übrigen geht die Argumentation des Beschwerdeführers über Wert und Belastung seines Grundstücks in Kirchschlag schon deswegen ins Leere, weil das Schöffengericht dazu feststellen konnte, daß dieses im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens (zugunsten der Gläubiger) veräußert wurde und ihm daher als frei disponibler Wirtschaftswert gar nicht zur Verfügung stand (US 14). Die Mängelrüge beschäftigt sich somit zum Teil mit Sachverhaltsmomenten, die für die Schuldfrage nicht von entscheidender Bedeutung sind, releviert teilweise Umstände, die die Tatrichter ohnehin in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen haben und bekämpft, wie dargestellt, zum Teil lediglich in unzulässiger Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung. Sie erweist sich somit insgesamt als unbegründet.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) stützt sich ausschließlich auf die Ausführungen zur Mängelrüge. Sie vermag damit weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen menschlichen Erfahrung, also intersubjektiv, erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (EvBl 1988/116). Der Beschwerdeführer unternimmt damit vielmehr den Versuch, die Beweiskraft der von den Tatrichtern zur Entscheidungsbegründung herangezogenen Beweismittel anzuzweifeln und seiner solcherart vom Schöffengericht verworfenen Verantwortung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Die reklamierte Urteilsnichtigkeit kann darin aber nicht erblickt werden (EvBl 1988/109).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) führt lediglich aus, unwahre Angaben an sich erfüllten noch nicht den Täuschungsbegriff des § 146 StGB. Die ungenauen Angaben des Angeklagten über seine wirtschaftliche Situation wäre deswegen strafrechtlich nicht relevant gewesen. Sie vernachlässigt damit jedoch die schöffengerichtlichen Feststellungen, daß der Angeklagten durch Vorspiegelung seiner in Wahrheit nicht vorhandenen Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit sowie durch Vortäuschung, noch als Rechtsanwalt tätig zu sein und das Geld für den Ausbau seiner Kanzlei zu benötigen, das Ehepaar D*** am 17.September 1984 zur Zuzählung eines Darlehens von 350.000 Schilling verleitet zu haben, wobei er von vornherein vor hatte, das Geld niemals zurückzuzahlen, sondern sich vielmehr damit unrechtmäßig zu bereichern (US 15). Da sie damit nicht an den die Grundlage des Schuldspruchs bildenden tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils über ein Handeln des Angeklagten mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz festhält, ist die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt.

Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde schon bei

nichtöffentlicher Beratung teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO), teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) zurückzuweisen. Der Angeklagte hat in einer fristgerechten gemeinsamen Rechtsmittelanmeldung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet (ON 75), ohne in dieser Schrift oder in der Rechtsmittelausführung (ON 80) anzugeben, wodurch er sich im Strafpunkt beschwert erachtet. Da nur eine einzige Strafe verhängt und nicht über privatrechtliche Ansprüche entschieden wurde (die Privatbeteiligten wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen), war eine Bezeichnung des Strafausspruchs als jenes Punktes des Erkenntnisses, durch den er sich als Berufungswerber beschwert findet, nicht erforderlich. Trotz des Unterbleibens ihrer Ausführung wird diesfalls über die (Straf-)Berufung gemäß § 285 i StPO durch das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden sein (15 Os 6/88, 14 Os 127/88 uva).

Anmerkung

E22289

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00101.9.1106.000

Dokumentnummer

JJT_19901106_OGH0002_0140OS00101_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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